Stoppt die Zensur von Kriegsgegnern und Sozialisten an der RUB!

Am 11. Mai führten die International Youth and Students for Social Equality an der Ruhr-Universität Bochum eine sehr erfolgreiche Veranstaltung gegen den Krieg in der Ukraine durch.

Wir haben – auf Flugblättern, Plakaten und auf der Veranstaltung selbst – den russischen Angriff auf die Ukraine scharf verurteilt. Doch ebenso scharf haben wir die Kriegspolitik der Bundesregierung abgelehnt, die den Ukrainekrieg als Vorwand für die größte Aufrüstung seit Hitler nutzt, den Krieg gezielt weiter anheizt und jede diplomatische Lösung ablehnt. Dafür nimmt sie nicht nur den Tod und die Verstümmelung von hunderttausenden jungen Menschen aus Russland und der Ukraine in Kauf, sondern bringt die Welt auch an den Rand der nuklearen Vernichtung.

Wir sind Gegner der Nato, die im Krieg gegen Russland dieselben geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen verfolgt, wie schon in den verbrecherischen Kriegen gegen Jugoslawien, Irak, Afghanistan und Libyen. Wir haben deutlich gemacht, dass es nur eine Möglichkeit gibt, die Schlächterei in der Ukraine zu beenden: Der Aufbau einer mächtigen Antikriegsbewegung, die die Arbeiterklasse und die Jugend weltweit – einschließlich der Ukraine und Russland – vereint und den Kampf gegen Krieg mit dem Kampf gegen seine Ursache, den Kapitalismus, verbindet.

Die IYSSE sind die einzige Jugendbewegung, deren Mitglieder auf der ganzen Welt – in den USA, Deutschland, Frankreich, England, der Türkei, Russland und der Ukraine – einen gemeinsamen Kampf gegen den Krieg führen. Deshalb werden wir von den Herrschenden auf beiden Seiten der Front gehasst.

Dass wir an der RUB damit nicht nur auf Zustimmung stoßen, haben wir erwartet. Unsere Veranstaltung verfolgte das Ziel, eine ernsthafte Debatte über die Ursachen und die Hintergründe des Kriegs in der Ukraine anzustoßen. Doch einige Kriegsbefürworter wollen das mit allen Mitteln verhindern; sie fordern die Unterdrückung der Meinungsfreiheit, Zensur und Veranstaltungsverbote.

Am Montag brachten Steven S. vom Fachschaftsrat Archäologie und Robin W. von den Grün-Alternativen StudentInnen Bochum (GRAS) einen Antrag in die Fachschaftsvertreterinnenkonferenz (FSVK) der Ruhr-Uni ein, der die Universitätsleitung auffordert, Veranstaltungen der IYSSE an der Hochschule zu verbieten sowie sozialistische und antimilitaristische Positionen vom Campus zu verbannen. Der Antrag soll am kommenden Montag zur Abstimmung gestellt werden. Wir rufen alle Studierenden und alle Leserinnen und Leser auf, bei der FSVK gegen diesen Angriff auf ein demokratisches Grundrecht zu protestieren.

Ruhr-Universität Bochum, Außenansicht [Photo by Sandro Halank / CC BY-SA 4.0]

Der Antrag ist voll von Andeutungen, Beschimpfungen und haltlosen Unterstellungen gegen die IYSSE. Auf den anderthalb DinA4-Seiten findet sich kein einziges Zitat und auch keine anderweitigen Belege aus der Veranstaltung oder unseren umfangreichen Materialien. Am übelsten ist die Verleumdung, wir hätten zu Gewalt aufgerufen.

In Wirklichkeit geht es den Autoren darum, jede Opposition gegen den Krieg vom Campus zu verbannen. Der IYSSE dürfe „keine Plattform“ gegeben werden, ihre Aussagen hätten auf dem Campus der RUB nichts zu suchen und die Universität dürfe ihr „keine Ressourcen bereitstellen“, also keine Räume für Veranstaltungen zur Verfügung stellen. Dieser Aufruf zur Zensur richtet sich offensichtlich nicht nur gegen die IYSSE, sondern gegen alle Kriegsgegner und Sozialisten.

Zur Begründung führen die Autoren an, die IYSSE betreibe „dichotome prorussische Propaganda“. Der einzige Beleg, den sie für diese schamlose Verleumdung vorbringen, ist unsere Verurteilung des Maidan-Putsches vom Februar 2014, der sich erwiesenermaßen auf faschistische Kräfte wie Swoboda und den Rechten Sektor stützte und von der Bundesregierung tatkräftig unterstützt wurde.

Die Autoren setzen auf diese Weise jede Kritik an der Nato und am deutschen Militarismus mit einer Verteidigung des Putin-Regimes gleich. Nach demselben Muster wurden in diesem Land schon in den beiden Weltkriegen Kriegsgegner diffamiert. Auch Karl Liebknecht wurde vorgeworfen, er betreibe die Sache des russischen Zaren, weil er sich gegen das Massenschlachten im Ersten Weltkrieg wandte und erklärte: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“

Die Autoren lassen keinen Zweifel daran, dass es ihnen auch darum geht, sozialistische Positionen zu unterdrücken. Sie behaupten, der Aufruf zu einer revolutionären Massenbewegung gegen den Kapitalismus sei ein Aufruf zur Gewalt, und die Aufforderung an die russischen und ukrainischen Soldaten, sich zu verbrüdern, ein Angriff auf die „Selbstbestimmung der Ukraine“. Die IYSSE sei aufgrund ihrer antimilitaristischen und sozialistischen Haltung eine „Feindin der liberalen Demokratie“. Am schlimmsten finden sie, dass wir uns positiv auf die Oktoberrevolution in Russland und die Novemberrevolution in Deutschland beziehen, die das Massenschlachten des Ersten Weltkriegs beendeten.

Zum letzten Mal wurden diese sozialistischen Positionen zwischen 1933 und 1945 von deutschen Universitäten verbannt. Denn Sozialisten sind keine „Feinde der Demokratie“, sondern konsequente Verteidiger demokratischer Grundrechte. Schon im Kaiserreich hatte die damals noch marxistische Sozialdemokratie mit ihrem revolutionären Programm demokratische Grundrechte erstritten. Die Trotzkisten traten in den 1930er Jahren als einzige für eine Einheitsfront aus SPD und KPD ein, die Hitlers Weg an die Macht hätte stoppen können. In der stalinistischen Sowjetunion und der DDR wurden die Mitglieder unserer Partei, der Vierten Internationale, verfolgt, weil sie für Internationalismus und Arbeiterdemokratie kämpften.

Eine Revolution ist gerade notwendig, um wirkliche Demokratie durchzusetzen. Nur wenn sich die große Mehrheit aktiv ins politische Geschehen einmischt, die Macht der Banken und Konzerne bricht und sie unter demokratische Kontrolle stellt, können die drängenden Probleme der Menschheit gelöst werden. Das zeigen die rasante Entwicklung zu einem Dritten Weltkrieg, das Massenschlachten in der Ukraine und die Stärkung rechtsextremer und faschistischer Parteien in zahlreichen westlichen Ländern besonders deutlich.

Die Diffamierung dieser Perspektive als „Aufruf zur Gewalt“ stammt direkt aus der Mottenkiste des Antikommunismus. Steven S. und Robin W. beleben das jetzt wieder, um jede Kritik an der deutschen Kriegspolitik zu unterdrücken.

Es geht dabei nicht einfach um ein stümperhaftes Traktat dieser beiden Individuen oder um den möglichen Beschluss eines untergeordneten studentischen Gremiums. Die Forderung nach einem Verbot von Antikriegsveranstaltungen an der Universität und die Unterdrückung einer offiziellen Studierendengruppe ist Teil einer breiten Offensive, die Universitäten wieder in Zentren des Militarismus zu verwandeln.

An der Humboldt-Universität Berlin kämpft unsere IYSSE-Gruppe seit Jahren gegen die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen und die Rehabilitierung des deutschen Militarismus durch Professoren wie Jörg Baberowski und Herfried Münkler. Wir lassen nicht zu, dass die Universitäten wieder für die ideologische und technische Vorbereitung von Kriegen missbraucht werden, wie vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Die Universitätsleitung hat an der HU vergeblich versucht, uns Räume zu verweigern und unsere Arbeit im Studierendenparlament zu unterdrücken.

Auch an der RUB arbeiten Professoren an der ideologischen Rechtfertigung von Aufrüstung und Krieg. So hetzt Professor Jörg Schimmelpfennig, der den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre innehat, gegen „den Traum einer regelbasierten Weltordnung“ und plädiert stattdessen für die massive Aufrüstung der Bundeswehr. Frieden, so der Professor, könne nur militärisch durchgesetzt werden.

Eine FSVK, die den Anspruch hat, die Studierenden der Fachschaften zu vertreten, sollte solchen militaristischen Positionen entgegentreten und studentische Kritik daran verteidigen, anstatt die Universitätsleitung darin zu unterstützen, gegen kritische Studierende vorzugehen. Deshalb rufen wir alle Studierenden und alle Leserinnen und Leser auf, bei der FSVK gegen einen möglichen Beschluss dieses Antrags zu protestieren. Sendet eine Mail an fsvk@lists.ruhr-uni-bochum.de und eine Kopie an iysse@gleichheit.de

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