Bushs Rede zur Einwandererfrage - ein Appell an Militarismus und Reaktion

Die Socialist Equality Party verurteilt entschieden die üble, einwandererfeindliche Politik, die Präsident George W. Bush am Montagabend in seiner Rede aus dem Oval Office dargelegt hat. Wir verurteilen ebenso die kriecherische Reaktion der Demokratischen Partei, die den Angriff der Regierung auf Millionen eingewanderter Arbeiter, die in den USA leben und arbeiten, in allen wesentlichen Teilen unterstützt.

Bushs Rede war ignorant, kurzsichtig und reaktionär. Das unmittelbare Ziel der Rede bestand darin, die Vorurteile der extrem rechten Basis der Republikanischen Partei und die Profitinteressen des Verbands der amerikanischen Arbeitgeber zu bedienen. Aber die Vorschläge des Präsidenten haben weit reichende und bedrohliche Auswirkungen.

Bushs Vorhaben, 6.000 Soldaten der Nationalgarde an die mexikanische Grenze zu entsenden und die Staatspolizei und örtliche Sheriffs einzusetzen, um illegale Einwanderer zu jagen, sowie neue nationale Personalausweise einzuführen und große Internierungslager für beim Grenzübertritt erwischte Personen einzurichten, stellen einen weiteren großen Schritt in Richtung eines Polizeistaats in Amerika dar.

Bush erwähnte zu Beginn seiner Rede die Massendemonstrationen der letzten beiden Monate, auf denen Abermillionen Einwanderer im ganzen Land ihre Rechte als Arbeiter und Menschen eingefordert haben. Dann stellte er diese demokratische und soziale Massenbewegung auf eine Stufe mit den Aktivitäten einer Handvoll bewaffneter faschistischer Vigilantengruppen, der so genannten Minutemen, die auf eigene Faust Wanderarbeiter an der amerikanisch-mexikanischen Grenze jagen.

Und schließlich versprach der Präsident, "klar zu machen, wo ich stehe" - nämlich nicht überraschend auf der Seite der Minutemen. Die Hauptfrage für die USA sei "die Kontrolle ihrer Grenzen". Dass die Aktivitäten einer Gruppe bewaffneter Gangster an der Grenze wichtiger sind als die soziale Bewegung von Millionen, spricht Bände über die äußerst schmale politische Basis, auf die sich die US-Regierung stützt, und über deren Charakter.

Es handelte sich um Bushs erste Rede aus dem Oval Office seit der Amtsübernahme vor über fünf Jahren, die sich nicht mit dem "globalen Krieg gegen den Terrorismus" oder dem Irakkrieg beschäftigte. Doch ebenso wie die "Anti-Terror"-Kampagne appellierte auch sie an Angst und politische Rückständigkeit.

Präsident Bush hat die niedrigste Zustimmungsrate in der Bevölkerung seit Richard Nixon die Amtsenthebung drohte. Nun reagiert er auf die massive Opposition mit dem Versuch, die Ultrarechten zu mobilisieren, und indem er sich erneut an das Militär wendet.

Trotz gegenteiliger Beteuerungen besteht seine Lösung der Einwanderungsfrage in der Militarisierung der amerikanisch-mexikanischen Grenze. Zusätzlich zur Entsendung von 6.000 Nationalgardisten versprach Bush, Milliarden Dollar für den Bau eines Hightech-Zaunes bereitzustellen, der die beiden Länder voneinander trennen soll, und der mit "Bewegungsmeldern,... Infrarotkameras... und unbemannten Flugkörpern" ausgestattet werden soll. Damit soll die Jagd auf Einwanderer, die in die USA einzudringen versuchen, erleichtert werden.

Dieser Vorschlag hat in Mexiko solche Empörung hervorgerufen, dass sich selbst der rechte Präsident des Landes, Vincente Fox, gezwungen sah, Bush persönlich anzurufen und gegen das Projekt zu protestieren. Dabei ist Fox wohl der Washington gegenüber servilste Staatschef in der Geschichte dieses Landes.

Die Entsendung von Truppen an die mexikanische Grenze hat schwerwiegende Implikationen. Es handelt sich um eine Grenze, die im 19. Jahrhundert in einem blutigen Krieg gezogen wurde. Damals wurde Mexiko die Hälfte seines nationalen Territoriums geraubt. 1916-17 war sie erneut Kriegszone, als General John Pershing in einer Strafexpedition Pancho Villa verfolgte. Die Stationierung amerikanischer Truppen in nahezu Divisionsstärke droht, trotz der gegenteiligen Beteuerungen Bushs, diese historischen Konflikte wieder zu entzünden.

Die Möglichkeit, dass es zu Feuerwechseln kommt, ist nicht nur hypothetisch. 1997 hatte das Pentagon militärische Einheiten abgezogen, die zur Unterstützung an der Grenze eingesetzt waren, nachdem ein Marine-Kommando den 18-jährigen Esequiel Hernandez, der am Rio Grande in Texas eine Herde Ziegen hütete, erst belauert und dann erschossen hatte.

Außerdem hat die Militarisierung der Grenze auch eine wichtige innenpolitische Bedeutung. Wie schon als Reaktion auf die Verwüstungen, die der Hurrikan Katrina angerichtet hatte, wird auch jetzt wieder das Militär gerufen, um die Ordnung im Innern zu erzwingen. Darin besteht, allen Ausreden über einen rein "logistischen" Einsatz zum Trotz, die objektive Bedeutung der Entsendung von Bundestruppen. Sie ist ein weiterer Schritt zur Militarisierung der amerikanischen Gesellschaft und zur Legitimierung von Methoden der militärischen Unterdrückung und Diktatur.

In Verbindung mit diesem beispiellosen Militäreinsatz zur Durchsetzung der Einwanderungspolitik steht Bushs Vorschlag, die Staatspolizei und die örtlichen Ordnungshüter zum gleichen Zweck einzuspannen. "Wir werden die Bundesgelder für Staats- und Kommunalbehörden erhöhen, die die Grenzpolizei zielgerichtet bei der Durchsetzung der Einwanderungsgesetze unterstützen", erklärte Bush. "Und wir werden den Staats- und Kommunalbehörden die besondere Ausbildung zukommen lassen, die sie benötigen, um die Bundesagenten bei der Ergreifung und Verhaftung illegaler Einwanderer unterstützen zu können."

Die Aussicht auf den Einsatz örtlicher Polizisten zum Zweck der Ergreifung illegaler Arbeiter hat einen bedrohlichen Beigeschmack. In vielen Teilen des Landes haben die örtlichen Polizeibehörden solche Vorschläge zurückgewiesen und auf der strikten Trennung der Durchsetzung der Einwanderungsgesetze, die beim Bund angesiedelt ist, und der kommunalen Kriminalitätsbekämpfung bestanden. Sie wollen so vermeiden, dass es zu unnötigen Spannungen mit den Einwanderergemeinschaften kommt.

Beteiligen sich die kommunale und die Staatspolizei im Auftrag des Bundes an der Unterdrückung der "Illegalen", käme dies einer Wiederbelebung der verhassten Praxis gleich, die auf das Gesetz gegen flüchtige Sklaven aus der Zeit vor dem amerikanischen Bürgerkrieg zurückgeht. Polizisten würden ermutigt, jeden anzuhalten und zu kontrollieren, der "ausländisch" aussieht oder klingt. Damit würde für Millionen Amerikaner, illegale Einwanderer wie amerikanische Bürger, ein Klima von Furcht und Einschüchterung erzeugt.

Dazu kommt noch Bushs Vorschlag für einen "neuen Personalausweis für alle legalen Gastarbeiter", versehen mit "biometrischen Merkmalen, wie digitalen Fingerabdrücken, die sie fälschungssicher machen". Man braucht nicht viel Phantasie, um zu erkennen, dass ein solcher Vorschlag unvermeidlich die Forderung nach sich ziehen wird, auch für alle anderen Bürger einen nationalen Personalausweis einzuführen, um sie einer verstärkten Überwachung und Kontrolle zu unterwerfen.

"Befristete Arbeit" - unterdrückte Arbeiter, die abgeschoben werden können

Bush verknüpft seine Kampagne gegen unerlaubte Grenzübertritte mit dem Vorschlag eines "Programms für befristete Arbeit", das im Kern eine große Reserve billiger Arbeitskräfte ohne jegliche Rechte institutionalisieren würde. Diese dürften ihre Familien nicht mitbringen und könnten jederzeit zwangsrepatriiert werden, wenn ihre Arbeitskraft nicht mehr benötigt wird. Kurz gesagt will man damit fügsame und verfügbare Arbeitskräfte bereitstellen, um den Profitinteressen der amerikanischen Wirtschaft zu dienen.

"Dieses Programm wird willige ausländische Arbeiter mit willigen amerikanischen Arbeitgebern für Arbeitsplätze zusammenbringen, für die kein Amerikaner zur Verfügung steht", erklärte Bush. Dieser scheußliche Euphemismus soll die Überausbeutung einer Schicht eingewanderter Arbeiter rechtfertigen, deren juristischer Status ausgenutzt wird, um sie einzuschüchtern und zu unterdrücken. Nach Bushs Plan würde diese Praxis vom Staat abgesegnet und durchgesetzt. Sollten Arbeiter versuchen, ihre Lage durch gemeinsame Kämpfe und Organisation zu verbessern, würden sie schnellstens deportiert, auf eine schwarze Liste gesetzt und niemals wieder hereingelassen.

Was die zwölf Millionen Arbeiter ohne offizielle Papiere angeht, die schon in den USA leben und arbeiten, argumentierte Bush "für einen vernünftigen Mittelweg zwischen einer garantierten Einbürgerung jedes illegalen Einwanderers und einem Programm der Massendeportation". Das läuft darauf hinaus, den Unterschied zwischen einer menschlichen und demokratischen Politik und Methoden zu verwischen, die mit denen Nazi-Deutschlands vergleichbar sind.

Bush sprach voller Hochachtung über das Einwanderungsreformgesetz, das vergangenen Dezember vom Repräsentantenhaus, in dem die Republikaner die Mehrheit haben, verabschiedet worden war. Das Gesetz würde alle zwölf Millionen Einwanderer ohne offiziellen Status zu Verbrechern abstempeln, und jeden, der ihnen hilft, sei er Arzt, Lehrer oder Sozialarbeiter, der Strafverfolgung aussetzen. Bush forderte den Senat auf, zügig ein eigenes Gesetz zu beschließen und dann einen Kompromiss mit dem Repräsentantenhaus zu suchen.

Offensichtlich erwarten er und das übrige politische Establishment, dass der Kompromiss Strafmaßnahmen gegen eine der ärmsten und meistausgebeuteten Schichten der amerikanischen Gesellschaft beinhaltet. Die Arbeiter ohne legalen Status sollen, so Bush, eine "sinnvolle Strafe erhalten, weil sie das Gesetz gebrochen haben". Sie sollen "einige Jahre arbeiten und sich dann in der Schlange hinten anstellen", hinter jene, denen die US-Regierung die legale Einreise gestattet. Oder sie sollen der Gesellschaft in anderer Weise "ihren Tribut zahlen".

Dann erklärte Bush im scheinheiligen Ton des Oberheuchlers der Nation: "Jeder Mensch hat seine Würde und seinen Wert, ganz unabhängig von seiner Staatsbürgerschaft." Aber offensichtlich haben einige mehr Würde und Wert als andere.

Der Präsidenten betonte auch erneut, dass die englische Sprache eine Säule der amerikanischen Gesellschaft sei, und kam damit den Befürwortern eines "Nur-Englisch"-Gesetzes entgegen. Auch hier verfolgt die Regierung, die sich in der Krise befindet und von der Stimmung der Bevölkerung abgeschnitten ist, ein dumme und verbohrte Politik, um sich der Loyalität einer dünnen Schicht von Ultrarechten zu sichern.

Bereits zuvor hatte Bush eine Gruppe Latino-Popkünstler angegriffen, weil sie eine spanischsprachige Version der amerikanischen Nationalhymne aufgenommen hatten. Dies und seine jüngsten Bemerkungen zielen darauf ab, Englisch den Status einer offiziellen Sprache zu verleihen, was in die amerikanische Verfassung niemals vorgesehen war. Die Gründer der amerikanischen Republik hatten dies ausdrücklich als undemokratisch abgelehnt.

Die Leute im Weißen Haus, die sich wie eine Bande politischer Brandstifter aufführen, verschwenden keine Gedanken an die weitreichenden Folgen einer derartigen politischen Agitation in einem Land, in dem Dutzende Millionen Menschen als Muttersprache Spanisch sprechen. Der Versuch, Englisch zur offiziellen Sprache zu erheben, droht das Land nach Sprachbarrieren zu spalten. Die Forderung eines ebensolchen Status für Spanisch wird nicht auf sich warten lassen. Es gibt mehrere Beispiele, wie solche Kämpfe um Sprachrechte ganze Länder an den Rand einer nationalen Spaltung und selbst eines Bürgerkriegs getrieben haben.

Wie zu erwarten, legten Bushs angebliche politische Gegner in der Demokratischen Partei keine Alternative zu dieser reaktionären Politik vor. Wenn überhaupt, kritisierten sie die Regierung von rechts.

Senator Richard Durbin aus Illinois, der sich im Namen der Demokraten äußerte, erklärte: "Wir müssen jetzt handeln, um unsere Grenzen zu sichern." Er fügte hinzu: "Die Demokraten sind bereit, jeden vernünftigen Plan zu unterstützen, der unsere Grenzen sichern wird, inbegriffen die Entsendung von Truppen der Nationalgarde."

Wie schon bei der Reaktion der Demokratischen Partei auf den Irakkrieg richtet sich ihre Kritik nicht gegen die Ziele der Regierung, sondern nur gegen deren Ausführung. Sie verfolgt selbst die gleichen Ziele. Durbin beklagte den Mangel an Männern und Ausrüstung bei der Nationalgarde und zeigte sich besorgt, dass sie von anderen Interventionen "im Inland und im Ausland" abgehalten werde.

Wie Bush trat Durbin im Namen der Demokraten für eine Bestrafung der Menschen ohne Aufenthaltsrecht ein. "Menschen, die unsere Gesetze gebrochen haben, sollten nicht und werden nicht mit Amnestie belohnt werden", erklärte er.

Natürlich spricht kein Politiker der großen Parteien jemals über die internationalen und sozialen Ursachen der Immigration. Die verzweifelten wirtschaftlichen Bedingungen, die Millionen Menschen, besonders aus Mexiko und ganz Lateinamerika, dazu treiben, Arbeit in den USA zu suchen, sind ein Ergebnis von mehr als hundert Jahren Ausbeutung und Unterdrückung dieser Länder durch die Banken und Konzerne der USA.

Diese Bedingungen haben zur Folge, dass über die Hälfte der Bevölkerung von Mexiko von weniger als zwei Dollar pro Tag leben muss. Sie werden durch die wachsende globale Integration des Weltkapitalismus verschärft, die es den transnationalen Konzernen ermöglicht, auf der Suche nach immer billigerer Arbeit ihre Produktion von einem Land ins andere zu verlagern.

Diese Konzerne, internationalen Banken und Weltfinanzhäuser beanspruchen für sich das uneingeschränkte Recht, die Grenzen ungehindert zu überschreiten. Arbeiter dagegen, die für sich und ihre Familien sorgen wollen, stoßen an den gleichen Grenzen auf eine zunehmende militärische Befestigung.

Das Ergebnis ist ein eskalierender Blutzoll. Laut den offiziellen Zahlen, die von dreizehn mexikanischen Konsulaten in der Grenzregion zu den USA erhoben wurden, haben in der Zeit von Januar 2001 bis April 2006 2.104 mexikanische Einwanderer ihr Leben verloren, als sie versuchten, die Grenze in die USA zu überqueren. Versuche der US-Regierung, gegen Grenzgänger vorzugehen, haben die Todesrate weiter in die Höhe getrieben, weil die Arbeitsimmigranten gezwungen sind, immer ausgefallenere und gefährlichere Routen zu wählen. Während 2001 noch 391 Menschen starben, stieg die Zahl 2005 auf 443.

Nur die arbeitende Bevölkerung der USA kann das Problem, vor dem Millionen Immigranten in Amerika stehen, auf eine humane und demokratische Weise lösen. Sie muss die einwandererfeindliche Politik der Republikaner und der Demokraten zurückweisen und das Recht jedes Arbeiters verteidigen, im Land seiner Wahl vollständig gleichberechtigt zu leben und zu arbeiten. Nur wenn sich die Arbeiterklasse - Immigranten und einheimische Arbeiter - über die nationalen Grenzen hinweg zusammenschließt, kann der Kampf gegen den globalen Kapitalismus erfolgreich geführt werden.

Siehe auch:
Die Bedeutung der Einwandererdemonstrationen für den Klassenkampf in Amerika
(10. Mai 2006)
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