Der gemeinsame Streik bei der Bahn und im öffentlichen Dienst hat die Entschlossenheit und die enorme Kampfkraft der Arbeiter gezeigt. Ohne die Beschäftigten des öffentlichen Nahverkehrs, der Stadtreinigung, der Kitas und der Krankenhäuser steht das Land still. Doch um ihre Kampfkraft zu entfalten, müssen Arbeiter den grundlegenden Charakter der Auseinandersetzung verstehen.
Im Öffentlichen Dienst und den großen, teilstaatlichen Konzernen Post und Bahn sind die Arbeitsbedingungen nach Jahren der Kürzungen und Rationalisierungen schier unerträglich. Gleichzeitig sind die Reallöhne gesunken. Zusteller ruinieren in Mammuttouren ihre Gesundheit, um mit wenig mehr als dem Mindestlohn nach Hause zu kommen. Bahnarbeiter werden durch ein unmenschliches Schichtsystem zermürbt und übernehmen immer mehr Aufgaben.
Die Pflegerinnen und Pfleger in den Krankenhäusern mussten in den letzten drei Jahren in kaputtgesparten Kliniken die ganze Last der Pandemie und der „Profite vor Leben“-Politik schultern. Viele haben sie mit dem Leben bezahlt. Die privatwirtschaftliche Organisation der Kliniken und die Hyper-Ausbeutung der Beschäftigten hat schon jetzt dazu geführt, dass mindestens 200.000 Pflegekräfte fehlen. Den Mangel müssen die verbliebenen Kollegen ausgleichen.
Jetzt wollen die Regierungen in Bund und Kommunen und die Konzernspitzen weitere heftige Lohnkürzungen durchsetzen. Während die reale Inflation für Arbeiter weit über den offiziellen zehn Prozent liegt, wollen sie den Beschäftigten in diesem Jahr Nullrunden verordnen und die Löhne im nächsten Jahr nur minimal anheben. Bei den Krankenhäusern sieht das Angebot der Arbeitgeber sogar mögliche Nominallohnkürzungen vor. Bei anhaltender Inflation würde das der Halbierung der Löhne gleichkommen.
Die Regierung finanziert mit diesen Einsparungen direkt die größte Aufrüstung seit Hitler und den wahnsinnigen Stellvertreterkrieg in der Ukraine gegen die Atommacht Russland. Dabei geht es nicht um Frieden und Freiheit, wie Medien und Politik unaufhörlich behaupten, sondern, wie vor 80 Jahren, um die geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen des deutschen Kapitals. Diesen Zielen wird jeder Bereich des gesellschaftlichen Lebens untergeordnet.
Zuletzt kam ein geheimes Schreiben der Regierung an den Haushaltsausschuss an die Öffentlichkeit, das – hinter dem Rücken der Bevölkerung – die Verfünffachung der Waffenlieferungen an die Ukraine auf 15 Milliarden Euro ankündigt. Zum Vergleich: selbst wenn die offizielle Verdi-Forderung voll umgesetzt würde, kostete das den Bund nicht einmal eine halbe Milliarde Euro. Dabei sind die 15 Milliarden, die unmittelbar in den Krieg gegen Russland fließen, nur ein kleiner Teil der horrenden Rüstungsausgaben.
Noch mehr Geld wird mobilisiert, um die Profite der Banken und Konzerne zu retten. Während Schulen bis heute nicht flächendeckend mit simplen Luftfiltern ausgestattet sind, wurden den Banken und Konzernen während der Pandemie dutzende Milliarden in den Rachen geworfen. Die Absicherung der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS-Bank in der Schweiz mit über 100 Milliarden Euro Steuergeldern gibt einen Vorgeschmack auf den Milliardentransfer, mit dem auch die deutsche Regierung auf die sich anbahnende Bankenkrise reagieren wird. Dafür sollen die öffentlich Beschäftigten und mit ihnen die gesamte öffentliche Daseinsvorsorge ausgeplündert werden.
Wie in den 1930er Jahren führt die kapitalistische Krise wieder zu extremer sozialer Ungleichheit, zu nackter Ausbeutung und zu Krieg. Neben den Angriffen auf die Daseinsvorsorge werden auch die Löhne in der Privatwirtschaft dezimiert. In zahllosen Betrieben finden Massenentlassungen statt. Der Kapitalismus ist ein völlig dysfunktionales Gesellschaftssystem, in dem alles dem Profit untergeordnet wird und die Leben der Arbeiter nichts wert sind. Das zeigt sich in der Bankenkrise ebenso wie in der Pandemie und in der wahnsinnigen Kriegspolitik.
Deshalb entwickeln sich europaweit und international heftige Klassenkämpfe. Arbeiter sind in den verschiedenen Ländern nicht einfach mit ähnlichen Problemen konfrontiert, sie führen denselben Kampf. In Frankreich streiken Millionen Arbeiter gegen Macrons Rentenkürzungen, in Großbritannien wehren sich Hunderttausende gegen die Beschneidung des Streikrechts und gegen Lohnkürzungen. Auch in Portugal, Spanien, Belgien und vielen anderen Ländern toben heftige Klassenschlachten.
Was Rosa Luxemburg 1905 in Hinblick auf die russische Revolution erklärte, gilt heute auch für Frankreich: Arbeiter in Deutschland müssen die Ereignisse dort als „ihre eigene Angelegenheit“ und „ein Kapitel der eigenen sozialen und politischen Geschichte“ verstehen.
Der französische Staat lässt seine demokratischen Hüllen fallen und zeigt sich als nackte Diktatur des Kapitals. Macron übergeht das Parlament und bedient sich der Polizei, um Rentenkürzungen durchzusetzen, die von einer überwältigenden Mehrheit abgelehnt werden. Wer dagegen protestiert, wird mit Knüppeln und Tränengas traktiert. Ähnliches geschieht in Israel, wo Netanyahu und seine rechtsextreme Regierung gegen massiven Widerstand eine Diktatur errichten.
In Deutschland sind die Verhältnisse nicht anders, es entwickeln sich dieselben explosiven Klassengegensätze. Auch die Ampelkoalition ist entschlossen, den verhassten Militarismus und die Senkung von Löhnen und Sozialleistungen mit aller Gewalt durchzusetzen.
Sie wird dabei von allen im Bundestag vertretenen Parteien und den Medien unterstützt. Auch die Linkspartei kürzt überall, wo sie an der Regierung beteiligt ist, aggressiv die Gelder für Löhne, Daseinsvorsorge und Soziales. Arbeiter sind mit einer Front aus Unternehmen, Parteien und Gewerkschaften konfrontiert und können sich gegen ihre Angriffe nur zur Wehr setzen, wenn sie sich unabhängig organisieren und einen Kampf gegen die Regierung aufnehmen.
Die Gewerkschaften versuchen dies mit allen Mitteln zu verhindern. Sie sind längst keine Arbeiterorganisationen mehr. Sie sind aufs Engste mit Regierung und Unternehmen verbunden und dienen ihnen als Betriebspolizei. Bei der Post hat Verdi die Streikentscheidung von 86 Prozent der Mitglieder kurzerhand für nichtig erklärt und mit der Konzernspitze die Senkung der Reallöhne vereinbart. Im öffentlichen Dienst arbeitet sie an einem ähnlichen Abschluss. Rufen die Gewerkschaften zum Streik auf, tun sie das nur, um Druck abzulassen. Sie setzen alles daran, die Kämpfe nach Branchen, Ländern und sogar Regionen zu spalten, weil sie den Kapitalismus und die Kriegspolitik vorbehaltlos unterstützen.
Die Sozialistische Gleichheitspartei ruft die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes deshalb auf, Aktionskomitees zu bilden, die unabhängig von den Gewerkschaften sind, den Streik selbst in die Hand nehmen und sich mit Arbeitern anderer Betriebe in ganz Europa und international vernetzen. Solche Aktionskomitees müssen einen wirklichen Kampf organisieren und zur Gegenmacht zu den Institutionen des kapitalistischen Staats aufgebaut werden.
Die SGP und ihre Schwesterorganisationen in der Vierten Internationale haben die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) ins Leben gerufen, um die Arbeiter in einem gemeinsamen, weltweiten Kampf zu vereinen und zu verhindern, dass sie national gespalten und gegeneinander ausgespielt werden, wie es die Gewerkschaften und die kapitalistischen Regierungen tun.
Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes müssen die Auseinandersetzung mit der Regierung als das verstehen, was sie ihrem Wesen nach ist: Teil einer europäischen und internationalen Bewegung der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus und die Kriegspolitik. Denn kein gesellschaftliches Problem kann gelöst werden und die Löhne können nicht verteidigt werden, ohne die Macht der Banken und Konzerne zu brechen und sie unter demokratische Kontrolle zu stellen. Der Kampf gegen die Lohnkürzungen muss direkt mit dem Kampf gegen Krieg verbunden werden.
Für eine solche sozialistische Perspektive kämpfen die SGP und ihre Schwesterparteien der Vierten Internationale auf der ganzen Welt. Registriert Euch jetzt für den Aufbau von Aktionskomitees und werdet Mitglied der SGP. Schreibt eine Whatsapp-Nachricht an +4915734683047 um mit uns in Kontakt zu treten.