Vom 20. bis 22. Oktober fand mitten im Zentrum Berlins die zweite „International Urban Operations Conference“ statt. 400 Vertreter aus 40 Ländern, darunter vielen mit zweifelhaftem demokratischem Ruf, diskutierten drei Tage lang über die Niederschlagung von Aufständen und andere Formen des Bürgerkriegs in städtischen Gebieten.
„In der heutigen Welt sind städtische Regionen Schlüsselgebiete“, heißt es im Programm der Konferenz. „Die Aufrechterhaltung und die Herstellung von Stabilität und Sicherheit in städtischen Gebieten zählt zu den herausfordernden Aufgaben heutiger Sicherheitskräfte. … Die Szenarien können sich rasch und plötzlich ändern: Von routinemäßiger Hilfe oder einer Machtdemonstration bis zum ausgewachsenen Straßenkampf. … Der Gefahr von Aufständen, Terrorismus und Guerillakriegen kann nur mit der besten Geheimdiensttechnik, der besten Aufklärung und besten Überwachungssystemen begegnet werden.“
Als Ziel der Konferenz nennt das Programm die „Vorstellung von Lösungen für die oben genannten Herausforderungen. Sie bietet eine Plattform für den Austausch von Erfahrungen aus gegenwärtigen Einsätzen und wird eine Übersicht über das neue militärische Konzept der Bundeswehr für urbane Operationen geben.“
„Vertreter der Industrie“, heißt es weiter, „haben die Möglichkeit ihre Ideen, Vorstellungen und Lösungen hochrangigen Vertretern der Nato und anderen Militärvertretern vorzustellen.“
Den Vorsitz der Konferenz führte der Chef des Amts für Heeresentwicklung der Bundeswehr, Generalmajor Erhard Drews. Sie wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT) organisiert, einem gemeinnützigen Verein, der 1957 auf Initiative des Verteidigungsministeriums gegründet wurde und der Rüstungsindustrie als Lobby-Verband dient.
Finanziert wurde die Konferenz von der Rüstungsindustrie, Unter den offiziellen Sponsoren finden sich der weltweit führende Hersteller von Handfeuerwaffen, Heckler&Koch, die Waffenschmieden Dynamit Nobel Defence und Kärcher Futurtech, sowie die israelische Rüstungsfirma Rafael. Zahlreiche weitere Waffenhersteller boten ihre Produkte auf Ausstellungsständen an.
Nach einem Aufwärmabend an der Bar des Hotels Maritim hörten sich die Teilnehmer zwei Tage lang Dutzende Vorträge über alle Aspekte der urbanen Kriegführung an.
Generalmajor Drews sprach zur „Perspektive der deutschen Armee bei urbanen Einsätzen“, der britische Brigadier Bob Bruce zu „Landstreitkräften in städtischer Umgebung“, der israelische Reservegeneral und Vertreter der Rüstungsfirma Rafael Rami Ben Efraim zu „Rafael und die urbane Herausforderung“, der Bundestagsabgeordnete und Präsident des Reservistenverbandes Roderich Kiesewetter (CDU) zu den „politischen und strategische Herausforderungen urbaner Operationen“ und der britische Oberst Mark Kenyon zu „Urbaner Kampf – Berichte eines Bataillon-Kommandeurs“.
Auf zwölf Seminaren gab es rund sechzig weitere Vorträge von Militärs, Rüstungslobbyisten und Wissenschaftlern. Unter anderem sprach ein Vertreter von Heckler&Koch über die „Familie von Handfeuerwaffensystemen für die moderne Infanterie in urbanen Operationen“ und ein Vertreter von Securiton über „Mobile Überwachung – urbane Aufklärung und Kontrolle“.
Die Urban-Operations-Konferenz, die weitgehend unbeachtet von den Medien stattfand, ermöglicht einen Blick auf die massiven Veränderungen, die gegenwärtig im Rahmen der Bundeswehrreform stattfinden. Seit Vertreter der Regierung im Frühjahr das Ende der militärischen Zurückhaltung verkündet haben, bereitet sie sich nicht nur auf massive Einsätze gegen äußere Gegner, sondern auch auf Bürgerkriegseinsätze vor.
Ein offizieller Bericht über die erste Konferenz, die Anfang 2012 ebenfalls in Berlin stattfand, bestätigt das. Dort heißt es: „Die heutigen Krisenoperationen sind zunehmend geprägt von Einsätzen und Kampfhandlungen in dichtbesiedelten Gebieten sowie teilweise auch in Städten. Dieser schwierige und für viele NATO-Staaten neue Ansatz weg von den klassischen Gefechtsfeldern hin zu Krisenoperationen in urbanen Gebieten ist Grund zu einer grundlegenden Umstrukturierung der eigenen Streitkräfte. Auch die Bundeswehr folgt mit ihrer Neuausrichtung genau diesen veränderten Rahmenbedingungen.“
Mit urbanen Gebieten sind nicht nur Krisenregionen wie die Ostukraine oder der Nahe Osten gemeint. Angesichts wachsender sozialer Spannungen bereitet sich die Bundeswehr auch darauf vor, gegen Protest und Widerstand im Inneren vorzugehen. Die gesetzlichen Grundlagen dafür wurden bereits 1968 mit den Notstandsgesetzen gelegt.
Dass auf der Berliner Tagung Kommandeure mit Kampferfahrung in Kosovo, Afghanistan, Irak und Israel sprachen, ist ein Warnsignal. Die Militäreinsätze gegen die Taliban, den Islamischen Staat und die Palästinenser in Gaza werden studiert und dienen als Vorbild, um gegen sozialen Widerstand im eigenen Land vorzugehen.