Internationaler Gerichtshof erklärt israelische Besetzung Palästinas für illegal

In einer vernichtenden Verurteilung der israelischen Regierung und ihrer imperialistischen Hintermänner, hat der Internationale Gerichtshof (IGH) am Freitag entschieden, dass Israels Besetzung Palästinas illegal ist und alle Staaten aufgefordert, ihre Unterstützung einzustellen.

Der vorsitzende Richter Nawaf Salam verliest am 19. Juli 2024 das Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag (Niederlande) [AP Photo/Phil Nijhuis]

Das Gericht entschied kategorisch, dass Israels 56-jährige Herrschaft über „die seit 1967 besetzten Palästinensergebiete illegal“ ist. Zu den besetzten Gebieten gehören das Westjordanland, Ost-Jerusalem und der Gazastreifen, dessen Bevölkerung von Israel derzeit in einem andauernden Völkermord systematisch massakriert wird.

Der Gerichtshof erklärte in seinem weitreichenden Urteil, dass nicht nur der Krieg Israels gegen die Bevölkerung von Gaza kriminell ist, sondern dass auch der gesamte Rahmen, in dem der Völkermord stattfindet, selbst illegal ist, genauso wie die Unterstützung der imperialistischen Mächte, die ihn ermöglichen.

Der Gerichtshof erklärte: „Alle Staaten müssen mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten, um die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen, die notwendig sind, um Israels illegale Präsenz in den besetzten Palästinensergebieten zu beenden.“ Weiter heißt es, die Staaten dürften keine „Hilfe oder Unterstützung bei der Aufrechterhaltung“ der illegalen Besetzung leisten.

Der Gerichtshof entschied: „Israels Sicherheitsinteressen dürfen nicht den Grundsatz des Verbots der gewaltsamen Gebietsübernahme außer Kraft setzen.“ Damit wies er die Rechtfertigungen der imperialistischen Mächte für die Finanzierung und die Waffenlieferungen für den Völkermord in Gaza zurück, die sich auf die Behauptung stützen, „Israel hat ein Recht sich zu verteidigen“.

Die Biden-Regierung hat dutzende Male erklärt, ihre Unterstützung für Israels Krieg gegen die Bevölkerung von Palästina sei „felsenfest“. Seit Beginn des Völkermords in Gaza haben die USA Israel Waffen im Wert von 6,5 Milliarden Dollar geliefert und weitere Lieferungen im Wert von 14 Milliarden Dollar zugesagt, darunter waren mehr als 14.000 2.000-Pfund-Bomben.

Mit Hilfe dieser Waffen hat Israel laut einer Studie, die in The Lancet veröffentlicht wurde, seit Oktober wahrscheinlich mindestens 186.000 Bewohner des Gazastreifens getötet.

Bei der Urteilsverkündung erklärte der Präsident des IGH, Nawaf Salam:

Dass Israel durch Annektierung und dauerhafte Kontrolle über die besetzten Palästinensergebiete weiterhin seine Position als Besatzungsmacht ausnutzt und das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung missachtet, verstößt gegen grundlegende Prinzipien des Völkerrechts und macht Israels Präsenz in den besetzten Palästinensergebieten rechtswidrig.

Die britische Hilfsorganisation Oxfam erklärte am Freitag als Reaktion auf das Urteil, Israel „begeht im Westjordanland und Ost-Jerusalem das Verbrechen der Apartheid, was eins der schwersten internationalen Verbrechen ist“.

Der Anwalt Palästinas im IGH-Verfahren, Philippe Sands, erklärte mit Blick auf das Urteil:

Ich habe noch nie ein so klares und weitreichendes Urteil von diesem Gericht erlebt... Seine juristischen Folgen sind völlig eindeutig, seine politischen Folgen weitreichend... Als eine der vielen praktischen Folgen hat das Gericht mit überwältigender Mehrheit seine Position deutlich gemacht, dass die Botschaften der USA und der anderen Staaten in Jerusalem illegal sind und entfernt werden müssen, damit das Völkerrecht respektiert wird.

Israel hat Ost-Jerusalem vollständig annektiert und Jerusalem zur Hauptstadt ernannt. Die Trump-Regierung hat die illegale Besetzung gebilligt und die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt; die Biden-Regierung hat dies beibehalten.

Der Völkerrechtsexperte William Schabas erklärte in einem Interview mit Al Jazeera:

[Die Entscheidung] richtet sich nicht nur gegen Israel, sondern auch gegen Israels Freunde. Sie sagt ihnen, dass sie in keiner Weise zur Siedlungspolitik, den anhaltenden Gewalttaten und Verfolgungen in den besetzten Gebieten beitragen dürfen.

In einer Stellungnahme zum Urteil erklärte Amnesty International:

Der Internationale Gerichtshof hat seine Urteilsbegründung veröffentlicht, und die Schlussfolgerung ist klar und deutlich: Israels Besetzung und Annektierung der palästinensischen Gebiete ist unrechtmäßig, und seine diskriminierenden Gesetze und Maßnahmen gegen die Palästinenser verstoßen gegen das Verbot von Rassentrennung und Apartheid.

Vertreter der israelischen Regierung reagierten darauf mit einer Verurteilung des IGH und bekräftigten damit den Inhalt des Urteils: dass Israel die Herrschaft über und die Annektierung sämtlicher Palästinensergebiete anstrebt.

Der israelische Nationale Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir tobte: „Wir werden keine Moralpredigten des Gerichtshofs akzeptieren.“

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte:

Das jüdische Volk ist kein Eroberer in seinem eigenen Land – weder in unserer ewigen Hauptstadt Jerusalem noch im Land unserer Vorfahren in Judäa und Samaria. Keine falsche Entscheidung in Den Haag wird diese historische Wahrheit entstellen, und die Rechtmäßigkeit israelischer Siedlungen in allen Gebieten unseres Heimatlands kann nicht angezweifelt werden.

Der IGH ist das oberste Rechtsorgan der Vereinten Nationen. Die Entscheidung vom Freitag ist die Antwort auf ein Ersuchen der UN-Vollversammlung aus dem Jahr 2022, die Rechtmäßigkeit von Israels Besetzung des Gazastreifens zu prüfen. Er ist unabhängig vom Internationalen Strafgerichtshof, dessen Chefankläger Israel des Völkermords beschuldigt hat.

Das Urteil vom Freitag stellt zwar eine vernichtende juristische Anklage gegen die israelische Regierung und ihre imperialistischen Hintermänner dar, doch genau wie zahlreiche andere Gerichtsurteile und UN-Resolutionen ist es kaum möglich, sie praktisch durchzusetzen.

Das Urteil ergeht im Vorfeld von Netanjahus Besuch in Washington am 24. Juli, bei dem der Kriegsverbrecher und Premierminister vor einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses seine imperialistischen Zahlmeister über seine Fortschritte in Kenntnis setzen wird. Die imperialistischen Mächte, allen voran die USA, sind fest entschlossen, den Völkermord in Gaza zu unterstützen, um ihre neokoloniale Vorherrschaft auf der ganzen Welt wiederherzustellen.

Die Aufgabe, Widerstand gegen den Völkermord in Gaza zu leisten und ihn zu beenden, fällt der Arbeiterklasse zu. Sie kann damit nur erfolgreich sein, wenn sie – als entscheidendes Element des Kampfs für den Sozialismus – eine internationale Bewegung von Arbeitern und Jugendlichen gegen Krieg und imperialistische Barbarei auf der ganzen Welt aufbaut.

Die Kundgebung und die Versammlung, welche die Socialist Equality Party, die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) und die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) am Tag von Netanjahus Auftritt in Washington organisieren, wird ein entscheidender Schritt im Aufbau dieser Bewegung sein. Wir rufen alle Leserinnen und Leser dazu auf, für eine möglichst breite Teilnahme zu werben.

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