Nato droht angesichts der russischen Offensive gegen Charkiw mit Eskalation in der Ukraine

Seit Ende letzter Woche sind russische Armeeeinheiten bei Angriffen südwärts in die Ukraine vorgedrungen und haben dabei Gebiete nördlich von Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, erobert. Mittlerweile ist klar, dass es sich dabei um eine große Offensive handelt, die die gesamte Frontlinie der ukrainischen Armee ins Wanken bringen und für das Nato-Marionettenregime in Kiew eine Katastrophe bedeuten könnte.

Die Eskalation in der Ukraine verschärft außerdem die Gefahr einer rücksichtslosen militärischen Eskalation der Nato-Mächte gegen Russland. Tatsächlich entsteht in der Ukraine genau die Situation, in der die Nato-Großmächte laut eigenen Aussagen Russland angreifen würden.

Anfang Mai hatte der französische Präsident Emmanuel Macron gegenüber dem Economist erklärt, er würde im Falle eines Zusammenbruchs der ukrainischen Frontlinien französische Truppen in die Ukraine schicken. Letzte Woche gab es unbestätigte Berichte, laut denen französische Truppen bereits in die Ukraine entsandt worden seien. Am Wochenende, als die verzweifelte Situation der ukrainischen Armee und ihrer Nato-Hintermänner deutlich wurde, forderte Macron auf X/Twitter, die Nato-Mächte müssten „bereit sein zu handeln“.

An der russischen Offensive nördlich von Charkiw sind etwa 50.000 Soldaten der neu gebildeten Streitkräfte-Gruppe Sever („Nord“) beteiligt. Dem Telegram-Kanal des russischen Verteidigungsministeriums zufolge haben diese Truppen neun Dörfer nördlich von Charkiw eingenommen, ukrainische Panzer, Artillerie und Luftabwehrsysteme zerstört und Hunderte von ukrainischen Soldaten getötet. Am Sonntag erreichten sie Wowtschansk und andere Städte, die mit einer ukrainischen Befestigungslinie nördlich von Charkiw verbunden sind.

Ukrainische Regierungsvertreter gaben zu, dass sie bedeutende Rückschläge erlitten haben. Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, General Oleksandr Syrskyj, schrieb am Sonntag auf Telegram: „Diese Woche hat sich die Lage in der Region Charkiw deutlich verschlechtert.“ Er räumte „Teilerfolge“ der russischen Truppen ein und erklärte: „Die ukrainischen Verteidigungskräfte tun alles in ihrer Macht Stehende, um die Verteidigungslinien und Stellungen zu halten.“

Derzeit verlegt das ukrainische Militär Truppen von anderen Teilen der Front, um die Einheiten zu verstärken, die die nördlichen Zufahrtswege nach Charkiw verteidigen.

Die genauen Ziele der russischen Offensive auf Charkiw sind derzeit noch unklar. Im März hatte der russische Präsident Wladimir Putin die Schaffung einer „Pufferzone“ nördlich von Charkiw gefordert, nachdem ukrainische Truppen von dort aus Angriffe auf die nahe gelegene russische Stadt Belgorod durchgeführt hatten. Am Sonntag wurden bei ukrainischen Raketenangriffen auf Belgorod mindestens vier Menschen getötet und Dutzende verwundet.

Allerdings ist offensichtlich, dass die Offensive gegen Charkiw Teil einer breiteren russischen Offensive entlang der gesamten Front ist. Einige Medien spekulieren, dass die Sever-Gruppe mit zusätzlicher Truppenverstärkung sowohl Charkiw als auch die nahegelegene Stadt Sumy erobern könnte. Andere halten die Offensive für eine Ablenkung, mit der ukrainische Truppen von anderen Frontabschnitten abgezogen werden sollen. Die Front wäre dann so ausgedünnt, dass die russische Armee dort durchbrechen könnte.

Tatsächlich erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag: „Die ukrainischen Verteidigungskräfte tun alles in ihrer Macht Stehende, um die Verteidigungslinien und -stellungen zu halten... Die Angriffe in der Region Charkiw zielen darauf ab, unsere Truppen zu überlasten und die Moral und Motivation der Ukrainer und ihre Fähigkeit, sich zu verteidigen, zu untergraben.“

Dass ukrainische Soldaten zum Kampf um Charkiw abgezogen werden, untergräbt bereits jetzt die Operationen des Kiewer Regimes. Am Sonntagabend berichtete der YouTube-Kanal Military Summary, der Kampfberichte, Videos und Satellitenbilder über den Krieg veröffentlicht, dass geplante ukrainische Angriffe aus Cherson an der Schwarzmeerküste abgebrochen wurden, nachdem Truppen aus Cherson nach Charkiw verlegt wurden. Ferner wurde berichtet, dass russische Truppen in die strategisch wichtigen Städte Tschasiw Jar und Krasnochoriwka einmarschiert sind, deren Verteidigung geschwächt wurde, um Charkiw zu verstärken.

Wenn die russischen Truppen diese beiden Städte einnehmen, die höhere Lagen und wichtige Transportverbindungen kontrollieren, könnten sie die gesamte Region Donbas erobern. Diese Region ist seit dem von der Nato unterstützten Putsch 2014 in Gebiete unterteilt, die teilweise von Kiew und teilweise von Gruppen kontrolliert wird, die mit Moskau verbündet sind.

Unabhängig von der genauen Entwicklung der Kämpfe droht dem Kiewer Regime wegen seiner reaktionären pro-imperialistischen Politik eine militärische Katastrophe. Es wurde durch einen Nato-Putsch an die Macht gebracht und wird von Personen angeführt, die das Andenken an den ukrainischen Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera hochhalten. Unter der Führung von Selenskyj, der die Wahlen ausgesetzt hat und als CIA-gestützter Diktator regiert, lieferte das Regime die ukrainische Bevölkerung der Nato als Kanonenfutter für den Kampf gegen Russland aus und setzte einen Friedensvertrag außer Kraft, den sie mit Russland zu Beginn des Kriegs 2022 ausgehandelt hatte.

Zwei Jahre später sind mehr als eine halbe Million Ukrainer tot und Millionen von Ukrainern sind aus dem Land geflohen, um den brutalen Zwangsrekrutierern zu entgehen, die Zivilisten in die Armee einziehen. Nun, da die ukrainischen Truppen unter der russischen Offensive zusammenbrechen, kommen in den Nato-Staaten Berichte über den schrecklichen Preis auf, den die ukrainische Bevölkerung mit ihrem Leben bezahlt hat.

Im Zusammenhang mit der Charkiw-Offensive gab CNN zu, dass das ukrainische Militär ausgeblutet wurde: „Der grenzüberschreitende Angriff ist ein weiteres Beispiel dafür, was dieses Jahr für die Ukrainer falsch läuft. Ihre Truppen sind ausgedünnt, sie haben viel weniger Artillerie als die Russen, eine völlig unzureichende Luftabwehr und vor allem einen Mangel an Soldaten.“

Ein ukrainischer Offizier erklärte gegenüber CNN: „Wegen des Personalmangels muss die Ukraine es vermeiden, ständig große Einheiten entlang der Grenze zu stationieren.“ Er rechne mit weiteren russischen Vorstößen, da „die russischen Streitkräfte weitere Einheiten einsetzen, um in zusätzliche Grenzgebiete vorzudringen oder die anfänglichen Erfolge auszubauen.“

Die größte sich abzeichnende Gefahr ist die, dass die imperialistischen Nato-Mächte angesichts des Scheiterns ihrer Strategie, Russland bis zum letzten Ukrainer zu bekämpfen, den Krieg eskalieren und ihre eigenen Truppen entsenden werden. Dies stößt jedoch in der Arbeiterklasse auf überwältigenden Widerstand. In der Tat lehnen laut Umfragen 68 Prozent der Franzosen, 80 Prozent der Deutschen und 90 Prozent der Polen die Entsendung von Truppen in die Ukraine ab.

Dennoch setzen sich die Nato-Mächte über diese Opposition der Bevölkerung hinweg und drohen mit einer Intervention, vor allem wenn sich das Kiewer Regime weiterhin von einer Niederlage zur nächsten bewegt. Das Risiko einer Eskalation zum Atomkrieg akzeptieren sie dabei.

Vor einer Woche feierte der Führer der Demokraten im US-Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, auf CBS den Ukrainekrieg als „strategischen Erfolg“, warnte dann aber, dass möglicherweise US-Truppen gegen Russland kämpfen müssten, um Washingtons ukrainisches Marionettenregime vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Er erklärte: „Wir dürfen die Ukraine nicht fallenlassen, denn, wenn sie fällt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Amerika in den Konflikt eingreifen muss – nicht nur mit unserem Geld, sondern auch mit unseren Soldatinnen und Soldaten.“

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete am Samstag über Diskussionen in deutschen Regierungskreisen über Macrons Forderung, Truppen in die Ukraine zu schicken. Sie kam zu dem Schluss, „Experten“ in Berlin glaubten, dass „jede künftige Waffenstillstandslinie durch westliche ‚boots on the ground‘ [in der Ukraine] garantiert werden“ müsse.

Am 8. Mai erklärte die litauische Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė gegenüber der Financial Times, sie wolle Truppen in die Ukraine schicken. Sie tat alle Fragen hinsichtlich eines Atomkriegs mit einem Schulterzucken ab und erklärte: „Wenn wir nur an die Reaktion Russlands denken würden, könnten wir gar nichts schicken. Jede zweite Woche hört man, dass jemand mit Atomwaffen vernichtet werden soll.“

Das postsowjetische kapitalistische Regime Russlands droht seinerseits als Reaktion auf eine Nato-Beteiligung mit möglichen Vergeltungsmaßnahmen gegen Nato-Staaten, auch mit Atomwaffen. In seiner Antrittsrede am 9. Mai erklärte Putin: „Russland wird alles tun, um einen globalen Konflikt zu vermeiden, doch gleichzeitig lassen wir uns von niemandem bedrohen. Unsere strategischen Streitkräfte sind immer in Kampfbereitschaft.“

Der russische General Juri Netkatschow erklärte gegenüber der Nesawisimaja Gaseta: „Wenn die Anwesenheit von Spezialisten und Soldaten der Nato in militärischen Einrichtungen und Einheiten der ukrainischen Streitkräfte, die gegen die russischen Streitkräfte operieren, bewiesen wird, dann werden sie zu Teilnehmern an dem Konflikt. Und in diesem Falle wäre der Einsatz nicht-strategischer Atomwaffen gegen sie völlig gerechtfertigt.“

Diese Äußerungen verdeutlichen, dass sich eine katastrophale Eskalation des Konflikts nur verhindern lässt, wenn die internationale Arbeiterklasse gewarnt, vereint und in einem Kampf gegen den Nato-Russland-Krieg in der Ukraine und gegen alle kapitalistischen Regierungen mobilisiert wird, die ihn führen.

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