Mailand: Prozess gegen CIA-Agenten auf den Herbst vertagt

Am 18. Juni hat das zuständige Gericht in Mailand entschieden, den Prozess gegen die Entführer des ägyptischen Imams Osama Mustafa Hassan Nasr, genannt Abu Omar, auf den 24. Oktober zu verschieben. Richter Oscar Magi stimmt damit einem Antrag der Verteidigung des italienischen Hauptangeklagten zu, des ehemaligen Chefs des italienischen Militärgeheimdiensts SISMI Nicolò Pollari.

Insgesamt richtet sich der Prozess gegen 33 Angeklagte, darunter 26 Mitglieder des US-Geheimdiensts CIA und ein Leutnant der US Air Force. Ihnen wird vorgeworfen, Abu Omar in Mailand auf offener Straße entführt und heimlich in ein ägyptisches Gefängnis gebracht zu haben, wo er vier Jahre lang festgehalten und brutal gefoltert wurde.

Es ist weltweit der erste Prozess, der Geheimdienstmitarbeiter und Militärs wegen den von der US-Regierung praktizierten "außerordentlichen Überstellungen" strafrechtlich zur Verantwortung zieht. Washington verweigert allerdings jede Zusammenarbeit. Gegen die amerikanischen Angeklagten wird deshalb in Abwesenheit verhandelt.

Mit der Verschiebung des Prozesses soll eine Entscheidung des Verfassungsgerichtes abgewartet werden. Die italienische Regierung unter Romano Prodi hat dort beantragt, den Prozess entweder ganz abzusetzen oder nur Teile des vorhandenen Beweismaterials zuzulassen. Sie wirft der Mailänder Justiz vor, italienische Staatsgeheimnisse zu verletzen, weil die Staatsanwaltschaft Abhörprotokolle von Telefongesprächen von Angehörigen des SISMI verwendet habe. Das Verfassungsgericht will sich mit der Entscheidung, ob es dem Wunsch der italienischen Regierung nachkommt, bis zum Herbst Zeit lassen.

Die Staatsanwaltschaft hat dem Einspruch der Regierung offiziell widersprochen. Sie argumentiert, dass "Fakten, die die verfassungsmäßige Ordnung gefährden, auf keinen Fall gestützt auf das Staatsgeheimnis verheimlicht werden dürfen".

Die Verteidigung hat die Termin-Verschiebung dagegen als ersten Erfolg begrüßt. Sie hofft, dass der Prozess schließlich gar nicht zustande kommt. Sie hatte bereits am ersten Prozesstag, dem 8. Juni, für eine Prozessverschiebung plädiert.

Der Anwalt des Geheimdienstlers Pollari stützt seine Verteidigungsstrategie auf das Argument, hochrangige Vertreter der italienischen Regierung hätten der Entführung damals zugestimmt. Er will deshalb Regierungschef Prodi und dessen Vorgänger Silvio Berlusconi als Zeugen der Verteidigung vorladen. Sowohl Berlusconi als auch Prodi haben sich bisher geweigert, einen offiziellen Auslieferungsantrag für die 26 amerikanischen Angeklagten an die US-Regierung zu stellen.

Carmelo Scambia, der Rechtsanwalt von Abu Omar, hat die Terminverschiebung ebenfalls begrüßt und die Entscheidung des Richters Oscar Magi als "ausgewogen" bezeichnet. Er halte es für vernünftiger, erst mit dem Prozess zu beginnen, wenn alle Hindernisse beseitigt seien.

Abu Omar soll als Zeuge der Anklage auftreten. Er hat Zeitungsreportern geschildert, wie er im ägyptischen Gefängnis zu einem "menschlichen Wrack" zugerichtet worden sei. Seine Nieren seien durch Schläge beschädigt worden. Auch eines seiner Ohren sei beschädigt, und er habe Schmerzen und Schwierigkeiten beim Gehen.

Abu Omar hat im Zusammenhang mit seiner Entführung auch die deutsche Bundesregierung beschuldigt. "In jedem Fall trägt Deutschland eine Mitschuld an meinem Schicksal", sagte er gegenüber Spiegel Online. Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland sei er von mutmaßlichen CIA-Agenten durchsucht und fotografiert worden.

Falls das italienische Verfassungsgericht im Herbst dem Antrag der Regierung nachgibt, würde es den bisher einigen Prozess unterbinden, der sich mit den "außerordentlichen Überstellungen" in Geheimgefängnisse der CIA befasst.

Siehe auch:
Mailand: Prozesseröffnung gegen CIA-Agenten
(19. Juni 2007)
Italien will wegen der Entführung eines ägyptischen Predigers 13 CIA-Agenten verhaften lassen
(6. Juli 2005)
Entführungsfall Abu Omar: Regierung Prodi deckt Verschwörung der Geheimdienste
(8. November 2006)
Entführungsfall Abu Omar: Italienisches Gericht entscheidet über Prozess gegen CIA-Agenten
(25. Januar 2007)
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