Perspektive

Obama und der APEC-Gipfel

USA steigern wirtschaftliche Offensive gegen China

Das Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (APEC) in Peking Anfang der Woche hat die immer aggressiveren Vorstöße der Vereinigten Staaten gegen ihre Wirtschaftsrivalen aufgedeckt.

Noch vor Beginn des Gipfels organisierte Obama eine Provokation gegen das Gastgeberland, China, indem er in der amerikanischen Botschaft ein Treffen potentieller Unterzeichner der von den USA gepuschten Trans-Pacific Partnership (TPP) zusammenrief, der weder China noch Russland angehören.

Die USA hatten das Treffen mit einer intensiven Lobbyarbeit vorbereitet, um den von China favorisierten Plan einer Free Trade Area of the Asia Pacific (FTAAP) zu hintertreiben. Es gelang Obama, die Zustimmung von zwölf potentiellen TPP-Teilnehmern zu seinem Plan zu erhalten, der TPP Vorrang vor dem lange gehegten FTAAP Projekt der APEC einzuräumen. Anschließend rieb er in seiner offiziellen Gipfelrede noch Salz in die Wunden des Gastgebers. Er erklärte, die TPP stehe für fast vierzig Prozent der Weltwirtschaft und sei „das Modell für Handel im 21. Jahrhundert“.

Die grundlegende Strategie hinter Obamas Vorgehen auf dem APEC-Gipfel wird in einem Aufsatz erläutert, den der amerikanische Handelsbeauftragte Michael Froman in der neuen Ausgabe von Foreign Affairs veröffentlichte. Der Artikel macht klar, dass die amerikanische Haltung zu internationalen Wirtschaftsbeziehungen von ihrem Bestreben bestimmt ist, die globale Vorherrschaft zu erlangen. Handels- und Investitionsvereinbarungen und der Zugang zu Märkten, so heißt es dort, seien nicht von dem militärischen Vordringen der USA auf beiden Enden der eurasischen Landmasse zu trennen.

Schon der Titel von Fromans Aufsatz, “Die strategische Logik des Handels”, sagt aus, dass wirtschaftliche und militärische Fragen für die USA zwei Seiten einer übergreifenden Strategie sind. Sie beinhaltet nicht weniger als den globalen Hegemonieanspruch der USA. Führer und politische Entscheidungsträger, schreibt Froman in seinem Einleitungsabsatz, seien zur Erkenntnis gekommen, dass die „Wirtschaftskraft“, die aus dem Handel entsteht, nicht nur dazu dient, „militärische Macht“ zu finanzieren, „sondern auch ein zentrales Mittel ist, mit dem die Länder ihre Macht messen und ausüben“.

Froman zitiert die Bemerkung des Ökonomen Thomas Schelling von vor vierzig Jahren: „Handelspolitik ist nationale Sicherheitspolitik.“ Er schreibt, in der heutigen Welt könnten „Märkte genauso viel Einfluss ausüben wie Armeen“.

Dann kommt er zum Kern der amerikanischen Agenda. Wie er erklärt, lockt der Handel Investoren und Hersteller in die USA, die einen riesigen Markt bieten. Dann fährt er fort: „Die Handelspolitik der Obama-Regierung versucht die Vereinigten Staaten noch attraktiver für Investoren zu machen, indem sie das Land im Zentrum eines Netzwerks von Vereinbarungen positioniert, die ungehinderten Zugang zu Zweidritteln der Weltwirtschaft gewähren.“

Das läuft auf die Aufkündigung des gesamten Rahmens des Handelssystems der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hinaus, der unter der Ägide des General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) aufgebaut worden war. Diese Vereinbarung wurde 1948 getroffen und bildete eine Grundlage für wirtschaftlichen Aufbau nach den Verheerungen der 1930er Jahre.

Das Prinzip, welches GATT zugrunde lag, ist die Politik der “Meistbegünstigungsklausel”, der zufolge Handelsvereinbarungen aller Länder nicht selektiv gewährt werden dürfen, sondern für alle Länder gelten müssen. Damit sollte der Bildung von Handelsblöcken vorgebeugt werden, die zu den Konflikten der 1930er Jahre beigetragen und in den Zweiten Weltkrieg geführt hatten. Das Handelssystem der Nachkriegszeit sollte kein Netz mit einer bestimmten Wirtschaft im Zentrum sein, sondern sollte ein System sein, das auf dem Prinzip des Multilateralismus beruhte.

Das TPP und sein Pendant, die Transatlantic Trade and Investment Partnership (T-TIP), das die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und Europa regeln soll, beruhen auf einer entgegengesetzten Perspektive. Das Prinzip der Meistbegünstigungsklausel wird gestrichen, und Zugeständnisse und erleichterter Zugang zum US-Markt wird nur den Ländern gewährt, die Mitglied des Abkommens sind und den Forderungen der USA zugestimmt haben.

Die Politik Obamas, die USA ins Zentrum eines Netzes globaler Wirtschaftsbeziehungen zu stellen, ist die Formel eines Wirtschaftsimperiums, bei dem alle Wege nach Rom führen, bzw. in diesem Fall an die Wall Street.

Froman macht klar, dass die neue Agenda gleichzeitig das Ende des Rahmens der Nachkriegszeit bedeutet, obwohl er zugeben muss, dass das alte System erreicht hat, was seine Architekten sich davon versprochen hatten, nämlich Wirtschaftswachstum zu fördern. Aber in den letzten Jahren haben Globalisierung, technologischer Wandel und der Aufstieg der Schwellenländer die internationale Landschaft verändert. Er schreibt: „Präsident Obama sagte Anfang des Jahres: ‚So wie die Welt sich geändert hat, muss sich auch die ökonomische Architektur ändern’.“

Das wirft aber die Frage auf: Warum? Was ist es, das das alte Handelssystem, das die USA einst maßgeblich mit entworfen hatten, heute mit den Interessen der USA unvereinbar macht, denen es so lange gute Dienste geleistet hat?

Die Frage wird nicht direkt beantwortet, aber Froman weist auf die tiefer liegenden Gründe hin. Er erklärt: „Washington hat beispiellose Schwierigkeiten, die Handelspolitik zu bestimmen“, und fährt fort: „Die Vereinigten Staaten nehmen nicht mehr die vorherrschende Position ein, wie am Ende des Zweiten Weltkriegs. Sie müssen daher Handelskoalitionen zusammenzimmern, die bereit sind, Konsenspositionen zu erarbeiten.“

Das ist ein Hinweis auf das eigentliche Problem der USA. Das Handelssystem der Nachkriegszeit führte zum Heranwachsen anderer wirtschaftlicher Großmächte und zur Entstehung neuer Wirtschaftszentren, besonders in der asiatisch-pazifischen Region. Das unterhöhlte die einst beherrschende wirtschaftliche Position der USA.

Der amerikanische Imperialismus kämpft jetzt immer erbitterter darum, dem Ungleichgewicht nicht durch Einvernehmen, sondern vielmehr durch eine Kombination von wirtschaftlichem und militärischem Druck abzuhelfen. Es ist daher keinesfalls ein Zufall, dass die wirtschaftliche Aggressivität Amerikas, die auf dem APEC-Gipfel so stark hervortrat, mit verstärktem Militarismus im Nahen Osten und in Europa und mit Vorbereitungen auf einen Krieg gegen China einhergeht.

Vor fast hundert Jahren beschrieb Lenin in seinem „Imperialismus“ die grundlegende Logik, die zu der jetzigen Situation geführt hat. Perioden kapitalistischen Friedens können nur eine gewisse Zeit währen, weil die wirtschaftlichen Prozesse selbst das Gleichgewicht der Kräfte ändern, auf denen solche Perioden ursprünglich beruhten. Frieden im Kapitalismus kann nur die Vorbereitung einer neuen Periode von Krieg sein, denn die Großmächte reagieren auf die Änderung in ihrer relativen ökonomischen Position und nehmen aufs Neue den Kampf um die Aufteilung und Neuaufteilung der Welt auf. Dieser Kampf hat heute wieder begonnen, mit allen Konsequenzen, die er haben kann.

Die offenen Provokationen der USA auf dem APEC-Gipfel und die Kodifizierung der ihnen zugrunde liegenden Strategie sind ein erneuter Hinweis darauf, dass der Kampf gegen Krieg auf der Grundlage eines revolutionären sozialistischen Programms die dringende Aufgabe der internationalen Arbeiterklasse ist.

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