Preisgekrönte Schriftstellerin Lana Bastašić prangert deutsch-österreichischen Literaturbetrieb wegen Akzeptanz des israelischen Völkermordes in Gaza an

Die bosnisch-serbische Schriftstellerin Lana Bastašić ist zu einer weiteren Zielscheibe der staatlich unterstützten Unterdrückung pro-palästinensischer Künstler im deutschsprachigen Raum geworden.

Das Literaturfest Salzburg und das Literaturhaus NÖ, zwei bedeutende österreichische Literaturorganisationen, haben Bastašićs bevorstehenden Aufenthalt und ihre Lesung abgesagt, weil sie gegen das Schweigen des S. Fischer Verlags, ihres deutschen Verlegers, zum anhaltenden Völkermord Israels an den Palästinensern protestiert hat. Weit davon entfernt, Bastašić zum Schweigen gebracht zu haben, hat die feige Absage eine heftige Reaktion der Schriftstellerin provoziert, die Künstlern überall als Vorbild dienen sollte.

Lana Bastašić [Photo by Elena Ternovaja / CC BY 3.0]

Bastašić wurde 1986 in einer serbischen Familie in Zagreb, Jugoslawien, geboren. Nach dem Zerfall Jugoslawiens war Bastašićs Familie gezwungen aus Kroatien, aus dem „nationalistischen Wahn der frühen 1990er Jahre“ zu fliehen, wie sie kürzlich im Guardian schrieb. Dieser Wahnsinn wurde von den imperialistischen Mächten, allen voran den Vereinigten Staaten und Deutschland, geschürt, wobei es um den Zugang zu reichen Bodenschätzen und um strategisch-geopolitische Vorteile ging.

In ihrer Kindheit in Bosnien erlebte Bastašić die giftigen Auswirkungen des Nationalismus aus erster Hand. Ihre muslimischen Klassenkameraden und Nachbarn wurden als gewalttätige und gefährliche Bestien abgestempelt, ähnlich wie der israelische Staat heute die Menschen im Gazastreifen als „menschliche Tiere“ bezeichnet. „Als ich acht Jahre alt war, wurde mir der Unterschied zwischen uns und ihnen beigebracht“, schrieb Bastašić im Guardian. „Eine Lehrerin war keine Lehrerin mehr, sie war eine Serbin. Ein Klassenkamerad war nicht länger ein Klassenkamerad. Er war ein Muslim. Ein Arzt war nicht länger ein Arzt. Er war jetzt ein Kroate.“

Diese Erfahrungen flossen in ihren ersten Roman „Catch the Rabbit“ (2018, dt. „Fang den Hasen“, 2021) ein; er wurde mit dem Literaturpreis der Europäischen Union (EUPL) 2020 ausgezeichnet. Das Buch befasst sich mit den Fragen von Exil und Identität, denen Bastašić als Kind nicht ausweichen konnte.

Die historische Grausamkeit des andauernden israelischen Angriffs auf den Gazastreifen hat Bastašić, wie auch viele andere Künstler, tief getroffen. Im Dezember 2023 brach sie ihre Beziehung zu ihrem deutschen Verlag S. Fischer ab, um dagegen zu protestieren, dass er es versäumt habe, „sich zum anhaltenden Genozid in Gaza zu äußern“.

Außerdem prangerte sie den Verlag an, weil er sich nicht gegen die Zensur pro-palästinensischer Künstler in Deutschland wendet. Zu dieser Zensur gehörten die Absage einer Preisverleihung für das Buch „Eine Nebensache“ („Minor Detail“, 2017) der palästinensischen Schriftstellerin Adania Shibli durch die Frankfurter Buchmesse, die Absage einer Aufführung des Stücks „The Situation“ der österreichisch-israelischen Künstlerin Yael Ronen durch das Gorki-Theater und die Absage einer Veranstaltung zu Ehren einer Anthologie mit Werken von 34 arabischen Exil-Dichtern durch das Berliner Haus für Poesie.

Bastašić, die auf der Webseite Literary Hub zitiert wird, berichtet, dass sie durch den Bruch mit ihrem Verleger - einem Schritt, den Autoren fast nie tun - „Geld für gut ein ganzes Jahr“ verloren habe. Sie hat dieses Opfer gebracht, weil sie es für ihre „moralische und ethische Pflicht hielt, meine Verträge“ mit dem Verlag zu kündigen. Bastašićs Entscheidung ist beispielhaft in einem Umfeld, das die Sorge um die eigene Karriere über alle anderen Überlegungen stellt.

Lana Bastašić, "Catch the Rabbit" (dt: "Fang den Hasen", Fischer-Verlag 2021)

Doch diese Entscheidung hatte unerwartete Folgen. Das Literaturfest Salzburg und das Literaturhaus NÖ teilten Bastašić in einem Brief mit, dass sie ihren bevorstehenden Aufenthalt und ihre Lesung absagen. Mit gespielter und geheuchelter Höflichkeit bedankten sich die Verantwortlichen Josef Kirchner und Anna Weidenholzer für das Interesse der Schriftstellerin und verwiesen darauf, dass sie „intensive Gespräche“ mit S. Fischer über ihren Bruch geführt hätten.

„So sehr wir Ihre Bücher schätzen, müssen wir unter den gegebenen Umständen leider unsere Einladung zurückziehen“, heißt es in dem Schreiben. „Ihr Aufenthalt im Literaturhaus NÖ und Ihre Teilnahme am Literaturfestival Salzburg würden unweigerlich eine Positionierung unsererseits implizieren, die wir nicht wünschen und die unserer Rolle widerspricht.“ Offensichtlich können es diese seriösen und hochstehenden Kulturorganisationen nicht riskieren, den Eindruck zu erwecken, sie würden sich dem Massenmord an unschuldigen Zivilisten entgegenstellen.

Bastašićs rebellische Antwort verdient es, in vollem Umfang zitiert zu werden. Sie gab die folgende Antwort:

Liebe Anna,

um der Wahrheit und Transparenz willen möchte ich Sie daran erinnern, dass das Interesse bei Ihnen lag, da Sie mich eingeladen haben. Ihre Entscheidung, mich nun auszuladen, ist eine klare Positionierung Ihrerseits. Ich möchte auch klarstellen, dass dies die Absage eines Aufenthalts und einer Veranstaltung ist, die wir zuvor vereinbart hatten. Sie basiert ausschließlich auf meiner Entscheidung, einen Verlag zu verlassen. Es ist meine politische und menschliche Meinung, dass Kinder nicht abgeschlachtet werden dürfen und dass deutsche Kultureinrichtungen, wenn es um Völkermord geht, es besser wissen sollten. Sie sollten auch wissen, dass Sie sich jetzt in die lange und berüchtigte Liste der Kultureinrichtungen eingereiht haben, die Künstler kündigen, die sich weigern zu schweigen, wenn die Welt schreit.

Ich weiß nicht, was Literatur für Sie außerhalb von Netzwerken und Stipendien bedeutet. Für mich bedeutet sie in erster Linie eine unerschütterliche Liebe zu den Menschen und zur Unantastbarkeit des menschlichen Lebens. Da Sie mich zu Ihrem Festival eingeladen haben, müssen Sie mit meinem Werk vertraut sein, das sich intensiv mit den Folgen des Krieges für Kinder beschäftigt. Vielleicht haben literarische Werke für Sie nichts mit dem wirklichen Leben zu tun, aber wahrscheinlich haben Sie den Krieg auch nie am eigenen Leib erfahren.

Danke, dass Sie mich ausgeladen haben. Ich möchte nicht Teil einer weiteren Institution sein, die nicht nur Künstler wegen ihres Aktivismus ausschließt, sondern auch zu glauben scheint, dass Schweigen und Zensur die richtige Antwort auf Völkermord sind. Ich bin mir zwar darüber im Klaren, dass die Finanzierung, die Sie innerhalb des Systems, in dem Sie leben, erhalten, Sie vergessen lassen muss, worum es in der Kunst wirklich geht. Aber ich möchte Sie dennoch daran erinnern, dass Sie (zum Glück für prekäre Schriftsteller wie mich) keine Literatur sind. Ihr Geld ist keine Literatur. S. Fischer ist keine Literatur. Deutschland ist keine Literatur. Und wir, die Schriftsteller, werden uns daran erinnern.

Lana Bastašić

Bastašićs Antwort auf diese feigen Spießer zeugt von lobenswerter Sensibilität, Mut und Wut. Man kann nur darüber jubeln, dass sie diese „literarischen“ Profis entlarvt, denen es nur um „Networking“ und Stipendien geht und die glauben, dass die Kunst vom Leben abgekapselt werden sollte, vor allem wenn staatliche Interessen dies verlangen. Kirchner und Weidenholzer stehen stellvertretend für eine keineswegs auf Österreich und Deutschland beschränkte Gesellschaftsschicht, die Literatur als Mittel zur Erlangung bequemer Pfründe und zur Etablierung einer Reputation sieht. Fragen der Menschenwürde und der künstlerischen Wahrheit sind ihnen völlig fremd.

Schriftsteller, Filmemacher, Musiker und Künstler aller Art sollten Bastašićs Beispiel studieren. Es spiegelt die wachsende Wut und das zunehmende politische Engagement von Künstlern überall wider. Dieser Akt des Widerstands einer Schriftstellerin ist ein ermutigendes Zeichen für die Entwicklung von Opposition und die Aufwertung der Weltkultur.

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