In einem umfangreichen Artikel im Magazin New Yorker liefert der bekannte Investigativjournalist Seymour Hersh weitere Belege für den Kriegskurs der Bush-Regierung gegen den Iran. Darüber hinaus zeigt er auf, dass sie schon seit mehreren Monaten eine verantwortungslose und provokative Strategie verfolgt, die darauf abzielt im ganzen Nahen Osten Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten anzuheizen.
Die Grundzüge der Strategie, die Hersh in seinem Artikel "The Redirection" (so wird der Plan im Weißen Haus genannt) beschreibt, sind schon seit einiger Zeit kein Geheimnis mehr. Nach den Kongresswahlen vom letzten November ignorierte die Bush-Regierung die Meinung der überwiegenden Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung ebenso wie die Empfehlungen der Baker-Kommission. Das Weiße Haus verstärkte stattdessen die Truppen im Irak, stockte seine Marinepräsenz im Persischen Golf auf und verstärkte seine Drohgebärden gegen den Iran deutlich.
In seiner Rede zur Lage der Nation am 10. Januar beschuldigte Präsident Bush Syrien und den Iran, die Aufständischen im Irak zu unterstützen, und kündigte die Zerstörung ihrer Netzwerke an. Laut den Informationsquellen auf die sich Hersh stützt, wurden seit August vergangenen Jahres bis zu 500 Iraner willkürlich festgenommen und verhört. Unter ihnen befanden sich zahlreiche Mitarbeiter iranischer humanitärer Organisationen. Ein hoher amerikanischer Ex-Geheimdienstler erklärte: "Das Ziel des Weißen Hauses ist es nachzuweisen, dass die Iraner den Aufstand anheizen ...und das Töten von Amerikanern unterstützen."
Diese unbewiesenen Beschuldigungen, das angebliche Atomprogramm des Iran und seine "Unterstützung" von "Terror"gruppen im Nahen Osten werden als Vorwand für eine potentielle Konfrontation mit Teheran propagandistisch herausgestellt. Im vergangenen Jahr hatte Hersh hochrangige Vorbereitungen für intensive Bombenangriffe auf den Iran aufgedeckt. In seinem jüngsten Artikel zeigt er auf, dass sich diese Entwicklung mit der Einrichtung einer speziellen Planungsgruppe in den Büros des Generalstabs im Pentagon beschleunigt hat. Die Planungsgruppe hat den Auftrag, einen Einsatzplan zu entwickeln, der auf Befehl Bushs innerhalb von 24 Stunden umgesetzt werden könnte. Zwei weitere Flugzeugträgergruppen sollen zur Ablösung in den Golf kommen, aber die ganze Marinestreitmacht könnte den Befehl erhalten, dort zu bleiben "um einen Angriffsbefehl ausführen zu können".
Die militärischen Planungen des Pentagon werden von einer breiten diplomatischen Offensive der USA gegen Teheran begleitet, die Außenministerin Condoleezza Rice vergangenen Monat vor dem Außenpolitischen Ausschuss des Senats darlegte. Sie erklärte, dass die USA "eine neue strategische Ausrichtung im Nahen Osten" anstrebten. Sie wollten "moderate" Länder wie Saudi-Arabien, Jordanien, Ägypten und die Golfstaaten, gegen die "Extremisten" wie Iran, Syrien und ihre Verbündeten Hisbollah und Hamas unterstützen. Bezeichnenderweise wurde alles Gerede über "die Verbreitung von Demokratie" in der Region fallengelassen, um das Bündnis mit offen autokratischen und repressiven Regimes rechtfertigen zu können.
Hinter den intensiven diplomatischen Aktivitäten der Außenministerin und anderer hoher amerikanischer Vertreter im Nahen Osten steht die Strategie, den Iran zu isolieren und seine Verbündeten mit allen zur Verfügung stehenden Mittel zu schwächen, unter anderem mit verdeckten Operationen im Libanon, in Syrien und im Iran selbst. Um ihre neue Ausrichtung zu festigen, setzt die Bush-Regierung auf die Furcht der so genannten sunnitisch-arabischen Länder vor dem zunehmenden Einfluss des schiitischen Iran nach dem Sturz Saddam Husseins im Irak. Nachdem sie den Irak in einen Bürgerkrieg gestürzt haben, machen sich die USA daran, die Flammen religiöser Konflikte im ganzen Nahen Osten zu entfachen, ohne Rücksicht auf die katastrophalen Konsequenzen.
In den Medien wird seit geraumer Zeit spekuliert, die so genannten Neokonservativen könnten in der Bush-Regierung an den Rand gedrängt worden sein. Demgegenüber erklärt Hersh, dass Vizepräsident Dick Cheney, der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater Elliot Abrams, sowie US-Botschafter im Irak, Zalmay Khalilzad, und der saudische nationale Sicherheitsberater Prinz Bandar bin Sultan die "Schlüsselfiguren" sind. "Während Rice’s Rolle darin bestand, die offizielle Außenpolitik der USA stark zu prägen", erklärte der Artikel, "bestätigen ehemalige und aktuelle Kenner der Materie, dass Cheney die nicht-öffentliche Seite leitet."
Vergangenen November machte Cheney einen Blitzbesuch in Saudi-Arabien, wo er sich mit König Abdullah und seinen obersten Beratern traf. Für die Öffentlichkeit sollte der Besuch der saudischen Monarchie versichern, dass die USA sich nicht aus dem Irak zurückziehen. Hinter den Kulissen drehte sich die Diskussion um die Frage, wie dem Einfluss des Iran in der ganzen Region entgegengewirkt werden könne. Die aggressivere Haltung der Saudis führte zu scharfen Spannungen in den herrschenden Kreisen Riads. Im Dezember trat deswegen der saudische Botschafter in den USA, Prinz Turki al-Faisal, plötzlich von seinem Amt zurück, Er soll sich mehrfach für eine Verminderung der Spannungen mit dem Iran eingesetzt haben, anstatt für eine Verschärfung.
Hersh zufolge haben die USA, Israel und Saudi-Arabien eine informelle Vereinbarung über die neue strategische Richtung getroffen. Sie umfasst Sicherheitsgarantien für Israel, US-Unterstützung für sunnitische Länder im Nahen Osten gegen iranischen Einfluss und das saudische Versprechen, die Hamas unter Kontrolle zu halten. Die saudische Monarchie vermittelte im Februar in Mekka eine Vereinbarung zur Bildung einer palästinensischen Koalitionsregierung zwischen Hamas und Fatah, als einen Schritt zu Verhandlungen mit der israelischen Regierung.
Ein de facto Bündnis mit al-Qaida
Ein wichtiges Anliegen der amerikanischen Strategie ist es, die syrische Regierung von Präsident Baschir Assad und seine Allianz mit dem Iran zu schwächen, und den Einfluss von Hisbollah im Libanon zu unterminieren. Die Bush-Regierung ermutigte vergangenes Jahr aktiv Israels brutales Bombardement und Invasion des Libanon. Das sollte der erste Schritt zu einer weitergehenden Kampagne gegen Syrien und den Iran sein. Aber die US-Pläne erlitten einen herben Rückschlag, als Israel es nicht schaffte, die Hisbollah zu vernichten, die stattdessen politisch gestärkt aus den Trümmern hervorging. In einem Interview mit dem australischen Radio beschrieb Hersh den Hisbollah-Führer Scheich Hassan Nasrallah als "die populärste Figur im Nahen Osten sowohl bei Sunniten, wie bei Schiiten".
Um ein Gegengewicht zur schiitischen Hisbollah zu schaffen und die Regierung von Ministerpräsident Fuad Siniora zu stärken, unterstützen die USA jetzt extremistische sunnitische Gruppen im Libanon, von denen bekannt ist, dass sie ideologische Verbindungen zu al-Qaida haben. Nichts könnte den kriminellen Charakter der Bush-Regierung deutlicher zeigen. Im Namen ihres betrügerischen "Kriegs gegen den Terror" gegen "islamische Faschisten", um das amerikanische Volk zu verteidigen, hat das Weiße Haus keine Hemmungen, ein de facto Bündnis mit sunnitischen Fanatikern einzugehen, die Osama bin Laden und al-Qaida bewundern.
Ein ehemaliger hoher amerikanischer Nachrichtendienstler bemerkte gegenüber Hersh: "Wir sind dabei, die Sunniten in die Lage zu versetzen, dem schiitischen Einfluss zu widerstehen, und wir verteilen dabei jede Menge Geld. ... Wir finanzieren jede Menge übles Gesindel, von denen einige das Potential haben, schwer aus dem Ruder zu laufen. Wir können da nicht wählerisch sein und bekommen keine Quittungen ausgestellt von Leuten, die wir mögen, und können nicht denen aus dem Weg gehen, die wir nicht mögen. Es ist ein sehr riskantes Unternehmen."
Der beim Thinktank Conflicts Forum in Beirut arbeitende ehemalige britische MI6-Agent Alastair Crooke erklärte, dass die Gruppe Fatah al-Islam, die mit der pro-syrischen Gruppe Fatah al-Intifada im Flüchtlingslager Nahr al-Bared im Nordlibanon gebrochen hat, Geld geboten bekommen habe, um gegen Hisbollah zu kämpfen. Eine größere sunnitische Fundamentalistengruppe im palästinensischen Flüchtlingslager Ain al-Hilweh erhielt Waffen und andere Ausrüstung von libanesischen Sicherheitskräften und von Milizen, die die Siniora-Regierung unterstützen.
Ein Artikel im britischen Telegraph vom vergangenen Monat bestätigte, dass Präsident Bush der CIA grünes Licht gegeben hat, den libanesischen Ministerpräsidenten finanziell und logistisch zu unterstützen. Der geheime Präsidentenbefehl "autorisiert die CIA und andere US-Geheimdienste, Hisbollah-feindliche Gruppen im Libanon zu finanzieren, und Aktivisten zu bezahlen, die die Siniora-Regierung unterstützen. Die Geheimhaltung um den Finanzierungsbefehl bedeutet, dass eine Beteiligung von US-Stellen an dem Vorgang offiziell abgestritten werden kann."
Diese Aktivitäten werden hinter dem Rücken des amerikanischen Kongresses und der amerikanischen Öffentlichkeit abgewickelt. Es ist keine Überraschung, dass Elliot Abrams, der in der Iran-Contra-Affäre verurteilt wurde, bei diesen schmutzigen Operationen die Fäden zieht. In den 1980er Jahren war die Reagan-Regierung in den illegalen Verkauf von Waffen an den Iran verstrickt, um mit dem Geld die rechten Contras in Nicaragua ohne Billigung des Kongresses verdeckt zu finanzieren und zu bewaffnen. Jetzt dirigiert Abrams unter Einschluss der Saudis erneut eine kriminelle Operation, um sunnitische Extremisten mit dem Ziel zu finanzieren, Teheran zu schwächen, während die USA gleichzeitig einen Krieg gegen den Iran vorbereiten.
Die intensive Beteiligung Saudi-Arabiens an diesem Unternehmen ist besonders bemerkenswert. Die saudische Monarchie hat in der Vergangenheit schon häufig sunnitische Fanatiker unterstützt. In den 1980er Jahren unterstützte sie gemeinsam mit der CIA die Mudschaheddin gegen das sowjet-freundliche Regime in Afghanistan. Ein Nebenprodukt dieser Operation war die Entstehung von al-Qaida. Nach der Stationierung amerikanischer Truppen in Saudi-Arabien im Rahmen des ersten Golfkriegs von 1990-91 rief diese Organisation zum heiligen Krieg gegen die USA auf. Heute entfesselt die Bush-Regierung mit saudischer Hilfe die gleichen reaktionären Kräfte, um den Iran zu destabilisieren. Für die Folgen interessiert sie sich nicht im Mindesten.
Ein amerikanischer Regierungsberater teilte Hersh mit, dass Prinz Bandar und andere Saudis angeboten hätten, "ein Auge auf die religiösen Fundamentalisten zu werfen". Ihre Botschaft war: Wir haben diese Bewegung ins Leben gerufen, wir können sie auch kontrollieren.’ Nicht, dass wir nicht wollen, dass die Salafis [sunnitische Fundamentalisten] Bomben werfen, solange sie sie auf die Richtigen werfen - auf die Hisbollah, Moktada al-Sadr, den Iran und Syrien, wenn es weiter die Hisbollah und den Iran unterstützt." Zweifellos versprach Riad auch in den 1980ern, einen wenig bekannten saudischen Ingenieur mit Namen Osama bin Laden und seine Anhänger zu kontrollieren.
Die USA ermutigen sunnitische Extremisten nicht nur im Libanon. Drusenführer Walid Dschumblatt, eine entschiedener Anhänger der Siniora-Regierung, traf Cheney im Herbst, um zu diskutieren, wie der syrische Präsident Assad geschwächt werden könne. Dschumblatt informierte Hersh, dass er Cheney geraten habe, mit der syrischen Moslembruderschaft zu reden. Das sind sunnitische Fundamentalisten, die sich schon mehrfach gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Regierung geliefert haben. Im Unterschied zu dem alewitischen Schiiten Assad gehört die Mehrheit der syrischen Bevölkerung der sunnitischen Glaubensrichtung an. Assad ist vielleicht nicht das Hauptziel der US-Strategie, aber die Kampagne gegen ihn richtet sich vor allem auf eine Schwächung der Allianz Syriens mit dem Iran.
In einem Artikel vom Dezember mit dem Titel "Syrien im Fadenkreuz Bushs" enthüllte das Magazin Time amerikanische Pläne, unter dem Namen Nationale Rettungsfront (NSF) eine Anti-Assad Koalition unter Einschluss der Moslembruderschaft zusammenzuschustern. Diese sollte an den diesjährigen Wahlen teilnehmen. Vertreter der NSF führten letztes Jahr zumindest zweimal Gespräche im Weißen Haus und es wurden Pläne für die Eröffnung eines Büros in Washington erwogen. Hershs Quellen bestätigten, dass die USA und Saudi-Arabien die NSF verdeckt unterstützen. Die Angelegenheit ist besonders pikant, weil ein anderer von Bushs "moderaten" Verbündeten - der ägyptische Präsident Hosni Mubarak - seit Jahren versucht, die Moslembruderschaft zu zerschlagen.
Religiöse Konflikte in der ganzen Region
Wie in seinen früheren Artikeln ist Hersh auch jetzt das Sprachrohr tief beunruhigter Schichten der herrschenden Kreise der USA. Sie sind über die weitergehenden Konsequenzen der Pläne der Bush-Regierung für die Kerninteressen des US-Imperialismus im Nahen Osten besorgt. Nach dem Desaster, das es im Irak angerichtet hat, macht sich das Weiße Haus jetzt daran, ein weiteres unverantwortliches und kriminelles Abenteuer vom Zaun zu brechen, das die gesamte Region in den Konflikt hineinzieht. Ohne Zweifel teilen alle Kritiker die langfristigen amerikanischen Ambitionen, die unangefochtene Dominanz über den Nahen Osten und seine riesigen Ölvorkommen zu gewinnen. Aber sie fürchten, dass das Ergebnis ein absolutes Desaster sein wird.
Martin Indyk, ein hoher Vertreter der Clinton-Regierung, erklärte gegenüber Hersh: "Der Nahe Osten bewegt sich auf einen kalten Krieg zwischen Sunniten und Schiiten zu. Das Weiße Haus verdoppelt nicht nur den Einsatz im Irak, es verdoppelt den Einsatz in der ganzen Region. Das könnte sehr kompliziert werden. Alles steht auf dem Kopf." Vali Nasr vom Council of Foreign Relations zeigte sich tief besorgt über die Förderung der sunnitischen Extremisten. "Das letzte Mal, als der Iran eine Bedrohung war, mobilisierten die Saudis die übelsten islamischen Radikalen. Wenn der Geist einmal aus der Flasche entwichen ist, kriegt man ihn nicht wieder zurück", warnte er.
Anstatt eine Lösung für das militärische Desaster der USA im Irak zu sein, wird das absichtliche Anheizen der Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten die religiösen Konflikte dort nur ausweiten. Die US-Okkupation stützt sich direkt auf ein Marionettenregime in Bagdad, das von schiitisch fundamentalistischen Parteien dominiert wird, die starke Bindungen an Teheran haben. Teile der saudischen Elite haben den amerikanischen Kurs scharf kritisiert, der einem größeren Einfluss des Iran im Irak Vorschub leistet. Als Teil ihres Propagandakriegs wirft die Bush-Regierung dem Iran vor, US-feindliche Aufständische zu unterstützen, schweigt aber völlig zu immer deutlicheren Hinweisen, dass saudisches Geld und saudische Waffen immer häufiger ihren Weg zu den sunnitischen Widerstandsgruppen finden, die für den größten Teil der amerikanischen Opfer verantwortlich sind.
Ein amerikanischer Angriff auf den Irak würde mit Sicherheit auf den Widerstand der schiitischen Mehrheit im Irak treffen und zu einer politischen Krise der Regierung von Ministerpräsident Nuri al Maliki führen. Offensichtlich als Warnung an die irakischen Parteien, ihre Beziehungen zum Iran zu kappen, hat die Besatzungsmacht ganz bewusst Personen aufs Korn genommen, die mit den engsten Verbündeten des Iran in Beziehung stehen. Erst letzte Woche nahmen US-Truppen den Sohn von Abdul Aziz al-Hakim fest, des Führers des Obersten Rats der islamischen Revolution im Irak (SCIRI), und seine Leibwächter fest, als er von einem Besuch im Iran zurückkehrte. Zwar entschuldigten sich US-Vertreter später für dieses "Versehen", aber es gibt wenig Zweifel, dass diese Festnahme eine weitere Warnung an die regierenden Parteien war. Wenn sich die Maliki-Regierung nicht an die Vorgaben hält, dann wird sie abgesetzt werden, wie die USA ihr letztes Jahr schlecht verhüllt bedeuteten.
Das Zündeln mit anti-iranischen, anti-persischen und anti-schiitischen Vorurteilen zeitigt in allen Golfstaaten schon Folgen. In mehreren dieser Staaten leben bedeutende schiitische Minderheiten. Die kleinen Despoten, die über diese ölreichen Länder herrschen, haben keine Hemmungen, bewusst religiöse Feindseligkeiten zu schüren, um Arbeiter zu spalten und ihre eigene korrupte Herrschaft zu stützen.
Ein Artikel im Wall Street Journal vom 27. Februar mit dem Titel "US-Druck auf Iran verschärft religiöse Spaltungen am Golf" beleuchtete die Spannungen in Bahrain, wo eine privilegierte sunnitische Elite über eine schiitische Mehrheit herrscht. Der jüngste Konflikt ereignete sich, als extremistische sunnitische Kleriker mit Unterstützung von Regierungsvertretern vergangenes Jahr gegen den Verkauf eines Hauses an Schiiten mobilisierten, weil diese iranische Agenten seien. Die Frage führte in einem zu dieser Zeit stattfindenden Wahlkampf zu einer Hexenjagd gegen Schiiten und polarisierte die Wähler nach religiösen Gesichtspunkten.
Der Artikel lieferte weitere Anhaltspunkte, dass die USA sich in ihrer Konfrontation mit dem Iran sunnitischer Extremisten bedienen, die mit al-Qaida sympathisieren. In einem im Januar veröffentlichten Dokument mit dem Titel "Bund des Obersten Rats der Dschihad-Gruppen" listete ein kuwaitischer Kleriker den Iran vor den USA und Israel als den gefährlichsten Feind auf. Er beschuldigte "den Safawi (iranischen) Feind, die islamische Zivilisation zerstören zu wollen". Ende Dezember bezeichnete ein hoher saudischer Kleriker die Schiiten als "gefährlicher als Juden und Christen".
Das Wall Street Journal merkte an: "Einige Experten in der Region warnen, dass Amerikas Konfrontation mit dem Iran die Rivalitäten zwischen Sunniten und Schiiten verschärft und die USA in die Nähe von recht unappetitlichen Elementen bringt. Tatsächlich findet sich Amerika jetzt unbeabsichtigt auf der gleichen Seite, wie sunnitische Hitzköpfe, die Amerika verabscheuen, aber manchmal die Schiiten noch mehr hassen. Einige der geiferndsten anti-iranischen Äußerungen kommen von Militanten, die die Ansichten von Osama bin Laden teilen. Hershs Artikel zeigt, dass die Nähe zu diesen "Hitzköpfen" keineswegs unabsichtlich ist, sondern dass sie im Rahmen der amerikanischen Kriegsvorbereitungen gegen den Iran mit saudischer Hilfe absichtlich ermutigt werden.
Die Unterstützung der Golfstaaten ist für die US-Strategie von zentraler Bedeutung. Diese Staaten sitzen auf enormen Öl- und Gasreserven, liegen entlang der Golfküste direkt gegenüber dem Iran und beherbergen wichtige amerikanische Militäreinrichtungen. In Bahrain ist die 5. Flotte der US Navy stationiert und Katar das US Central Command, das den Nahen und Mittleren Osten und Zentralasien abdeckt. Als Teil seiner militärischen Vorbereitungen hat das Pentagon Patriot Raketenabwehrbatterien in mehrere Golfstaaten verlegt, um seine Militärbasen zu schützen und seine nervösen örtlichen Verbündeten zu beruhigen.
Saudi-Arabien und die Golfstaaten stärken auch ihre eigenen militärischen Kapazitäten. Vor vierzehn Tagen nahmen fast 900 Waffenhersteller an der jährlichen Militärmesse Idex in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) teil. Einem Bericht der New York Times zufolge schlossen die VAE, Saudi-Arabien, Kuwait und Oman Verträge über etwa 60 Milliarden Dollar ab. Bestellt wurde alles, von hochmodernen Kampfflugzeugen und Kampfhubschraubern bis zu Frühwarnsystemen, Cruise Missiles und Panzern. Die Käufe in diesem Jahr gingen deutlich über die vergangener Jahre hinaus.
Zusammengenommen kann die Strategie der Bush-Regierung für den Nahen Osten - vom Libanon und Syrien bis zum Iran und den Golfstaaten - für die arbeitende Bevölkerung der gesamten Region, der Vereinigten Staaten und weltweit nur katastrophale Folgen haben. Ein amerikanischer Angriff auf den Iran kann leicht den gesamten Nahen Osten in einen Konflikt stürzen, der auch Amerikas europäische und asiatische Rivalen mit hineinzieht, die hier umfangreiche wirtschaftliche und strategische Interessen haben. Nachdem sie mit ihrer kriminellen Invasion des Irak hoch gespielt und verloren haben, verdoppeln die Gangster im Weißen Haus ihren Einsatz und würfeln um die Zukunft der Menschheit.