Die Nominierung von John Bolton zum Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen widerlegt Medienspekulationen, wonach sich die Regierung Bush in ihrer zweiten Amtszeit wieder dem Multilateralismus zuwendet und ihren ehemaligen Verbündeten annähert, die durch den illegalen US-Krieg im Irak abgestoßen worden sind.
Bolton personifiziert mehr als jede andere Figur im außenpolitischen Establishment von Washington die Verachtung der Regierung für das Völkerrecht und ihre Neigung, die imperialistischen Interessen der USA einseitig mit militärischen Mitteln durchzusetzen.
Die Wahl Boltons zum UN-Botschafter ist ein unmissverständlicher Angriff auf die Vereinten Nationen selbst. Sie ist eine Warnung, dass sich die Regierung Bush für die Zerstörung der UN einsetzen wird, falls sich diese nicht vollständig den globalen strategischen Zielen der USA unterordnen.
Boltons Meinung über die UNO ist bekannt. Als er die Zeit zwischen den Amtsperioden von Bush Senior und Bush Junior in rechten Think Tanks überbrückte, sagte er 1994 auf einer Veranstaltung der World Federalist Association: "Es gibt keine Vereinten Nationen". Er fügte hinzu: "Wenn das Gebäude des UN-Sekretariats in New York zehn Stockwerke verlieren würde, würde das überhaupt keinen Unterschied machen." Zur gleichen Zeit trat er für den völligen Stopp der Beiträge ein, die die USA den UN schulden.
Am 1. Januar 2000, mehr als ein Jahr, bevor George W. Bush die Regierung übernahm, schmähte Bolton in einem Artikel im rechten Weekly Standard UN-Generalsekretär Kofi Annan. Im selben Artikel trat er für eine Politik des unprovozierten Militarismus ein, die zum Wahrzeichen der Regierung werden sollte. Er bezeichnete die eher unprätentiöse Äußerung des UN-Generalsekretärs, dass nur der UNO-Sicherheitsrat "die Anwendung von Gewalt legitimieren kann", als "Annan-Doktrin" und warnte: "Wenn die Vereinigten Staaten diesen Anspruch durchgehen lassen, wird ihre Entscheidungsfähigkeit über den Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung ihrer nationalen Interessen in Zukunft eingeschränkt werden."
Das war keine theoretische Frage. Zu diesem Zeitpunkt verfügten Bolton und andere rechte Republikaner, die später die Bush-Regierung bilden sollten, bereits über weit entwickelte Pläne, den Irak militärisch anzugreifen und zu besetzen.
Ende der 1990er Jahre war Bolton Direktor des Projekts für ein Neues Amerikanisches Jahrhundert (PNAC), dem fast alle Personen angehörten, die unter Bush die Verantwortung für die nationale Sicherheit übernehmen sollten. Der PNAC entwarf ausführliche Pläne für die Eroberung des Irak, lange bevor Washington den 11. September und die Massenvernichtsundwaffen als Vorwand entdeckte.
Bolton spielte beim Diebstahl der Wahl 2000 durch die Republikaner eine prominente Rolle. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichts, die Stimmauszählung zu stoppen, marschierte er in die Florida-Bücherei in Tallahassee, wo Staatsbeamte die Stimmzettel von Miami-Dade auszählten, und verkündete: "Ich gehöre zum Bush-Cheney-Team und ich bin hier, um die Wahl zu stoppen."
Nach Bushs Regierungsübernahme wurde Bolton zum Staatssekretär für Rüstungskontrolle ernannt. Der Titel war ungefähr so passend wie die Bezeichnung "Friedensministerium" in George Orwells Roman "1984". Bolton ging gegen praktisch jeden Vertrag vor, der die Produktion und Verbreitung von Waffen einschränkte.
Wie andere Mitglieder der republikanischen Rechten agitierte Bolton gegen den Vertrag zum Verbot anti-ballistischer Raketen. Er wandte sich auch gegen ein Verbot chemischer Waffen und sogar gegen Verträge zum Verbot von Atomtests. Er erklärte Befürworter solcher Verträge zu "fehlgeleiteten Individuen, die einer verweichlichten, neopazifistischen Denkschule anhängen".
2001 sabotierte er eine UN-Konferenz gegen die illegale Verbreitung von leichten Handfeuerwaffen. Er bestand darauf, dass Washington jeden Vertrag ablehnen werde, der das "verfassungsmäßige Recht, in den USA Waffen zu tragen", einschränke.
Eine spätere UN-Konferenz, die nach den Anschlägen vom 11. September Maßnahmen zur stärkeren Kontrolle biologischer Waffen durch die Einführung von Kontrollmechanismen entwickeln sollte, wurde ebenfalls durch Boltons Störmanöver sabotiert. Einem Bericht zufolge rieb er sich über seinen Erfolg die Hände und sagte zu Kollegen aus dem Außenministerium über diese Konferenz: "Sie ist tot, tot, tot, und ich möchte nicht, dass sie wieder von den Toten aufersteht."
Seine Feindschaft gegenüber solchen Abkommen war grundsätzlicher Art und hatte nichts mit deren konkreter Wirksamkeit zu tun. Im Wesentlichen ging es ihm darum, jede Unterordnung der US-Politik unter das Völkerrecht abzulehnen. 1999 erklärte er: "Es ist ein großer Fehler, die Gültigkeit des Völkerrechts überhaupt anzuerkennen, selbst wenn es kurzfristig so aussieht, als sei es in unserem Interesse. Denn langfristig wollen die Befürworter des Völkerrechts die Vereinigten Staaten einengen."
Bolton übernahm die Aufgabe, die Unterschrift unter den Vertrag zur Bildung des Internationalen Strafgerichtshofs von 2002 zurückzuziehen, ein deutliches Signal, dass sich die USA darauf vorbereiteten, unilateral vorzugehen und einen aggressiven politischen Kurs einzuschlagen, der zahlreiche Kriegsverbrechen hervorbringen musste. Obwohl der Vertrag nicht in seinen Zuständigkeitsbereich als Staatssekretär für Abrüstung fiel, stellte sich Bolton an die Spitze der Gegner und bekam die Erlaubnis, den Brief zu unterzeichnen, mit dem die Vereinten Nationen offiziell über den Rückzug Washingtons informiert wurden. Gegenüber dem Wall Street Journal sagte er, das sei "der glücklichste Tag seiner Regierungslaufbahn" gewesen.
Während er gegen sämtliche Verträge und Gesetze agitierte, die dem US-Militarismus und der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen Grenzen setzten, gehörte Bolton zu denen, die am aggressivsten falsche Behauptungen über solche Waffen in die Welt setzten, um Angriffe der USA auf andere Länder zu rechtfertigen. Er intervenierte mehrfach bei den Vereinten Nationen, um die führenden Waffeninspektoren im Irak auszuwechseln und durch Personen zu ersetzen, die den US-Forderungen gegenüber gefälliger waren.
Im Mai 2002 hielt er eine Rede vor der Heritage Foundation, in der er Bushs "Achse des Bösen" um Kuba, Syrien und Libyen erweiterte. Er bezeichnete diese Länder samt und sonders als "Schurkenstaaten", die Massenvernichtungswaffen entwickelten und Terroristen unterstützten. Mit den gleichen Vorwürfen war der Krieg gegen Irak gerechtfertigt worden.
Die Nachrichtendienste und das Militär widersprachen ihm, besonders hinsichtlich Kuba und Syrien. Selbst Colin Powell, der vor dem UN-Sicherheitsrat die gefälschte Präsentation über Iraks nicht-existierende Massenvernichtungswaffen vorgetragen hatte, mokierte sich mehrfach über Boltons Behauptungen. Im Außenministerium wurde Bolton gemeinhin als U-Boot des Weißen Hauses und der rechten Ideologen in der zivilen Führung des Verteidigungsministeriums angesehen.
Bolton begann seinen Aufstieg in der Hierarchie der republikanischen Rechten als enger Protegé von Jesse Helms, des rassistischen und extrem antikommunistischen Senators aus North Carolina. Helms, wegen seiner Ablehnung praktisch aller internationalen Verträge als Senator "No" bekannt, war als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Senats für die Blockierung der amerikanischen Beitragszahlungen an die UNO verantwortlich.
Weil Bolton Helms geholfen hatte, einen öffentlichen Skandal und eine Anklage wegen einer dubiosen Spendenorganisation zu vermeiden, wurde er mit einem hohen Posten in der Reagan-Regierung belohnt, wo er zuerst für die US-Agentur für Internationale Entwicklung und später unter Edwin Meese im Justizministerium arbeitete.
Unter Meese avancierte er während der Iran-Kontra-Krise zum Frontmann des Ministeriums. An ihm prallte jeder Versuch des Kongresses ab, Dokumente und Zeugenaussagen zu erhalten, die Aufschluss über die illegale Finanzierung einer von der CIA organisierten Söldnerarmee gegen Nicaragua hätten geben können. Damals knüpfte er enge Beziehungen zu anderen rechten Politikern, die in diese Affäre verstrickt waren. Zu ihnen gehören Elliot Abrams, der schließlich zugeben musste, den Kongress belogen zu haben und heute Bushs zweiter Mann im Nationalen Sicherheitsrat ist, wie auch John Negroponte, der die Kontra-Operation von der US-Botschaft in Honduras aus geleitet hatte und heute als Bushs nationaler Geheimdienstdirektor fungiert.
Als Bolton nicht mehr in der Regierung arbeitete, tat er sich als Anwalt von Chiles Ex-Diktator Augusto Pinochet hervor und verteidigte außerdem die Regierung von Taiwan. Diese zahlte ihm laut Washington Post ein Gehalt von etwa 30.000 Dollar. Er zeigte sich erkenntlich, indem er sich für die Aufgabe der seit dreißig Jahre geltenden "Ein-China"-Politik, für die direkte Anerkennung Taiwans durch die USA und für seine Aufnahme in die UNO einsetzte.
Einige Demokraten haben zwar Bestürzung über Boltons Berufung geäußert, aber man kann ziemlich sicher sein, dass seine Nominierung bestätigt wird. Nachdem schon die Ernennung eines Folter-Befürworters zum Chef des Justizministeriums den Senat passieren konnte, gibt es keinen Grund für die Annahme, der Senat werde verhindern, dass ein fanatischer Gegner des Völkerrechts als Botschafter in die UNO geht.
Bolton ist der passende Kandidat für den Posten. Er wird verkörpert das arrogante, brutale und räuberische Wesen des US-Imperialismus vor der ganzen Welt.