Perspektive

Israels bombardiert Flüchtlingslager Jabalia: Völkermord in Gaza geht weiter

Palästinenser suchen nach einem Bombenangriff im Flüchtlingslager Nusseirat nach Überlebenden, 31. Oktober 2023 [AP Photo/Doaa AlBaz]

Seit Anfang der Woche haben die israelischen Verteidigungskräfte (IDF) bei gezielten Bombenangriffen auf das Flüchtlingslager Jabalia Hunderte Männer, Frauen und Kinder getötet oder verwundet. Wie auf Aufnahmen sehen ist, wurde ein großer Teil des Lagers, in dem sich einst viele hohe Gebäude befanden, in Schutt und Asche gelegt.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen gab es allein bei dem Angriff am Dienstag 50 Tote und 150 Verletzte. Am Mittwoch folgte eine weitere verheerende Attacke, die Berichten zufolge erneut „Dutzenden“ das Leben kostete.

Jabalia war für die Nachkommen der Palästinenser gebaut worden, die bei der Gründung des Staates Israel von ihrem Land vertrieben worden waren. Die tatsächliche Zahl der Todesopfer dürfte viel höher sein. Viele Menschen wurden durch die Bomben, die das Lager zerstörten, bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt.

„Ich ging hin und sah die Zerstörung … Häuser, die unter den Trümmern begraben waren, Leichenteile, Märtyrer und Verwundete in großer Zahl“, sagte ein 41-Jähriger, der die Trümmer durchsuchte, gegenüber AFP. „Es ist nicht übertrieben, wenn sie von Hunderten von Märtyrern und Verwundeten sprechen. Die Leute bergen noch immer die Überreste von Kindern, Frauen und Älteren.“

Israelische Offizielle verteidigten die Bombardierung und prahlten, dass dieser Massenmord an wehrlosen Zivilisten viele „Terroristen“ ausgelöscht habe. Der Sprecher der IDF, Daniel Hagari, erklärte, es sei gelungen, „den terroristischen Mörder Ibrahim Biari zu eliminieren“, der ein „Hauptanführer des Kampfs“ gegen die IDF-Kräfte im Gazastreifen gewesen sei. Bei der „Eliminierung von Biari wurden viele Terroristen getötet“, sagte Hagari.

Die Bombardierung des Flüchtlingslagers Jabalia ist die Antwort der Regierung Netanjahu und ihrer imperialistischen Hintermänner in der Nato auf die weltweiten Massenproteste gegen den völkermörderischen Angriff der IDF in Gaza. Ihre Botschaft ist klar: „Wir werden uns nicht um eure Proteste kümmern. Wir werden den Krieg weiterführen und dabei als Methoden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord einsetzen.“

Der Startschuss für diese Gräueltat wurde am Vortag von Washington unter aktiver Mitwirkung seiner Nato-Verbündeten in Europa gegeben. Während die Zahl der bestätigten Todesopfer im Gazastreifen auf über 8.000 anstieg, darunter mehr als 3.000 Kinder, wies der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, das überwältigende 120:14-Votum der UN-Vollversammlung für einen Waffenstillstand im Gazastreifen zurück.

Der Krieg und der Massenmord an Zivilisten müssen Kirby zufolge weitergehen. Wörtlich sagte er: „Wir glauben nicht, dass ein Waffenstillstand im Moment die richtige Antwort ist ... Wir meinen, dass ein Waffenstillstand zum jetzigen Zeitpunkt der Hamas nützt und im Moment allein Hamas davon profitieren würde.“

Am Dienstag verteidigte Kirby die Bombardierung des Lagers in Jabalia, indem er jede konkrete Stellungnahme dazu ablehnte. „Wir werden nicht auf jedes Ereignis in Echtzeit reagieren“, sagte er. Allerdings würden US-Beamte „täglich Gespräche mit unseren Partnern“ in Israel führen, um die Zahl der zivilen Opfer auf einem Niveau zu halten, das Washington für akzeptabel hält. „Für uns ist offenkundig, dass sie versuchen, die Verluste in der Zivilbevölkerung so gering wie möglich zu halten“, log Kirby.

Mit diesen Äußerungen billigt Kirby im Namen der US-Regierung und des Nato-Militärbündnisses die Methoden des Völkermords, die Israel im Gazastreifen anwendet. Diese Verteidigung der israelischen Kriegsverbrechen gegen die Palästinenser ist zugleich eine Drohung gegen potenzielle weitere Opfer des Imperialismus im Nahen Osten und in der ganzen Welt. Die imperialistischen Mächte haben eine klare Botschaft an die Weltbevölkerung und vor allem die internationale Arbeiterklasse: Völkermord, Massenmord und ethnische Säuberung sind für sie legitime Mittel, um Widerstand gegen ihre Vorherrschaft zu brechen.

Der israelische Verteidigungsminister Joaw Gallant hat die Palästinenser zu Beginn des Krieges bekanntlich als „menschliche Tiere“ bezeichnet und damit deutlich gemacht, dass die IDF auf das wahlloses Abschlachten von Menschen setzen. Die dicht besiedelte Gaza-Region mit über 2,3 Millionen Einwohnern wurde von der Versorgung mit Wasser, Benzin und Lebensmitteln abgeschnitten. Durch die Bombardierung ziviler Ziele wie des Al-Ahli-Krankenhauses wurden Hunderte Zivilisten, Ärzte und Pflegekräfte ermordet. Außerdem wiesen die IDF über 1,1 Millionen Menschen im nördlichen Gazastreifen an, ihre Häuser zu verlassen und in den Süden zu fliehen – auf Straßen, die von den IDF-Truppen intensiv bombardiert wurden.

Aus Berichten über Gespräche zwischen Vertretern Israels, der Nato und Ägyptens geht hervor, dass das israelische Regime beabsichtigt, die palästinensische Bevölkerung aus dem Gazastreifen zu vertreiben und die Überlebenden vom ägyptischen Militärregime in Konzentrationslager auf der benachbarten Sinai-Halbinsel einsperren zu lassen. Die Palästinenser in Gaza würden nach diesem verbrecherischen Plan entweder getötet oder vertrieben.

Am Dienstag veröffentlichten Beamte des israelischen Geheimdiensts ein von Netanjahu als „Konzept“ bezeichnetes Dokument, in dem vorgeschlagen wird, alle 2,3 Millionen Bewohner des Gazastreifens zwangsweise in den Sinai zu verschleppen. Ägyptische Beamte, mit denen diese Pläne besprochen wurden, machten offenbar den Gegenvorschlag, die Palästinenser in Konzentrationslagern in der Negev-Wüste im Süden Israels unterzubringen.

Die Londoner Financial Times zitierte einen „westlichen Diplomaten“ mit den Worten, dass „der Druck eines anhaltenden israelischen Angriffs auf den Gazastreifen noch zu einer Änderung der Haltung“ der ägyptischen Regierung führen könnte. Der anonyme Diplomat unterstützte der Zeitung zufolge den israelischen Plan mit den Worten: „Das ist das Einzige, was getan werden kann … also ist es jetzt an der Zeit, den Druck auf die Ägypter zu erhöhen, damit sie zustimmen.“

Für Millionen von Arbeitern und Jugendlichen, die weltweit gegen den Krieg in Gaza protestieren, stellt sich die Frage: Wie kann die Kriegsmaschinerie von IDF und Nato gestoppt und weiterer Völkermord abgewendet werden?

Das Massaker im Flüchtlingslager von Jabalia ist eine grausame und zugleich eindringliche Warnung, dass der einzige Ausweg darin besteht, in der internationalen Arbeiterklasse eine starke revolutionäre Bewegung gegen Imperialismus, Völkermord und Krieg aufzubauen. Mit dem zionistischen Regime oder den imperialistischen Regierungen der Nato, die von Bankern und Militärs kontrolliert und von politischen Verbrechern geleitet werden, gibt es nichts zu verhandeln.

Weder die israelische Regierung noch ihre imperialistischen Verbündeten lassen sich von der Forderung beeindrucken, auf ethnische Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verzichten. Seit das stalinistische Regime 1991 die Sowjetunion aufgelöst hat, führen sie Krieg und haben in den letzten 30 Jahren im Nahen Osten und in Afrika den Irak, Somalia, Afghanistan, Libyen, Syrien und Mali geplündert und Millionen Menschen getötet. Das Massaker von Jabalia zeigt, dass sie auf moralische Appelle nur mit einer Eskalation der Brutalität reagieren.

Die einzige Kraft, die Krieg und Völkermord stoppen kann, ist die Arbeiterklasse, die den ganzen Reichtum der Gesellschaft produziert. Eine internationale Bewegung von Massenstreiks und Arbeiterkämpfen kann die Wirtschaft in den großen Staaten vollständig zum Stillstand bringen und die Regierungen stürzen, die sich an den Verbrechen im Gazastreifen beteiligen. Nur der Kampf um die Unterstützung und Mobilisierung der Arbeiter und zur Vorbereitung eines direkten Angriffs auf die Macht der Kapitalisten und ihrer Militär- und Geheimdienstapparate kann den völkermörderischen Ansturm auf die Palästinenser stoppen.

Die entscheidende Frage, vor der die Teilnehmer an den Massenprotesten gegen den israelischen Krieg in Gaza stehen, ist die Entwicklung einer Massenbewegung, die sich gegen Krieg und Imperialismus richtet und auf der Grundlage einer sozialistischen Perspektive weltweit den Übergang der Macht an die Arbeiterklasse vorbereitet.

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