Netanjahu: Israel ist auf „intensive Operation“ gegen den Libanon vorbereitet

Während Israel seine Bodenoffensive gegen die Palästinenser in Rafah ausweitet, erklärte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwoch, das israelische Militär sei „auf eine sehr intensive Operation“ entlang der Grenze zum Libanon vorbereitet.

Die israelischen Angriffe auf den Libanon, darunter auch Angriffe auf medizinisches Personal, haben in den letzten zwei Wochen zugenommen. Am 27. Mai wurde in der südlichen Stadt Bint Jbeil ein Motorrad neben einem Krankenhauseingang getroffen. Dabei wurden sowohl der Motorradfahrer als auch ein Wachmann des Krankenhauses getötet. Mehrere Zivilisten wurden verwundet, und am Krankenhaus wurden erhebliche Schäden am Krankenhaus verursacht.

Israel behauptete, der Motorradfahrer sei Mitglied der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah gewesen, die vor kurzem nach eigenen Angaben einen Drohnenangriff auf das israelische Luftabwehrsystem „Iron Dome“ durchgeführt hat. Bei israelischen Angriffen im Libanon wurden insgesamt mehr als 400 Menschen getötet, darunter 70 Zivilisten.

Am Mittwoch erklärte Human Rights Watch, dass die israelischen Streitkräfte seit Oktober 2023 in 17 Gebieten im Südlibanon weiße Phosphormunition eingesetzt haben, die „Tod oder grausame Verletzungen verursacht, die zu lebenslangem Leiden führen“. Betroffen sind „fünf Gemeinden, in denen rechtswidrig Air-Burst-Munition [über] bewohnten Wohngebieten eingesetzt wurde“. Der Einsatz von weißem Phosphor gegen „Ansammlungen von Zivilisten“ ist illegal und verstößt gegen das UN-Protokoll III des Übereinkommens über konventionelle Waffen.

Die Ausweitung der Kriegsoperationen gegen den Libanon steht für Israel auf der Tagesordnung, seit es am 7. Oktober 2023 seine Kampagne des Völkermords an den Palästinensern in Gaza begann. Die jüngsten Äußerungen Netanjahus, dass eine Großoffensive geplant sei und dass „wir auf die eine oder andere Weise die Sicherheit im Norden wiederherstellen werden“, deuten darauf hin, dass eine israelische Offensive gegen den Libanon unmittelbar bevorsteht.

Am Montag gab das israelische Militär bekannt, dass seine Reservisten in den letzten Wochen „eine Übung auf Divisions- und Brigadeebene durchgeführt haben, bei der Bodenoperationen im Libanon simuliert wurden“. Am Dienstag sagte der Generalstabschef der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), Herzi Halevi, dass eine Entscheidung kurz bevorstehe: „Wir sind nach einem sehr guten Trainingsprozess und einer Militärübung bereit, einen Angriff im Norden zu starten.“

In Anlehnung an Äußerungen über die Hamas, mit denen der Völkermord im Gazastreifen gerechtfertigt wird, erklärte der israelische Minister für nationale Sicherheit Itamar Ben Gvir am Mittwoch, die Aufgabe der IDF bestehe darin, „einfach die Hisbollah zu zerstören“. In einem Posting auf Telegram schrieb der Faschist Ben Gvir: „Es kann nicht sein, dass unser Land angegriffen und geschädigt wird und die Menschen hier evakuiert werden. Alle Hisbollah-Hochburgen müssen niedergebrannt und zerstört werden. Krieg!“

Als Reaktion auf die israelischen Drohungen erklärte der stellvertretende Hisbollah-Führer Scheich Naim Qassem am Dienstag gegenüber Al Jazeera, seine Miliz strebe keinen größeren Krieg an, werde ihn aber führen, wenn er ihr aufgezwungen werde. Ein israelischer Vorstoß zur Ausweitung des Konflikts werde mit „Verwüstung, Zerstörung und Vertreibung“ in Israel beantwortet werden. Qassem fuhr fort, dass die Libanon-Front fortbestehen werde, bis der Gaza-Krieg beendet sei.

Mit Unterstützung des Iran ist die Hisbollah eine der mächtigsten paramilitärischen Organisationen im Nahen Osten. Einigen Militärexperten zufolge verfügt sie über 150.000 Raketen, die Israels Luftabwehr in einem totalen Konflikt überwältigen könnten. Diese Möglichkeit ruft unmittelbar die USA auf den Plan und erhöht die Wahrscheinlichkeit eines direkten militärischen Konflikts zwischen Teheran und Washington auf dem Weg in einen dritten Weltkrieg.

Karim Bitar, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für internationale und strategische Angelegenheiten in Paris, erklärte gegenüber Al Jazeera, dass das Risiko einer Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah „erheblich gestiegen ist“. Bitar sagte: „Obwohl niemand ein Interesse an einer weiteren Eskalation hat, scheinen viele Akteure nicht mehr rational zu handeln“, und fügte hinzu: „Die Emotionen kochen extrem hoch, und jede Fehlkalkulation könnte einen größeren Flächenbrand auslösen.“

Bitar warnte: „Die Hisbollah ist wesentlich stärker als die Hamas, und die Ereignisse der letzten Monate haben gezeigt, dass Israel nicht in der Lage war, die Hamas auszulöschen. Wenn Israel angreift, wäre dies ein verheerender Schlag für den Libanon, aber es würde sich auch als sehr kontraproduktiv für Israel erweisen.“

Am Mittwoch wurde berichtet, dass Israel seine Bodeninvasion in Rafah, der seit einem Monat belagerten Stadt in Gaza an der Grenze zu Ägypten, ausgeweitet hat. Die Nachrichtenagentur Anadolu meldete: „Die israelische Armee hat am Mittwoch ihren Einmarsch in Rafah im südlichsten Teil des Gazastreifens ausgeweitet und ist auf die östlichen Gebiete der Flüchtlingslager Bureij und Maghasi im Zentrum des Streifens vorgerückt.“

Ein Anadolu-Korrespondent zitierte Augenzeugen, die bestätigten, dass die israelischen Militärfahrzeuge auf das Gebiet der „Eastern Garage“ und in die Nähe der Al-Awda-Moschee im Zentrum von Rafah vorrückten. Die Zeugen fügten hinzu, dass der Vormarsch der israelischen Armee unter schwerem israelischen Artilleriebeschuss auf Rafah stattfand.

Sowohl die drohende Ausweitung des Kriegs zwischen Israel und dem Libanon als auch die Intensivierung der Bodenangriffe im Gazastreifen entlarven den Waffenstillstandsplan von Präsident Biden als reine Täuschung. Dass es keine Einigung gibt, wurde daran besonders deutlich, dass weder die israelische Regierung noch die Hamas einen Waffenstillstandsplan unterstützten.

Wie der nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, am Dienstag gegenüber Reportern erklärte, warteten die Vermittler noch immer auf eine Antwort der Hamas.

Reuters zitierte einen ungenannten US-Beamten mit den Worten, Biden habe es für wichtig gehalten, die Details öffentlich darzulegen, damit die ganze Welt den Inhalt des Vorschlags sehen könne, auch wenn niemand zugestimmt habe.

Der Historiker Thomas Alan Schwartz von der Vanderbilt University erklärte gegenüber Reuters: „Damit bediente sich Biden einer Taktik, die er in seiner jahrzehntelangen Laufbahn als Politiker schon öfter angewandt hat: Er kündigt öffentlich eine Vereinbarung an, in der Hoffnung, die Parteien voranzubringen“ – obwohl es in Wirklichkeit nie eine Vereinbarung gab.

Loading