Scholz sichert Kiew unverminderte Kriegsunterstützung zu

Der Staatsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Republik Moldau stand ganz im Zeichen der Eskalation des Nato-Kriegs gegen Russland. Während im Zuge der Kursk-Invasion das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wieder deutsche Panzer auf russischem Boden operierten, sicherte Scholz Kiew auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der moldauischen Staatspräsidentin Maia Sandu, unverminderte finanzielle und militärische Unterstützung zu.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) während der gemeinsamen Pressekonferenz mit der moldawischen Präsidentin Maia Sandu im Präsidentenpalast in Chisinau am 21. August 2024 [AP Photo/Aurel Obreja]

Angesprochen auf „die Debatte darüber, ob Deutschland seine Hilfe für die Ukraine in dem Maße fortsetzen kann wie bisher“, erklärte Scholz: „Zu der konkreten Situation der Unterstützung der Ukraine kann ich hier klar sagen: Deutschland wird in der Unterstützung der Ukraine nicht nachlassen. Wir werden die Ukraine so lange unterstützen, wie das notwendig ist, und wir werden der größte nationale Unterstützer der Ukraine in Europa sein.“

Die „Debatte“ über eine angebliche Kürzung der Mittel, über die auch internationale Medien schrieben, war immer darauf ausgerichtet, die Kriegsunterstützung für die Ukraine auszuweiten. Um ein mögliches Ende der deutschen Gelder oder Waffenlieferungen für die Ukraine, was ein großer Teil der Bevölkerung unterstützen würde, ging es nie. Selbst Medien, die unablässig einen noch höheren Kriegseinsatz fordern, müssen das zugeben.

„Meldungen, es werde die Ukraine-Hilfe wegen Sparzwängen ‚gestoppt‘, sind falsch“, schreibt etwa die Süddeutsche Zeitung. „Bereits 7,1 Milliarden Euro wurden im laufenden Jahr zur Verfügung gestellt, für 2025 sind bisher vier Milliarden Euro vom Bund eingeplant. Alles, was man zusätzlich braucht, soll nun vor allem über Zinserträge aus eingefrorenen russischen Vermögen finanziert werden.“

Aber selbst zusätzliche Hilfen, die direkt aus dem Haushalt kommen, sind nicht ausgeschlossen. In einem Brief vom 5. August an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) geschrieben, „neue Maßnahmen“ dürften nur ergriffen werden, wenn in den Haushaltsplänen für dieses und die kommenden Jahre „eine Finanzierung gesichert“ sei. Am vergangenen Samstag erklärte das Finanzministerium dann laut einem Bericht der Wirtschaftswoche, „dass es weiter gesprächsbereit sei. Dazu müssten Bedarfe aber konkret gemeldet und nachvollziehbar sein.“

Mit anderen Worten: in der nun anstehenden Parlamentsdebatte über den Kriegs- und Kürzungshaushalt der Koalition wird es darum gehen, noch weitere Gelder für den Verteidigungsetat und den Krieg in der Ukraine herauszuschlagen – auf Kosten der Ausgaben für Soziales, Gesundheit und Bildung.

In der moldauischen Hauptstadt Chișinău prahlte Scholz: „Wir haben im letzten Jahr in unserem Haushaltsentwurf vier Milliarden Euro vorgesehen und dann insgesamt für dieses Jahr sogar schon geplant, sieben Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen.“ Der Betrag sei „größer als das, was mehrere andere große Länder in Europa überhaupt leisten“.

Und auch für das nächste Jahr seien „in dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung wieder vier Milliarden Euro vorgesehen“. Laufend würden „Waffen geliefert, auch solche, die zur Luftverteidigung notwendig sind: deutsche Waffen wie IRIS-T, … aber auch viel Munition, Panzer und alles, was für die konkrete Unterstützung gebraucht wird.“ Die Mittel dafür stünden „durch die Haushaltsentwürfe für das nächste Jahr zur Verfügung, aber auch durch die Möglichkeiten, die wir uns für das laufende geschaffen haben“.

Zusammen mit dem internationalen 50-Milliarden-Kredit seien die Mittel damit in der Zukunft sogar „eher mehr als das, was bisher für die Ukraine an Unterstützung zur Verfügung stand“, betonte Scholz. Dies sei „ein großer, großer Fortschritt, an dem wir hart gearbeitet haben und dessen Realisierung wir jetzt innerhalb kurzer Zeit mit aller Anstrengung vorantreiben“.

Das ist eine Warnung. Um den Zusammenbruch der ukrainischen Truppen an der Front im Donbass zu verhindern, sind die führenden Nato-Mächte bereit, den Konflikt immer weiter zu eskalieren. Scholz behauptete in Moldau, die Ukraine habe ihren Vorstoß nach Kursk „geheim und ohne Rückkopplung vorbereitet“. Doch das ist Augenwischerei. Es ist klar, dass die Offensive mit amerikanischen, britischen und deutschen Panzern auf russischem Boden von der Nato unterstützt und koordiniert wird.

Bezeichnenderweise befand sich der Leiter des Sonderstabs der Ukraine im Verteidigungsministerium, Generalmajor Christian Freuding, in den ersten Tagen der Kursk-Offensive in der Ukraine. In einem ausführlichen Bundeswehr-Interview preist er die Offensive als „gezielten Entlastungsangriff“ für „die ukrainische Verteidigung im Donbass“, die „unter ungeheurem Druck“ stehe. Zudem habe es „natürlich einen psychologischen Aspekt“, wenn der Krieg nun „in das russische Kernland“ getragen werde. Und drittens sei es „ein richtiger Mutmacher für die ukrainische Bevölkerung“.

Freudings konkrete und ausführliche Berichterstattung ist selbst ein Indiz dafür, wie direkt die Bundeswehr und andere Nato-Armeen in die Offensive involviert sind. Die Ukraine habe „diese Operation sehr, sehr gut vorbereit“, lobt Freuding. „Sie hatten sehr gute Aufklärungsergebnisse. Sie wussten, dass in diesem Raum, in dem sie jetzt angegriffen haben, erstens das Gelände für eine Angriffsoperation günstig ist, und dass es dort zweitens zu einer Truppenmassierung gekommen war von schlecht ausgebildeten, vermutlich Reservekräften.“ Alles in allem sei es „ein Fenster der Gelegenheit für die ukrainischen Streitkräfte“ gewesen, das man ergriffen habe.

Noch deutlicher als der Kanzler unterstrich Freuding, dass Berlin seine Kriegsunterstützung für die Ukraine massiv ausweiten werde. Man habe „umfangreiche Verträge gemacht, die jetzt und in den kommenden Jahren zur Auslieferung kommen“ und „signifikant die ukrainischen Streitkräfte stärken werden“, Allein in diesem Jahr, und das sei „nur eine ganz grobe Übersicht“, seien die folgenden Posten geplant, die er stolz auf einem Schaubild präsentierte:

Generalmajor Christian Freuding (rechts) vom Sonderstab der Ukraine im Verteidigungsministerium präsentiert in einem Bundeswehrvideo zur Kursk-Offensive die geplante deutsche Kriegsunterstützung für Kiew bis Dezember 2024 [Photo: Screenshot aus einem Youtube-Video der Bundeswehr]
  • Luftverteidigung: 2 IRIS T SLM, 2 IRIS T SLS, 10 Gepard-Panzer, Lenkflugkörper IRIS T
  • Drohnen und Drohnenabwehr: Drohnen verschiedenen Typs und verschiedene Systeme zur Drohnenabwehr
  • Artillerie: 12 Panzerhaubitzen 2000, 4 ZUZANA 2
  • Handwaffen: Sturmgewehre und Munition
  • Gepanzerte Gefechtsfahrzeuge: ca. 30 Kampfpanzer Leopard 1 A5, 400 gepanzerte Fahrzeuge MRAP
  • Logistische Unterstützung: ZETROS Tankfahrzeug, LKW und Fahrzeuge verschiedenen Typs
  • Unterstützung Sanitätsmaterial: medizinische Ausrüstung, 1 Feldlazarett

Freudings Auftritt erinnert an die übelsten Verbrechen des deutschen Militarismus. Vor 83 Jahren, am 22. Juni 1941, hatte die Wehrmacht die Sowjetunion überfallen, was mit dem Völkermord an 6 Millionen Juden und der Ermordung von 30 Millionen Sowjetbürgern in den größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte gipfelte. Nun wähnen sich deutsche Militärs wieder im Krieg gegen Russland und feiern die von rechtsextremen Kräften durchsetzte ukrainische Armee.

Auf die Frage, was ihn „vor Ort“ in der Ukraine am meisten beeindruckt habe, antwortete Freuding: „Bei den ukrainischen Streitkräften: Organisiertheit, Disziplin, Professionalität, Tapferkeit und Mut. Und bei den Ukrainerinnen und Ukrainern: dieser Lebensmut und der unbedingte Freiheitswille.“ Tatsächlich sind bereits Hunderttausende Ukrainer an der Front verheizt worden – nicht im Kampf für „Freiheit“, sondern als Kanonenfutter für die imperialistischen Interessen der Nato-Mächte.

Diese sind entschlossen, trotz der Gefahr einer nuklearen Eskalation Russland militärisch zu besiegen und das rohstoffreiche Land zu unterwerfen. Scholz’ Moldau-Besuch hat zudem unterstrichen, wie bewusst Berlin das Ziel verfolgt, Länder, die einst Teil der Sowjetunion waren oder Russland nahestanden, aus dem Einflussbereich Moskaus zu lösen und unter die Kontrolle der von Deutschland dominierten Europäischen Union zu bringen.

Deutschland unterstütze „den europäischen Weg“, den Moldawien eingeschlagen habe, betonte Scholz. Die Erweiterung der Europäischen Union liege „im strategischen Interesse der Union insgesamt“ und allen voran „im strategischen Interesse Deutschlands“. Es sei jetzt notwendig, die vor langer Zeit gestarteten Beitrittsprozesse für einige Länder zu Ende zu führen“. Das gelte „insbesondere für die Staaten des westlichen Balkans, aber auch für das, was wir jetzt mit dem Beitrittskandidatenstatus für Moldau und für die Ukraine sowie mit den Perspektiven für weitere Länder auf den Weg gebracht haben“.

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