Dies ist der Beitrag von Evrim Yazgin zur Kundgebung vom 10. Dezember 2022 „Für eine Massenbewegung von Jugendlichen und Studierenden gegen den Krieg in der Ukraine“, die von den International Youth and Students for Social Equality organisiert wurde.
Yazgin ist führendes Mitglied der IYSSE in Australien. Weitere Informationen, wie ihr bei den IYSSE mitmachen könnt, findet ihr unter iysse.de.
Während der Militarismus seinen Schatten über den Planeten legt, entwickelt sich der asiatisch-pazifische Raum immer mehr zu einem Zentrum der Kriegsplanung.
Im Jahr 1957 schrieb der bekannte Schriftsteller Nevil Shute den Science-Fiction-Roman Das letzte Ufer. Die Verfilmung des Buches stammt aus dem Jahr 1959 und spielt hier in Melbourne.
Das Buch handelt von einem katastrophalen Atomkrieg in der nördlichen Hemisphäre. Mit Ausnahme von Australien wurde die menschliche Zivilisation weltweit ausgelöscht. Doch durch die Strahlung des radioaktiven Niederschlags kommen in wenigen Monaten auch die letzten Überlebenden zu Tode.
Das letzte Ufer übte enormen Einfluss aus und verdeutlichte, dass niemand den Folgen eines Atomkriegs entgehen würde. Für heute gilt das umso mehr.
In dem nun drohenden Krieg wird Australien nicht irgendeine weit entfernte, unbeteiligte Partei sein. Australien und auch Neuseeland wurden, hinter dem Rücken ihrer Bevölkerungen, an die vorderste Front der US-geführten Kriegspläne gestellt.
Die USA und ihre Verbündeten befinden sich bereits jetzt in einem imperialistischen Krieg gegen Russland. Doch der Konflikt in der Ukraine ist nur das Vorspiel für eine weitaus umfassendere und noch tödlichere Konfrontation mit China, das für den amerikanischen Imperialismus als die größte Bedrohung seiner globalen Hegemonie gilt.
Die Pläne der USA für einen Krieg gegen China wurden durch die strategische Ausrichtung der Obama-Regierung auf Asien („Pivot to Asia“) qualitativ vorangetrieben und unter Präsident Trump weiter beschleunigt. Nun erreichen die Spannungen mit China unter Biden einen fieberhaften Höhepunkt. Ungeachtet der Bedrohung für die Menschheit treibt Washington seine Pläne mit dem Ziel voran, die Atommächte Russland und China in Halbkolonien zu verwandeln. Selbst ein Atomkrieg wird dafür in Kauf genommen.
Die Politik der gesamten Region ist zunehmend von Militarismus und Krieg beherrscht. Imperialistische Bündnisse wie „Quad“, AUKUS und „Five Eyes“ wurden ins Leben gerufen, um ein US-amerikanisch dominiertes Netz wirtschaftlicher, geheimdienstlicher und militärischer Macht um China zu spannen. Sämtliche Regierungen oder politische Führungspersönlichkeiten, die sich dem US-Imperialismus in den Weg stellen oder es wagen, Gespräche mit China aufzunehmen, werden bedroht, eingeschüchtert und aus dem Amt entfernt.
Die zentrale Rolle Australiens in dem von den USA angeführten Kriegstreiben gegen China wurde gleichermaßen von der Liberal-Nationalen Koalition und der Labor-Partei vorbereitet. Dabei folgt der australische Imperialismus den Kriegsplänen der USA nicht blindlings, sondern nimmt in der Konfrontation mit China die Rolle des aggressivsten Kampfhundes ein. Zum Teil stehen dahinter die eigenen räuberischen Interessen Australiens im südpazifischen Raum, den es seit mehr als hundert Jahren unterdrückt und ausbeutet.
Als Obama 2011 im australischen Parlament den „Pivot to Asia“ verkündete, unterstrich er damit die zentrale Bedeutung des Landes für die Kriegspläne der USA. Die von den australischen Grünen unterstützte Labor-Regierung der damaligen Premierministerin Julia Gillard unterzeichnete ein geheimes Militärabkommen, das eine zunehmende Eingliederung der australischen Streitkräfte in die Kriegsmaschinerie der USA vorsieht.
Diese Entwicklung wurde in den letzten zehn Jahren von jeder Regierung vertieft und wird nun unter der Labor-Regierung von Anthony Albanese weiter vorangetrieben. Seine erste Amtshandlung als Premierminister bestand darin, im Mai zum Quad-Gipfel nach Japan zu reisen. Seine Regierung gab außerdem Pläne bekannt, US-Atombomber des Typs B-52 in Australien stationieren zu wollen.
Australien strebt den Erwerb einer nuklear angetriebenen U-Boot-Flotte sowie Hyperschallraketen und weiterer Offensivwaffen an, die in einem Krieg im Indopazifik eine Schlüsselrolle spielen würden.
Wie in zahlreichen anderen Ländern, stecken die australische und die neuseeländische Regierung Hunderte Milliarden ins Militär und behaupten gleichzeitig, dass für Bildung, Gesundheit und andere wichtige Sozialleistungen kein Geld vorhanden sei.
Der Krieg außerhalb der Landesgrenzen geht einher mit dem Krieg gegen die Arbeiterklasse im eigenen Land. Das wurde durch die Corona-Pandemie mehr als deutlich.
Noch 2020 und 2021 wurden die australische und die neuseeländische Regierung für ihre Erfolge bei der Eindämmung des Virus gepriesen. Zum Ende des vergangenen Jahres übernahmen auch sie die Politik der Durchseuchung.
Diese von Profitinteressen getriebene Politik hat zu einer monumentalen Gesundheitskrise geführt.
Nahezu 90 Prozent der über 16.000 Todesfälle in Australien durch das Coronavirus traten seit Beginn dieses Jahres auf. In Neuseeland gilt dies für fast 98 Prozent der Todesfälle.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Gleichzeitig leiden tausende Menschen unter Long Covid und den damit einhergehenden schwerwiegenden Folgeerkrankungen.
Unter Jugendlichen und Arbeitern stößt das Programm aus Krieg, Sparmaßnahmen und Elend auf massiven Widerstand.
Die australische herrschende Elite versucht, diese Opposition durch Angriffe auf demokratische Rechte zu unterdrücken. Besonders deutlich wird dies durch die Bemühungen, die IYSSE an den Universitäten zum Schweigen zu bringen.
An zwei verschiedenen Universitäten in zwei australischen Bundesstaaten haben Studierendenausschüsse – unterstützt von den konzernfreundlichen Universitätsleitungen – technische Fragen zum Anlass genommen, um die IYSSE vom Campus zu verbannen.
Das ist kein Zufall. Universitäten verwandeln sich in Zentren des Militarismus und des Krieges. Jede größere Universität in Australien hat Verbindungen zum Militär und zu Waffenproduzenten aufgebaut, um die Kriegsvorbereitungen zu unterstützen. Viele von ihnen beherbergen Denkfabriken, die Kriege befürworten und ausschließlich dazu dienen, imperialistische Propaganda zu verbreiten.
Im Stile der McCarthy-Hetzjagden hat sich Australien gleichzeitig an die Spitze einer Kampagne gegen angebliche „chinesische Einmischung“ gestellt, ohne jemals einen Beweis für diese zu liefern. Doch jede Regierung und die Medien nutzen die Vorwürfe für schmutzige Angriffe auf chinesische Studierende, Australier chinesischer Abstammung sowie auf alle, die die Kriegspläne in Frage stellen.
Die IYSSE lehnen diese reaktionäre Kampagne und die Kriegsziele, die damit legitimiert werden sollen, vehement ab.
Wir erklären unmissverständlich, dass Arbeiter und junge Menschen aus China nicht unsere Feinde sind. Sie gehören vielmehr zu den wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen eine nukleare Katastrophe.
Die IYSSE rufen Studierende und Jugendliche in Australien, China und im gesamten asiatisch-pazifischen Raum dazu auf, mit uns Kontakt aufzunehmen und am Kampf gegen Militarismus und Krieg und für den Sozialismus teilzunehmen.
Gemeinsam müssen wir eine internationale Antikriegsbewegung aufbauen, die sich auf die Arbeiterklasse stützt und für die Abschaffung des Kapitalismus kämpft. Nur so kann die Katastrophe, die dieses System bereithält, verhindert und eine Zukunft für die gesamte Menschheit sichergestellt werden.