Während am Wochenende Millionen Arbeiter und Jugendliche auf der ganzen Welt gegen den Krieg der israelischen Regierung gegen Gaza demonstrierten, nahmen die Minister des französischen Präsidenten Emmanuel Macron Seite an Seite mit der Führung von Marine Le Pens neofaschistischem Rassemblement National an einer pro-israelischen Kundgebung teil.
Der politisch unheilvolle und verlogene Charakter dieser Veranstaltung ist offensichtlich. Zu dem Marsch hatten die Vorsitzenden der Nationalversammlung und des Senats, Yaël Braun-Pivet von Macrons Partei Renaissance und Gérard Larcher von den rechten Republicains (LR) aufgerufen, um damit angeblich Antisemitismus und Rassenhass entgegenzutreten. Doch an der Kundgebung nahmen politische Kräfte teil, die ständig an Antisemitismus und Islamophobie appellieren. Zudem wurde sie von einer Regierung organisiert, die Israels völkermörderischen Krieg im Gazastreifen unterstützt.
Es ist unmöglich, heute in ehrlicher Weise über Völkermord zu sprechen, ohne dabei zu erwähnen, dass der israelische Staat einen Völkermord in Gaza beabsichtigt. Seine Streitkräfte haben mehr als 11.000 Palästinenser ermordet und mehr als 70.000 verwundet, indem sie schutzlose Krankenhäuser, Schulen und Flüchtlingslager mit Bomben und Artilleriegranaten beschossen haben. Israelische Regierungsvertreter haben in aller Öffentlichkeit erklärt, dass ihre Absicht darin besteht, alle Überlebenden aus dem Gazastreifen auf die benachbarte ägyptische Halbinsel Sinai zu vertreiben und den Gazastreifen ethnisch von Palästinensern zu säubern.
Die pro-israelische Kundgebung am Sonntag in Paris richtete sich zwar angeblich gegen Antisemitismus und Rassenhass, ist aber in Wirklichkeit ein Bestandteil von Macrons Unterstützung für den Krieg gegen Gaza. Im Aufruf von Braun-Pivet und Larcher zu der Kundgebung, der in der rechten Tageszeitung Le Figaro erschien, hieß es, die Republik sei in Gefahr. Die Kundgebung werde ein „Bollwerk gegen den Islamismus“ sein. Gleichzeitig findet sich kein Wort über den Völkermord in Gaza oder eine Kritik an der Politik des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.
Aus Macrons Regierung beteiligten sich 27 Minister an der Kundgebung, darunter Premierministerin Elisabeth Borne und Innenminister Gérald Darmanin. Darmanin ist ein Sympathisant der rechtsextremen, antisemitischen Partei Action française und bekannt dafür, dass er gegen Nahrungsmittel in französischen Supermärkten gewettert hat, die koscher oder halal sind. Durch seine Teilnahme an der Kundgebung erweitert Darmanin, der Chef der rechtsextremen französischen Bereitschaftspolizei, Macrons Unterstützung für den Krieg gegen Gaza. Zuvor war Macron nach Israel gereist, um Israels „Recht auf Selbstverteidigung“ zu unterstützen und Netanjahu als „Freund“ zu feiern.
Was Le Pen betrifft, so reagierte sie auf den Krieg im Gazastreifen mit einem Aufruf zur „Ausrottung“ der Palästinenser, die sich der israelischen Armee widersetzen. Nun versucht sie, ihre rechtsextreme Partei in den Mittelpunkt des politischen Lebens in Frankreich zu stellen. In einem Interview mit RTL Radio kündigte sie an, sie werde gemeinsam mit ihrem Assistenten Jordan Bardella an der Kundgebung teilnehmen und erklärte: „Ich rufe alle unsere Mitglieder und Wähler auf, an dieser Kundgebung teilzunehmen. Unsere jüdischen Mitbürger leiden seit Jahren unter Antisemitismus.“
Le Pen attackierte auch Jean-Luc Mélenchons Partei Unbeugsames Frankreich (La France insoumise, LFI), die angekündigt hatte, dass sie sich nicht an der Kundgebung beteiligen werde. Sie warf der LFI „Selbstgefälligkeit und sogar Komplizenschaft mit den radikalsten, brutalsten und schrecklichsten islamistischen Gruppen vor. Wer nicht gegen sie kämpft, bleibt zweideutig.“
Gerade die Anwesenheit von Le Pens Partei auf der Kundgebung entlarvt die betrügerische Behauptung, es ginge dabei um den Kampf gegen Antisemitismus. Rassemblement National (RN) ist berüchtigt für ihren Antisemitismus. Ihre Gründerväter stammten größtenteils aus den Reihen von Jacques Doriots Parti populaire français (PPF), die mit den Nazis kollaboriert hat. Der frühere Parteichef Jean-Marie Le Pen – Marine Le Pens Vater – wurde wiederholt wegen antisemitischer Äußerungen verurteilt, u. a. hatte er den Holocaust als bloßes „Detail der Geschichte“ abgetan.
Bardella verteidigte Le Pens politische Vorgeschichte in dreister Weise und erklärte gegenüber BFM-TV: „Ich glaube nicht, dass Jean-Marie Le Pen Antisemit war.“ In einem Interview mit dem rechtsextremen Kabelsender CNews auf diese Äußerung angesprochen, behauptete er: „Wir waren in dieser Frage immer über jeden Vorwurf erhaben.'
Solche Äußerungen stellen die Arbeiter und Jugendlichen in Frankreich und der Welt vor die entscheidenden Fragen, mit denen die Massenbewegung von Protesten und Streiks gegen den israelischen Krieg gegen Gaza konfrontiert ist. Seit mehr als drei Jahrzehnten, seit der stalinistischen Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991, führen die imperialistischen Nato-Mächte im Nahen Osten und Afrika endlose Kriege. Jetzt geben sie dem israelischen Regime grünes Licht für den Völkermord in Gaza, weil sie einen globalen Krieg führen, um das Rad der Geschichte zu den blutigen Verbrechen an unterdrückten Völkern in der Kolonialzeit zurückzudrehen.
Die Macron-Regierung eskaliert den Krieg in der Ukraine und ihre neokolonialen Kriege in Afrika und dem Nahen Osten. Gleichzeitig arbeitet sie daran, die blutige Vergangenheit des französischen Imperialismus reinzuwaschen. In Braun-Pivets und Larchers Aufruf zu der Kundgebung am Sonntag in Le Figaro wird die Hamas-Regierung in Gaza mit dem Nazi-Regime gleichgesetzt. Der palästinensische Aufstand gegen die illegale israelische Blockade des Gazastreifens am 7. Oktober wird als ein Massaker beschrieben, „das in seiner Schändlichkeit seit dem Holocaust beispiellos ist“.
Diese provokante und falsche Gleichsetzung der unterdrückten Palästinenser mit dem Nationalsozialismus – einem völkermörderischen imperialistischen Regime, das die Weltherrschaft an sich reißen wollte – dient der Beschönigung des französischen Imperialismus. 1.400 Israelis, die getötet wurden, als sich die Palästinenser gegen eine illegale Blockade erhoben, werden mit den Millionen Menschen gleichgesetzt, die in den Kriegen des französischen Imperialismus und seiner Nato-Verbündeten seit dem Zweiten Weltkrieg getötet wurden. Dazu gehören die Millionen Toten in den Nato-Kriegen des 21. Jahrhunderts in Afghanistan, dem Irak, Libyen, Syrien, Mali und weiteren Ländern.
Angesichts dessen, dass sich Macron mit Le Pens RN gegen die Bewegung der Bevölkerung zur Verteidigung von Gaza verbündet, hat die implizite Beschönigung der französischen Verbrechen in den Kriegen in Französisch-Indochina (1946–1954) und Algerien (1954–1962) durch Braun-Pivet und Larcher eine besondere Bedeutung. In diesen beiden Kriegen hat Frankreich Millionen von Menschen in Konzentrationslager gesperrt, Hunderttausende umgebracht und massenhaft gefoltert.
In der Vergangenheit wurde die RN, abgesehen von der Partei der Nazi-Kollaborateure PPF, hauptsächlich von ehemaligen französischen Kolonisten unterstützt, die nach der Unabhängigkeit aus Algerien fliehen mussten. Der erste Parteiführer, Jean-Marie Le Pen, war Leutnant einer Fallschirmjägereinheit in Algerien, die dafür berüchtigt war, dass sie gegen Muslime Folter einsetzte. Diese Kräfte organisierten zudem wiederholt Putschversuche, um trotz der wachsenden Antikriegsstimmung der französischen Arbeiter eine Fortsetzung des Kriegs zu erzwingen.
Dies sind die politischen Kräfte und Traditionen, an die sich Macron und die gesamte französische Bourgeoisie im Kampf gegen die internationale Bewegung der Arbeiterklasse wenden. Nach den „Gelbwesten“-Protesten gegen soziale Ungleichheit und den ersten Monaten der Corona-Pandemie veröffentlichten die Söhne einiger rechtsextremer Putschistenführer um Philippe de Villiers in dem rechtsextremen Magazin Current Values ein Manifest. In der Tradition ihrer Väter drohten sie mit einem Putsch, um militärisch gegen eine angebliche islamistische Bedrohung in französischen Städten einzugreifen und Tausende zu töten.
In Frankreich und international entsteht angesichts der Massenproteste gegen Krieg und Völkermord eine objektiv revolutionäre Situation. Die Macron-Regierung reagiert auf diese Bedrohung besonders sensibel, da sie im Frühjahr mit einer Massenstreikbewegung gegen ihre Rentenkürzungen konfrontiert war, die sie schließlich gegen den Widerstand von drei Vierteln der französischen Bevölkerung durchsetzte. Unter französischen Arbeitern und Jugendlichen ist die Ansicht weit verbreitetet, dass Macron gegen die Bevölkerung regiert und Streiks und Proteste brutal von der Polizei niederschlagen lässt, um das Diktat der Banken durchzusetzen.
Mit den Regierungen der Nato-Staaten wie der Macron-Regierung, die den Völkermord an den Palästinensern unterstützen, oder den Gewerkschaftsbürokraten und politischen Funktionären der pseudolinken Organsationen, die mit ihnen zusammenarbeiten, gibt es nichts zu verhandeln. In Frankreich muss der Fall von François Ruffin, einem Mitglied von Mélenchons LFI, als Warnung vor dem Rechtsruck dieser Kräfte verstanden werden. Er hatte sich der Entscheidung von LFI, nicht an der pro-israelischen Veranstaltung teilzunehmen, widersetzt, um seine politische Kollaboration mit Macron fortzusetzen.
Dass sich die Macron-Regierung jetzt faschistischen Kräften wie dem RN annähert, die die Kolonialherrschaft befürworten, ist eine weitere Warnung, die deutlich macht, dass es mit ihr nichts zu verhandeln gibt. Der internationale Kampf gegen Krieg und Völkermord muss von den Arbeitern geführt werden, die in Frankreich bereits gegen soziale Angriffe und Polizeigewalt kämpfen. Dies erfordert den Aufbau einer internationalen Massenbewegung von Streiks, um den Nachschub für die israelische Armee zu unterbrechen, und für den Kampf zur Beendigung des Kriegs und zum Sturz der Regierungen, die den Völkermord in Gaza unterstützen. Eine solche Bewegung muss sich zum Ziel setzen, die Macht an die Arbeiterklasse zu übertragen.