Im Mai 1981 gewann Labour die Londoner Wahlen und damit die Mehrheit im Stadtrat von Groß-London (Greater London Council, GLC), was der WRP eine Gelegenheit verschaffte, ihre Beziehungen zu „zentristischen Strömungen“ auszuweiten, die in den städtischen Regierungsorganen saßen und den kapitalistischen Staat gegen die Arbeiterklasse verteidigten. Schon bald zeigte sich sehr deutlich, was diese Wendung in Hinsicht auf den Klassenkampf bedeutete.
Im Juni forderte die Gewerkschaft der U-Bahn- Führer 15 Prozent mehr Lohn und drohte mit Streik. Die News Line reagierte mit einem Leitartikel: „Mr. Weighells gespaltene Zunge“. Darin hieß es am 26. Juni 1981:
Eine Provokation eines Rechten gegen den neuen, von Linken geführten Stadtrat von Groß- London – anders kann man den Streikaufruf von Sidney Weighell an Londons U-Bahn-Arbeiter nicht nennen. ...
Wenige Tage vor dem Kongress seiner Gewerkschaft versucht Weighell, den GLC – den direkten Dienstherrn über Londons öffentliche Verkehrsmittel – in eine Konfrontation zu treiben, die dieser nicht will. ...
Die Workers Revolutionary Party hat schon immer gesagt, dass Teilforderungen dem Hauptkampf gegen die Tory-Regierung untergeordnet werden müssen. Kämpfe zwischen Labour-Stadträten und Arbeitern werden nur den Tories nützen.
Aber Weighell geht es nicht um den Kampf gegen die Tories, wie man an seiner Hetze gegen Livingstone sieht. Die Mitglieder der NUR (Eisenbahnergewerkschaft) bei der U-Bahn sollten sich seinem Beschluss widersetzen und sich unerschüttert auf die Seite des Stadtrats von Groß-London stellen, gegen den Hauptfeind – Thatcher, Heseltine und Fowler.
Am 4. Juli 1981 forderte die News Line:
Eine Konfrontation zwischen der Eisenbahnergewerkschaft (NUR) und dem von Labour geführten Stadtrat von Groß-London über die Lohnforderung in den Londoner Verkehrsbetrieben muss unter allen Umständen verhindert werden.
Der angedrohte Streik der U-Bahn-Beschäftigten ab dem 20. Juli würde eine gefährliche Spaltung in die Einheit der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung bringen, und die Tories würden sie sofort ausnutzen. ...
In allen Lohnverhandlungen zwischen dem GLC und der NUR müssen diese politischen und wirtschaftlichen Tatsachen berücksichtigt werden. ...
Die Gewerkschaften haben ein Recht, ihre Forderungen aufzustellen, und Labour-Forderungen aufzustellen, und Labour-Führer Ken Livingstone wäre der letzte, der ihnen das Recht verweigern wollte.
Aber genauso haben die GLC-Führer das Recht, zu verlangen, dass Weighell in Einheit mit dem Stadtrat gegen die Tories kämpft.
Die WRP stellte also klar, dass sie im Streikfall im Namen der „Einheit“ alle Maßnahmen des GLC gegen die Gewerkschaft unterstützen würde. Am 8. Juli 1981 veröffentlichte die News Line einen ganzseitigen Brief von Ken Livingstone, in dem die Position des GLC verteidigt wurde – und zeigte so die völlige Solidarität von WRP und Livingstone gegen die Arbeiterklasse.
Es bestand nicht der geringste Unterschied zwischen Healys Kurs gegen die Arbeiter in den Verkehrsbetrieben, und der Politik der Stalinisten in Spanien 1937 und während des Zweiten Weltkriegs. So wie die Stalinisten gefordert hatten, die Arbeiterklasse solle ihre Interessen den Erfordernissen des sogenannten „antifaschistischen Kampfes“ unterordnen, so beharrte jetzt die WRP darauf, dass „Teilkämpfe“ – also die der Arbeiterklasse „dem Hauptkampf gegen die Tories untergeordnet werden müssen“.
Diese Phase lief auf ein zynisches Spiel mit dem Wort „Kampf“ hinaus. Für einen Trotzkisten tritt der Klassenkampf gegen den bürgerlichen Feind in sein entscheidendes Stadium ein, wenn die Arbeiterklasse nicht nur mit den althergebrachten rechten, sondern, was viel wichtiger ist, mit den linken Führern in Konflikt kommt. Dies ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Arbeiterklasse einen Weg zum revolutionären Kampf sucht.
Die britische bürgerliche Gesellschaft ist immer dann am meisten bedroht, wenn die Arbeiterklasse beginnt, ihre lebenswichtige Stütze unter den linken Arbeitern zu zersägen. Aber gerade in diesem Moment verteidigte die WRP sehr bewusst diese Demagogen des Reformismus, und damit den Kapitalismus selbst. Die WRP-Führung weigerte sich, Forderungen an diese Reformisten zu stellen – worin besonders klar ihre Weigerung zum Ausdruck kam, mit der Bourgeoisie zu brechen – und versuchte, ihnen die Arbeiterklasse vom Leib zu halten. All die riesigen Ressourcen, die die WRP angesammelt hatte, setzte sie ein, um der Arbeiterklasse ein riesiges Hindernis vor den Weg zur sozialistischen Revolution zu legen. Gerry Healy war im vollsten politischen und historischen Sinne ein Verräter an der Arbeiterklasse, ein Feind des Marxismus und ein politischer Agent der Bourgeoisie in der Arbeiterbewegung geworden.
Sein abscheulicher Verrat an der Arbeiterklasse hatte direkte, verheerende Folgen in der britischen Arbeiterbewegung. Die WRP arbeitete bewusst daran, der Arbeiterklasse jede revolutionäre Perspektive zu rauben. Statt dessen verkündete sie tagein tagaus, dass es keine Alternative zu der Politik der linken Reformisten – der unglückseligen Diener des Kapitals – gebe. Unter Healys Führung verbreitete die WRP Demoralisierung und Verwirrung in der Arbeiterklasse. Für eine Organisation, die sich revolutionär nennt, gibt es kein größeres Verbrechen an der Arbeiterklasse. Die Botschaft der WRP lautete: Labour ist an der Macht – brecht Eure Kämpfe ab – rückt von Euren Lohnforderungen ab – haltet die Einheit mit den Reformisten aufrecht – legt Euer Schicksal in ihre Hände – und schert Euch um Himmels Willen von der Straße weg und geht nach Hause!