Diesen Artikel erhielt die World Socialist Web Site von Maxim Goldarb, dem Vorsitzenden der ukrainischen Partei Union Linker Kräfte (Für einen neuen Sozialismus), die von der Selenskyj-Regierung verboten wurde. Die WSWS verurteilt unmissverständlich die Verfolgung linker und oppositioneller Tendenzen durch das von der Nato unterstützte Selenskyj-Regime in der Ukraine. Wir rufen unsere Leser auf, die Informationen über die staatliche Unterdrückung von Opposition gegen den Krieg in der Ukraine so weit wie möglich zu verbreiten.
Lange Zeit hieß es über die Ukraine, sie sei das freieste Land unter den früheren Sowjetrepubliken. Die Medien, die die Nato unterstützen, stellen sie sogar als Bollwerk der Demokratie dar. Doch das ist eine Lüge. Das rechte Oligarchenregime, das nach dem vom Westen unterstützten Putsch im Februar 2014 an die Macht kam, hat seine Gegner brutal und mit terroristischen Methoden verfolgt.
Das tragischste Beispiel dafür, wie das Regime in Kiew seine ideologischen Gegner nicht nur verfolgt, sondern auch ermordet, ereignete sich am 2. Mai 2014 in Odessa. Damals haben rechtsextreme Nationalisten Antifaschisten im Gewerkschaftshaus der Stadt eingesperrt und es angezündet; die Behörden wussten davon und unterstützten offen die Angreifer. Um aus dem brennenden Gebäude zu entkommen, sprangen viele aus den Fenstern in den Tod. Einige der Überlebenden wurden dann außerhalb des Gebäudes von Neonazis ermordet. Insgesamt wurden mehr als 40 Menschen getötet, darunter Wadim Papura, Mitglied der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol, und Andrei Braschewski von der linken Organisation Borotba.
Bisher wurde niemand für dieses Verbrechen bestraft, obwohl die Verantwortlichen auf vielen Fotos und Videos zu sehen sind. Einer der Organisatoren dieses Massakers wurde später Sprecher des ukrainischen Parlaments, ein anderer wurde Abgeordneter auf den Wahllisten der Partei des ehemaligen Präsidenten Petro Poroschenko.
Auch die Mörder mehrerer bekannter Oppositionspolitiker und Journalisten, die seit 2014 starben, wurden nie bestraft. Zu ihren Opfern gehören die ehemalige Abgeordnete der Sozialistischen Partei der Ukraine, Walentina Semenjuk-Samsonenko (ihre Ermordung am 27. August 2014 wurde als Selbstmord inszeniert), der ehemalige Abgeordnete und Organisator von Aktionen der Opposition, Oleg Kalaschnikow (ermordet am 15. April 2015), und der bekannte Schriftsteller und antifaschistische Verleger Oles Busina (ermordet am 16. April 2015) und viele andere.
Die Kommunistische Partei der Ukraine, eine der größten Parteien des Landes, wurde 2015 verboten.
Weitere oppositionelle Politiker, Journalisten und Aktivisten, von denen viele links orientiert sind, wurden in den letzten Jahren wegen fingierter Hochverratsvorwürfe und anderer offensichtlich politischer Anschuldigungen verprügelt, verhaftet und eingesperrt. Beispiele dafür sind die Journalisten Wasili Murawitzki, Dmitri Wasiletz und Pawel Wolkow sowie der Menschenrechtsaktivist Ruslan Kotzaba und andere. Es ist bezeichnend, dass sogar vor jenen Gerichten, die unter großem Druck der Machthaber stehen, die Vorwürfe des „Hochverrats“ meist schnell in sich zusammenfielen und sich als völlig haltlos erwiesen.
Die Situation hat sich mit jedem Jahr weiter verschlechtert, vor allem seit Wolodymyr Selenskyj Präsident der Ukraine wurde. Der formelle Grund für die völlige Abschaffung der noch verbliebenen bürgerlichen Freiheiten und den Beginn offener politischer Unterdrückung war der militärische Konflikt in der Ukraine, der im Februar 2022 begann.
Alle Oppositionsparteien in der Ukraine, die meisten davon linke Parteien, einschließlich der von mir geführten Union Linker Kräfte (Für einen neuen Sozialismus), wurden wegen fingierter und immer gleicher Vorwürfe, sie seien „pro-russisch“, verboten.
Der ukrainische Sicherheitsdienst (SBU) hat zudem zahlreiche Meinungsmacher und Journalisten verhaftet, die vor dem Krieg gegenüber den Medien die Regierung kritisiert hatten. Allen wurde die Verbreitung pro-russischer Positionen, Hochverrat, Spionage, Propaganda etc. vorgeworfen.
- Im Februar und März 2022 wurden mehrere bekannte Blogger und Journalisten wegen Hochverrats verhaftet und in Untersuchungsgefängnisse gesperrt, darunter Dmitri Dschangirow (ein Unterstützer linker Ansichten, der mit unserer Partei zusammenarbeitete), Jan Taksjur (Unterstützer linker Ansichten), Dmitri Marunitsch, Michail Pogrebinski, Juri Tkatschew und andere. Der Grund für ihre Verhaftung war kein vorübergehender Verrat, sondern die Angst der Behörden vor der öffentlichen politischen Position der Verhafteten, die nicht mit der offiziellen Linie der Regierung übereinstimmte.
- Im März 2022 verschwand der für seine politischen Aktivitäten bekannte Historiker Alexander Karewin spurlos, nachdem er von SBU-Beamten zu Hause aufgesucht worden war. Karewin hatte das Vorgehen der ukrainischen Behörden in den Bereichen Geisteswissenschaften, Sprachpolitik und dem historischen Gedenken wiederholt scharf kritisiert.
- Im März 2022 wurde die Anwältin und Menschenrechtsaktivisten Olena Bereschnaja, die für ihre antifaschistischen Positionen allgemein bekannt war, in Kiew verhaftet und wegen des Verdachts auf Verstoß gegen Artikel 111 des Strafgesetzbuchs, d.h. wegen Landesverrats, in ein Untersuchungshaftzentrum gesperrt. Nur wenige Monate zuvor, im Dezember 2021, hatte sie vor dem UN-Sicherheitsrat über die Gesetzlosigkeit in der Ukraine gesprochen.
- Am 3. März 2022 wurden die Brüder Alexander und Michail Kononowitsch, linke Aktivisten und Antifaschisten, in Kiew vom SBU wegen Verstoß gegen Artikel 109 des Strafgesetzbuchs („Handlungen, die darauf abzielen, die verfassungsmäßige Ordnung gewaltsam zu ändern oder die Staatsmacht zu ergreifen“) verhaftet und bis Ende 2022 in ein Untersuchungsgefängnis gesperrt. Dort wurden sie verprügelt, gefoltert, und es wurde ihnen zeitnahe medizinische Versorgung verwehrt.
- Im Mai 2022 wurde Michail Tzarew, der Bruder des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Oleg Tzarew, vom SBU wegen des Vorwurfs verhaftet, er hätte „die soziopolitische Lage in der Region destabilisiert“. Im Dezember 2022 wurde er schuldig gesprochen und wegen Terrorismus zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.
- Am 7. März 2022 verschwanden sechs Aktivisten der oppositionellen Organisation „Patrioten für das Leben“ in Sewerodonezk spurlos. Im Mai 2022 veröffentlichte Maxim Schorin, einer der Führer des neonazistischen Asow-Bataillons, ein Foto ihrer Leichen im Internet und behauptete, sie seien „hingerichtet worden“. Ihre Ermordung habe mit ihren politischen Ansichten zu tun und sei von paramilitärischen Strukturen durchgeführt worden.
- Am 12. Januar 2023 wurde der halbblinde, behinderte und psychisch kranke Sergei Titow aus Belaja Tzerkow als angeblicher „Saboteur“ verhaftet und in ein Untersuchungsgefängnis gebracht. Am 2. März wurde bekanntgegeben, dass er dort gestorben ist.
- Im Februar 2023 wurde der orthodoxe Publizist und Blogger Dmitri Skwortzow in einem Kloster in der Nähe von Kiew verhaftet und in eine Untersuchungshaftanstalt gebracht.
- Dmitri Schymko aus Chmelnytzki sitzt seit November 2022 wegen seiner politischen Ansichten im Gefängnis.
- In der heutigen Ukraine wurden bereits Hunderte von einfachen Bürgern strafrechtlich verfolgt, weil sie im Internet politische Inhalte verbreitet haben, die von den Behörden als verboten eingestuft werden.
Die Behörden haben den Informationsraum der Ukraine, einschließlich des Internets, einer strengen Kontrolle unterworfen. Jede persönliche Veröffentlichung von Bürgern über Fehler an der Front, Korruption bei den Behörden und dem Militär oder die Lügen der Regierungsvertreter wurden zu Verbrechen erklärt. Einzelpersonen, Blogger und Administratoren von Telegram-Kanälen werden von der Polizei und dem Sicherheitsdienst schikaniert.
Laut dem SBU wurden bis Frühjahr dieses Jahres 26 Telegram-Kanäle gesperrt, auf denen sich Menschen gegenseitig darüber informierten, wo Einberufungen verteilt wurden. Sechs Administratoren von Telegram-Kanälen wurden Durchsuchungen unterzogen und wegen Straftaten angeklagt. So wurden öffentliche Seiten in den Regionen Iwano-Frankiwsk, Tscherkassi, Winnitza, Tscherniwtzi, Kiew, Lwiw und Odessa gesperrt, die mehr als 400.000 Abonnenten hatten. Den Administratoren dieser Kanäle drohen zehn Jahre Gefängnis.
Im März 2022 wurde Artikel 436-2 („Die Rechtfertigung, die Anerkennung als gerechtfertigt oder Leugnung der bewaffneten Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine und Verherrlichung der Beteiligten“) in das Strafgesetzbuch der Ukraine aufgenommen. In Wirklichkeit richtet sich das Gesetz gegen alle Staatsbürger der Ukraine, deren Ansichten sich von der offiziellen Linie der Regierung unterscheiden.
Dieses neue Gesetz ist so formuliert, dass es im Wesentlichen eine Bestrafung von „Gedankenverbrechen“ vorsieht – also von Worten oder Sätzen, die öffentlich oder in privaten Unterhaltungen gefallen sind, in einer privaten Botschaft oder SMS geschrieben oder am Telefon geäußert wurden. Wir haben es hier mit einem Eingriff in die Privatsphäre und die Gedanken der Bürger zu tun. Die Praxis der Strafverfolgungsbehörden hat das bestätigt: Es gab Verurteilungen wegen Likes, privater Telefonate und vieles mehr. Bis März 2023 gab es laut Gerichtsakten 380 Verurteilungen, einschließlich Haftstrafen, für einfache Unterhaltungen auf der Straße oder Likes unter Posts im Internet.
So wurde im Juni 2022 ein Einwohner von Mariupol in Dnipro zu fünf Jahren Gefängnis mit zwei Jahren Bewährung verurteilt. Er hatte im März 2022 behauptet, ukrainische Soldaten hätten die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur in Mariupol beschossen.
Ein Einwohner von Odessa wurde wegen eines Telefonats im März 2023 wegen „unpatriotischer und staatsfeindlicher“ Gespräche auf einem Mobiltelefon zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.
Im Juni 2022 wurde eine Einwohnerin des Dorfs Mali Bobrik in der Region Sumy gemäß Abschnitt 1 des Artikels 436-2 des Strafgesetzbuches schuldig gesprochen und zu sechs Monaten Haft verurteilt, weil sie im April 2022 in der Nähe ihres Hofes und im Beisein von drei weiteren Personen Zustimmung zu dem Vorgehen der russischen Behörden in der Ukraine geäußert und sich später geweigert hatte, ihre „Schuld“ zuzugeben.
Mindestens 25 Ukrainer wurden wegen „anti-ukrainischer Aktivitäten“ in den sozialen Medien schuldig gesprochen. Neunzehn Personen wurden von Strafverfolgungsbeamten in Odnoklassiki aufgespürt und festgehalten. Laut der Untersuchung hatten diese Einwohner der Ukraine „Z“-Symbole und russische Flaggen auf ihren Seiten gezeigt und den Überfall als „Befreiung“ bezeichnet.
Auch gegen Personen, die solche Publikationen nicht verbreitet, sondern nur „geliket“ (d.h. in den sozialen Medien ihre Zustimmung geäußert) hatten, wurden Strafen verhängt. In den Abschriften von mindestens zwei Urteilen heißt es, die so genannten „Likes“ zielten darauf ab, „die Idee, die Grenzen des Territoriums der Ukraine zu ändern, einem breiteren Publikum bekannt zu machen“ und „die bewaffnete Aggression der Russischen Föderation zu rechtfertigen“. Die Ermittler rechtfertigten die Strafverfolgung damit, dass persönliche Seiten offen zugänglich und gelikte Publikationen von vielen Menschen gesehen werden können.
So wurde beispielsweise im Mai 2022 in Uman ein Rentner zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt, weil er sich „im Internetnetzwerk Odnoklassniki... gegen die derzeitigen ukrainischen Behörden geäußert [und] Likes an mehrere Publikationen verteilt hatte, die die bewaffnete Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine rechtfertigen“.
In Krementschug wurde im Mai 2022 ein ukrainischer Staatsbürger nach Artikel 436-2 des Strafgesetzbuchs verurteilt. Er hatte sich unter einem Pseudonym auf der Social-Media-Plattform Odnoklassniki über Nazis in der Ukraine und die vom Pentagon finanzierte Entwicklung von Biowaffen geäußert.
Das repressive Vorgehen der derzeitigen Regierung gegen ihre Gegner hat die Ukraine zum repressivsten Staat Europas gemacht. Jeder, der es wagt, sich gegen die Behörden, die Oligarchie, den Nationalismus und Neonazismus zu äußern, riskiert seine Freiheit und oft sogar sein Leben.
Wir bitten euch darum, diese Information so weit wie möglich zu verbreiten, da in der gegenwärtigen Situation nur eine große internationale Verbreitung der in diesem Artikel genannten Tatsachen helfen kann, Tausende von Menschen zu retten, deren Freiheit und Leben in der Ukraine jetzt ernsthaft gefährdet sind.