Der deutsche Außenminister und Führer der Grünen, Joschka Fischer, ist am 31. Oktober in der Nachrichtensendung "NewsHour" des Fernsehsenders Public Broadcasting System (PBS) aufgetreten. Sein unterwürfiges Auftreten war Anschauungsunterricht für die reaktionäre Logik der Politik der Grünen Partei.
Am Vortag musste Fischer sich die Peinlichkeit einer offenen Provokation des Weißen Hauses gefallen lassen. Bush demonstrierte seine Feindseligkeit gegenüber der sozialdemokratisch-grünen Regierung in Berlin, indem er es ablehnte, Fischer zu einem Treffen mit Vertretern des Weißen Hauses einzuladen. Stattdessen wurde ihm lediglich ein Treffen mit seinem amerikanischen Amtskollegen, dem Außenminister Colin Powell zugestanden.
Selbst mit seinem "Newsmaker"-Interview bei PBS schien ein Affront verbunden zu sein. Es wurde nicht von dem bekannten Moderator des Programms, Jim Lehrer, geführt, sondern von dessen Assistenten Ray Suarez. Lehrer sei "nicht da", informierte Suarez das Fernsehpublikum zu Beginn der Sendung.
Fischer, der in seiner Jugend ein bekannter Friedensdemonstrant und linker Pazifist war, nutzte das Interview, um dem US-Imperialismus die Treue zu schwören und die militaristische Bilanz seiner eigenen Regierung darzulegen. Auf die Frage, wie stark die "Irritationen" in den amerikanisch-deutschen Beziehungen wirklich seien, beeilte sich Fischer, seine Bewunderung und Dankbarkeit zu beteuern und die globale Rolle der Vereinigten Staaten in den höchsten Tönen zu loben.
"Nun, wir sind enge Verbündete", begann er. "Wir werden nie vergessen, was die Vereinigten Staaten für uns getan haben. Unsere Demokratie verdanken wir der zweiten Chance, die uns die Vereinigten Staaten nach 1945 gegeben haben. Ihr habt uns im kalten Krieg verteidigt - fünf Jahrzehnte lang - und ohne die Vereinigten Staaten wäre auch die Wiedervereinigung nicht so glatt vonstatten gegangen."
Als nächstes prahlte er beinahe damit, dass Deutschland sich militärisch an von den USA geführten oder gebilligten Operationen rund um die Welt beteilige: "Wir kämpfen Schulter an Schulter, unsere Sondereinheiten mit den Sondereinheiten der USA in Afghanistan. Wir stellen nach den Vereinigten Staaten das größte Truppenkontingent. Deutschland hat jetzt 10.000 Soldaten auf dem Balkan, in Afghanistan und am Horn von Afrika stationiert. Ich denke, das zeigt, wie eng unsere Beziehungen sind. Aber natürlich gibt es Differenzen unter Verbündeten, in der Familie.... Ich denke wir müssen diese Irritationen aus der Welt schaffen und zu Business as asual zurückkehren."
Zu Deutschlands Haltung zu einem Krieg gegen den Irak befragt, betonte Fischer den taktischen und konjunkturellen Charakter der Differenzen seiner Regierung mit Washington. Dies sei eine Frage der Prioritäten, nicht der grundlegenden Ziele, behauptete er.
Er sagte: "Wir halten den internationalen Terrorismus für die wichtigste Bedrohung - und diese ist nicht vorüber... Und wir denken, dass wir die Frage stellen müssen, ob dies [die amerikanischen Kriegspläne gegen den Irak] den Krieg gegen den Terror tatsächlich stärkt oder nicht."
Dann drückte er seine Sorge aus, dass ein Krieg gegen den Irak den Nahen Osten destabilisieren würde, und meinte, die deutschen Bedenken könnten gemildert werden, wenn die USA nach einem Krieg, der das Hussein-Regime stürze, eine längerfristige militärische Präsenz im Irak garantierten:
"Werden die USA dann dort bleiben und Frieden und Stabilität in dieser sehr gefährlichen Nachbarregion Europas garantieren? Das ist die zweitwichtigste Frage."
Dann kam Fischer auf das Thema der Entsendung deutscher Truppen in die ganze Welt zurück und machte seine vielleicht entlarvendste Bemerkung: "Als ich mein Amt als Außenminister antrat, hatten wir einige Soldaten in Bosnien. Das kostete uns etwa 200 Millionen (damals noch) DM. Heute haben wir fast 10.000 Soldaten im Einsatz. Wenn Sie mich vor anderthalb Jahren gefragt hätten, ob deutsche Truppen in... Afghanistan stehen könnten, hätte ich gesagt: Niemals. Was haben wir da zu suchen?‘"
Mit diesen letzten Worten deckte Fischer ungewollt den politisch hoffnungslosen Charakter der eklektischen Mischung aus kleinbürgerlichem Protest, Umweltpolitik, Pazifismus und Minderheitenpolitik auf, die den Kern des Programms der Grünen ausmachen. Wenn man Fischer beim Wort nimmt, dann sind selbst die Personen an der Spitze seiner Partei völlig der Gnade von gesellschaftlichen und politischen Kräften ausgeliefert, die sie nicht verstehen.
Das ist das unvermeidliche Schicksal einer Partei und eines politischen Programms, die die Möglichkeit und die Notwendigkeit der sozialistischen Revolution ablehnen und leugnen, dass die Arbeiterklasse die gesellschaftliche Kraft ist, auf deren revolutionäres Potential sich ein Kampf gegen den Imperialismus stützen muss. Fischer und die deutschen Grünen sind ein weiterer historischer Beweis dafür, dass reformistisch-pazifistische Parteien sich unvermeidlich an die Erfordernisse ihrer "eigenen" nationalen herrschenden Klasse anpassen und deren imperialistische Ziele und Methoden übernehmen. Dieser Prozess schreitet noch schneller und unausweichlicher voran, wenn solche Parteien an der Regierung beteiligt sind.