Corona-Pandemie: Infektions- und Todeszahlen explodieren in den Sommermonaten

Obwohl die Zahl der Corona-Infektionen in diesem Sommer explodiert, die Krankenhäuser sich füllen und im Herbst eine noch größere Welle droht, ist der Bundestag bis September in die Sommerpause gegangen, ohne Schutzmaßnahmen zu beschließen.

Derzeit sind rund 1,8Millionen Menschen infiziert und die 7-Tage-Inzidenz liegt bei 679. Im Saarland und in 59 weiteren Kreisen liegt die Inzidenz über 1000 – das heißt, jede Woche infiziert sich dort ein Prozent der Bevölkerung neu. Im Landkreis Wittmund liegt die Inzidenz bei 2.290 und im Landkreis Wunsiedel sogar bei 2320. Dort verdreifachte sich die Inzidenz innerhalb von nur einer Woche.

Dabei ist das Infektionsgeschehen aktuell noch durch die Sommerferien gedämpft. Mit deren Ende droht ein weiterer Anstieg durch Reiserückkehrer und den erneuten Schulbeginn. Auch bereits in diesem Jahr Infizierte drohen sich dann zu reinfizieren.

Hajo Zeeb vom Leibnitz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen warnte gegenüber dem Spiegel: „Wir [haben] es doch mit Varianten mit hohem Immunfluchtpotenzial zu tun. Man kann sich also nicht sonderlich sicher fühlen in Bezug auf Infektionen im Winter, wenn man jetzt im Sommer infiziert war, es gibt ganz klar Re-Infektionen.“

Dabei geben die offiziellen Zahlen das tatsächliche Infektionsgeschehen schon jetzt nur unzureichend wieder. Zum einen wurden die Testpflicht in vielen Bereichen und die Anzahl der Testkapazitäten eingeschränkt sowie die kostenlosen Bürgertests abgeschafft. Zum anderen lassen viele Infizierte keinen PCR-Test mehr machen, aber nur diese zählen in der Statistik. In den letzten Wochen explodierte die Testpositivrate von sehr hohen 28,4 Prozent in der 21. Kalenderwoche auf 53,7 Prozent in der 27. Kalenderwoche. Eine hohe Positivrate weist auf eine hohe Zahl nicht identifizierter Infektionen hin.

Von dem massiven Anstieg sind zunehmend vulnerable Gruppen betroffen. Sowohl in medizinischen Behandlungseinrichtungen als auch in Alten- und Pflegeheimen steigt seit Wochen die Anzahl der Ausbrüche. In medizinischen Behandlungseinrichtungen kam es in der letzten Woche zu 157 Ausbrüchen, im Vergleich zu 108 in der Vorwoche. 12 Menschen starben. In Alten- und Pflegeheimen kam es zu 300 Ausbrüchen (235 in der Vorwoche) und 58 Todesfällen.

Auch die Krankenhäuser füllen sich wieder. Die adjustierte Hospitalisierungsinzidenz liegt mittlerweile bei 12,5, was über 10.000 Hospitalisierungen pro Woche entspricht. Noch vor einem Monat war diese Zahl nur halb so groß.

Genauso steigt die Zahl der intensiv behandelten Patienten. Aktuell sind es bereits 1330, vor einer Woche waren es noch 1238. Die Zahl der in Krankenhäusern behandelten Corona-Patienten ist aktuell doppelt so hoch wie in den vergangen Sommern. Auch die Zahl der Corona-Toten steigt. Laut Angaben der Johns Hopkins University verdoppelte sich der 7-Tage-Mittelwert von 53 am 17. Juni auf 104 am 25. Juli. Damit sterben pro Woche mehr als 700 Menschen.

Eine zusätzliche Belastung ist der hohe Krankenstand von Krankenhausbeschäftigten und die hohe Zahl der Ausfälle durch Infektion und Quarantäne. Gerald Gaß, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, erklärte gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „In zahlreichen Krankenhäusern müssen planbare Operationen daher verschoben und zeitweise ganze Bereiche abgemeldet werden.“

Besonders dramatisch ist die Lage im Uniklinikum Würzburg. Aktuell werden dort 59 Corona-Erkrankte behandelt und sechs weitere auf der Intensivstation – so viele wie nie zuvor seit Pandemiebeginn. Vor einer Woche waren es noch 47 Infizierte und vor zwei Wochen 39. Aufgrund der hohen Belastung hat die Klinikleitung bereits angekündigt, dass es in allen Bereichen zur Verschiebung von planbaren Behandlungen kommen kann.

Ist die Situation an den Kliniken bereits jetzt schlimm, wird sie im Herbst katastrophal. Gaß warnte: „Die Zahlen verdeutlichen, dass der Herbst für die Kliniken erneut eine extreme Belastungsprobe werden kann.“

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, forderte gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe die Möglichkeit eines Lockdowns im neuen Infektionsschutzgesetz: „Wer von vornherein Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen oder Lockdowns kategorisch ausschließt, hat weder den Sinn des Gesetzes verstanden noch den Ernst der Lage begriffen.“

Die Regierung ist sich den Folgen ihrer Corona-Politik absolut bewusst. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte kürzlich: „Wenn wir so wie jetzt in den Herbst hineingingen, also ohne weitere Schutzmaßnahmen, ohne Masken, ohne alles, dann würde das bedeuten, dass die Fallzahlen stark steigen würden, aber auch die Intensivstationen überlastet würden.“

Er ergänzte: „Das ist wie eine Kerze, die an beiden Enden brennt: Unten brennt das Personal weg und oben die Patienten.“ Wenn nicht schon bald entsprechende Maßnahmen in die Wege geleitet würden, drohe der Bevölkerung eine „katastrophale“ Pandemie-Entwicklung.

Als Gesundheitsminister ist Lauterbach die Person, die verantwortlich ist, entsprechende Maßnahmen zu treffen. Tatsächlich macht er genau das Gegenteil und baut nahezu alle noch bestehenden Schutzmaßnahmen ab.

In seine Amtszeit fallen die Entscheidung der Regierung, die epidemische Notlage zu beenden, das neue, seit März geltende Infektionsschutzgesetz, das nur noch einen sogenannten „Basisschutz“ vorsieht, die Ablehnung der allgemeinen Impfpflicht, die Reduzierung der Quarantänezeit auf fünf Tage und das Ende der kostenlosen Bürgertests.

Für die aktuelle Sommerwelle hat Lauterbach explizit keine Maßnahmen beschlossen, sondern lediglich das Tragen von Masken in Innenräumen und eine vierte Impfung für Menschen mit vielen Kontakten empfohlen. Die bisher geplante „Corona-Herbststrategie“ der Bundesregierung enthält keine einzige verpflichtende Maßnahme, sondern konzentriert sich auf eine Impfkampagne und das Beschaffen von neuen angepassten Impfstoffen.

Tatsächlich zeigt die Verbreitung der hochgradig ansteckenden und immunresistenten BA.5 Omikron-Variante, die bereits 87 Prozent des Infektionsgeschehens ausmacht, dass es unmöglich ist, das Virus langfristig allein mit Impfungen zu bekämpfen. Mit der ungehinderten Verbreitung des Virus entstehen immer gefährlichere Varianten.

Die gesellschaftlichen Auswirkungen sind extrem weitreichend. Zehntausende leiden unter Langzeitfolgen (Long Covid) und das bisherige Massensterben hat auch in Deutschland – offiziell erlagen mehr als 143.000 Menschen dem Virus – zu einem signifikanten Rückgang der durchschnittlichen Lebenserwartung geführt. So berechnete das statistische Bundesamt, dass die Lebenserwartung für im Jahr 2021 geborene Mädchen um 0,4 Jahre im Vergleich zu 2019 geborenen sinkt und für Jungen sogar um 0,6 Jahre.

Es gibt nur eine Möglichkeit, diesen gesellschaftlichen Rückschritt zu stoppen. Notwendig ist die Eliminierung des Virus durch einen Verbund aller wissenschaftlich gebotenen Maßnahmen – Lockdowns, eine umfassende Impfkampagne, Massentests und Kontaktverfolgung. Da eine solche Eliminierung nicht mit den Profitinteressen der herrschenden Klasse im Kapitalismus vereinbar ist, muss sich die Arbeiterklasse weltweit zusammenschließen und im Rahmen einer sozialistischen Politik für die Eliminierung von Covid-19 erkämpfen.

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