Der Umbau der Deutschen Telekom AG auf Kosten der Belegschaft geht weiter. Der Konzern hat angekündigt, in Deutschland weitere 1.200 Arbeitsplätze in Verwaltungsbereichen abzubauen.
Der Abbau im Marketing, der Steuerung, dem Controlling und der Verwaltung – kurz: im „Overhead“ – soll jährlich 100 Millionen Euro einsparen. Das Unternehmen bezeichnet dies beschönigend als Umbau und nicht als Abbau. Denn im operativen Geschäft sollen neue Arbeitsplätze entstehen. Tatsache ist, dass nur die wenigsten Beschäftigten, die bis Mitte des Jahres ihren Arbeitsplatz verlieren, dort einen Ersatzarbeitsplatz einnehmen können. Denn es sind vor allem Techniker und IT-Spezialisten gefragt.
Die Deutsche Telekom AG, Europas größter Telekommunikationskonzern, beschäftigt weltweit 230.000 Menschen, davon 120.000 in Deutschland. Die Deutschlandsparte des Konzerns, die Telekom Deutschland GmbH, in der die 1.200 Arbeitsplätze abgebaut werden, beschäftigt rund 68.000 Menschen, davon 12.000 im Overhead. Das heißt, dass jeder zehnte Arbeitsplatz in diesem Bereich gestrichen wird.
„Der Vorstand ist sich seit langem einig, dass dort [im Overhead] zu viele Beschäftigte arbeiten“, zitiert das Handelsblatt Konzernkreise. Seit vergangenem Herbst sei man auf der Suche, „wo man Leute am ehesten entbehren kann“.
Die Telekom Deutschland GmbH umfasst die früheren Geschäftseinheiten T-Home (Festnetz) und T-Mobile (Mobilfunk). Sie wurden vor knapp drei Jahren zur Deutschlandsparte fusioniert. Außerdem werden kleinere und mittlere Geschäftskunden betreut, während die Tochter T-Systems für Großkonzerne in aller Welt zuständig ist.
Die Zahl der Beschäftigten bei der Deutschen Telekom AG ist bereits in den ersten drei Quartalen 2012 um 5.000 gesunken. Im Sommer 2012 hatte der Mutterkonzern angekündigt, weitere 3.200 Beschäftigte zu entlassen. In der Bonner Zentrale, in der derzeit 3.200 Männer und Frauen arbeiten, sind davon rund 1.300 Stellen betroffen. Nun kommen weitere 400 hinzu, denn ein Drittel der neu angekündigten Stellenstreichungen sollen am Hauptsitz der Telekom erfolgen, wie Telekom-Sprecher Stephan Althoff am vergangenen Donnerstag sagte.
Die Telekom versucht sich auf Kosten der Beschäftigten zu reorganisieren, um neben dem Telekommunikationsbereich neue, internetbasierte Geschäftsfelder in wachsenden Märkten aufzubauen – im mobilen Internet, im Cloud-Computing und bei Onlinediensten. Bereits im Jahr 2015 sollen diese Bereiche die Hälfte des derzeitigen Konzernumsatzes von rund 58 Milliarden Euro beisteuern.
Die Telekom ist aus Teilen der ehemaligen staatlichen Deutschen Post entstanden. Sie ging 1996 als erstes ehemaliges Staatsunternehmen an die Börse. Seitdem sank die Beschäftigtenzahl allein in Deutschland von über 200.000 auf 120.000. Bei Bahn und Post sind im Rahmen der Privatisierung Arbeitsplätze in ähnlichen Dimensionen abgebaut worden.
Die Vorstände der privatisierten Unternehmen, die Großaktionäre, die Banken und der politische Filz aus Lobbyisten und Politikern verdienten sich an der Privatisierung eine goldene Nase. Auf der anderen Seite sind die Arbeiter der privatisierten Unternehmen und die auf eine flächendeckende, bezahlbare und sichere Infrastruktur angewiesene Bevölkerung die Leidtragenden.
Die verantwortliche Gewerkschaft Verdi (Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft) hat diesen Abbau in den letzten Jahrzehnten stets mitgetragen und die Kürzungen bei Arbeitsplätzen und Löhnen durchgesetzt. Zur letzten großen Auseinandersetzung kam es vor fünf Jahren, als der derzeitige Vorstandsvorsitzende der Telekom, René Obermann, kurz nach seinem Amtsantritt ankündigte, 50.000 Beschäftigte in ausgegründete Billiglohngesellschaften auszugliedern.
Nach fast sechs Wochen Streik, den Verdi nicht wollte und deshalb nur halbherzig führte, stimmte sie im Juni 2007 einer Vereinbarung zu, die in allen wesentlichen Punkten die Forderungen des Konzerns übernahm. Bestandteil dieser Vereinbarung waren eine drastische Senkung der Löhne, längere Arbeitszeiten und schlechtere Arbeitsbedingungen.
Auch jetzt hat Verdi angekündigt, nichts gegen die Arbeitsplatzvernichtung zu tun. Ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi kritisierte lediglich, Personalabbau ersetze auf Dauer keine Innovationen. Der Betriebsrat der Telekom Deutschland GmbH hat sich bisher noch gar nicht öffentlich zu den Abbauplänen geäußert.
Erst kurz vor Weihnachten hatten die Deutsche Telekom und Verdi sich angeblich auf „weit reichende Vereinbarungen zu Beschäftigungssicherung, Ausbildung und Altersteilzeit“ geeinigt, wie die Gewerkschaft mitteilte. Damit würde der Personalabbau zumindest bei der AG in Deutschland „deutlich gebremst“, behauptete Verdi-Vorstandsmitglied Lothar Schröder.
Teil der Vereinbarungen war, Arbeitsplätze über Altersteilzeit abzubauen. Mindestens 2.000 Beschäftigte sollen in den kommenden zwei Jahren die Gelegenheit dazu erhalten. „Damit bereiten wir uns jetzt schon auf den Umbau des deutschen Festnetzes vor“, sagte Schröder.
Die Umstellung des Festnetzes auf Internettechnik wird mehrere Tausend Stellen bei der Telekom gefährden. Schröder sieht positive Effekte, denn das dadurch mögliche Vectoring, mit dem das Internet im Festnetz beschleunigt werden kann, sichere im Gegenzug „rund 5000 Arbeitsplätze“. Voraussetzung sei, so Schröder, dass die Bundesnetzagentur gegen den Widerstand anderer Anbieter der Telekom die Investitionen dazu ermögliche.
Dass Schröder sich ganz im Sinne eines Co-Managers für den Umbau des Konzerns verantwortlich fühlt, hat er schon mehrfach bewiesen. Seit 2003 ist er stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Telekom AG und inzwischen auch Aufsichtsratsmitglied der Tochtergesellschaft Telekom Deutschland GmbH. 2011 strich er für diese Tätigkeiten 177.000 Euro ein.
Zum angekündigten Führungswechsel bei der Telekom in diesem Jahr sagte Schröder, er erwarte, dass Tim Höttges, der Obermann zum 1. Januar 2014 an der Spitze des Konzerns ablöst, „weiterhin für eine faire Balance“ zwischen den Interessen von Kunden, Aktionären und Beschäftigten sorgen werde. Die „faire Balance“ Schröders soll den Aktionären die Dividende sichern. Tausende Beschäftigte kostet sie den Arbeitsplatz.