Am Mittwoch sprach US-Präsident Joe Biden in Vilnius vor einer lärmenden Menge rassistischer litauischer Nationalisten nach Abschluss eines Nato-Gipfels, auf dem eine massive Aufstockung der Militärausgaben zur Vorbereitung auf einen weltweiten Krieg zugesagt wurde.
Bidens Tirade bezog sich auf dieselben Themen wie eine Rede, die er letztes Jahr in Warschau gehalten hatte, in der er versprochen hatte, noch „Jahre und Jahrzehnte lang zu kämpfen.“ Damals, im Jahr 2022, sahen sich Beamte des Weißen Hauses gezwungen, die Äußerungen des Präsidenten öffentlich zurückzunehmen. Doch nun sehen seine Berater keine Notwendigkeit mehr, Bidens kriegerische Äußerungen neu zu interpretieren und zu modifizieren. Was er über die Kriegsziele der USA sagt, sind keine demenzbedingten Irrtümer, sondern tatsächliche Erklärungen der Politik seiner Regierung.
In seiner Rede in Vilnius erklärte Biden: „Unser Engagement für die Ukraine wird nicht nachlassen. Wir werden heute, morgen und so lange es nötig ist, für Freiheit und Unabhängigkeit eintreten.“
Die Dauer eines Krieges steht immer im Zusammenhang mit der Zahl der Menschenleben, die ihm zum Opfer fallen. Je länger ein Krieg andauert, desto größer ist die Zahl der Toten, sowohl unter den Soldaten als auch unter der Zivilbevölkerung.
Wenn Biden also wieder einmal verkündet, dass seine Regierung und die Nato Geld und Waffen liefern werden, „solange es nötig ist“, um Russland zu besiegen, dann will er damit eigentlich sagen, dass der Krieg ungeachtet der Kosten an Menschenleben weitergehen wird.
Dies ist die barbarische Essenz dessen, was man die Biden-Doktrin nennen könnte: „Egal, wie lange es dauert oder wie viele sterben.“
Bidens Rede war sowohl in ihrer Ausführung als auch in ihrem Inhalt typisch für diesen Mann: Gedankenlos, uninformiert, voller falscher Wortwahl und fehlerhafter Grammatik. Sie richtete sich an das niedrigste intellektuelle Niveau und die niedersten Instinkte.
Biden verbreitete eine Lüge nach der anderen, eine Absurdität nach der nächsten: er behauptete, die Vereinigten Staaten, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ständig andere Länder destabilisiert, bombardiert und überfallen haben, seien eine Kraft für Demokratie und Frieden.
Kein Geringerer als Henry Kissinger, der älteste noch lebende amerikanische Kriegsverbrecher, hat einmal mit dem ihm eigenen Zynismus die wahre Einstellung des US-Imperialismus zu moralischen Grundsätzen auf den Punkt gebracht. „Das Illegale tun wir sofort“, sagte er. „Das Verfassungswidrige dauert ein bisschen länger.“
Biden, dessen eigene Fingerabdrücke am Schauplatz jedes vom US-Imperialismus im letzten halben Jahrhundert begangenen Verbrechens zu finden sind, berief sich auf „die Charta der Vereinten Nationen, die wir alle unterzeichnet haben: Souveränität, territoriale Integrität. Dies sind die beiden Säulen der friedlichen Beziehungen zwischen den Nationen. Es kann nicht sein, dass ein Land sich das Territorium seines Nachbarn mit Gewalt aneignet.“
Was für eine verachtenswerte Heuchelei! Es gibt kein einziges Land, das so eklatant und wiederholt gegen das in der UN-Charta verankerte Verbot der „Gewaltanwendung“ verstoßen hat wie die Vereinigten Staaten, deren ehemaliger Außenminister Colin Powell einst erklärte, es sei sein Ziel, die Vereinigten Staaten zum „größten Tyrannen der Welt“ zu machen.
Während seiner Zeit im Senat und dann als Vizepräsident war Biden einer der führenden Befürworter und Unterstützer der US-Invasion in den Irak im Jahr 1991, gefolgt von der Bombardierung Jugoslawiens sechs Jahre später im Jahr 1997. Er unterstützte die Invasion Afghanistans 2001 und eine weitere Invasion des Irak im Jahr 2003. Biden befürwortete die amerikanischen Bombenangriffe und das Ziel eines Regimewechsels in Libyen und Syrien.
Diese Aktionen wurden unter offener und flagranter Missachtung der Vereinten Nationen und des Völkerrechts durchgeführt. Im Jahr 2002 traten die Vereinigten Staaten aus dem Römischen Statut aus, mit dem der Internationale Strafgerichtshof eingerichtet wurde. Sie erkennen die Legitimität eines internationalen Gremiums nicht an, dessen Arbeit dazu führen könnte, US-Vertreter für die von ihnen regelmäßig begangenen Kriegsverbrechen vor Gericht zu stellen.
Erst letzte Woche kündigte Biden an, er werde Streumunition in die Ukraine schicken, die in über 100 Ländern verboten ist, weil sie noch Jahrzehnte nach Beendigung eines Konflikts Zivilisten tötet und verstümmelt.
Biden verwies auf die auf einem Mythos beruhende Geschichte des Kampfes Litauens gegen die Tyrannei und rühmte das Engagement der Vereinigten Staaten für die Freiheit des Landes. Was Biden in seinem weitschweifigen Geschichtsvortrag jedoch nicht erwähnte, war die intensive Zusammenarbeit litauischer Nationalisten mit Nazi-Deutschland und die direkte Beteiligung am Massenmord an praktisch der gesamten jüdischen Bevölkerung des Landes.
Während der dreijährigen Besetzung Litauens durch die Nazis wurden 95 Prozent der jüdischen Bevölkerung des Landes ausgelöscht – 195.000 Männer, Frauen und Kinder wurden systematisch ermordet.
Diese Tatsache verlieh Bidens Erklärung, dass „die Bindungen zwischen dem litauischen und dem amerikanischen Volk nie ins Wanken geraten sind“, einen bedrohlichen Klang, indem er litauische Exilanten lobte, die in die Vereinigten Staaten gereist waren.
Biden erwähnte freilich nicht, dass zwei der litauischen Einwanderer, die von den Vereinigten Staaten aufgenommen wurden, zufällig die Hauptverantwortlichen für den Holocaust in diesem Land waren.
Aleksandras Lileikis, der Chef der litauischen Sicherheitspolizei in Vilnius während der Nazi-Besatzung Litauens und ein Täter des Holocaust, erhielt eine sichere Ausreise in die Vereinigten Staaten und wurde bei der CIA angestellt. Sein Stellvertreter, Kazys Gimžauskas, emigrierte ebenfalls in die Vereinigten Staaten, ebenso wie drei seiner Untergebenen.
Keiner der beiden Männer wurde wegen seiner Beteiligung am Holocaust auch nur einen Tag ins Gefängnis gesteckt.
Während er Russland anprangerte, weil es eine „diplomatische Lösung“ des Konflikts ablehne, rühmte sich Biden seiner eigenen Rolle bei der Nato-Erweiterung. Er erklärte: „Ich hatte die große Ehre, mich als Senator der Vereinigten Staaten für den Beitritt Litauens und anderer baltischer Staaten zur NATO im Jahr 2004 einzusetzen. War das nicht brillant von mir?“
Als er 1998 für die Erweiterung der Nato stimmte, verkündete Biden „den Beginn von weiteren 50 Jahren Frieden.“ In Wirklichkeit haben die Vereinigten Staaten absichtlich die Voraussetzungen für die Art von Bruderkrieg geschaffen, der in der Ukraine ausgebrochen ist – mit dem Ziel, Russland in Kriege an seinen Grenzen hineinzuziehen und es auszubluten.
Zu den absurdesten Lügen Bidens gehörte sein Versuch, sich als Befürworter einer „diplomatischen Lösung“ des Krieges in der Ukraine aufzuspielen. „Leider hat Russland bisher kein Interesse an einer diplomatischen Lösung gezeigt“, sagte Biden.
„Russland könnte diesen Krieg morgen beenden, indem es seine Streitkräfte aus der Ukraine abzieht und die internationalen Grenzen anerkennt“, erklärte er. Aber er definierte dieses „diplomatische Ergebnis“ als die totale Kapitulation Russlands und das Erreichen aller Kriegsziele der Nato. Bidens „diplomatische Lösung“ ist in Wirklichkeit ein militärischer Sieg.
Mit seinen provokativen Äußerungen will der Präsident jede Verhandlungslösung des Konflikts ausschließen, den der US-Imperialismus als entscheidenden Bestandteil seines Strebens nach Unterwerfung Russlands und Chinas betrachtet.
Bidens „Egal, wie viele sterben“-Doktrin bedeutet, dass der Krieg eskalieren wird, unzählige weitere Menschen sterben werden und die Welt an den Rand eines nuklearen Flächenbrands gebracht wird. Nichts kann dies aufhalten, außer der Entwicklung einer internationalen Antikriegsbewegung, die sich auf die Arbeiterklasse stützt.