Am 10. November berichtete die New York Times, dass die Regierung Bush seit 2004 Militäraktionen gegen bis zu 20 Länder genehmigte. Dies geschah ohne jede offizielle Kriegserklärung und ohne Vollmacht des Kongresses.
Der Bericht behandelt die jüngsten Angriffe auf Ziele in Pakistan, Syrien und Somalia und stellt fest, dass im Frühjahr 2004, nach einer von Präsident George W. Bush genehmigten Anordnung des damaligen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld, Spezialeinheiten der amerikanischen Armee ermächtigt wurden, vermutete Stützpunkte al-Qaidas "überall auf der Welt" anzugreifen.
Die Times zitiert nicht namentlich genannte hohe amerikanische Beamte und berichtet, dass die Vollmacht ein "weit reichendes Mandat für Operationen in Ländern, die keinen Krieg gegen die USA führen", bedeutete. Die Zeitung bestätigt, dass das amerikanische Militär diese Vollmacht nutzte, um "nahezu ein Dutzend bisher nicht bekannter Angriffe zu führen."
Zu den nach dieser Order durchgeführten Angriffen zählt der Überfall auf das syrische Dorf Sukkiraja in der Nähe der irakischen Grenze am 26. Oktober, an dem vier amerikanische Kampfhubschrauber beteiligt waren. Zwei der Hubschrauber landeten mit Kampftruppen, während die beiden anderen Deckung gaben. Die Soldaten schossen auf Zivilisten, die auf einer Farm arbeiteten. Sie töteten acht Personen, vier davon Kinder, und verwundeten weitere. Der Überfall löste Demonstrationen in Damaskus aus und die syrische Regierung verurteilte ihn als "Kriegsverbrechen" und "terroristische Aggression".
Nach dem Bericht der Times soll der Überfall einer Person gegolten haben, die Kämpfer in den Irak einschleust. Es war nicht die erste derartige Operation des US-Militärs auf syrischem Territorium.
Auf ähnliche Weise wurde eine vermutlich zur Marine gehörende Sondereinheit mit Hubschraubern in die pakistanische Region Waziristan nahe der afghanischen Grenze befördert, wo sie drei Häuser angriff. 15 bis 20 Personen wurden bei dem Überfall getötet, acht von ihnen sollen Frauen und Kinder gewesen sein.
Der Times- Bericht stellt fest, dass es nicht der erste derartige Angriff auf pakistanischem Boden war. Es wurde enthüllt, dass 2006 ein ähnliches Einsatzkommando ein Lager in der pakistanischen Region Bajaur überfallen hat. Dieser Angriff wurde von einer unbemannten Predator-Drohne gefilmt und direkt ins Antiterrorzentrum der CIA in Langley, Virginia, übertragen, wo er von Beamten beobachtet wurde.
Der Einsatz am 3. September, bei dem mindestens 20 Personen getötet wurden, geht auf einen anderen Geheimbefehl zurück, den Verteidigungsminister Robert Gates mit Billigung von Bush unterzeichnet hat. Diese Anordnung wies das Militär an, in Zusammenarbeit mit der CIA grenzüberschreitende Überfälle von Spezialeinsatzkräften in pakistanischen Stammesgebieten vorzubereiten. Die Vollmacht für diese Einsätze wurden aus dem Regierungsbefehl von 2004 hergeleitet.
Ein Luftschlag von Kampfhubschraubern des Typs AC-130 gegen Südsomalia im Januar 2007, bei dem viele Zivilisten getötet wurden, wurde auch auf der Grundlage dieses Operationsbefehls durchgeführt. Nach dem Überfall wurden Spezialtruppen nahe der kenianischen Grenze abgesetzt, die die Trümmer durchkämmen, und herausfinden mussten, ob die von den schweren Geschützen Getöteten wirklich die ins Visier genommenen islamistischen Kämpfer waren.
Die Times berichtet, dass neben den realisierten Überfällen bis zu einem Dutzend weitere geplant gewesen seien, die dann jedoch nicht durchgeführt wurden, weil Beamte zu dem Schluss gekommen waren, dass sie "zu riskant" und "diplomatisch zu explosiv" seien.
Die Vollmacht für diese Operationen mit der Bezeichnung "al-Qaida Network Exord" (Regierungsbefehl zum al-Qaida Netzwerk) folgte logisch aus der so genannten "Bush-Doktrin", die den Vereinigten Staaten das "Recht" zuschreibt, überall auf der Welt im Namen des globalen Antiterrorkampfs Aggressionskriege zu führen. Als Bush diese Doktrin in einer Rede an der amerikanischen Militärakademie in West Point formulierte, sprach er davon, dass das amerikanische Militär, "bereit sein muss, von einem Augenblick auf den anderen in jedem düsteren Winkel der Welt zuzuschlagen."
Bei vielen dieser Operationen werden Spezialkräfte eingesetzt, die so genannten "hunter-killer-teams" (Treiber und Jäger), bei denen es sich in Wirklichkeit um Todesschwadrone handelt. Meist gibt das Militär Unterstützung aus der Luft, was den Tod vieler Zivilisten zur Folge hat.
In ihrem Bericht verfolgt die Times die Entstehungsgeschichte des Regierungsbefehls zurück bis zu Rumsfelds Initiative die Zuständigkeit für Operationen an sich zu reissen, die traditionell von der CIA durchgeführt wurden und ihr den Namen "Murder Inc." (Mord-Agentur) eingebracht haben. Die Zeitung berichtet, dass Rumsfeld "heftig darauf drängte, die geballte Schlagkraft des Militärs gegen Kämpfer außerhalb der Kampfzonen Iraks und Afghanistans auszudehnen."
Im Bericht der Times wird die Anweisung Rumsfelds als "geheim" deklariert und "nicht für die Öffentlichkeit bestimmt". Es gibt jedoch gute Gründe für die Annahme, dass die Führung der Demokraten im Kongress über die Autorisierung dieser willkürlichen Überfälle des amerikanischen Militärs unter Verletzung der Souveränität von Nationen auf der ganzen Welt unterrichtet war und stillschweigende Zustimmung signalisierte. Genauso verhielt es sich mit den Befehlen über den Einsatz der Folterpraktik "waterboarding", der Entführung Verdächtiger ("extraordinary rendition"), der geheimdienstlichen Innlandsüberwachung und anderer krimineller Maßnahmen im Zusammenhang mit dem "globalen Krieg gegen den Terror".
Überdies entbehren alle Wunschträume, dass solche Praktiken mit dem Ende der Bush-Regierung und dem Amtsantritt Barack Obamas im Januar der Vergangenheit angehören werden, jeglicher Grundlage.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Genau diese Art Überfälle auf Ziele in Pakistan machte der neu gewählte Demokratische Präsident zum ständigen Thema seiner Nominierungs- und Wahlkampagne. Außerdem stand in der Wahlplattform der Demokraten die Forderung nach Aufstockung der Truppenstärke um weitere 100.000 Mann und die Stärkung militärischer Spezialkräfte für die Durchführung genau solcher Aggressionsakte, an vorderster Stelle.
Obamas Beraterteam, die Führung der Demokraten im Kongress und die Bush-Regierung signalisieren gemeinsam, dass der Regierungswechsel eher durch Kontinuität als durch eine radikale Kursänderung in der amerikanischen Außenpolitik gekennzeichnet sein wird.
Dies wurde am deutlichsten von Obamas außenpolitischem Berater Zbigniew Brzezinski ausgedrückt. Er diente in der Demokratischen Regierung von Jimmy Carter als Nationaler Sicherheitsberater und spielte eine Schlüsselrolle bei der Organisierung und Finanzierung "islamistischer Fundamentalisten", die mit Terroranschlägen und militärischen Attacken gegen das damalige, von der Sowjetunion unterstützte Regime in Afghanistan vorgingen. Aus diesen Terrorgruppen ging später al-Qaida hervor.
In einem Gespräch mit der Deutschen Welle am 7. November warnte Brzezinski vor der Erwartung "einer dramatischen Veränderung" der amerikanischen Außenpolitik. "Sie müssen sich Außenpolitik wie ein großes Schiff auf See vorstellen", sagte er. "Ein riesiger Ozeandampfer ändert seinen Kurs nicht so, wie ein schnelles Motorboot. Daher ist es den Vereinigten Staaten unmöglich, ihre gesamte Politik dramatisch zu ändern."
Am Samstag darauf hielt Vizepräsident Cheney eine Rede vor Kadetten am Virginia Military Institute, in der er "Dschihadisten" als "strategische Bedrohung der Vereinigten Staaten" bezeichnete, die der damaligen Bedrohung durch das nationalsozialistische Deutschland in nichts nachstünden. Er gelobte einen permanenten Krieg gegen sie und versprach eine "reibungslose und würdevolle Machtübergabe an den neu gewählten Präsidenten Obama und seinen Vizepräsidenten Biden, wenn sie ihre Pflicht zum Schutz Amerikas übernehmen."