Wie der Internationale Währungsfonds (IWF) am letzten Donnerstag bekannt gab, hat er sich mit der sri-lankischen Regierung auf ein vorläufiges Abkommen geeinigt. Demnach erhält Sri Lanka einen Kreditrahmen von 2,9 Milliarden US-Dollar mit einer Laufzeit von vier Jahren. Der Vorstand des IWF muss dem Abkommen noch zustimmen.
Präsident Ranil Wickremesinghe begrüßte das Abkommen mit dem IWF als „Beginn einer neuen wirtschaftlichen Ära“ und erklärte: „Der Anfang wird schwierig sein, aber wir wissen, dass wir im weiteren Verlauf Fortschritte machen können.“
Die so genannte „neue wirtschaftliche Ära“ mit ihrem „schwierigen Anfang“ ist nichts anderes als eine neue Runde brutaler Sparmaßnahmen, um die Arbeiter und Armen für die beispiellose Wirtschaftskrise des Landes zahlen zu lassen.
Zu den zentralen Elementen des IWF-Programms gehören die folgenden, weitreichenden, harten Maßnahmen:
* „Erhöhung der Steuereinnahmen, um den Konsolidierungskurs zu unterstützen.“ Zu diesem Zweck wurden umfangreiche Steuerreformen vorgeschlagen. Während die Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer für Unternehmen ausgeweitet werden soll, fordert der IWF, die persönliche Einkommenssteuer „progressiver“ zu gestalten. Das bedeutet eine Ausweitung der Steuer auf Arbeiter und Geringverdiener. Daneben wird eine weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer vorgeschlagen, die unweigerlich die ärmsten Teile der Gesellschaft treffen wird.
Auf diese Weise sollen neue, deutlich höhere Einnahmen generiert und bis 2025 ein Haushaltsüberschuss von 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht werden. Momentan wird für das laufende Jahr mit einem Haushaltsdefizit von 9,8 Prozent gerechnet.
Eine solche Kehrtwende von einem Haushaltsdefizit zu einem Überschuss in nur zwei Jahren ist nur durch massive Steuererhöhungen möglich, zusammen mit drastischen Kürzungen der Staatsausgaben bei wesentlichen Dienstleistungen wie dem Gesundheits- und Bildungswesen, sowie einem massiven Stellenabbau im öffentlichen Dienst.
* „Einführung einer kostendeckenden Preisgestaltung für Treibstoff und Strom, um die fiskalischen Risiken durch Staatsunternehmen zu minimieren.“
Das IWF-Team „begrüßte“ die von der Regierung bereits umgesetzten Preiserhöhungen. Dazu gehörten massive Erhöhungen der Treibstoffpreise in den letzten Monaten, eine Erhöhung der Stromgebühren um 75 Prozent und der Wassertarife um 127 Prozent. Die Preise sollen entsprechend der Lage auf dem Weltmarkt weiter steigen. Auch die Privatisierung von Staatsunternehmen ist Teil der „Reform“-Agenda.
* Abmilderung der Auswirkungen der aktuellen Krise auf die Armen und Schwachen durch eine Erhöhung der Sozialausgaben und Verbesserung der Reichweite und gezielte Ausrichtung der sozialen Sicherungsprogramme.
Diese so genannte Abmilderung soll auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung erfolgen. Am Dienstag präsentierte die Regierung einen Gesetzentwurf über Sozialleistungen, mit dem eine neue Steuer von 2,3 Prozent für die Finanzierung eines sozialen Sicherheitsnetzes für die Schwachen eingeführt wird. Mit anderen Worten, angesichts einer verzweifelten sozialen Krise, von der Millionen Menschen betroffen sind, wird eine neue Steuer eingeführt, um den Ärmsten Almosen zukommen zu lassen. „Gezielt“ bedeutet, dass die Zahl der Empfänger weiter eingeschränkt wird.
* Wiederherstellung der Preisstabilität durch ein datenbasiertes finanzpolitisches Vorgehen und Haushaltskonsolidierung. Um diese Maßnahmen umzusetzen, soll die Zentralbank Autonomie genießen.
Mit anderen Worten, die Zentralbank soll als Polizist des IWF rücksichtslos die Politik der Regierung umsetzen und die Zinssätze und Geldpolitik entsprechend der Forderungen des internationalen Finanzkapitals anpassen.
* Umsetzung einer marktorientierten Wechselkurspolitik.
Dies wird zu einer weiteren Abwertung der sri-lankischen Rupie führen, die im Verlauf dieses Jahres bereits 80 Prozent an Wert verloren hat.
Aus den Äußerungen der IWF-Vertreter geht hervor, dass es zu einer Einigung auf der Ebene der Delegationen gekommen ist, als die sri-lankische Regierung begann, die Austeritätsmaßnahmen rasch umzusetzen. Seit Wickremesinghes Amtsübernahme am 14. Juli hat sich der Angriff auf die Lebensbedingungen der arbeitenden Bevölkerung verschärft. Letzte Woche legte er den vorläufigen Haushalt für den Rest des Jahres vor, der verschärfte soziale Angriffe enthält.
Der IWF-Missionsleiter für Sri Lanka, Peter Breuer, erklärte am Donnerstag vor der Presse in Colombo: „Durch das vorläufige Abkommen signalisieren die sri-lankischen Behörden, dass sie sich zu umfassenden Reformen verpflichtet haben. Ihren Gläubigern versichern sie damit, dass sie ihre Zahlungsfähigkeit wiederherstellen werden...“
Im Rahmen dieser Verpflichtung werden für den Haushalt 2023, der im November vorgelegt werden soll, weitere harte Maßnahmen angekündigt werden.
Sri Lanka hatte am 12. April eine „vorübergehende Zahlungsunfähigkeit“ für die Rückzahlung von Krediten an internationale Gläubiger in Höhe von 51 Milliarden Dollar angekündigt. Dieses Jahr muss das Land noch sieben Milliarden Dollar für Schuldentilgung zahlen.
Der IWF wird seine erste Kredittranche nur auszahlen, wenn er mit der Umsetzung der Sparmaßnahmen zufrieden ist. Der IWF-Vertreter Masahiro Nozak warnte, „jedem Satz an Zahlungen wird eine Überprüfung vorausgehen“.
Die Staaten des Pariser Clubs, zu dem vor allem die EU-Staaten und Indien gehören, begrüßten die Einigung. Auch China äußerte seine Bereitschaft, mit anderen Staaten bei der Umstrukturierung von Sri Lankas Schulden zusammenzuarbeiten. Der japanische Finanzminister Shunichi Suzuki forderte die Gläubigerstaaten Sri Lankas am Freitag zu Gesprächen über eine Umschuldung des Landes auf.
Gläubiger könnten die Rückzahlungstermine verschieben oder die Zinssätze geringfügig senken, allerdings nur um sicherzustellen, dass die Kredite in vollem Umfang zurückgezahlt werden. Um diese internationalen Finanzhaie zu bezahlen, wird die Regierung in Colombo die ohnehin schon notleidenden Arbeiter und Armen auspressen müssen.
Premierminister Dinesh Gunawardena erklärte in einer Stellungnahme zur Vereinbarung mit dem IWF: „Wir haben mehrere Jahrzehnte lang viel mehr konsumiert, als wir gespart haben. Deshalb haben sich unsere Schulden massiv erhöht... In Zukunft werden wir große Opfer bringen müssen, um die Lösungen für die Faktoren zu finden, die zu diesem Debakel geführt haben.“
Für die massive Verschuldung des Landes sind nicht die Arbeiter und die Armen verantwortlich. Die Kapitalistenklasse und ihre Regime haben diese Kredite aufgenommen, um ihre Profite zu erhöhen und die Auswirkungen der zunehmenden globalen Krise des Kapitalismus auszugleichen. Die Hälfte der Kredite wurde aufgenommen, um den fast drei Jahrzehnte andauernden blutigen Krieg gegen die Tamilen zu finanzieren, der die Wirtschaft und ganze Landstriche der Insel zerstört hat.
Die größte Wirtschaftslobby des Landes, die Ceylon Chamber of Commerce, erklärte öffentlich ihre Unterstützung für den Kurs des IWF. Die Wirtschaftselite betrachtet ihn als Mittel, um die unmittelbare Krise zu lindern und neue Profitquellen zu erschließen, u.a. durch die Privatisierung von Staatsunternehmen.
Dass die Oppositionsparteien letzten Freitag für den vorläufigen Haushalt gestimmt haben, hat ihre Kritik an der Regierung als pure Heuchelei entlarvt. Der Haushalt wurde im Parlament mit 120 der 225 Stimmen und nur fünf Gegenstimmen angenommen.
Thusara Indunil Amarasena, der Sprecher der oppositionellen Samagi Jana Balavegaya (SJB), erklärte: „Als Partei haben wir beschlossen, Präsident Wickremesinghes Haushaltsplan weder zu unterstützen noch abzulehnen, sondern uns stattdessen der Stimme zu enthalten.“ Als Grund nannte er, dass die SJB die Gespräche mit dem IWF nicht gefährden wolle.
Die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) stimmte gegen den Haushalt, doch keiner ihrer Abgeordneten sprach sich gegen die Austeritätsmaßnahmen des IWF aus. In der Haushaltsdebatte forderte JVP-Chef Anura Kumara Dissanayake lediglich eine „neue Regierung“ mit einem „neuen Mandat“, d.h. eine Regierung, die besser in der Lage ist, die Forderungen des IWF umzusetzen.
Der Sprecher der Tamil National Alliance, M. A. Sumanthiran, lehnte das Programm des IWF keineswegs ab, sondern erklärte der Regierung: „Der Haushalt muss mit dem Wirtschaftsreformprogramm und dem makroökonomischen Rahmen des IWF übereinstimmen.“
Fitch Rating drückte die Befürchtungen internationaler Finanzkreise über die gesellschaftlich brisante Situation in Sri Lanka aus und warnte: „Politische Instabilität wird die Umsetzung der Reformen gefährden... Zusätzliche Sozialausgaben werden möglicherweise nicht ausreichen, um den Widerstand der Bevölkerung zu verhindern, vor allem da der Rückhalt der Regierung in der Bevölkerung schwach erscheint...“
Seit April fanden in Sri Lanka Streiks und Proteste statt, an denen Millionen von Arbeitern und Armen teilgenommen haben. Sie forderten den Rücktritt des ehemaligen Präsidenten Gotabhaya Rajapaksa und seiner Regierung sowie ein Ende der grassierenden Inflation, des Mangels an Grundgütern und der stundenlangen Stromausfälle. Angesichts dieser enormen Proteste floh Rajapaksa aus dem Land.
Diese Massenbewegung wurde jedoch von den Gewerkschaften verraten, die von der pseudolinken Frontline Socialist Party unterstützt wurden. Sie taten alles in ihrer Macht Stehende, um die Reichweite der Proteste zu begrenzen und sie auf die Forderung nach einer kapitalistischen Allparteien-Übergangsregierung zu beschränken. Das Ergebnis ist die Regierung von Wickremesinghe, die mit Unterstützung der Oppositionsparteien der arbeitenden Bevölkerung noch schwerere Lasten aufbürdet.
Die herrschende Klasse in Sri Lanka und die internationalen Vertreter des Finanzkapitals sind sich sehr wohl bewusst, dass in der breiten Masse wieder Wut aufkommt. Wickremesinghe hat seit seinem Amtsantritt die Unterdrückung der Proteste von Regierungsgegnern durch Polizei und Militär verschärft. Hunderte wurden verhaftet. Nach brutalen Polizeiaktionen gegen protestierende Studenten hat Wickremesinghe drei Studentenführer unter Anwendung des drakonischen Prevention of Terrorism Act in Internierungslager geschickt.
Die Arbeiterklasse muss ihre eigene Gegenoffensive gegen diesen Austeritätskurs vorbereiten und dabei auf ihre eigenen Klassenmethoden setzen sowie die arme Landbevölkerung mobilisieren. Die Socialist Equality Party (SEP) ruft die Arbeiter und die ländlichen Massen auf, ihre eigenen Aktionskomitees an Arbeitsplätzen und in Stadtvierteln zu gründen, unabhängig von den kapitalistischen Parteien und Gewerkschaften, um für ihre sozialen und demokratischen Rechte zu kämpfen.
Die SEP kämpft für einen demokratischen und sozialistischen Kongress der Arbeiter und ländlichen Massen, der sich auf gewählte Vertreter dieser Aktionskomitees stützt. Die Mobilisierung der Arbeiter und der armen Landbevölkerung wird den Weg für einen politischen Kampf für eine Arbeiter- und Bauernregierung ebnen, die eine sozialistische Politik umsetzt.
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