Angesichts der Milliardenschulden slowenischer Banken, setzt die rechte Regierung unter Premierminister Janez Jansa die Forderungen der Europäischen Union und internationaler Finanzinstitutionen nach schärferen Sparmaßnahmen um.
Nachdem der Bankensektor der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik 2012 das dritte Jahr in Folge mit Verlusten zu kämpfen hat, fordern die drei größten Banken des Landes öffentliche Kapitalspritzen. Die staatliche Nova Ljubljanska Banka (NLB) muss ihr Kapital um 320 Millionen Euro erhöhen, um die Auflagen der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde zu erfüllen. Im April hatte die Ratingagentur Moody´s bereits die Kreditwürdigkeit der NLB und weiterer slowenischer Banken herabgestuft.
Der Anteil der faulen Kredite stieg allein im März dieses Jahres auf fast zwölf Prozent aller vergebenen Kredite des Landes. Sie belaufen sich auf über sechs Milliarden Euro. Vor allem Kredite an Bauunternehmen, Versicherungen und Finanzdienstleister drohen zu platzen.
Zahlreiche Medien betitelten Slowenien bereits als das nächste „Sorgenkind“ der EU. Für dieses Jahr wird ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um 1,5 Prozent prognostiziert. Im letzten Jahr waren es bereits 0,2 Prozent. Die Zinsen für slowenische Staatsanleihen liegen mit 5,5 Prozent über 1 Prozent höher als vor einem Jahr. Gegen Slowenien war bereits im Dezember 2009 von der EU ein Defizitverfahren wegen eines "exzessiven Budgetdefizits" eingeleitet worden.
Um die EU-Vorgaben einzuhalten, verabschiedete das slowenische Parlament im Mai ein Sparpaket für die Jahre 2012 und 2013. Die öffentlichen Ausgaben werden demnach in diesem Jahr um 800 Millionen und im kommenden um 750 Millionen Euro gekürzt. Im vergangenen Jahr lag das Haushaltsdefizit bei 6,4 Prozent. Durch die Einsparungen soll es auf 4 Prozent reduziert werden. 2013 soll das Budgetdefizit wieder unter die Grenze von 3 Prozent des BIP gedrückt werden.
Dem neuen Sparpaket, das vor allem den öffentlichen Sektor trifft, war im slowenischen Parlament ein Beschluss zur Senkung der Körperschaftssteuer vorangegangen. Der Steuersatz wurde von 20 auf 18 Prozent gesenkt und wird von nun an jährlich um einen weiteren Prozentpunkt sinken, bis 2015 ein Satz von 15 Prozent erreicht ist. Das ist einer der niedrigsten Sätze in Europa.
Zudem wurden vom Parlament in Ljubljana Steuererleichterungen für Investoren auf den Weg gebracht. Der Investitionsfreibetrag wurde von 30 auf 40 Prozent erhöht und die bislang geltende Obergrenze von 30.000 Euro abgeschafft.
Die Rechtsparteien um Premier Janez Jansa (SDS) hatten die Regierung Anfang des Jahres mit dem erklärten Ziel übernommen, drastische Sparmaßnahmen durchzusetzen, was die sozialdemokratische Vorgängerregierung infolge interner Querelen nicht geschafft hatte.
Die Partei Positives Slowenien hatte im Dezember 2011 die Parlamentswahl für sich entschieden. Der Bürgermeister der Hauptstadt Zoran Jankovic hatte die Partei zwei Monaten zuvor eigens für die Wahl gegründet. Jankovic schaffte es aber nicht, sich eine Mehrheit im Parlament zu sichern.
Die rechtskonservative Slowenische Demokratische Partei (SDS) konnte anschließend mit der Volkspartei (SLS), der Partei Neues Slowenien (NSI), der Bürgerliste und der Pensionistenpartei Desus eine Koalition bilden. Jansa war bereits von 2004 bis 2008 Regierungschef gewesen und hatte Slowenien in die Europäische Union geführt.
Unter Jansa hat Slowenien im Frühjahr als einer der ersten EU-Staaten den neuen europäischen Fiskalpakt ratifiziert. Maßgeblich an der Ausarbeitung des neuen Sparpakets beteiligt war Finanzminister Janez Sustarsic, ein Befürworter einer radikalen Sparpolitik. Sustarsic plant nun im Zuge dessen eine Defizitgrenze in der Verfassung zu verankern.
Die Regierung hat darüber hinaus weitergehende Privatisierungen und einen neuen Sozialvertrag angekündigt. Damit soll eine Basis geschaffen werden, die als Ausgangspunkt für "systemrelevante" Änderungen im Arbeitsrecht sowie in der Altersversorgung und im Gesundheitswesen dienen soll, erklärten Regierungsvertreter.
Die Hälfte der geplanten Einsparungen wird durch Kürzungen im öffentlichen Bereich realisiert. Die Sparmaßnahmen beinhalten Lohnkürzungen von 15 Prozent für Beamte, die außerdem auf Urlaubsgeld verzichten müssen. Zudem arbeiten Lehrer pro Woche rund drei Stunden länger und die Schulklassen wurden vergrößert. Mit sogenannten “internen Sparmaßnahmen”, die Kostenrationalisierung und organisatorische Maßnahmen umfassen, sollen weitere 420 Millionen Euro in zwei Jahren gespart werden.
Zahlreiche schmerzhafte Einschnitte gibt es bei den Sozialleistungen. Unter anderem wurde die Höhe des Arbeitslosengeldes gekürzt und die Dauer des Anspruches auf 18 Monate gesenkt. Einsparungen gibt es darüber hinaus beim Kindergeld und bei Subventionen für die Verpflegung von Schülern. Ferner wurde der kostenlose Kindergartenbesuch für das zweite Kind abgeschafft. Weitere Einschnitte sind beim Kinderbetreuungsgeld geplant.
Premier Janez Jansa verteidigte den geplanten Sparkurs und kündigte weitere Einschnitte an. Die Maßnahmen seien nicht drastisch, sondern relativ mild angesichts der Lage, in der sich Slowenien befinde, so Jansa. "Das ist erst der erste Schritt, der aber nicht ausreichen wird.", fügte der Premier hinzu.
Um Opposition gegen die Maßnahmen von vorneherein zu unterdrücken einigten sich die Regierungsparteien auch darauf, Volksabstimmungen zu erschweren. Dabei hatte vor allem die SDS während ihrer Zeit in der Opposition ausgiebig davon Gebrauch gemacht, um die damals geplante Renten- und Arbeitsmarktreform der Sozialdemokraten zu kippen.
Gegen die Sparmaßnahmen streikten im April rund 100.000 Angestellte des Öffentlichen Dienstes. Schulen und Kindergärten blieben geschlossen, in zahlreichen Kliniken gab es nur einen Notdienst. An den Grenzübergängen zu Kroatien kam es zu Staus, weil Zöllner und Polizisten sich beteiligten. In vielen Städten Sloweniens kam es zu Demonstrationen gegen die Regierung.
Angesichts der öffentlichen Empörung über die rigorose Sparpolitik kommt den Gewerkschaften eine Schlüsselrolle zu, Streiks und Proteste zu unterdrücken oder ins Leere laufen zu lassen. In Slowenien existiert bereits seit der Unabhängigkeit eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und den Gewerkschaften.
Sie spielten eine Schlüsselrolle bei der Privatisierung der Betriebe Anfang der 1990er Jahre und unterdrückten jeden Widerstand der Arbeiter gegen den Ausverkauf der slowenischen Wirtschaft. Der Gewerkschaftsbund ZSSS betrachtet sich selbst als "aktiven Partner im Privatisierungsprozess".
Unmittelbar nach den Streiks im April erklärten die Gewerkschaften ihre Unterstützung für den Kurs der Regierung. Zahlreiche Gewerkschaften stellten sich offen hinter die rechte Regierungspolitik und traten dafür ein, keine Referenden gegen die Arbeitsmarktpolitik anzustrengen und von weiteren Protesten abzusehen.
Die liberale Tageszeitung Dnevnik bemerkte dazu sehr treffend: "Jansas Schock-Strategie und sein Prinzip, den Armen zu nehmen und den Reichen zu geben, wird vor allem durch die Reaktionsunfähigkeit und die unterwürfige Art der Medien sowie durch das Verhalten der Gewerkschaften und der linken Oppositionsparteien ermöglicht.”