Seit das Landesverfassungsgericht am Mittwoch entschieden hat, die Berlinwahl am 12. Februar zu wiederholen, führt die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) einen energischen Wahlkampf. „Wir machen die Wahl zu einem Referendum gegen die verhasste Kriegspolitik und die soziale Verwüstung“, erklärte der SGP-Kandidat Endrik Bastian am Samstag an einem Infotisch im Berliner Brennpunkt-Stadtteil Neukölln.
Bastian ist einer von vier Kandidaten der SGP. Er arbeitet als Krankenpfleger und ist Mitglied im Parteivorstand der SGP. Aufgewachsen in der DDR trat er wenige Jahre nach deren Zusammenbruch der trotzkistischen Bewegung bei und leitet heute die Arbeit des Berliner Landesverbandes der SGP.
Trotz der eisigen Temperaturen blieben viele Passanten am Info-Tisch stehen und diskutierten mit Bastian und den anderen Unterstützern der SGP über deren sozialistisches Programm. Dabei war die enorme Wut über die Kriegspolitik der Bundesregierung und des sozialen Kahlschlags des Berliner Senats aus SPD, Grünen und Linkspartei mit Händen zu greifen.
Eine ältere Frau, die im vergangenen Jahr die Linkspartei gewählt hatte, sprach davon, ihre Entscheidung zu überdenken und nach einer Alternative Ausschau zu halten. Noch stärker kam der Hass auf die Grünen zum Ausdruck.
Neben Ausrufen wie, „Die Grünen, das sind die Schlimmsten!“ oder „Von denen war nichts anderes zu erwarten“, erinnerte ein älterer Arbeiter an das Jahr 1999, als die Grünen mit Joschka Fischer schon einmal den Außenminister stellten und die deutsche Beteiligung am NATO-Krieg gegen Serbien durchsetzten.
Auch Till, ein Arbeiter aus Hessen, der in Berlin seinen Sohn besuchte, sprach sich gegen den Ukrainekrieg aus und erregte sich stark über die rasante Entwicklung der Grünen von einer „Friedenspartei“, die „gegen Atomkraft“ war, zu ihrer heutigen Politik der Kriegstreiberei. Demgegenüber zeigte sich Till sehr interessiert an der internationalen Perspektive der SGP.
Im Gespräch über die Geschichte der DDR und die Wurzeln des Stalinismus sagte er, dass sich „die westlichen Regierungen natürlich gefreut haben, dieses Regime als ‚real existierenden Sozialismus‘ anzuerkennen, in der Gewissheit, dass dies die Arbeiter vom Sozialismus abschrecken konnte“.
Im Zentrum der meisten Gespräche stand der Krieg in der Ukraine. Viele Passanten zeigten sich begeistert über die Kampagne der SGP und ihrer Jugendorganisation, der IYSSE, für die Online-Veranstaltung „Stoppt den Krieg in der Ukraine“, die am 10. Dezember stattfindet. Andere bedankten sich im Vorbeigehen für den Einsatz der SGP.
Mohamad, ein freier Journalist in Berlin, wandte sich gegen beide Seiten im Ukrainekrieg. „Das ist nicht unser Krieg. Das ist ein Krieg der Regierungen“, sagte er. Er war sehr interessiert an der kommenden Veranstaltung und an einer Diskussion über den Aufruf der IYSSE an die Jugend auf der ganzen Welt. Er unterstützte den Wahlkampf der SGP umgehend mit einer Spende.
Ein lettischer Arbeiter ließ keine Zweifel daran aufkommen, wer für die Eskalation des Krieges in der Ukraine die Verantwortung trägt. „Schau nur mal auf mein Heimatland. Die Präsenz der NATO-Truppen an der Grenze zu Russland ist dort allgegenwärtig.“
Eine junge Frau, ihr Kleinkind vor sich auf dem Bauch tragend, brachte ihre Beunruhigung zum Ausdruck, was die Zukunft bringen wird, wenn die Kriegsentwicklung nicht gestoppt wird. Sie war vom optimistischen Aufruf der IYSSE angetan, dass ein nukleares Inferno verhindert werden kann, wenn man die internationale Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms dagegen mobilisiert.
Die Resonanz, die die SGP auf ihren Wahlkampf erhält, bestätigt ihre Einschätzung, dass Bundesregierung und Berliner Senat für ihre militaristische und unsoziale Politik keine Unterstützung in der Bevölkerung haben. Im Wahlaufruf der Partei heißt es:
Wir geben der enormen Opposition, die im offiziellen Politikbetrieb keinen Ausdruck mehr findet, eine Stimme und eine sozialistische Perspektive, die die Bedürfnisse der Menschen vor die Profitinteressen stellt. Der Krieg kann nicht gestoppt, die soziale Verwüstung nicht beendet werden, ohne die Macht der Banken und Konzerne zu brechen und sie unter demokratische Kontrolle zu stellen.
Das erfordert eine internationale Bewegung der Arbeiterklasse, der großen Mehrheit der Bevölkerung, gegen Krieg und seine Wurzel, den Kapitalismus. Die Sozialistische Gleichheitspartei nimmt an den Wahlen teil, um zusammen mit ihren Schwesterparteien in der Vierten Internationale eine solche weltweite, sozialistische Bewegung aufzubauen.