Das Landesarbeitsgericht in Hamm (Nordrhein-Westfalen) hat am vergangen Montag, dem 19. Dezember 2005, den Opelarbeiter Richard Kaczorowski abgestraft und eine Entscheidung getroffen, die jedem ernsthaften Justizverfahren Hohn spricht. Das Gericht stellte sich uneingeschränkt auf die Seite der Adam Opel AG, deren Geschäftsleitung Kaczorowski im vergangenen Jahr fristlos entlassen hatte, um ihn stellvertretend für alle, die sich an der einwöchigen Arbeitsniederlegung im Oktober 2004 beteiligt hatten, zu bestrafen und ein Exempel zu statuieren.
Der Vorsitzende Richter des Berufungsgerichts, Helmut Richter, setzte sich bei seiner Entscheidung über elementare Rechtsgrundsätze hinweg, ging auf die Argumente, die Kaczorowski und sein Rechtsanwalt Dr. Grote in ausführlichen Schriftsätzen dargelegt hatten, nicht ein und traf eine Entscheidung, die bedeutet, dass die Konzernleitung uneingeschränkt Arbeitsplätze abbauen und Massenentlassungen durchführen kann, die Beschäftigten aber kein Recht haben, sich dagegen zu wehren.
Von der oft betonten Unabhängigkeit der Justiz konnte in diesem Verfahren keine Rede sein. Einer der beiden ehrenamtlichen Beisitzer, Rainer Witt, wurde als Personalchef eines "nicht kleinen" mittelständischen Betriebs vorgestellt, für den zweiten, Hussein Göcmen, war es die erste Gerichtsverhandlung, an der er in dieser Funktion teilnahm. Er wurde erst zu Beginn des Verfahrens in dieses Amt eingeschworen und sagte die ganze Zeit kein Wort.
Der Vorsitzende Richter betonte bereits vor der Zeugenvernehmung, dass es für ihn und die Beisitzer keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung gebe. Er übte starken Druck auf Richard Kaczorowski aus, damit er einem Vergleich auch ohne Abfindung zustimme. Mehrmals drohte er damit, in einem Urteil Kaczorowskis Klage vollständig abzuweisen und die Kündigung, möglicherweise sogar die fristlose Kündigung zu bestätigen. Das hätte zur Folge gehabt, dass der Opelarbeiter neben seinen eigenen Anwaltskosten auch noch die Gerichtskosten und die Anwaltskosten der Gegenseite hätte tragen müssen.
Nur durch einen Vergleich konnte Kaczorowski ein solches Urteil abwenden und erreichen, dass seine fristlose Entlassung in eine ordentliche, fristgerechte Kündigung aus "betrieblichen Gründen" umgewandelt wurde.
Man muss diese richterliche Entscheidung im Zusammenhang mit den Massenentlassungen sehen, die gegenwärtig in vielen Betrieben angekündigt und teilweise bereits durchgeführt werden.
Seit mehreren Tagen streiken und protestieren die Beschäftigten der AEG in Nürnberg gegen die geplante Schließung des traditionsreichen Stammwerkes, knapp 1.800 Beschäftigte sind davon betroffen. Weitere 32.000 Entlassungen sind bei Telekom angekündigt, 8.000 bis 10.000 bei VW, 8.000 bei Siemens und weitere 8.000 bei Daimler Chrysler. Dazu kommen noch KarstadtQuelle mit 5.700 angekündigten Entlassungen, Walter Bau mit 3.000, die HypoVereinsbank mit 2.400, die Deutsche Bank mit 1.900, IBM mit 1.600, HP mit 1.500, Ford mit 1.300, Linde mit 1.100, Miele mit 1.100 und Grohe mit 943. In Hannover-Stöcken will der Reifenhersteller Continental ein Werk mit 320 Beschäftigten stilllegen - eine nahezu endlose Liste von Massenentlassungen
In vielen dieser Betriebe wird den Besitzern und Anteilseignern zum Jahresende eine satte Prämie überwiesen. Der massive Arbeitsplatzabbau wird genutzt, um drastische Zugeständnisse der verbleibenden Beschäftigten zu erzwingen und die Profite zu steigern. Es steht außer Frage, dass diese Welle von Massenentlassungen zu großen sozialen Konflikten führen wird.
Am selben Tag, an dem das Landesarbeitsgericht in Hamm Richard Kaczorowski abstrafte, traten in New York die Beschäftigten des öffentlichen Nahverkehrs gegen den ausdrücklichen Willen ihrer Gewerkschaft in einen unbefristeten Streik. Sie widersetzten sich einer Entscheidung des Obersten Gerichts im Bundesstaat New York, das den Streik verboten und jeden, der sich daran beteiligt, mit einem Bußgeld in Millionenhöhe bedroht hatte.
Hier wird sichtbar, dass der Proteststreik bei Opel Bochum im Herbst vergangenen Jahres Bestandteil einer internationalen, qualitativ neuen Entwicklung des Klassenkampfs war. Die Abstrafung von Richard Kaczorowski, die nun in zweiter Instanz durch das Landesarbeitsgericht bestätigt wurde, ist eine gezielte Maßnahme, die der Einschüchterung dient und auf höchster Ebene entschieden wurde.
Der Prozessverlauf
Um sich auf die kommenden, unvermeidlichen Auseinandersetzungen vorzubereiten, ist es notwendig, aus dem Prozessverlauf und dem einwöchigen Proteststreik, der ihm zugrunde lag, politische Lehren zu ziehen.
Die aufschlussreichste Äußerung fiel gleich zu Beginn der Berufungsverhandlung am vergangenen Montag, als der Vertreter der Opel-Geschäftsleitung, Elmar Eising, begründete, warum Opel keiner Abfindungszahlung zustimmen werde. Nachdem die Verhandlung kurz nach Beginn unterbrochen worden war, damit Eising sich mit der Geschäftsleitung telefonisch absprechen konnte, erklärte er, dass eine Abfindungszahlung auch in geringer Höhe ein "falsches Signal an die Mitarbeiter" wäre. Eising fügte hinzu: "Das Verfahren hat nicht nur für Richard Kaczorowski und sein Umfeld große politische Bedeutung und weit reichende Auswirkungen, sondern auch für die Opel AG."
Worin diese politische Bedeutung des Verfahrens für Opel bestand und welches Signal von dem Prozess ausgehen sollte, war unübersehbar. Unmittelbar nach der einwöchigen Arbeitsniederlegung und den Protestaktionen der Bochumer Opelarbeiter im Oktober vergangenen Jahres hatte die Geschäftsleitung einen Arbeiter - Richard Kaczorowski - herausgegriffen und mit einer fristlosen Kündigung abgestraft, um ein Exempel zu statuieren. Das "Signal", das davon ausgehen sollte, ist Einschüchterung. Jeder, der es künftig wagen sollte, sich an Protesten und Arbeitskampfmaßnahmen gegen Entlassungen zu beteiligen, muss mit drakonischen Strafen rechnen.
Ein derartiges Herausgreifen und Abstrafen von Einzelnen verbietet aber das Betriebsverfassungsgesetz. Es heißt dort ausdrücklich, dass Arbeitgeber und Betriebsrat dafür sorgen müssen, dass "alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt" werden und dass "jede unterschiedliche Behandlung von Personen wegen ihrer Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung... unterbleibt". (§ 75 Absatz 1 BetrVG) In einem Rechtskommentar (von Gnade/Kehrmann/Schneider/Klebe/Ratayczak) wird im Zusammenhang mit diesem Paragraphen ausdrücklich auf Gerichtsentscheidungen zum Maßregelungsverbot nach einem Arbeitskampf verwiesen.
Um dieses Verbot zu umgehen, konstruierte die Geschäftsleitung einen äußerst fadenscheinigen Vorwand für die Abstrafung Kaczorowskis. Gemeinsam mit einigen anderen Kollegen und Kolleginnen war dieser am dritten Tag der Arbeitsniederlegung - einem Samstag, an dem eigentlich ohnehin keine Fertigung stattfinden sollte - von der Informationsveranstaltung am Tor in die Werkshalle gegangen, um dort die Karosseriemodule des neuen Zafira in Augenschein zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit kam es zu einem kurzen Wortwechsel mit einer Gruppe von vier anderen Arbeitern und einem leitenden Angestellten, die an diesen Modulen hantierten und gerade dabei waren, Einrichtungsarbeiten zu beenden.
Wie bei allen anderen Diskussionen, die in jenen Tagen im Werk, auf Versammlungen an den Toren oder zu Hause von zahllosen Arbeitern geführt wurden, ging es um die Zukunft der Beschäftigten, die Zukunft ihrer Familien und darum, weshalb es wichtig sei, die Protestaktionen und Informationsveranstaltungen zu den geplanten Massenentlassungen zu unterstützen. Diese Diskussion nahm die Geschäftsführung dann zum Vorwand für die fristlose Kündigung Kaczorowskis "wegen erheblicher Störung des Betriebsfriedens". Er habe die Kollegen beschimpft, bedroht und beleidigt.
Während der Verhandlung in der ersten Instanz waren nur die von Opel benannten Belastungszeugen gehört worden, aber selbst sie hatten angegeben, dass sie sich während der damaligen Gespräche zu keinem Zeitpunkt bedroht gefühlt hatten. Erst in der zweiten Instanz wurden die Zeugen vernommen, die der Kläger Richard Kaczorowski für seine Darstellung des Sachverhalts benannt hatte.
Nach diesen Aussagen standen mehrere Dinge zweifelsfrei fest: Erstens, es hatte keinerlei Tätlichkeiten gegeben; zweitens, niemand war bedroht worden; drittens, die Aufforderungen, sich an der Informationsveranstaltung vor dem Werk zu beteiligen und Solidarität zu üben, gingen nicht über den Rahmen der allgemeinen Diskussion im Betrieb hinaus; und viertens, die Gruppe verließ nach zehn Minuten gemeinsam und ruhig die Werkshalle und ging zurück zur Informationsveranstaltung am Tor.
Der Vorsitzende Richter setzte sich über diesen Sachverhalt hinweg, indem er nach einer Beratung mit den beiden ehrenamtlichen Richtern zwei Zeugen des Klägers kurzerhand für "unglaubwürdig" erklärte und behauptete, nur eine Zeugin habe sich eindeutig zu Gunsten von Richard Kaczorowski ausgesprochen. Dem stünden drei belastende Aussagen von Zeugen der Gegenseite gegenüber, und damit sei die Sache eindeutig.
Von "richterlicher Sorgfaltspflicht im Dienste der Wahrheit" war in dieser Vorgehensweise nichts zu erkennen. Die erste Instanz hatte völlig willkürlich nur die von Opel benannten Zeugen vernommen. Das Berufungsgericht nun vernahm zwar nachträglich die Zeugen des Klägers, verhinderte jedoch erfolgreich die erneute Vernehmung der Zeugen von Opel und eine Gegenüberstellung und sorgfältige Auswertung der Zeugenaussagen beider Seiten, wie sie der Rechtsanwalt des Klägers Richard Kaczorowski, Dr. Thomas Grote, in seiner Berufungsbegründung gefordert und vorbereitet hatte. Dazu genügte es, dass der Vorsitzende Richter einfach damit drohte, das Gericht werde aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin die Kündigung, möglicherweise sogar die fristlose Kündigung für wirksam erklären. Schon jetzt, nach der Vernehmung der Zeugen des Klägers, ja im Grund schon vor Beginn der Verhandlung am Morgen seien die drei Richter zu dieser Auffassung gekommen. Richard Kaczorowski sei deshalb gut beraten, einem solchen Urteil zuvorzukommen, indem er sich außergerichtlich mit der Kündigung abfinde.
Da Richard Kaczorowski nach der Arbeitsgerichtsordnung keine Möglichkeit mehr hat, das Urteil des Berufungsgericht inhaltlich oder verfahrensrechtlich anzufechten, blieb ihm nichts anderes übrig, als den ihm angedrohten Schaden zu begrenzen und auf einen solchen außergerichtlichen Vergleich einzugehen.
In Wahrheit hatte entgegen den Behauptungen des Richters von den fünf Zeugen des Unternehmens nur ein einziger vor der ersten Instanz explizit die entscheidende belastende Aussage gemacht, Richard Kaczorowski habe "mit dem Handy in der Hand damit gedroht, den Mob vom Tor zu holen". Und dieser eine Zeuge war ein leitender Angestellter, Thorsten Waldmann. Ein weiterer Zeuge hatte dies angeblich "mitbekommen", ohne dass jedoch vor Gericht geklärt worden war, wann und von wem er dies "mitbekommen" oder erfahren habe. Diese beiden Aussagen war allein schon angesichts der Tatsache unglaubwürdig, dass Streikende am Tor zwar von der Geschäftsführung oder von leitenden Angestellten als "Mob" bezeichnet werden mögen, von einem mitstreikenden Kollegen aber wohl kaum.
Zwei weitere von Opel benannte Zeugen hatten zwar bestätigt, vom Kläger "Streikbrecher" und "Verräter" genannt worden zu seien. Alle aber, einschließlich Thorsten Waldmann, hatten ausdrücklich erklärten, sie seien nicht bedroht worden und hätten sich auch keineswegs bedroht gefühlt. Einer der von Opel benannten Zeugen hatte sogar enthüllt, in Wirklichkeit sei schon zu Beginn der Schicht mit den Vorgesetzten vereinbart worden, dass die Arbeit sofort eingestellt werden solle, sobald irgend eine Gruppe von Streikenden auftauchen würde. Es gab also bereits vor und unabhängig von dem Auftreten der Gruppe um Richard Kaczorowski in der Endmontagehalle eine Generalanweisung, die Arbeit einzustellen, sobald es zu Diskussionen mit Streikenden käme.
Nicht zufällig hatten nach diesen Zeugenaussagen in der ersten Instanz alle Beobachter des Prozesses den Eindruck, die "Belastungszeugen" von Opel hätten - mit Ausnahme von Thorsten Waldmann - Richard Kaczorowski eher entlastet als belastet. Selbst der Bochumer Richter hatte am Ende des ersten Verhandlungstages mündlich zu erkennen gegeben, dass er diese Einschätzung teile, und ausgeführt, dass aus diesem Grunde die Zeugen des Klägers "wohl nicht mehr vernommen werden müssten". Erst beim zweiten Verhandlungstermin hatte er dann im Widerspruch dazu und völlig überraschend ohne jede weitere Zeugenvernehmung mit seinem Urteil die Kündigung für rechtens erklärt.
Noch über einen weiteren Widerspruch im Urteil der ersten Instanz setzte sich der Vorsitzende Richter hinweg. Dort war behauptet worden, Richard Kaczorowski habe mit seinem "pflichtwidrigen Verhalten", das "weit über das der anderen gegen einen Personalabbau demonstrierenden Mitarbeiter" hinaus gegangen sei, eine "erheblichen Störung des Betriebsablaufs" zu verantworten. Dass es angesichts der bereits drei Tage andauernden Arbeitsniederlegung von über 6.000 Beschäftigten überhaupt keinen Betriebsablauf gab, den Richard Kaczorowski "erheblich" hätte stören können, interessierte auch das Berufungsgericht nicht.
Selbst wenn der Richter der Auffassung war, dass durch die Zeugenaussagen die Ereignisse an jenem 16.Oktober 2004 nicht zweifelsfrei festzustellen waren, hätte er dem Rechtsgrundsatz "In dubio pro reo!" (Im Zweifel für den Angeklagten - in diesem Fall für den entlassenen Kläger) folgen müssen. Stattdessen kann das Verhalten des Gerichts nur als das eines Erfüllungsgehilfen der Opel-Geschäftsleitung gewertet werden.
Wie in einem Mikrokosmos zeigten sich im Verlauf des Gerichtsverfahrens die Beziehungen zwischen Konzernleitung, Justiz und Gewerkschaft, beziehungsweise Betriebsrat auf der einen und den Beschäftigten auf der anderen Seite. Am Schluss der Verhandlung scherzte der Richter mit den Rechtsanwälten von Opel und bemerkte, dass sie sich von der gesparten Abfindung ja einen neuen Opel-Zafira leisten könnten. Außerdem forderte er die Zuständigen in der Unternehmensleitung auf, den Werksschutz "doch mal auf Trab" zu bringen, damit künftig protestierende Beschäftigte "nicht wahllos in den Betrieb gehen können".
Als der Betriebratsvorsitzende, der als Zeuge geladen, aber nicht vernommen worden war, bei den abschließenden Belehrungen nicht gleich zur Stelle war, drohte der Richter - wieder scherzhaft - mit Beugehaft, was der Chef der 36 freigestellten Betriebsräte, Rainer Einenkel, lachend zur Kenntnis nahm. Eine heiter scherzende Familie aus Spitzenmanagern, Richtern und Betriebsräten, während Richard Kaczorowski und seine Kollegen und Freunde wie gelähmt und nahezu fassungslos einer zutiefst ungerechten Gerichtsentscheidung gegenüber standen, die deutliche Kennzeichen von Klassenjustiz trägt.
Noch deutlicher wurden die Zusammenhänge, als der Rechtsanwalt von Richard Kaczorowski kurz vor Abschluss der Verhandlung zu bedenken gab, dass die Ereignisse an jenem Samstagnachmittag im Oktober 2004 "doch im Zusammenhang mit der allgemeinen Streiksituation im Betrieb" gesehen werden müssten.
"Sprechen Sie nicht von Streik!", herrschte ihn der Vorsitzende Richter an. "Entehren Sie nicht diesen ehrbaren Begriff Streik’", rief er und betonte, es habe sich um eine "wilde, rechtswidrige Aktion" gehandelt. Streiks, so Richter Helmut Richter, könnten in Deutschland nur von den Gewerkschaften und auch nur unter ganz bestimmten Bedingungen und Richtlinien ausgerufen werden.
Deutlicher hätte die Bedeutung der Strafmaßnahme gegen Richard Kaczorowski kaum zum Ausdruck gebracht werden können. Jeder selbstständige Widerstand der Arbeiter, jedes Ausbrechen aus der Zwangsjacke und der Kontrolle der Gewerkschaften, soll unter allen Umständen verhindert werden.
Politische Lehren
Die Abstrafung von Richard Kaczorowski muss als ernste Warnung verstanden werden. Die Tatsache, dass die Geschäftsleitung weder Geld noch Arbeit gescheut hat, um dieses Exempel zu statuieren, eine der teuersten internationalen Anwaltskanzleien - Baker & McKenzie - engagiert hat und die Entlassung über alle Gerichtsinstanzen durchsetzte, macht deutlich, wie wichtig ihr diese Strafmaßnahme war und welch heftige Angriffe vorbereitet werden.
In ihrer Offensive gegen die Beschäftigten stützt sich nicht nur die Opel-Geschäftsführung, sondern alle Unternehmen mit dem einen Bein auf die Gerichte, mit dem anderen auf die Gewerkschaften. Die fristlose Kündigung wurde erst dadurch möglich, dass Betriebsrat und Gewerkschaft den Arbeitskampf im vergangenen Jahr gegen den Willen vieler Beschäftigter und ohne irgendein greifbares Ergebnis beendeten. Dabei unterließen sie es auch, mit der Geschäftsleitung den Ausschluss von Maßregelungen zu vereinbaren, wie es sonst bei ähnlichen betrieblichen Kämpfen seit Jahrzehnten üblich war.
Es waren also Betriebsrat und Gewerkschaft, die grünes Licht für die Art von Strafmaßnahmen gegeben haben, wie sie nun an Richard Kaczorowski und möglicherweise auch an Turhan Ersin - einem Betriebsratsmitglied, dem ebenfalls gekündigt wurde und dessen Prozess im kommenden Monat ansteht - vollzogen werden.
Immer deutlicher handeln die Gewerkschaften als Erfüllungsgehilfe der Konzerne und setzen die Erpressung der Beschäftigten durch. Diese Rechtswende der Gewerkschaften ist ein internationales Phänomen. Auch die Beschäftigten des öffentlichen Nahverkehrs von New York in den USA sind damit konfrontiert. Die nationale Führung der Transportarbeitergewerkschaft sprach sich mit aller Entschiedenheit gegen ihren Streik aus.
Der Grund für dieses Verhalten der Gewerkschaften und Betriebsräte ist ihr nationalistisches und pro-kapitalistisches Programm. Die Beschäftigten bei Opel und allen anderen Betrieben stehen vor der Aufgabe, sich einer grundlegend neuen politischen Perspektive zuzuwenden. Nur auf der Grundlage eines internationalen sozialistischen Programms ist es möglich, den kommenden Massenentlassungen und der systematischen Erpressung zu immer weiteren Lohnsenkungen und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen entgegenzutreten.
Die Partei für Soziale Gleichheit (PSG) und die World Socialist Web Site (WSWS) haben sich für die prinzipielle Verteidigung von Richard Kaczorowski und Turan Ersin eingesetzt. Wir rufen dazu auf, Diskussionsgruppen um die World Socialist Web Site aufzubauen. Sie erscheint in mehr als zehn Sprachen und dient nicht nur als Organ, um internationale Solidarität zu organisieren, sondern auch eine neue internationale Partei aufzubauen.