Ampelkoalition beschließt Kriegs- und Austeritätshaushalt

Der am Freitag im Bundestag verabschiedete Haushalt für das Jahr 2023 ist eine Kriegserklärung an die Bevölkerung. Im Zentrum des von der Ampelkoalition beschlossenen Budgets stehen eine massive Steigerung der Militärausgaben und extreme Kürzungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Soziales.

Bereits im Juni hat der Bundestag das „Sondervermögen Bundeswehr“ in Höhe von über 100 Milliarden Euro verabschiedet und damit die größte Aufrüstungsoffensive seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf den Weg gebracht. Nun spiegeln sich die weitreichenden Konsequenzen dieser Politik, die bereits mit der außenpolitischen Wende 2013/14 eingeleitet wurde, im Haushalt wider.

Die einzigen Ausgaben, die massiv ansteigen, sind die Militärausgaben. Insgesamt werden für das Jahr 2023 58,6 Milliarden Euro veranschlagt – das ist ein Plus von 8,2 Milliarden im Vergleich zum letzten Jahr. 8,5 Milliarden kommen dabei aus dem Sondervermögen, das offiziell nicht Bestandteil des Einzelplans des Verteidigungsministeriums ist. Mit dem zusätzlichen Geld wird u.a. die Anschaffung von Kampfflugzeugen vom Typ F35, schweren Transporthubschraubern CH-47, Schützenpanzern vom Typ Puma, vier Fregatten 126 sowie persönlicher Schutzausrüstung für Soldatinnen und Soldaten finanziert.

In den nächsten Jahren soll der Verteidigungshaushalt dann noch stärker zunehmen. Sie sei „sehr dankbar“, dass sie „von verschiedener Seite heute hier gehört habe, dass dieser Haushalt in Zukunft aufwachsen muss“, erklärte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) im Bundestag. Die aktuellen Steigerungen ermöglichten es gerade einmal so, „über die Runden zu kommen“, ergänzte sie zynisch.

Um welche Summen es geht, machte Karsten Klein, der für die FDP im Gremium „Sondervermögen Bundeswehr“ sitzt, klar. „300 Milliarden Euro stellt dieser Deutsche Bundestag, stellen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler der Bundesregierung dem Bundesverteidigungsministerium zur Verfügung für die Ausrüstung und Ausstattung unserer Bundeswehr, für die Soldatinnen und Soldaten. 300 Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode!“

Umgerechnet auf die Jahresetats bedeutet dies, dass 2024, 2025 und 2026 durchschnittlich 80,5 Milliarden Euro ins Militär fließen werden. Und auch das ist nur der Anfang. Die herrschende Klasse verfolgt das erklärte Ziel, Deutschland wieder zur „militärischen Führungsmacht“ (Lambrecht) und die Bundeswehr „zur am besten ausgestatteten Streitkraft in Europa“ (Bundeskanzler Olaf Scholz) zu machen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei seiner Rede in der Generaldebatte im Bundestag am 23. November 2022 [AP Photo/Markus Schreiber]

In seinem Redebeitrag in der Generaldebatte am Mittwoch gab Scholz einen Einblick in die wahnwitzigen Aufrüstungspläne. Das „Sondervermögen“ werde Deutschland „in die Lage versetzen, einen geordneten, einen vernünftigen Pfadwechsel zu organisieren. Wir werden und wollen 2 Prozent der Wirtschaftsleistung für die Bundeswehr ausgeben“, erklärte er.

Die herrschende Klasse arbeitet daran, die Wirtschaft auf Rüstung umzustellen, um den beschlossenen Kriegskurs – der sich aktuell vor allem gegen Russland richtet – umzusetzen. Man müsse dafür sorgen, „dass die Fabriken und die Maschinen angeschafft werden für die Dinge, die neu geschaffen werden“, erklärte Scholz. Dabei gehe es darum, „dass die Bundeswehr so ausgestattet wird, dass das über Jahrzehnte funktioniert. Das ist mit dem Sondervermögen verbunden: ein langfristiger Plan.“

Die „langfristige“ Aufrüstung geht mit historischen Angriffen auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse einher. Während die Energiepreise infolge der Nato-Offensive gegen Russland explodieren und die höchste Inflationsrate seit Jahrzehnten bereits jetzt Millionen in die Armut treibt, werden die Kriegskosten vollständig auf die Bevölkerung abgewälzt. Inflationsbereinigt handelt es sich um die größten Kürzungen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Nominell sinkt der Gesamthaushalt gegenüber dem letzten Jahr von 495,79 Milliarden Euro auf 476,29 Milliarden Euro und damit um erneut um fast 20 Milliarden. 2021 hatte er sich noch auf 556,6 Milliarden belaufen. Die geplante Neuverschuldung beträgt im nächsten Jahr nur noch 45,61 Milliarden im Vergleich zu 138,9 Milliarden 2022.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) brüstete sich im Bundestag mit der Einhaltung der Schuldenbremse und stellte für die Zukunft noch heftigere Kürzungen in Aussicht. Mit dem aktuellen Kürzungshaushalt habe man „die haushaltspolitische Normalität noch nicht erreicht“, und es sei „der Anspruch dieser Koalition, schnellstmöglich zum Prinzip zurückzukehren, dass nur das verteilt werden kann, was zuvor erwirtschaftet worden ist“. Für 2024 soll der Haushalt bei einer Nettokreditaufnahmen von nur noch 12,3 Milliarden um weitere knapp 53 Milliarden sinken – auf dann 423,7 Milliarden Euro.

Am größten sind die Einsparungen im Bereich der Gesundheit. Bereits in diesem Jahr wird der Etat um fast 40 Milliarden (!) von 64,36 auf 24,48 Milliarden Euro gekürzt – und das inmitten der Pandemie, die allein in Deutschland bereits über 157.000 Menschenleben gekostet hat. Aktuell erliegen wöchentlich mehr als 1000 Menschen dem Virus – und das noch vor der drohenden Winterwelle. Die herrschende Klasse reagiert darauf mit der Beendigung der letzten verbliebenen Maßnahmen und der nahezu kompletten Streichung der Gelder zur Bekämpfung der Pandemie.

So sinkt der Posten für die Prävention und für die Gesundheitsverbände von 9,57 Milliarden Euro auf 2,59 Milliarden Euro. Die darin enthaltenen Zuschüsse zur Bekämpfung von Covid-19 betragen nur noch 119,4 Millionen (2022: 1,9 Milliarden Euro). Auch die Impfkampagne wird im Wesentlichen eingestellt. Die im Etat veranschlagten „Zuschüsse zur zentralen Beschaffung von Impfstoffen gegen Sars-CoV-2“ sinken von 7,09 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf 3,02 Milliarden Euro.

Auch in allen anderen Bereichen des bereits kaputt gesparten Gesundheitssystems gibt es heftige Kürzungen. So sinken die Ausgaben für „Pflegevorsorge und sonstige soziale Sicherung“ um mehr als 2 Milliarden von 3,28 Milliarden Euro auf 1,08 Milliarden Euro.

Im maroden Bildungsbereich wird ebenfalls gekürzt. Der Bildungshaushalt steigt zwar offiziell um mickrige 500 Millionen auf 21,46 Milliarden Euro (2022: 20,89 Milliarden Euro) – inflationsbereinigt bedeutet das aber eine massive Senkung. Dabei wird auch der Bildungsbereich zunehmend in den Dienst der Kriegspolitik gestellt. So sind im Etat etwa 2,1 Millionen Euro für die Gründung einer „Konfliktakademie“ am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld veranschlagt. In den nächsten Haushaltsjahren sollen weitere Millionen in dieses und ähnliche Projekte fließen.

Die sogenannten „Sozialreformen“, mit denen sich die Koalition brüstet, können nicht über den Klassencharakter des Haushalts hinwegtäuschen, sondern unterstreichen diesen. Das ebenfalls am Freitag – mit den Stimmen von CDU/CSU – verabschiedete „Bürgergeld“ ist nichts anderes als das verhasste Hartz-IV unter neuem Namen. Der Großteil der sogenannten „Hilfsgelder“, wie Scholz’ 200 Milliarden schwerer Abwehrschirm, fließt wie schon die Corona-Pakete 2020/21 in die Taschen der Großkonzerne und Superreichen.

Die gesamte „Debatte“ im Bundestag hat unterstrichen, dass die Bevölkerung mit einer Verschwörung aller Bundestagsparteien konfrontiert ist. Wenn es Kritik am Haushalt gab, kam sie im Wesentlichen von rechts. Vertreter der CDU/CSU und der rechtsextremen AfD monierten, dass die Aufrüstung nicht noch schneller vorangetrieben wird.

Auch die Sprecher der Linkspartei stellten klar, dass sie – trotz ihrer geheuchelten Kritik am Verteidigungsetat – hinter der Militarisierung stehen. So bezeichnete etwa Gesine Lötzsch, die Vertreterin der Linken im Gremium „Sondervermögen Bundeswehr“, „eine gut ausgerüstete Armee zur Landesverteidigung“ als „unsere grundgesetzlich verbriefte Auffassung“. Anfang der Woche hatte sich Bodo Ramelow, der „linke“ thüringische Ministerpräsident und amtierende Bundesratsvorsitzende, sogar für Waffenlieferungen an die Ukraine und die Wiedereinführung der Wehrpflicht ausgesprochen.

Den Innenetat kritisierte Die Linke ebenfalls von rechts. Und das, obwohl er 1,8 Milliarden Euro mehr umfasst als in der ursprünglichen Finanzplanung vorgesehen. Dabei sind die Hälfte der Ausgaben für die Sicherheitsbehörden vorgesehen. Allein das Bundesinnenministerium und seine nachgeordneten Behörden – darunter der Verfassungsschutz – erhalten 1607 zusätzliche Stellen.

Das ist der Linkspartei offenbar nicht genug. In ihrer Rede beklagte Martina Renner, die Obfrau der Linken im Innenausschuss, „dass bis heute die Stellen aus dem Zuwachs des letzten Haushalts nicht annähernd besetzt sind“. Es gebe „allein 9000 offene Stellen bei der Bundespolizei“.

Kaum etwas könnte den rechten bürgerlichen Charakter der Linkspartei besser verdeutlichen, als der Ruf nach Militär und Polizei. Als Partei des Staatsapparats und der oberen Mittelschichten fürchtet Die Linke die wachsende Opposition von Arbeitern und Jugendlichen gegen die kapitalistische Kriegs- und Kürzungspolitik wie der Teufel das Weihwasser. Bereits bei der Europawahl 2014 hatte sie Poster mit der Aufschrift „Revolution – Nein danke!“ plakatiert, um der herrschenden Klasse zu signalisieren, dass sie auf ihrer Seite steht, wenn es darum geht, eine unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse zu unterdrücken.

Die Sozialistische Gleichheitspartei bereitet eine solche Bewegung vor und nimmt aus diesem Grund auch an der Berlin-Wahl teil. In unserem Aufruf heißt es: „Wir geben der enormen Opposition, die im offiziellen Politikbetrieb keinen Ausdruck mehr findet, eine Stimme und eine sozialistische Perspektive, die die Bedürfnisse der Menschen vor die Profitinteressen stellt. Der Krieg kann nicht gestoppt, die soziale Verwüstung nicht beendet werden, ohne die Macht der Banken und Konzerne zu brechen und sie unter demokratische Kontrolle zu stellen.“

Die Verabschiedung des Kriegshaushalts verleiht dem sozialistischen Programm der SGP eine enorme Bedeutung und Dringlichkeit.

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