Biden blockiert Verkauf von US Steel an Nippon Steel

US-Präsident Joe Biden spricht am 17. April 2024 in der Zentrale der United Steelworkers-Gewerkschaft in Pittsburgh [AP Photo/Gene J. Puskar]

US-Präsident Biden hat am Freitag den Verkauf von US Steel an Japans größten Stahlhersteller Nippon Steel für 15 Milliarden US-Dollar aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ blockiert.

„Wir brauchen große US-Unternehmen, die den Großteil der Stahlproduktionskapazität der USA repräsentieren. Sie müssen den Kampf für die nationalen Interessen Amerikas fortsetzen“, sagte Biden bei der Bekanntgabe der Entscheidung.

Biden forderte die Unternehmen auf, den Deal innerhalb von 30 Tagen aufzugeben, es sei denn, das Komitee für Auslandsinvestitionen in den Vereinigten Staaten (CFIUS), ein Gremium aus Kabinetts- und anderen Regierungsvertretern, das den Verkauf geprüft hat, verlängert den Zeitrahmen.

Das CFIUS war nicht in der Lage, eine einstimmige Entscheidung über das weitere Vorgehen zu treffen. Die Washington Post hatte jedoch zuvor berichtet, das Komitee sei der Auffassung, dass die Genehmigung des Kaufs von US Steel durch Nippon „zu einer Verringerung der inländischen Stahlproduktion führen könnte, was ein ‚nationales Sicherheitsrisiko‘ darstellen würde“.

Nach einem vom Kongress verabschiedeten Gesetz, das die Grundlage des CFIUS und des Prüfverfahrens bildet, lag die Entscheidung zuletzt beim Präsidenten: Dieser hatte 15 Tage Zeit, den Verkauf zu genehmigen oder abzulehnen.

US Steel und Nippon Steel kritisieren die Entscheidung. „Anstatt sich an das Gesetz zu halten, wurde das Verfahren manipuliert, um die politische Agenda von Präsident Biden voranzutreiben“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

Die Nippon Steel Corporation ist Japans führender Stahlhersteller und der viertgrößte Stahlproduzent der Welt. Im Geschäftsjahr 2023 betrug die Rohstahlproduktion von Nippon Steel etwa 40,5 Millionen Tonnen. US Steel ist ein wichtiger Zulieferer für die US-amerikanische Autoindustrie. Die Infrastruktur- und Energiegesetze der Biden-Regierung haben Milliarden in massive Bauprojekte fließen lassen, für die zudem große Mengen Stahl benötigt werden.

Vor etwas mehr als einem Jahr bot Nippon Steel an, US Steel und alle seine Betriebstätten für 14,9 Milliarden US-Dollar zu kaufen. Das Angebot von Nippon belief sich auf 55 US-Dollar pro Aktie, fast das Doppelte dessen, wofür das Unternehmen gehandelt wurde. Darüber hinaus kündigte das Unternehmen an, 1,5 Milliarden US-Dollar in die veralteten Werke von US Steel zu investieren.

Im vergangenen Jahr hatte die Biden-Regierung zusammen mit der Gewerkschaft United Steelworkers (USW) wiederholt erklärt, dass sie den Verkauf aus nationalistischen Gründen ablehne. Als Reaktion auf Bidens Entscheidung erklärte USW-Präsident David McCall: „Wir sind dankbar für die Bereitschaft von Präsident Biden, mutige Maßnahmen zu ergreifen.“

Mit ihrer Ablehnung des Deals haben sich das Weiße Haus unter Biden und die Gewerkschaften der neuen Trump-Regierung angeschlossen. Der Faschist Trump erwägt Pläne zur Annexion Grönlands und zur Rückeroberung des Panamakanals, er „scherzt“ darüber, dass Kanada der „51. Bundesstaat“ sein könnte, und erwägt Berichten zufolge eine Invasion Mexikos.

Diese Pläne zielen darauf ab, die westliche Hemisphäre für den US-Imperialismus zu sichern. Es ist die Vorbereitung auf einen Konflikt, der ebenso militärisch wie auf der wirtschaftlichen Ebene auszutragen ist, um den USA den Status als Supermacht der Welt zu sichern. Gräben entstehen und weiten sich, nicht nur zu den offiziellen Feinden wie Russland und China, sondern auch zu den sogenannten Verbündeten unter den anderen imperialistischen Mächten.

Anfang Dezember erklärte Trump: „Ich bin absolut dagegen, dass der einst so große und mächtige US-Stahlkonzern von einem ausländischen Unternehmen, in diesem Fall Nippon Steel aus Japan, aufgekauft wird.“

Trump ging dann noch weiter und postete, was nur als Drohung gegen Nippon Steel verstanden werden kann: „Wage es nicht, Käufer!!!“

Shigeru Ishiba, der neu gewählte japanische Regierungschef und ehemalige Verteidigungsminister, bezeichnete die Opposition gegen den Deal bereits im vergangenen Herbst in einer Erklärung als „sehr beunruhigend“ für die Beziehungen zwischen den USA und Japan. „Ich betrachte die Äußerungen der Vereinigten Staaten [zu Nippon Steel] als sehr beunruhigend, da sie mit solchen Aussagen oder Handlungen das Vertrauen ihrer Verbündeten untergraben könnten.“

„In letzter Zeit neigen die USA dazu, selbst ihren Verbündeten Geschäfte aufzuzwingen und Drohungen an sie zu richten, und das gilt nicht nur für die Nato-Staaten, sondern jetzt auch für Japan. Ich frage mich, ob das wirklich ein fairer Ansatz ist. Es ist äußerst wichtig, dass die japanische Regierung diese Angelegenheiten aufrichtig, ernsthaft und logisch diskutiert.“

Japan ist seit 1945, dem Ende des Zweiten Weltkriegs, ein wichtiger Verbündeter der USA, dennoch hat Biden das Angebot von Nippon Steel aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ blockiert. Hierin zeigt sich, dass die Demokratische und die Republikanische Partei in den USA - und keineswegs nur Trump - diesem Ziel grundsätzlich zustimmen. Auch die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten Kamala Harris hatte sich für die Blockade der Fusion ausgesprochen.

Handelskriegsmaßnahmen

Die Entscheidung ist Teil der Neuausrichtung wichtiger Industriezweige im Rahmen des wachsenden globalen Handelskrieges. Betroffen sind unter anderem die Automobilindustrie, die Chipherstellung, die Stromerzeugung und die künstliche Intelligenz, um nur die wichtigsten zu nennen.

Das Stahlwerk United States Steel Mon Valley Works Clairton im US-Bundesstaat Pennsylvania. Präsident Joe Biden lehnt den geplanten Verkauf von U.S. Steel an das japanische Unternehmen Nippon Steel ab. [AP Photo/Gene J. Puskar]

Vor wenigen Wochen kündigten Honda und Nissan an, dass sie bis 2026 fusionieren und damit nach Toyota und Volkswagen den drittgrößten Automobilkonzern der Welt bilden wollen. Die Fusion wird von den Autoherstellern als notwendig erachtet, um Chinas drohende Dominanz auf dem Markt für Elektrofahrzeuge zu bekämpfen. Gleichzeitig wird die Fusion auch einen neuen großen Konkurrenten für die US-amerikanischen und europäischen Autohersteller schaffen.

Da Japans Wirtschaft stagniert, ist Nippon Steel stark vom Export abhängig. Im Jahr 2023 beliefen sich die gesamten Eisen- und Stahlexporte Japans auf etwa 32,36 Millionen Tonnen. Zu den Hauptbestimmungsorten für Japans Eisen- und Stahlexporte gehören: Südkorea (6,54 Milliarden US-Dollar), Thailand (4,92 Milliarden US-Dollar), China (4,82 Milliarden US-Dollar), Indonesien (2,33 Milliarden US-Dollar) und Vietnam (2,24 Milliarden US-Dollar).

Doch China, das mehr als die Hälfte des weltweiten Stahls produziert, wird als Hauptgegner des US-Imperialismus angesehen. Im Jahr 2023 exportierte China etwa 94,3 Millionen Tonnen Stahl, was in etwa der Menge entspricht, die in den Vereinigten Staaten produziert wurde. Zu den wichtigsten Exportmärkten Chinas gehören Südostasien, Nahost und Indien, wobei die chinesische Präsenz in Afrika und sogar in Südamerika zunimmt.

Während seines ersten Wahlkampfs versprach Trump, die Stahl- und Kohleindustrie wiederzubeleben, und als US-Präsident führte er einen Zoll von 25 Prozent auf Stahlimporte aus China ein, der auch unter der Biden-Regierung beibehalten wurde. Bei seinem Amtsantritt im Januar kündigte Trump an, diese Zölle sofort auf 35 Prozent zu erhöhen und gleichzeitig Zölle von 25 Prozent auf Kanada und Mexiko zu erheben.

Im vergangenen Herbst veranstaltete China sein halbjährliches Gipfeltreffen des Forums für die Zusammenarbeit zwischen China und Afrika mit Staats- und Regierungschefs aus 53 afrikanischen Ländern, um über die Ausweitung der Investitionen Chinas auf dem Kontinent und den Bau riesiger Häfen und Verkehrsinfrastrukturen zu diskutieren.

In den letzten Jahren hat der Stahlmarkt aufgrund verschiedener Faktoren erhebliche Veränderungen erfahren. Die Covid-19-Pandemie hatte zunächst die Lieferketten unterbrochen und die Nachfrage verringert, aber seitdem hat sich die Lage dank Infrastrukturausgaben und verstärkter Produktionstätigkeit wieder erholt.

US Steel steht vor mehreren großen Herausforderungen, darunter schwankende Rohstoffkosten, die Konkurrenz durch inländische und internationale Stahlproduzenten und die anhaltenden Auswirkungen der Handelspolitik. Darüber hinaus kämpft das Unternehmen mit der Notwendigkeit, seine Betriebsabläufe zu modernisieren.

In den letzten Jahren hat US Steel geplante Verbesserungen an seinen Anlagen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar zurückgestellt. Diese sind jedoch dringend erforderlich, um das Unternehmen auf dem neuesten Stand zu halten und zu sichern. Durch die Fusion mit Nippon Steel hätte das Unternehmen Zugang zu Investitionen in fortschrittlichere Technologien und Produktionstechniken erhalten.

Gewerkschaftsfunktionäre unterstützen „America First“

Der Gewerkschaftsapparat der USW war der lautstärkste Gegner des Deals. In einer Reihe von Schreiben, Erklärungen und Textnachrichten, die im vergangenen Jahr an ihre Mitglieder verschickt wurden, förderte die Gewerkschaft antijapanische Demagogie und stellte die nationale Sicherheit als ihr Hauptanliegen dar.

Die Behauptung, dass diese Maßnahmen amerikanischen Arbeitern zugutekommen werden, was von Demokraten wie Republikanern sowie dem korrupten USW-Apparat propagiert wird, ist absurd. In Wirklichkeit wird die Torpedierung der Fusion mit ziemlicher Sicherheit zu Massenentlassungen führen. US Steel beschäftigt derzeit 16.000 Arbeiter und schwächelt seit sechs Jahren. Das Unternehmen warnt, dass es im Falle eines Scheiterns der Fusion gezwungen ist, seine Geschäftstätigkeit in vielen Teilen des Landes einzuschränken.

Die Gewerkschaft United Steelworkers vertritt nicht die Interessen der Arbeiter, sondern die des US-Kapitalismus. Sie arbeitet seit Jahrzehnten mit den Stahlherstellern zusammen, um Zehntausende von Arbeitsplätzen zu vernichten. Stahlwerke in Chicago, Gary (Indiana), Detroit, Cleveland, Youngstown, Pittsburgh, Buffalo, Bethlehem und Baltimore wurden geschlossen, um US-Unternehmen dabei zu helfen, auf dem Weltmarkt „wettbewerbsfähig“ zu bleiben.

In jüngerer Zeit hat die Gewerkschaft eine Konzession nach der anderen für die verbliebenen Stahlarbeiter bei Cleveland-Cliffs und US Steel durchgedrückt. Gleichzeitig hat sie den Abbau weiterer Arbeitsplätze überwacht.

Die USW fungiert, wie auch die anderen großen US-Gewerkschaften, als verlängerter Arm der Konzernleitung und der Regierung. Im Jahr 2022 arbeitete sie mit dem Weißen Haus Biden zusammen, um einen nationalen Tarifvertrag für Ölraffineriearbeiter durchzusetzen, von dem der damalige USW-Vorsitzende Tom Conway behauptete, er trage nicht zur „Inflation“ bei – was bedeutete, dass der Abschluss nicht den steigenden Lebenshaltungskosten Rechnung trug und deutlich unter der Inflationsrate blieb, demnach eine Reallohnsenkung bedeutete.

Die Biden-Regierung hat sich stark auf den Gewerkschaftsapparat verlassen, um Streiks klein zu halten und Tarifabschlüsse unterhalb der Inflationsrate zu erzwingen. Die Gewerkschaften sollten zudem die soziale Unzufriedenheit eindämmen und unterstützen die unpopulären neue Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. Den Gewerkschaften wird die Rolle zugewiesen, die US-Lieferketten vor Bedrohungen von unten, von der Arbeiterklasse, zu schützen.

Der Gewerkschaftsapparat bereitet sich darauf vor, seine Rolle unter Trump fortzusetzen. Die Gewerkschaft hatte zwar im Wahlkampf Harris unterstützt und sich zunächst offiziell gegen Trump ausgesprochen hatte. Doch inzwischen beeilt sich die USW, den aufstrebenden Diktator Trump nach seinem jüngsten Tweet gegen das Abkommen zu loben:

„Die USW dankt Präsident Trump für seine anhaltende Ablehnung des USS-Nippon-Deals. Es ist klar, dass er die Gefahr kennt, die dieser für unsere nationale Sicherheit, unsere Stahlindustrie und die von ihm unterstützten Gemeinden darstellt“, so die Gewerkschaft. „USS muss in inländischem Besitz bleiben und betrieben werden!“

Überall stellen sich die Gewerkschaftsbürokraten eifrig hinter Trumps nationalistische Politik. Einige, wie der Vorsitzende der Transportarbeitergewerkschaft Teamsters, Sean O'Brien, unterstützten Trump bereits Monate vor der US-Präsidentschaftswahl. Andere, wie der Vorsitzende der Automobilarbeitergewerkschaft United Auto Workers, Shawn Fain, haben sich nun Trumps „America First“-Politik verpflichtet.

Dies ist das unvermeidliche Ergebnis des bankrotten Nationalismus der Gewerkschaften. Ein echter Kampf zur Verteidigung von Arbeitsplätzen überall auf der Welt erfordert die internationale Einheit der Arbeiterklasse auf der Grundlage einer gemeinsamen Strategie. Nur durch globale Aktionen kann die Arbeiterklasse gegen die Konzernführung von US Steel und Nippon Steel bzw. ihre wohlhabenden Aktionäre antreten, die weltweit einen Krieg um Profite und Marktanteile führen.

Arbeiter müssen die Parole „America First“ zurückweisen und sich stattdessen die Parole „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ zu eigen machen. Die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees kämpft für den Aufbau einer Weltbewegung, die sich dem nationalistischen Gift entgegenstellt, das von kapitalistische Politikern und Gewerkschaftsbürokraten in jedem Land verbreitet wird.

Loading