Kiew setzt Faschisten gegen politische Gegner ein

Die ukrainische Regierung setzt gegen Widerstand im Osten des Landes neben der Armee auch rechte paramilitärische Verbände ein. Von den westlichen Medien wird dies weitgehend totgeschwiegen. Während bewaffnete Aktionen pro-russischer Separatisten ein breites Echo finden, liest man nichts über den faschistischen Terror gegen politische Gegner des Kiewer Regimes und die Zivilbevölkerung.

Bereits im Februar hatten bewaffnete Verbände des Rechten Sektors und der faschistischen Partei Swoboda eine entscheidende Rolle beim Putsch gegen Präsident Janukowitsch gespielt. Swoboda wurde dafür mit mehreren Ministerposten und hochrangigen Staatsämtern belohnt. Obwohl Oleh Tjahnybok, der Kandidat der Partei, bei der Präsidentenwahl im Mai nur 1,2 Prozent der Stimmen erhielt, ist Swoboda auch weiterhin prominent in der Regierung vertreten.

Die paramilitärischen Verbände operieren inzwischen mit der offiziellen Deckung des Staates. Anfang März beschloss das Parlament die Schaffung einer bis zu 60.000 Mann starken Nationalgarde, die sich hauptsächlich aus Freiwilligen der sogenannten Maidan-Selbstverteidigungsgruppen zusammensetzt.

Am 13. April erließ der ukrainische Innenminister Arsen Awakow ein weiteres Dekret, das im ganzen Land die Bildung spezieller Einheiten erlaubt, die separatistischen Strömungen entgegen treten. Seitdem sind mit der finanziellen Unterstützung von Oligarchen mehrere Bataillone gegründet worden, die offiziell dem Innenministerium unterstehen.

Das wohl bekannteste ist das Asow-Bataillon. Die „schwarzen Männer“, wie sie im russischsprachigen Internet genannt werden, haben seit Anfang Mai bei mehreren so genannten „Anti-Terror-Operationen“ der Kiewer Regierung eine Schlüsselrolle gespielt.

Das Asow-Bataillon hat seinen Stützpunkt in Mariupol und ist für einen Großteil der dortigen brutalen Kämpfe verantwortlich. Vom 10. bis 13. Mai starben in der 500.000-Einwohner-Stadt am Asowschen Meer bei gewaltsamen Auseinandersetzungen laut offiziellen Angaben mindestens 20 Menschen. Videos auf Youtube, deren Echtheit allerdings schwer zu überprüfen ist, zeigen, wie dabei gezielt auf unbewaffnete Zivilisten geschossen wurde.

Auch im Juni hielten die Konflikte in Mariupol an. Am 13. Juni stürmten die Asow-Leute gemeinsam mit dem Bataillon „Ukraina“ und Spezialeinheiten der Armee die Stadtmitte, die von Separatisten gehalten wurde. Dabei wurden Dutzende Separatisten getötet und verwundet.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat außerdem erklärt, das Asow-Bataillon sei am Sturm der russischen Botschaft in Kiew beteiligt gewesen.

Auf Twitter veröffentlichen Kämpfer des Bataillons regelmäßig Mitteilungen über die Anzahl Zivilisten und Separatisten, die sie angeblich umgebracht haben. Auch wenn diese Mitteilungen schwer zu überprüfen sind, sagen sie viel über den Charakter dieser faschistischen Banden aus.

Anfang Juni wurde Jaroslaw Honchar, ein Mitbegründer des Bataillons, aus der Führung entfernt, nachdem er die Asow-Leute öffentlich beschuldigt hatte, Eigentum der Familie von Ex-Präsident Janukowitsch geraubt und Menschen gefoltert zu haben. Laut Honchar besteht das Bataillon größtenteils aus Mitgliedern des Rechten Sektors.

Gegründet wurde das Asow-Bataillon am 5. Mai von Oleh Ljaschko, der für die ultra-rechte Radikale Partei im ukrainischen Parlament sitzt, Igor Kriworutschko, einem führenden Mitglied des Rechten Sektors, und dem bekannten Faschisten Dmytro Kortschynsky. Anfang Juni umfasste es laut russischer Wikipedia rund 300 Mann.

Viele Mitglieder stammen aus der Organisation „Patriot der Ukraine“, die zum Rechten Sektor gehört. Laut einem Bericht von Al-Jazeera haben sich dem Bataillon auch mehrere Faschisten aus Russland, Italien und Schweden angeschlossen. Was die Kämpfer eint, sei ihr Nationalsozialismus. Neue Rekruten von „Asow“ werden vom ukrainischen Innenministerium ausgebildet, bevor sie in der Ostukraine eingesetzt werden.

Das Bataillon genießt offenbar die Unterstützung der USA und des Kiew-Regimes. Auf Youtube zirkuliert ein russisches Video des Senders „Radio Free Europe“, der vom US-Kongress finanziert wird, das die Asow-Leute bei Schießübungen zeigt. Die regierungstreuen ukrainischen Medien berichten positiv über die paramilitärischen Banden und feiern sie als „Helden der Ukraine“. Dabei erklären Mitglieder des Bataillons bei jeder Gelegenheit, dass sie ihre Gegner nicht als Menschen betrachten und „vernichten“ wollen.

Finanziert wird das Bataillon Presseberichten zufolge vom Oligarchen Ihor Kolomojskyj. Kolomojskyj war laut Forbes im Jahr 2012 mit einem Gesamtvermögen von 3 Mrd. US-Dollar der drittreichste Mann der Ukraine. Die russische Zeitung Korrespondent schätzt sein Vermögen sogar auf 6,2 Mrd. US-Dollar. Er ist Miteigentümer der Privat Bank, der größten Bank der Ukraine. Darüber hinaus zählt er zu den größten Eigentümern in der ukrainischen Öl-, Flug- und Bergbauindustrie. Anfang März wurde Kolomojskyj von der Regierung zum Gouverneur der ostukrainischen Stadt Dnjepopetrowsk ernannt.

Kolomojskyj unterstützt die pro-westliche Opposition seit Jahren politisch und finanziell. Bei den Wahlen 2012 soll er einer der Hauptfinanciers der Partei UDAR des Boxers Vitali Klitschko gewesen sein. Zuvor galt Kolomojskyj als einer der wichtigsten Oligarchen hinter der Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko. Auch den Chef der rechten Partei Swoboda, Oleh Tjahnybok, soll Kolomojskyj finanziert haben. Tjahnybok leugnete dies jedoch in der ukrainischen Presse.

Laut Berichten der Frankfurter Rundschau und der Kiyv Post steht Kolomojskyj auch hinter den Bataillonen „Dnepr“ und „Donbass“, die in der Ostukraine Angst und Schrecken verbreiten. Auch diese Einheiten sollen sich hauptsächlich aus faschistischen Organisationen und ehemaligen Soldaten rekrutieren.

Dnepopetrowsk ist so unter Kolomojskyj zu einem Organisationszentrum der paramilitärischen Kräfte geworden, mit denen das Kiewer Regime die Opposition im Osten des Landes bekämpft.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete Ende Mai, Kolomojskyj verwende mehrere Dutzend Millionen US-Dollar darauf zu verhindern, dass seine Region in die Hände von Separatisten falle. Mit dem Geld sei eine „Nationale Verteidigungseinheit“ aufgebaut worden, die rund 15.000 Mann umfasse. Darunter befänden sich 2.000 kampfbereite Soldaten, die in vier Bataillone eingeteilt seien.

Igor Beresa, Kommandeur der „Nationalen Verteidigungseinheit“, sagte Reuters, die Bataillone nähmen zwar formal Anweisungen von der ukrainischen Armee und den Sicherheitskräften entgegen, ihr Gehalt sei jedoch doppelt so hoch und sie seien wesentlich besser ausgerüstet.

Kolomojskyjs Stellvertreter, Borys Filatow, erklärte Reuters: „Wir machen all dies in Abstimmung mit der Zentralregierung. Wir koordinieren und kooperieren mit Kiew, sie akzeptieren unseren Einfluss als stabilisierenden Faktor im Osten“.

Der Rechte Sektor, der auch als eigenständige Formation in den bewaffneten Auseinandersetzungen aktiv ist, hatte sein Hauptquartier Ende April nach Dnjepopetrowsk verlegt. Damals prahlte sein Führer Dmytro Jarosch im Interview mit Spiegel Online: „Unsere Bataillone sind Teil der neuen Territorial-Verteidigung. Wir stehen in engem Kontakt zum Geheimdienst, mit dem Generalstab. Wir haben eigentlich zu allen gute Beziehungen, außer zur Polizei.“

Jarosch postet auf Facebook und Twitter regelmäßig Informationen über den Einsatz der Truppe. Demnach sprang der Rechte Sektor dem Donbass-Bataillon bei Kämpfen um das ostukrainische Dorf Karliwka nahe Donezk Ende Mai bei. Das Dorf wird bis heute umkämpft.

Es kann kein Zweifel bestehen, dass faschistischen Bataillone für einen beachtlichen Teil der Todesopfer des Bürgerkriegs in der Ukraine verantwortlich sind. Insgesamt wurden laut Angaben der Vereinten Nationen allein seit dem 7. Mai 356 Menschen in der Ostukraine getötet. Davon waren 257 – also die große Mehrheit – Zivilisten.

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