Amerikanische und britische Sicherheitskräfte wollen einen Terroranschlag vereitelt haben, bei dem angeblich Linienflüge von England in die USA in die Luft gesprengt werden sollten. Diese Behauptung darf nicht kritiklos akzeptiert werden. Obwohl die Massenmedien die Beteuerungen der britischen und amerikanischen Regierung wie üblich als unbestreitbare Tatsachen hinstellen, ist es zu diesem Zeitpunkt nicht möglich zu entscheiden, ob ein solcher Anschlag tatsächlich bevorstand oder nicht. Die Medien haben keinen Gedanken daran verschwendet, die offizielle Darstellung zu hinterfragen und genauere Informationen zu verlangen.
Die britische Polizei hat eine beunruhigende Erklärung herausgegeben, dass mutmaßliche Verschwörer eine unbekannte Anzahl von Linienflugzeugen in die Luft sprengen und "einen Massenmord unvorstellbaren Ausmaßes" begehen wollten. Die weitreichenden Sicherheitsmaßnahmen, die sofort in Kraft traten, verschärfen das Klima von Angst und Beklemmung; so wurde zum Beispiel der Londoner Flughafens Heathrow geschlossen und das Handgepäck auf Flügen stark eingeschränkt.
Wenn gerade in der heutigen Zeit London und Washington spektakuläre Behauptungen in die Welt setzen, die von einem wahren Sperrfeuer der Medien begleitet werden, wenn noch dazu Linienflüge durch außerordentliche Sicherheitsmaßnahmen massiv behindert werden, dann ist es umso wichtiger, dass die Menschen ihr kritisches Denken und politisches Urteilsvermögen wahren.
Am Donnerstag wurden in den frühen Morgenstunden in London und den West Midlands Durchsuchungen von Wohnhäusern und Geschäftsräumen durchgeführt und 21 Personen festgenommen. Sprecher der amerikanischen und britischen Regierung versicherten, die Verhafteten seien in den bedeutendsten Terrorplan seit dem 11. September 2001 verwickelt.
Etwas später wurde berichtet, 24 Personen seien in Großbritannien verhaftet worden und auch in Pakistan sei es zu Festnahmen gekommen. Unter den Verhafteten befinde sich ein muslimischer Sozialarbeiter und ein Beschäftigter des Flughafens Heathrow, der laut den britischen Nachrichten auf Channel 4 einen Werkspass für alle Bereiche hat. Fünf Terrorverdächtige seien entkommen, wie ABC-News mit Hinweis auf US-Quellen berichtete.
Auf BBC News hieß es am Donnerstagabend, die Festnahmen seien das Ergebnis langer gemeinsamer Ermittlungen der amerikanischen, britischen und pakistanischen Regierung. Der britische Innenminister John Reid sagte in einer Pressekonferenz am Donnerstag, Premierminister Tony Blair habe Präsident George Bush schon am Wochenende über die bevorstehenden Verhaftungen und Sicherheitsmaßnahmen informiert.
Später wurde bekannt, die Verschwörer hätten vorgehabt, bis zu zehn Flugzeuge von amerikanischen Gesellschaften simultan in die Luft zu sprengen. Zu diesem Zweck hätten sie flüssigen Sprengstoff als Getränk getarnt, um ihn ebenso wie Elektrogeräte an Bord zu schmuggeln.
Amerikanische Geheimdienstsprecher erklärten, die Verschwörer hätten gehofft, am (gestrigen) Freitag einen "Probelauf" durchführen und den tatsächlichen Anschlag wenige Tage später begehen zu können. Ein Kongressabgeordneter erklärte, die Verschwörer wollten einen Sportdrink mit einer auf Peroxid basierenden Masse zu einem "explosiven Cocktail" vermischen, der mittels eines MP3-Players oder Mobiltelefons gezündet werden konnte.
Präsident George Bush gab am Donnerstagmittag eine kurze Erklärung ab, die zur Steigerung der öffentlichen Angst beitragen und die angebliche terroristische Verschwörung ausnutzen sollte, um die reaktionären politischen Maßnahmen zu rechtfertigen, die seine Regierung seit dem 11. September 2001 im Namen des "Kriegs gegen Terror" durchgesetzt hat.
Er sprach auf einer Startbahn in Green Bay, Wisconsin und sagte, der verhinderte Anschlag sei eine "deutliche Erinnerung, dass diese Nation im Krieg mit islamischen Faschisten steht, denen jedes Mittel Recht ist, um die zu vernichten, die die Freiheit lieben". Er behauptete, diese Verschwörung rechtfertige die Maßnahmen - massive Inlandsspionage, Militärtribunale, Haft ohne Prozess - die seine Regierung ergriffen habe, um "das amerikanische Volk zu schützen", und fügte die Warnung hinzu, es sei "ein Fehler, zu glauben, die Vereinigten Staaten von Amerika seien nicht bedroht".
Die World Socialist Web Site hat keine Informationen, die uns erlauben, ein abschließendes Urteil darüber abzugehen, ob es wirklich eine terroristische Verschwörung gab oder nicht, und welchen Umfang sie hatte. Die US-amerikanische und die britische Regierung haben jedoch die Pflicht, Fakten vorzulegen, die ihre Behauptungen untermauern und die außerordentlichen Sicherheitsmaßnahmen rechtfertigen, und diese Fakten der Öffentlichkeit in klarer und sachlicher Weise zugänglich zu machen.
Bisher haben sie keine Fakten und Beweise für ihre Behauptungen vorgelegt.
Weder das Weiße Haus noch Downing Street Nr. 10 haben das Recht, von den Menschen zu erwarten, ihre Behauptungen ungeprüft zu akzeptieren oder ihren Erklärungen Glauben zu schenken. Der Krieg gegen den Irak wurde mit falschen Behauptungen über irakische Massenvernichtungswaffen und Verbindungen Saddam Husseins zu al Qaida begründet. Diese Lügen haben die Glaubwürdigkeit von Blair und Bush für immer zerstört.
Wenn es wahr ist, dass ein so abscheuliches Verbrechen geplant war, dann liegt die Verantwortung dafür letztlich bei der Politik, die von Washington und London betrieben wird. Seit dem 11. September 2001 haben Bush und Blair gebetsmühlenartig vom "Krieg gegen den Terror" gesprochen, der nur ein Deckmantel für ihre räuberischen Ziele im Nahen Osten war und die antiamerikanischen und antibritischen Gefühle in der islamischen Welt gewaltig verstärkt hat. Gleichzeitig dient der "Krieg gegen den Terror" in der Innenpolitik als Vorwand für einen beispiellosen Angriff auf die demokratischen Rechte.
In Afghanistan und im Irak sind sie mit einer zunehmenden Katastrophe konfrontiert, und ihre Unterstützung für Israels Zerstörung des Libanon stößt auf massive internationale Kritik. Deshalb haben beide Regierungen ein Interesse daran, ein Klima der ständigen Hysterie zu schaffen. Ein solches Klima dient der Einschüchterung ihrer Gegner und rechtfertigt noch drakonischere innen- und außenpolitische Maßnahmen.
Tatsache ist, dass die offizielle britische Darstellung zur angeblichen terroristischen Verschwörung keinerlei genaue und überprüfbare Angaben enthält und dass die bisher vorgelegten Details erstaunlich dünn sind. Auch die Erklärungen US-amerikanischer Politiker sind in keiner Weise besser belegt. Dagegen sind ihre Behauptungen detaillierter.
Der amerikanische Minister für Heimatschutz, Michael Chertoff, erklärte auf einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz, der Anschlagsplan sei "sehr sorgfältig ausgearbeitet" gewesen und habe kurz vor der Umsetzung gestanden. "Es war keine Gruppe herumsitzender und träumender Menschen", sagte er. "Sie hatten die nötigen Fertigkeiten erworben und waren in ihrem Vorhaben schon weit fortgeschritten."
Die Verschwörung habe es auf US-amerikanische, von Heathrow startende Flugzeuge abgesehen, fuhr er fort. Sie sei "international organisiert" und trage die Handschrift von al Qaida.
Er nannte weder Ort noch Zeit für die Durchführung des Plans, sagte jedoch, dieser sollte noch vor dem Jahrestag des 11. September 2001 zur Ausführung kommen. "Ich kann ihnen nicht sagen, ob sie ein spezielles Datum im Sinn hatten", sagte er. "Auch kann ich Ihnen nicht sagen, ob sie noch lange gewartet hätten. Der Tag X war schon sehr nahe."
Chertoff hatte keine Erklärung dafür, wie die Sicherheitsdienste wissen konnten, dass ein Terroranschlag unmittelbar bevorstand, wenn sie den geplanten Zeitpunkt nicht kannten.
Dies ist bei weitem nicht die einzige offene Frage bezüglich der offiziellen Verlautbarungen.
Der britische Innenminister Reid vermittelte auf seiner Pressekonferenz den Eindruck, die zu den Festnahmen führenden Hinweise seien aus Großbritannien gekommen. Auch CNN berichtete, kürzlich in Pakistan vorgenommenen Verhaftungen hätten Informationen gebracht, die britische Ermittler überzeugten, schnell handeln zu müssen, um die Verschwörung noch aufzuhalten. Auf dem Channel 4 wurde dagegen gesagt, die britischen Behörden hätten aufgrund von Geheimdienstmaterial zugegriffen, das sie von der CIA erhalten hatten.
Wenn außerdem Blair schon vergangenes Wochenende mit Bush über den "unmittelbar bevorstehenden" terroristischen Anschlag gesprochen hat, warum ist er trotzdem am Dienstag nach Barbados in Urlaub gefahren? Und angesichts der Tatsache, dass sich die Verschwörung gegen Flugzeuge gerichtet haben soll - warum gaben die Sicherheitsdienste Blair die Erlaubnis dazu?
Und wenn der Anschlagsplan so gefährlich erschien, dass die Terrorwarnstufe im Vereinigten Königreich von "ernst" auf "kritisch" heraufgesetzt und in den Vereinigten Staaten auf Rot geschaltet wurde, warum gab es fünf Tage lang keine Festnahmen? Und warum wurde die Terrorwarnstufe erst nach den Verhaftungen heraufgesetzt, und nicht vorher?
Die Medien stellten keine derartigen Fragen. Und doch gab es in den letzten Monaten in den Vereinigten Staaten, in Kanada oder in Australien zahlreiche mutmaßliche terroristische Verschwörungen, die angeblich von den Sicherheitskräften vereitelt wurden. In jedem Fall wurden massenhaft Menschen verhaftet, die laut Anklageschrift nur über Terrorakte diskutiert hatten. Es wurden keine konkreten Pläne entdeckt, keine Waffen oder Sprengstoffe beschlagnahmt. Und in den meisten Fällen waren die angeblichen Verschwörungen sogar von Regierungsinformanten angestiftet und ermutigt worden, die als agents provocateur arbeiteten und die angeblichen Verschwörer in eine Falle lockten.
Im Fall des so genannten "Tunnelbomben"-Anschlags im Juli in New York entpuppten sich die angeblichen Verschwörer als Ausländer, die nie einen Fuß in die Vereinigten Staaten gesetzt hatten.
Die aktuelle Terrorhysterie kommt der britischen Regierung jedenfalls recht gelegen. Der britische Innenminister Reid hielt nur wenige Stunden vor den Razzien vom Donnerstag in London eine wichtige Rede, in der er Kritikern der Regierung vorwarf, den "Krieg gegen den Terror" zu untergraben, wenn sie die antidemokratische Gesetzgebung ablehnen.
Angesichts der von ihm so genannten "wahrscheinlich längsten Periode ernster Bedrohung seit Ende des zweiten Weltkriegs", beschimpfte Reid jene, die "nichts verstanden haben", und gab ihnen die Schuld daran, "dass wir nicht in der Lage sind, unsere Einrichtungen und unsere juristische Denkweise so schnell wie nötig anzupassen".
Er ließ keinen Zweifel daran, dass die geforderte "Anpassung" bedeute, traditionelle demokratische Rechte aufzuheben, und fügte hinzu: "Manchmal kann es sein, dass wir einige unserer eigenen Freiheiten kurzfristig einschränken müssen, um ihrer Zweckentfremdung und ihrem Missbrauch durch jene zuvorzukommen, die unsere grundlegenden Werte ablehnen und unsere Freiheiten in der modernen Welt zerstören möchten."