Die vagen Wahlversprechen des künftigen US-Präsidenten Obama auf einen "Wechsel" lösen sich in dem Maße im Nichts auf, wie er seine künftige Regierung mit Veteranen des politischen Establishments bestückt. Obamas Auswahl unterstreicht, dass er die Politik der Bush-Regierung im Wesentlichen fortführen wird, anstatt Krieg und soziale Reaktion zu beenden.
Am Freitag soll im Rahmen der Vorstellung des außenpolitischen Teams bekannt gegeben werden, dass der Verteidigungsminister der Bush-Regierung, Robert Gates, im Amt bleiben soll. Nichts drückt die rechte Ausrichtung der Außenpolitik deutlicher aus. Gates, der Ende 2006 das Amt von Donald Rumsfeld übernahm, ist für die blutige Fortsetzung der Kriege der USA in Afghanistan und im Irak verantwortlich.
Obama, der die Präsidentschaftswahl vor allem deshalb gewonnen hat, weil er in hohem Maße die Unterstützung von Kriegsgegnern, Jugendlichen und Studierenden erhielt, hat jetzt zugestimmt, dass der Mann Chef des Pentagon bleibt, der in den letzten zwei Jahren für den Irakkrieg verantwortlich war.
Gates wird im Amt bleiben und zusammen mit anderen Befürwortern des US-Militarismus regieren. Hilary Clinton, die die kriminelle Invasion des Irak von Anfang an befürwortete und von der bekanntlich die Bemerkung stammt, die Vereinigten Staaten sollten den Iran "auslöschen", wenn er Israel angreife, soll Außenministerin werden.
Der pensionierte Marinegeneral James Jones, ein früherer Kommandeur der NATO und gegenwärtig Vorstand der US-Handelkammer, soll zum nationalen Sicherheitsberater ernannt werden. Nach einer vierzigjährigen Militärkarriere diente er im letzten Jahr Außenministerin Condoleezza Rice als Sonderbotschafter für den Nahen Osten und leitete eine Untersuchung des Kongresses über die Kriege in Afghanistan und im Irak. Seine Ansicht, der Irakkrieg sei die Ursache dafür gewesen, dass die Vereinigten Staaten den Krieg in Afghanistan "aus den Augen verloren", stimmt mit der Obamas überein, der darauf besteht, die militärischen Operationen in Afghanistan und in Pakistan zu verstärken.
Genauso bedeutsam wie diese Ernennungen sind die fortdauernden Diskussionen Obamas mit Brent Scowcroft, dem nationalen Sicherheitsberater der Präsidenten Gerald Ford und Bush Senior sowie mit Zbigniew Brzezinski, dem nationalen Sicherheitsberater von Präsident Jimmy Carter. Beide Männer haben zwar die Invasion des Irak durch die Bush-Regierung scharf kritisiert, aber nicht, weil sie gegen den Krieg als solchen waren, sondern weil sie ihn als destabilisierendes militärisches Abenteuer ansahen, das insbesondere im Nahen Osten ernsthaft die strategischen und wirtschaftlichen Interessen der USA beschädige. Viele dieser Befürworter der Realpolitik unterstützen Obama, weil sie ihn als das Mittel sehen, eine taktische Wende durchzusetzen, durch die Afghanistan verstärkt als Stützpunkt für US-Operationen in der gesamten Region dienen kann.
In einem gemeinsamen Kommentar in der Washington Post vom Freitag meinten Scowcroft und Brzezinski, dass Obama vor allem dem arabisch-israelischen Friedensprozess Priorität einräumen sollte, um den Einfluss der USA im Nahen Osten wieder herzustellen. "Dadurch würden arabische Regierungen freiere Hand bekommen, die USA bei der Lösung der regionalen Probleme so zu unterstützen, wie sie es vor der Invasion des Irak getan haben", schrieben sie. "Das würde das psychologische Klima in der Region verändern, den Iran auf eine Verteidigungsposition zurückdrängen und sein großspuriges Auftreten stoppen."
Wenn eine neue Runde des Friedensprozesses im Nahen Osten in Gang käme, könnte das die notwendige politische Tarnung für üble Vorhaben werden. Letzte Woche hielt ein weiterer hochrangiger Berater Obamas, Denis Ross, in Denver eine Rede, in der er für ein aggressiveres Vorgehen gegen den Iran plädierte. Er kritisierte die Bush-Regierung wegen ihrer Politik der "weichen Stöcke und der weichen Karotten" und sagte, dass Obama bereit sei, "harte Stöcke und harte Karotten einzusetzen- wobei die harten Stöcke ihnen zeigen sollen, was sie verlieren können".
Ross und andere Berater Obamas waren im September an der Erstellung mehrerer Berichte von Think Tanks beteiligt, die zu einer raschen Eskalation der Auseinandersetzung der USA mit dem Iran aufrufen. Sie befürworten Drohungen mit schärferen Sanktionen, eine Wirtschaftsblockade des Landes und Militärschläge auf iranische Nuklearanlagen. Obwohl das erklärte Ziel dieser risikoreichen Strategie darin besteht, den Iran zur Aufgabe seines Nuklearprogramms zu bringen und sich weitgehend politisch mit Washington zu arrangieren, liegt darin doch offensichtlich die Gefahr eines weiteren großen Krieges.
Ross, der enge Verbindungen zu Neokonservativen der Bush-Regierung hat, sagte sehr offen, welche Rolle Obama spielen sollte: "Wenn Präsident Obama im Amt ist, dann ist es nicht mehr so leicht, die Vereinigten Staaten zu dämonisieren," erklärte er seinen Zuhörern. Mit anderen Worten, die Regierung Obama wird in der Lage sein, eine Politik zu machen, zu der der weitgehend diskreditierte Bush nicht mehr imstande ist. Ross wird derzeit für eine Spitzenposition im Außenministerium gehandelt.
Im Irak, wo gegenwärtig das Stationierungsabkommen zwischen Washington und Bagdad abgeschlossen wird, wird Obamas Forderung nach einem Stichtag für den Rückzug der US-Streitkräfte in die Tat umgesetzt. Aber die sensible Frage langfristiger US-Militärstützpunkte bleibt noch zu klären. Obama, der immer ein Verbleiben im Irak befürwortete, wird sich in einer viel besseren Verhandlungsposition befinden als Bush, um die Bedenken Bagdads zu zerstreuen.
Verteidigungsminister Gates kündigte letzten Freitag an, er werde die US-Truppen in Afghanistan so weit aufstocken, dass es möglich sei, den Krieg gegen die aufständischen Besatzungsgegner zu verstärken. Die Los Angeles Times berichtete am Montag, dass Offiziere des Marine Corps Pläne entworfen haben, mehr als 15.000 Truppen einzusetzen, "um eine über Jahre dauernde aggressive Kriegsführung gegen die Taliban zu beginnen". Die Verstärkung der US-Streitkräfte in Afghanistan wird von einer wachsenden Zahl von Raketenangriffen gegen Ziele jenseits der Grenze im benachbarten Pakistan begleitet. Beim letzten Angriff vom Sonntag wurden mindestens acht Menschen getötet.
Anstatt den Militarismus der USA zu beenden, wie viele amerikanische Wähler gehofft haben, wird die Regierung Obamas alles tun, um die Präsenz der USA im Irak zu festigen und den Krieg in Afghanistan und Pakistan zu verschärfen. Neue gefährliche Kriege drohen, wenn Obamas Ratgeber ihre Pläne in Bezug auf den Iran umsetzen.
Für die führenden politischen Kreise der USA sind Obamas außenpolitische Vorhaben keine Überraschung. Der Think Tank Stratfor bemerkte gestern: "Obamas Anhänger glaubten, dass seine Haltung zum Irak sich vollkommen von der Bushs unterscheide. Aber wir konnten den Unterschied nie klar ausmachen. Das Brilliante an der Wahlkampagne Obamas war, dass er seine treuen Anhänger überzeugen konnte, er werde generell eine ganz neue Politik machen, ohne jedoch genauer auszuführen, was er wirklich verändern wolle, und nie die Möglichkeit auszuschließen, seine Versprechen flexibel auszulegen."
Die außenpolitischen Schwergewichte, die Obamas Präsidentschaft unterstützt haben, gehen eindeutig davon aus, dass er diese "Brillianz" noch steigern wird, um die Menschen auf der ganzen Welt hinters Licht zu führen, während die USA ihre wirtschaftlichen und strategischen Interessen im Nahen Osten und international weiter aggressiv verfolgen.