Israel steuert auf Krieg mit dem Libanon und dem Iran zu

Wie das Gesundheitsministerium von Gaza mitteilte, wurden in den 24 Stunden bis 15 Uhr am Donnerstag weitere 210 Palästinenser vom israelischen Militär in Gaza getötet und 360 verwundet. Bei dem Angriff wurden damit bis jetzt über 21.300 Menschen getötet und über 55.600 verwundet; dazu kommen etwa 7.000 Vermisste, die vermutlich unter den Trümmern begraben sind.

Laut den Vereinten Nationen wurden 85 Prozent der Bevölkerung der Enklave vertrieben, und 40 Prozent sind von einer Hungersnot bedroht. In den UN-Unterkünften leben viermal mehr Menschen als vorgesehen.

Rauchsäulen steigen nach einem israelischen Angriff auf den Gazastreifen auf. Aufgenommen aus dem Süden Israels am 26. Dezember 2023. [AP Photo/Leo Correa]

Während der Völkermord in Gaza weitergeht, planen Israel und seine Verbündeten, den Krieg auszuweiten. Verteidigungsminister Yoaw Galant erklärte Anfang der Woche: „Wir befinden uns in einem Mehrfronten-Krieg. Wir werden von sieben Fronten aus angegriffen – Gaza, Libanon, Syrien, Judäa und Samaria (Westjordanland), Irak, Jemen und Iran.“

Am Donnerstag fügte er hinzu: „Die Ära der begrenzten Konflikte ist jetzt vorbei... Wir gingen bei unseren Operationen jahrelang davon aus, dass begrenzte Konflikte bewältigt werden könnten, aber dieses Phänomen verschwindet. Heute gibt es ein auffälliges Phänomen der Konvergenz der Schauplätze.“

In diese Richtung äußerte sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag: „Wir hören nicht auf. Der Krieg wird bis zum Ende fortgesetzt, bis wir ihn beenden, nicht früher.“ Damit meint er eher den gesamten Nahen Osten als den bereits zerstörten Gazastreifen.

Das Westjordanland ist einer der Brennpunkte eines bereits erweiterten Konflikts, in dem Israel seine Militärdiktatur über die besetzten Palästinensergebiete verschärft. Am Mittwochabend führte Israel seine bisher intensivsten Razzien in diesem Krieg in der Region durch, an denen zahlreiche Soldaten und Fahrzeuge in zehn Städten beteiligt waren. In ihrem Verlauf wurde mindestens eine Person getötet und fünfzehn weitere verletzt, mindestens zwei Dutzend wurden festgenommen; zudem wurden Geldmittel in Höhe von 2,5 Millionen Dollar beschlagnahmt.

Im Westjordanland sind seit dem 7. Oktober mehr als 500 Palästinenser durch die Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) getötet und mehr als 4.700 verhaftet worden, darunter auch Journalisten und Politiker.

Der Nahost-Journalist Mouin Rabbani erklärte gegenüber Al Jazeera: „Sie versuchen, die Palästinenser bewusst zu provozieren, um so viel Konflikt wie möglich zu schaffen.“ Er fügte hinzu, dies sei Teil eines Plans, um Israels Kontrolle über das Westjordanland „dauerhaft zu konsolidieren.“

Am Donnerstag veröffentlichten die UN einen 22-seitigen Flash-Report über „Die Menschenrechtslage im besetzten Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalems“, bis zum 20. November.

Darin werden aufgeführt: „Zunehmender Einsatz unnötiger und unverhältnismäßiger Gewalt durch die Israelischen Sicherheitskräfte (ISF), die zu rechtswidrigen Tötungen führt“, „willkürliche Massenverhaftungen und Berichte über Folter und andere Misshandlungen durch die ISF, die den Verdacht einer kollektiven Bestrafung aufkommen lassen“, „ein exponentieller Anstieg der Angriffe bewaffneter Siedler, die zur Vertreibung von palästinensischen Hirtengemeinden führen“ und „anhaltende diskriminierende Einschränkungen der Freizügigkeit, die das Alltagsleben beeinträchtigen und die lokale Wirtschaft abwürgen.“

An einer Stelle heißt es: „Palästinenser leben in ständiger Angst vor dem diskriminierenden Einsatz staatlicher Gewalt und Gewalt der Siedler gegen sie. Die Lage ist zwar bereits schlecht, doch alles deutet auf eine weitere Verschlechterung hin.“

Übereinstimmend mit der Gefahr eines umfassenderen Kriegs steht auch im Norden ein offener Konflikt mit der Hisbollah im Libanon unmittelbar bevor. Die israelischen Truppen befinden sich in „höchster Alarmbereitschaft“ und verstärken ihre Angriffe auf die südlichen Gebiete des Libanon, wo es zu Schusswechseln mit Hisbollah-Truppen kommt.

Auf der libanesischen Seite der Grenze wurden seit dem 7. Oktober mehr als 150 Menschen getötet, darunter über ein Dutzend Zivilisten, drei davon Journalisten. Drei weitere, darunter ein Hisbollah-Mitglied, wurden am Dienstag bei einem israelischen Luftangriff auf Bint Jbeil getötet. Durch Gegenfeuer wurden neun Soldaten und vier Zivilisten in Israel getötet.

Der Al-Jazeera-Journalist Ali Hashem berichtete aus Bint Jbeil: „Israelische Kampfflugzeuge greifen derzeit auch Städte an, die sehr weit von der Grenze entfernt liegen. Tatsache ist, dass dieses Gebiet zu einem kompletten Kriegsgebiet wird, in dem es sehr gefährlich und riskant wird, sich zu bewegen, da man immer mit israelischen Drohnen rechnen muss.“

Der israelische Außenminister Eli Cohen nahm einen Besuch an der libanesischen Grenze zum Anlass, Hisbollah-Chef Sayyed Hassan Nasrallah zu drohen. Er erklärte, dieser müsse „verstehen, dass er der Nächste ist. Wenn er nicht als nächstes dran sein will, sollte er sofort die Resolution [1701] des UN-Sicherheitsrats umsetzen und die Hisbollah vom Norden Litanis fernhalten.

Wir werden daran arbeiten, die politischen Optionen auszuschöpfen. Doch wenn das nicht funktioniert, sind alle Optionen, um die Sicherheit des Staates Israel zu gewährleisten, auf dem Tisch.“

Netanjahus Sprecher Eylon Levy erklärte am gleichen Tag: „Wir sind jetzt am Scheideweg. Entweder die Hisbollah zieht sich von der israelischen Grenze zurück, wie es die UN-Resolution 1701 vorsieht, oder wir werden sie selbst zurückdrängen.“

Benny Gantz, eines der drei Mitglieder des Kriegskabinetts, äußerte sich am Mittwoch besonders deutlich: „Die Situation an der Nordgrenze macht Änderungen erforderlich. Die Zeit für eine diplomatische Lösung läuft ab. Wenn die Welt und die Regierung des Libanon nicht handeln, um den Beschuss der nördlichen Gemeinden zu beenden und die Hisbollah von der Grenze abzudrängen, werden die IDF dies tun.“

Israels ultimatives Ziel ist jedoch der Iran, womit Israel die umfassenderen imperialistischen Kriegsziele seines US-Schirmherrn vertritt. Galant erklärte mit Blick auf die sieben Fronten, an denen die IDF Krieg führen: „Der Iran ist die treibende Kraft bei der Konvergenz der Schauplätze. Er gibt Ressourcen, Ideologie, Wissen und Ausbildung an seine Stellvertreter weiter.“

Am Montag hat Israel diese Konfrontation drastisch verschärft, indem es in Syrien den iranischen Brigadegeneral Seyed Razi Mousavi ermordete, einen hochrangigen Kommandanten der Islamischen Revolutionsgarden. Omar Rahman, ein Fellow des Middle East Council of Global Affairs, erklärte gegenüber Voice of America: „Israels Entscheidung, in Damaskus ein hochrangiges Mitglied des iranischen Militärs zu ermorden, ist eine schwere Provokation.

Der Iran hat sich bisher einer direkten Beteiligung enthalten, doch wenn seine Kommandanten angegriffen werden, wird er sich schwer tun, weiterhin Zurückhaltung zu üben.“

Hochrangige Vertreter des Iran, darunter Präsident Ebrahim Raisi, haben Vergeltungsmaßnahmen angekündigt. In knapp einer Woche jährt sich zum vierten Mal die Ermordung von General Qassem Suleimani durch die USA, der als zweitwichtigster Mann nach dem Obersten Führer Ajatollah Chamenei galt. Der Iran hat dafür wiederholt mit Rache gedroht.

Die israelische Regierung würde jede Vergeltung als Vorwand für einen Krieg benutzen, den sie nicht ernsthaft in Erwägung ziehen könnte, wenn ihr die USA nicht im Voraus ihre Unterstützung zugesagt hätten.

Washington hat zwei Flugzeugträgerkampfgruppen ins östliche Mittelmeer entsandt, zusätzlich zu den Tausenden von US-Soldaten, die es bereits im gesamten Nahen Osten stationiert hat. Seit dem 7. Oktober haben US-Truppen in Syrien und dem Irak mehrere Angriffe auf Milizen durchgeführt, die vom Iran unterstützt werden, zuletzt auf die Kataib-Hisbollah nach einem Drohnenangriff auf den US-Luftwaffenstützpunkt Erbil. Das US Central Command erklärte, bei dem Angriff seien „die angegriffenen Einrichtungen zerstört und wahrscheinlich mehrere Kämpfer der Kataib-Hisbollah getötet worden.“

Die Regierung in Bagdad verurteilte den „feindseligen Akt“ und die Verletzung ihrer Souveränität.

Die Streitkräfte der USA und ihrer Verbündeten sind auch im Roten Meer stark engagiert, wo die mit dem Iran verbündeten Huthi-Rebellen als Vergeltung für den Völkermord in Gaza Angriffe auf die Schifffahrt durchgeführt haben. Washington versucht, eine Koalitionsmarine zusammenzustellen, um die Gewässer zu kontrollieren, und erwägt Angriffe auf Huthi-Stützpunkte im Jemen. Dabei steht der Iran direkt im Fadenkreuz.

Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Adrienne Watson, erklärte letzten Freitag: „Wir wissen, dass der Iran maßgeblich an der Planung der Operationen gegen Handelsschiffe im Roten Meer beteiligt war.“

Loading