Video: Hunderte protestieren in Stuttgart gegen den Völkermord in Gaza

Vergangenen Samstag versammelten sich hunderte Arbeiter und Jugendliche in der Stuttgarter Innenstadt, um gegen den seit neun Monaten andauernden Genozid Israels an den Palästinensern zu demonstrieren. Die aktuellen Proteste finden vor dem Hintergrund einer sich täglich verschlimmernden Hungersnot im Gazastreifen statt. Die medizinische Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichte kürzlich eine Studie, aus der hervorgeht, dass die tatsächliche Zahl der Toten in Gaza mit geschätzten 186.000 Toten (8 Prozent der Bevölkerung) weitaus höher liegen könnte, als bisher angenommen.

Demonstration in Stuttgart gegen den Genozid in Gaza, 07.07.2014

Doch während die Imperialisten und ihre zionistischen Stellvertreter den Völkermord immer weiter verschärfen, bricht der Widerstand dagegen nicht ab. Viele Teilnehmer waren aus ganz Baden-Württemberg nach Stuttgart angereist. Reporter der WSWS sprachen mit Teilnehmern und betonten vor allem zwei Punkte: 1. Der Völkermord in Gaza ist kein isoliertes Ereignis sondern eine Front in einem sich entwickelnden dritten Weltkrieg. 2. Der Völkermord in Gaza kann nicht gestoppt werden durch Appelle an die Regierung, sondern nur durch den Aufbau einer Antikriegsbewegung in der Arbeiterklasse.

Viele Teilnehmer verurteilten scharf die Unterstützung der deutschen Bundesregierung für den Genozid in Gaza. „Deutschland geht es nicht um Menschenleben, sondern um Macht, Gas und Öl“, erklärt eine junge Demonstrantin. „Wir wissen alle, dass die Hälfte von den ermordeten Menschen Kinder sind. Und jetzt haben wir auch erfahren, dass zum Beispiel auch 35 verletzte Kinder hier einreisen wollten, aber die deutsche Regierung das abgelehnt hat.“

Diese Kriegseskalation durch die deutsche Bundesregierung sieht sie nicht nur in Gaza, sondern auch darüber hinaus. „Man sieht, dass Deutschland überall seine Hände drin stecken hat und genauso Blut an den Händen hat. Seit dem Beginn unserer [Palästina] Demos sind viele andere Fälle dazugekommen aus unterdrückten Ländern oder wo auch gerade ein Genozid herrscht, wie im Yemen, Sudan oder auch Kongo zum Beispiel.“

Auf die Perspektive angesprochen, die Proteste gegen den Völkermord auf die Arbeiterklasse zu orientieren, erklärt sie zustimmend: „Allein wenn wir einfach als Menschenmenge streiken würden, zum Beispiel, würde das viel mehr bewirken. … Es ist natürlich die Arbeiterklasse, die vor allem darunter leidet, aber auch viel dagegen unternehmen könnte.“

Auch zwei fünfzehnjährige Schülerinnen, die zur Demo angereist sind, sehen die Mitschuld der deutschen Regierung am Völkermord: „Würden sie keine Waffen an Israel liefern, wäre auch der Völkermord nicht da“, erklärt eine von ihnen.

Die Entwicklung hin zu einem dritten Weltkrieg beunruhigt sie: „Ich finde auch, das könnte definitiv zu einem dritten Weltkrieg führen, da bei vielen Ländern Krieg ist. Und bei einem sehr großen Teil davon ist auch die USA beteiligt, dass das alles passiert.“

Ein anderer Student betont die repressive Rolle, die die Bundesregierung bei der Unterdrückung der Proteste spielt: „Sie ist der Grund wieso viele Leute Angst haben über das Thema zu reden. Es werden viele Leute festgenommen, weil sie protestieren gegangen sind.“

Dass dies im Namen des angeblichen Kampfs gegen Antisemitismus gemacht wird, stößt ihn besonders ab: „Ich finde es einfach beleidigend gegenüber Juden, die wirklich unter Antisemitismus leiden. Die meisten Juden sind dagegen, was da alles passiert, die sind keine Zionisten. Ich finde es einfach respektlos, dass sie das machen und Leuten erklären: ,Du bist jetzt Antisemit, weil du die Unterdrückung von anderen Leuten hasst.‘“

Auch ein anderer Stuttgarter Student erklärt: „Es wird dargestellt, als wäre [die Unterstützung Israels] ein Gegensatz zur Nazi-Vergangenheit, aber ich verstehe das als eine Weiterführung von dieser Vergangenheit. Deutschland wurde nicht entnazifiziert und die Unterstützung von Faschismus heute bestätigt das nur. Es ist einfach unerträglich, dass ein Land wie Deutschland im Prinzip das Gleiche noch mal unterstützt.“

Zur Perspektive der WSWS erklärt er: „Ich finde, dass ist jetzt gar kein schlechter Ansatz, weil man sieht ja offensichtlich, dass es nicht viel bringt bisher an die deutsche Regierung zu appellieren. Die ziehen weiter ihr Ding durch. Deswegen muss man natürlich auch andere Wege finden und Veränderung findet auch einfach oft von unten von der Arbeiterklasse statt.“

„Ich denke, heute ist es nicht genug nur gegen Genozid zu sein. Das ganze System, das diesen Genozid, die koloniale Besatzung von Palästina kreiert hat, muss erfasst werden und dagegen muss mobilisiert werden. Das ist ein Kampf nicht nur gegen Genozid, nicht nur gegen Kolonialismus, sondern auch gegen Kapitalismus und Imperialismus. Dafür ist offensichtlich die Arbeiterklasse nötig.“

Zwei Studenten, die aus Freiburg zur Demo angereist sind berichten von ihren eigenen Erfahrungen, die sie mit Repressionen gemacht haben: „Meinungsfreiheit gibt es hier leider nicht mehr, was das angeht. Wir haben es gestern tatsächlich auch am eigenen Leib erlebt. Wir haben hier an der Uni etwas in einer Podiumsdiskussion gesagt, eine Frage gestellt, mit etwas Kontext. Dann kam die Polizei und hat uns rausgeschickt und erklärt wir hätten eine Straftat begangen. Sie [seine Freundin] wurde in Handschellen gelegt, dafür, dass wir das angesprochen haben in der Universität.“

Auch schon in Basel hatte er bei Universitätsbesetzungen die Erfahrungen gemacht: „Die wurden natürlich auch nach einem bis zwei Tagen gewaltvoll geräumt und die Studierenden, die dabei waren, mussten auch fürchten, von der Universität sanktioniert zu werden, weil sie ihre Meinung geäußert haben. Auch die Professorinnen und Dozierenden müssen abhängig von ihren Verträgen schauen, wo sie bleiben.“

Zur Perspektive, die Arbeiterklasse auf der Grundlage einer sozialistischen Perspektive gegen den Genozid zu mobilisieren, erklärte er: „Ich sehe das genauso. Ich glaube auch, dass wir nur über die Masse irgendwie etwas tun können, wenn wirklich die Bevölkerung aufsteht und versteht, dass es eigentlich nur ein Problem gibt, das wir an der Wurzel packen müssen.“

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