Karstadt, Kaufhof und die Spekulanten

Metro verkauft Kaufhof an kanadischen Konzern

Nach monatelangen Verhandlungen wird die Kaufhof-Kette von der Eigentümer-Gesellschaft Metro für 2,85 Milliarden Euro an den kanadischen Kaufhauskonzern Hudson's Bay Company (HBC) verkauft. Kaufhof beschäftigt aktuell 21.000 Menschen und erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von 3,1 Milliarden Euro.

HBC-Präsident Richard Baker kauft seit 2006 Warenhaus-Ketten, seitdem er im gleichen Jahr gemeinsam mit seinem Vater die Investment-Firma NRDC Equity Partners gründete. Zuvor war er im Immobiliengeschäft tätig. Als erstes übernahm er 2006 die US-Kaufhauskette Lord & Taylor, zwei Jahre später die kanadische Hudson‘s Bay. 2013 kaufte er die US-Luxuskette Saks Fifth Avenue, die für ihre Millionärs-Filiale in New York bekannt ist.

Die Anzahl der Immobilien ist für ihn bei seinen Kaufhaus-Ketten von großer Bedeutung. Nicht nur, dass hohe Mieten der Filialen den Gewinn schmälern, sondern die Immobilien – meist in den besten Zentrumslagen – bringen auch dann noch Geld, wenn die Kaufhäuser schon längst der Vergangenheit angehören. Kaufhof war für Baker deshalb so interessant, weil sich 61 der 140 Kaufhof-Immobilien im Besitz des Warenhauskonzerns selbst befanden. Auch sie gehen jetzt an HBC. Beim Kaufhof-Deal sollen entsprechend rund zwei Drittel des Kaufpreises von fast 3 Milliarden Euro auf die Immobilien entfallen. Für gewöhnlich finanziert Baker seine Investments, indem er die Immobilien in Joint Ventures einbringt, an denen er eine knappe Mehrheit an den Sachwerten hält.

Der Geschäftsbetrieb ist weniger sein Kernziel. Dennoch kündigte Baker an, in die Kaufhäuser und den Onlinehandel zu investieren. Wieviel er dafür ausgeben will, sagte er nicht. In den nächsten drei Jahren will er das derzeit amtierende Kaufhof-Management behalten, weil es den deutschen Markt besser kennt. HBC ist bekannt dafür, dass in seinen Warenhäusern beinahe die gesamte Verkaufsfläche an externe Einzelhändler vermietet wird (Shop in Shop). Dieses Geschäftsmodell fügt sich perfekt in Bakers Immobiliengeschäft ein. So soll auch die Edelmarke Saks in die Kaufhof-Häuser einziehen.

Baker versicherte auch, in den nächsten drei Jahren keine Filialen zu schließen und keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Diese Zusagen hatten der Metro-Konzern und auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verlangt.

Verdi favorisierte allerdings den zweiten Kaufhof-Interessenten, den Karstadt-Eigentümer René Benko. Er geht nun leer aus. Er wollte Kaufhof und Karstadt zur bereits lang ersehnten Deutschen Warenhaus AG fusionieren. Schon vor drei Jahren lehnte Metro einen Verkauf an Benko ab.

Kurz vor der Verkaufsentscheidung der Metro AG an HBC hatte er noch schnell die drei traditionsreichen Karstadt-Luxuskaufhäuser Oberpollinger in München, das Alsterhaus in Hamburg und das Kadewe in Berlin an thailändische Investoren verkauft. Ab sofort hält die italienische Luxuskaufhauskette La Rinascente, die zum thailändischen Handelskonzern Central Group gehört, 50,1 Prozent an der Kadewe-Gruppe.

Benkos Vorstoß wurde in Branchenkreisen als taktischer Schachzug dargestellt. Mit der italienischen Luxuskaufhauskette im Rücken wollte er sich Kompetenz einkaufen und Kritiker des Verkaufs von Kaufhof an ihn überzeugen. Das ist ihm nicht gelungen, wenn es denn so beabsichtigt war. Signa Retail, die Firma von Benko, werde mit 49,9 Prozent angeblich langfristig beteiligt bleiben. Wie nicht anders zu erwarten war, bleiben die Immobilien weiter im Besitz von Benko.

Die Central Group, ein thailändischer Handelsriese aus Bangkok, hatte vor vier Jahren die italienische La Rinascente mit elf Luxuskaufhäusern übernommen. Mit der Handelskette Illum aus Dänemark zusammen werden derzeit ca. 600 Millionen Euro umgesetzt, die von rund 1.600 Beschäftigten erwirtschaftet werden.

Angeblich plant die Central Group einen europäischen Marktführer in der Luxusklasse zu formen, sozusagen einen Konkurrenten von HBC, der mit seiner Marke Saks über die Kaufhof-Filialen in Europa einsteigen will. Die Central Group soll einen dreistelligen Millionenbetrag investieren wollen, um Wettbewerber in Deutschland und der Schweiz zu übernehmen. Der Kadewe-Group-Manager André Maeder und der Chef von La Rinascente Vittirio Radice sollen dies gemeinsam organisieren.

Die Süddeutsche Zeitung kommentierte, der Ausverkauf durch Benko sei „kein gutes Zeichen für den Rest von Karstadt“. „Erst gab der Investor Nicolas Berggruen jahrelang ohne Fortune den Sanierer, seit dem vergangenen Jahr hat Benko das Sagen. Auf ihn können die Beschäftigten auch nicht bauen.“

Das ist eine sehr euphemistische Beschreibung dessen, was die Karstadt-Beschäftigten in den letzten Jahren erlitten haben. Berggruen hatte sehr wohl „Fortune“, nämlich persönliche. Der Milliardär wurde damals von Betriebsräten, Verdi-Gewerkschaftern und Politikern als edler Retter in der Not gefeiert. Anschließend presste er Karstadt aus. So hatte er z. B. für eine einmalige Zahlung von 5 Millionen Euro die Namensrechte an Karstadt erworben, die ihm nach Angaben des Manager Magazins jährlich 7,5 Millionen Euro Lizenzgebühren einbringen. Zum Schluss hat er Karstadt an Benko zum symbolischen Preis von einem Euro weiterverkauft, der die Warenhauskette zunächst zerstückelte und nun darangeht, sie zu versilbern.

Das hinderte Verdi jedoch nicht daran, sich im Poker um Kaufhof auf dessen Seite zu stellen. Während die Metro- und Kaufhof- Betriebsräte sich für den Verkauf an HBC stark machten, weil sie in einem Zusammenschluss mit dem Karstadt-Konzern Arbeitsplätze bei Kaufhof gefährdet sahen, malte Verdi ein Schreckensszenario für Karstadt an die Wand, wenn nicht der Zusammenschluss mit Kaufhof gelänge.

Dass sich Verdi grundsätzlich mit allen Investoren und Konzernen arrangiert, machte die Gewerkschaft am Freitag letzter Woche deutlich. Der Verdi-Bundesvorstand schickte einen Brief an beide Kaufhof-Interessenten, an René Benko von der Signa-Holding und an Richard Baker von HBC, um sich ihnen als Partner anzubieten. „Für den Fall des Erwerbs der Kaufhof Holding“ heißt es darin, müsse der Käufer sicherstellen, dass „gewisse“ Zusagen und rechtliche Verpflichtungen eingehalten werden.

Der Käufer solle einen zehn Punkte umfassenden Katalog unterzeichnen. Damit solle sich der Unterzeichner verpflichten „in den nächsten fünf Jahren“ keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen und kein Kaufhof-Warenhaus zu schließen, auch nicht die Zentrale in Köln. Ausgeschlossen seien Warenhäuser, deren Schließung bereits eingeleitet ist. Auch die Vermietung von Verkaufsflächen an Externe solle quotiert werden.

Entgegen den Behauptungen des zuständigen Verdi-Handelssekretärs Arno Peukes, der auch im Karstadt-Aufsichtsrat sitzt, nur noch den Zusagen zu trauen, „die gewissermaßen in Stein gemeißelt sind“, ist der Forderungskatalog natürlich das Gegenteil davon. Er ist ein „Letter of Intent“, eine Absichtserklärung, die zu gar nichts verpflichtet. Verdi geht es allein darum, sich den neuen Eigentümern als Partner bei der Umsetzung ihrer Geschäftsinteressen anzudienen und diese gegen die Belegschaften durchzusetzen. Das ist die „grundlegende Bedeutung“ des „sozialen Dialogs“, von dem im Verdi-Brief an die beiden Kontrahenten die Rede ist.

Jetzt, nachdem klar ist, wer der neue Herr im Hause Kaufhof ist, hat die Gewerkschaft schon angekündigt, auch diesen zu unterstützen. „Der Verkauf bietet die Chance, dass die Beschäftigten nach jahrelangen Spekulationen um die Zukunft von Kaufhof jetzt eine klare Perspektive erhalten“, teilte Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger mit. Das sind fast die gleichen Worte, mit denen sie Berggruen und Benko bei Karstadt begrüßte.

Die Traditionskonzerne Karstadt und Kaufhof sind nun beide Teil einer internationalen Entwicklung, in der sie als Spekulations- und Anlageobjekte von einem Investor an den nächsten gereicht werden. Dies wird mit Arbeitsplatzverlusten, Standortschließungen und Lohnsenkungen verbunden sein. Verdi wird diese schrittweise Zerschlagung begleiten und umsetzen.

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