Israels Mord an hohem Hamas-Führer verschärft die Gefahr eines umfassenden Kriegs im Nahen Osten

Saleh al-Arouri in Kairo 2017 [AP Photo/Nariman El-Mofty]

Auf Befehl der rechtsextremen Regierung Israels ist am Dienstag der stellvertretende Hamas-Führer Saleh al-Arouri in der libanesischen Hauptstadt Beirut ermordet worden. Der dreiste Akt der Aggression erhöht die Gefahr, dass der israelische Angriff auf Gaza zu einem größeren Krieg in der gesamten Region eskaliert. Auf diese Situation haben sich der US-Imperialismus und seine europäischen Verbündeten jedoch seit langem vorbereitet.

Al-Arouri soll der engste Verbindungsmann der Hamas zur Hisbollah im Libanon und im Iran gewesen sein. Er wurde bei einem mutmaßlichen Drohnenangriff auf ein Wohnhaus getroffen, das im südlichen Beiruter Vorort Dahiyeh liegt. Dort soll er sich heimlich mit anderen hochrangigen Hamas-Funktionären getroffen haben. Unter den sieben Opfern waren auch zwei Kommandeure der Qasem-Brigaden (des bewaffneten Flügels der Hamas), Samir Findi und Azzam al-Aqraa. Der Hamas-Führer, Ismail Haniyeh, hat erklärt, das Attentat bedeute den Abbruch der Verhandlungen mit Israel über die Freilassung der Geiseln, die noch im Gazastreifen festgehalten werden.

Wie schon bei der langen Reihe früherer Attentate hat Israel sich auch diesmal nicht offiziell zu dem Anschlag bekannt. Ein anonymer Vertreter des US-Verteidigungsministeriums bestätigte der Washington Post, dass Israel für das Attentat verantwortlich sei. Das US-Außenministerium gab daraufhin bekannt, dass eine für Ende der Woche geplante Reise Außenminister Anthony Blinkens nach Israel auf Anfang nächster Woche verschoben sei, was unterstreicht, dass Washington beabsichtigt, Israels nächste Schritte in dem Konflikt zu bestimmen.

Als Reaktion auf das Attentat feuerte die Hisbollah Berichten zufolge am Dienstagabend Raketen in Richtung von Israels Nordgrenze ab. Zwei israelische Soldaten wurden dabei leicht verletzt.

Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah hatte in einer Rede im August 2023 erklärt, dass jedes israelische Attentat auf libanesischem Gebiet eine „entschlossene Antwort“ nach sich ziehen werde. Man werde verhindern, dass der Libanon „zu einem neuen Schlachtfeld für Israel“ werde. In einer weiteren Erklärung nach dem Mord an al-Arouri kündigte die Organisation an, dass dieser „nicht ohne Antwort oder Bestrafung“ bleiben werde.

Libanons geschäftsführender Premierminister Najib Mikati hat die gezielte Tötung al-Arouris ebenfalls verurteilt. Er beschuldigte Israel, den Libanon in eine „neue Phase des Konflikts“ zu stürzen. Im Jahr 2006 hatten die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) eine massive Invasion in den Südlibanon unternommen und damit einen einmonatigen Krieg ausgelöst, in dem Israel barbarische Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung beging. Im Jahr 1982 richtete Israel mit Unterstützung der christlich-faschistischen Falange ein blutiges Massaker an über 3.000 palästinensischen Flüchtlingen an, als der Beiruter Stadtteil Sabra und das Flüchtlingslager Schatila angegriffen wurden. Der damalige Überfall Israels auf den Libanon im Jahr 1982 kostete rund 18.000 Menschen das Leben.

Israels außergerichtliche Tötung von al-Arouri, die gegen das Völkerrecht verstößt, ist ein weiteres Beispiel für den kriminellen Charakter des zionistischen Regimes. Seit dem 7. Oktober hat es Krankenhäuser und Schulen dem Erdboden gleichgemacht, Journalisten und medizinisches Personal gezielt angegriffen und den Entzug von Wasser, Treibstoff und Lebensmitteln als Kriegswaffe eingesetzt. All diese Maßnahmen sind Teil eines Völkermords an den 2,3 Millionen Palästinensern, die im Gazastreifen leben.

Diese faschistische Politik wurde Anfang dieser Woche durch Äußerungen des rechtsextremen Finanzministers Bezalel Smotrich und des Ministers für nationale Sicherheit Itamar Ben Gvir erneut unterstrichen. Beide forderten die Bewohner des Gazastreifens zur „freiwilligen Auswanderung“ auf, was einer ethnischen Säuberung gleichkommt. Auf der wöchentlichen Fraktionssitzung seiner Partei Otzma Jehudit (Jüdische Stärke) erklärte Ben Gvir, der Krieg biete eine „Gelegenheit, sich auf die Förderung der Migration der Bewohner von Gaza zu konzentrieren“. Er fügte hinzu, dass eine „korrekte, gerechte, moralische und humane Lösung“ die Rückkehr der israelischen Siedlungen in den Gazastreifen einschließe, die 2005 aufgegeben worden waren.

Al-Arouris Ermordung war zeitlich darauf abgestimmt, Israels Bereitschaft zur Eskalation und Ausweitung des Kriegs unter Beweis zu stellen. Im Gazastreifen hält das brutale Bombardement der israelischen Streitkräfte an. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden vom Dienstag wurden in den 24 Stunden davor über 200 Palästinenser getötet. Die Angriffe und Bodenkämpfe in Chan Younis, wo Hunderttausende Zivilisten eingeschlossen sind, wurden unvermindert fortgesetzt. Auch Rafah, die südlichste Stadt des Gazastreifens, wurde getroffen; dort sind inzwischen über eine Million Menschen zusammengepfercht. Das anhaltende Blutvergießen unterstreicht, dass Israel an seiner völkermörderischen Politik festhält, auch wenn es die Zahl der Truppen im Norden des Gazastreifens leicht reduziert.

In Chan Younis bombardierten die IDF das al-Amal-Krankenhaus, das der Palästinensische Rote Halbmond für die Ausbildung nutzt. Bei dem Angriff wurden fünf Menschen getötet, darunter ein fünf Tage altes Baby. Der Leiter der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Ghebreyesus, kritisierte die Bombardierung noch am selben Tag mit den Worten: „Die heutigen Bombardierungen sind unverzeihlich. Das Gesundheitssystem des Gazastreifens liegt bereits darnieder, und die Feindseligkeiten behindern ständig das Gesundheits- und Pflegepersonal in seinem Bemühen, Leben zu retten.“ In und um das Krankenhaus waren rund 14.000 Menschen untergebracht.

Im Westjordanland wurden bei einer israelischen Razzia am Montagabend in der Kleinstadt Azzun vier Palästinenser getötet und sieben verhaftet. Seit dem 7. Oktober haben israelische Soldaten und Siedler im Westjordanland mehr als 320 Palästinenser getötet.

Die Eskalation des Kriegs durch den israelischen Mord an al-Arouri spielt der rechtsextremen Netanjahu-Regierung in die Hände. Die Regierung wird im eigenen Land immer unbeliebter. Ihr Versäumnis, die Freilassung der über 120 Geiseln, die sich noch im Gazastreifen befinden, zu erreichen, hat den Zorn der Bevölkerung weiter angestachelt. Am Montag musste Netanjahu einen schweren Rückschlag hinnehmen, als der Oberste Gerichtshof Israels einen Teil seiner Justizreform kippte. Das neue Gesetz hätte die verfassungsmäßigen Grundsätze Israels geändert und die Aufsicht des Obersten Gerichts über die Regierung geschwächt. Diese autoritäre Reform, die Netanjahus rechte Likud und ihre faschistischen Verbündeten betreiben, hatte schon vor den Hamas-Anschlägen vom 7. Oktober ein ganzes Jahr lang Massenproteste ausgelöst.

Der amerikanische Imperialismus unterstützt Israels Angriff auf den Gazastreifen durch ständige Lieferungen von Hochleistungswaffen. Im vollen Vertrauen auf diese Unterstützung greift Israel seit Beginn seines Genozids an den Palästinensern immer wieder auch Ziele im Libanon und in Syrien an. Letzte Woche erklärte Verteidigungsminister Yoav Gallant, Israel befinde sich in einem „Mehrfrontenkrieg“, der den Gazastreifen, das Westjordanland, den Libanon, Syrien, den Irak und den Iran umfasse. Nur acht Tage vor dem Mord an al-Arouri in Beirut wurde am 25. Dezember in Syrien auch Brigadegeneral Seyed Razi Mousavi, ein hochrangiger Kommandeur der Iranischen Revolutionsgarden, getötet.

Der US-Imperialismus hat Vorbereitungen getroffen, um einen breiteren regionalen Krieg zu führen, dessen Hauptziel der Iran sein soll. In den letzten dreißig Jahren hat er im Nahen Osten und in Zentralasien einen Krieg nach dem anderen vom Zaun gebrochen, vom Irak über Afghanistan, Libyen und Syrien, um seinen wirtschaftlichen Niedergang durch den Einsatz seiner Militärmacht zu kompensieren. Washington sieht in Israels Angriff eine Gelegenheit, seine Hegemonie über den energiereichen Nahen Osten zu festigen, indem es seine wichtigsten geostrategischen Rivalen China und Russland niederringt.

Die Biden-Regierung hat die Stationierung von Marine- und Luftstreitkräften in der Region verstärkt, zuletzt unter dem Vorwand, die Handelsroute durch das Rote Meer zu schützen, nachdem die Houthis im Jemen mehrere Angriffe auf Handelsschiffe unternommen hatten. Auch in Bahrain, Kuwait, Katar, Syrien und dem Irak sind US-Truppen in erheblicher Zahl stationiert.

Am Sonntag haben US-Hubschrauber vom Flugzeugträger Dwight D. Eisenhower aus drei Boote der militanten Houthis im Roten Meer beschossen und versenkt. Einem vierten Boot gelang die Flucht. Die Flugzeugträger-Kampfgruppe operiert im Persischen Golf seit dem Aufstand der Hamas gegen Israel am 7. Oktober. Eine weitere Kampfgruppe unter Führung des Flugzeugträgers Gerald R. Ford wird in dieser Woche aus dem östlichen Mittelmeer abgezogen. Für Mittwoch wird eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats erwartet, um die zunehmenden Spannungen im Roten Meer zu erörtern.

Die Gefahr besteht, dass die schwelenden Konflikte im Nahen Osten sich zu einem größeren Flächenbrand ausweiten. Damit stellt sich die Notwendigkeit einer unabhängigen politischen Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen den imperialistischen Krieg mit neuer Dringlichkeit. Die Massenproteste von Millionen von Arbeitern und Jugendlichen, die in den letzten Monaten des Jahres 2023 weltweit gegen den israelischen Genozid stattgefunden haben, zeigen deutlich, dass es gegen die Kriegsgefahr massenhaften Widerstand gibt. Allerdings muss dieser Widerstand sich an der internationalen Arbeiterklasse orientieren, und er muss sich auf ein sozialistisches Programm stützen. Der Kampf gegen den imperialistischen Krieg muss mit den Streiks verbunden werden, die die Arbeiter in allen großen imperialistischen Ländern im vergangenen Jahr für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen geführt haben.

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