Stahlarbeiter und Busfahrer unterstützen die internationale Online-Maifeier des IKVI

In den Tagen vor der internationalen Online-Maikundgebung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale sprechen Reporter der World Socialist Web Site mit Arbeitern über den Ukrainekrieg, die massive Aufrüstung der Bundesregierung, die Gefahr eines Atomkriegs und die wachsende Teuerung, sowie die Bedeutung einer unabhängigen Antwort der Arbeiterklasse.

Beim Schichtwechsel vor dem Thyssenkrupp-Tor in Duisburg nehmen praktisch alle Arbeiter den Aufruf des IKVI zum Online-Mayday, „Für die internationale Einheit der Arbeiterklasse gegen Kapitalismus, nationalen Chauvinismus und Krieg!“ interessiert mit. Einstimmig sprechen sich die Stahlarbeiter, die mit uns sprechen, gegen Krieg aus.

Einer von ihnen ist Egon. Er unterstützt ausdrücklich den Vorschlag, Arbeiter in Russland, der Ukraine, Deutschland und weltweit gegen den Krieg zu vereinen. Wie er sagt, unterstützt er weder die USA noch Russland im Krieg. „Und was die Bundesregierung jetzt macht, Waffen an die Ukraine liefern, ist auch schlecht! Und wer zahlt im Endeffekt die Waffen? Die, die hier gerade alle durchs Tor gehen.“

Mohammed meint: „Das ist doch nicht normal so etwas; im 21. Jahrhundert Krieg zu führen.“ Doch sein Arbeitgeber, der Thyssenkrupp-Konzern profitiert vom Krieg. Der Stahl, der in Duisburg produziert wird, geht nicht nur in die Auto-, sondern auch in die Rüstungsindustrie.

Piedro betont: „Bei jedem Krieg sterben unschuldige Menschen, egal ob irgendjemand Recht hat oder nicht. In der Ukraine sterben Menschen und wir hier in Deutschland zahlen dafür. Jetzt wollen sie auch noch Waffen liefern, es ist eine Katastrophe.“

Auch Merdan thematisiert als erstes die Waffenlieferungen: „Ich bin schockiert. Das widerspricht allen Versprechungen, die sie gemacht haben. Dass die Grünen jetzt die heftigsten Kriegstreiber sind, ist ein Hammer. Wenn man alte Plakate von denen sieht, da steht drauf: ‚Keine Waffen in Kriegsgebiete!‘ Und jetzt machen sie genau das! Das ist verkehrt. Und obendrein: Am Ende zahlen wir die Waffen.“

Dogan ist der Meinung, dass die Ukraine nur ein „Instrument“ sei, mit dem die USA und Großbritannien ihre Interessen durchsetzen. „Um deren Interessen durchzusetzen, wird die Ukraine genutzt, um Krieg gegen Russland zu führen“, sagt er. „Selenskij macht doch nur Propaganda. Warum soll die Ukraine in die Nato? Selenskij soll nicht Krieg führen, der soll an den Verhandlungstisch. Das sind alles studierte Leute, aber dumme Menschen. Sie benehmen sich wie in der Gosse, bei Ungebildeten, die nicht zu reden wissen und sich prügeln.“ Dogan ist sich sicher: „Dahinter stehen die Interessen der Rüstungsindustrie.“ Besonders um die Jugend und die Kinder macht er sich Sorgen: „Das ist doch echt fürchterlich. Was lernen Kinder aus dem Krieg? Die verlieren doch den Glauben an den menschlichen Verstand.“

Stephan weist vor allem auf die Gefahr eines dritten Weltkriegs hin: „Ich sehe das sehr skeptisch, und das ist vorsichtig ausgedrückt. Irgendwann dreht noch jemand durch, und einer drückt auf das rote Knöpfchen – für nukleare Waffen.“

Olaf lebt im rund 40 Kilometer entfernten Herne und hat ursprünglich im dort nahen Bochumer Thyssenkrupp-Werk gearbeitet. Da das dortige Elektroband-Stahlwerk seit rund drei Jahren abgewickelt wird, ist Olaf einer der mehr als 1000 Kollegen, die ihren Job verlieren und gezwungen sind nach Duisburg zu pedeln.

„Da haben sie uns verkauft und verraten“, resümiert Olaf bitter. „Da hieß es immer: Wir müssen den besten Neueigentümer finden, und dann müssen wir an die Börse. Und so läuft es hier in Duisburg ja jetzt auch.“ Die Personalpolitik bei Thyssenkrupp sei schlecht. „Immer mehr Leute gehen, und es kommt nichts mehr nach. Auch die Zeitarbeiter sind übel dran – von einem Vertrag zum nächsten.“

Olaf weiß wovon er redet, wenn er sich gegen Krieg ausspricht: „Als ich in den 1990ern bei der Marine war, wurden wir wegen dem Scheiß im Irak ins Mittelmeer geschickt. Wir mussten da dann mitmachen. Meine Eltern haben sich ziemliche Sorgen gemacht und auch viele bei uns an Bord. Von daher lehne ich Krieg ab.“

Bei der Verfolgung des Kriegsgeschehens in der Ukraine traut er keiner Seite der Kriegsparteien und auch nicht den Medien. „Es gibt viel Propaganda, man weiß nicht, was genau passiert.“ Aber eins weiß er aus Gesprächen mit Kollegen: „Die große Mehrheit hat kein Interesse daran, dass der Krieg in der Ukraine eskaliert. Ich würde auch auf die Straße gehen dagegen.“ Er meint jedoch, bei Protesten müssten „alle dabei sein, so wie in Frankreich“.

Praktisch alle Arbeiter stimmen zu, dass der Krieg nur durch eine internationale Bewegung der arbeitenden Bevölkerung beendet werden kann, und mehrere interessieren sich spontan für die internationale Online-Maifeier des IKVI am kommenden Sonntag.

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Auch unter Berliner Busfahrern wächst die Sorge über die Folgen des Nato-Stellvertreterkriegs in der Ukraine gegen Russland, und viele verurteilen ihn ausdrücklich. Die mehr als 6000 Busfahrer der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der Berlin Transport GmbH haben schon seit Beginn der Corona-Pandemie die rücksichtslose Profite-vor-Leben-Politik hautnah miterlebt. Mehrere von ihnen haben ihre Unterstützung für den International May Day angekündigt.

Nihat, BVG-Fahrer vom Betriebshof Müllerstraße, spricht aus, was die meisten Arbeiter denken: „Wir dürfen uns nicht am Feldzug gegen Russland beteiligen! Die Geschichte lehrt uns doch: Der Zweite Weltkrieg war das Schlimmste, was in der Menschheitsgeschichte bisher geschah. Sowas darf nicht nochmal stattfinden!“

Er fährt fort: „Der ganze Konflikt in Osteuropa, der Ukraine und Russland dient den Kriegszielen der USA, die ihren Einfluss auf Kosten der Europäer ausweiten wollen. Ich bin kein Freund der Nato“, stellt er klar, „auch kein Freund von Putin.“ Doch die Hauptverantwortung für den Krieg trage die US-Regierung mit ihrer aggressiven Politik der Nato-Osterweiterung. Den tieferen Grund für den Krieg sieht Nihat im „Konflikt zwischen den Reichen und der Arbeiterklasse, die es schon seit Beginn der Industrialisierung gibt.“ Mit Blick auf die Gewerkschaften und die rechte Politik der Verdi-Bürokraten sagt er: „Die alte Arbeiterbewegung gibt es nicht mehr. Sie haben uns ignoriert und aufgegeben. Sie machen Karriere, egal wo sie einst herkamen. Heute vertreten sie das Kapital.“

Für Nihat ist die Politik der Gewerkschaften „so ähnlich wie die FAKE-Nachrichten im TV. So manipuliert man eine Schicht, um von den gesamten Problemen abzulenken. Das ist Kriegspropaganda! Und bei uns vertritt die Gewerkschaft Verdi die Interessen der Arbeitgeber gegen uns Busfahrer.“

Deshalb fordert er: „Wir brauchen wieder eine neue eigene Arbeiterpartei. Nur so kann ein neuer Zusammenhalt unter Arbeitern hergestellt werden. Die Arbeiterklasse muss ihre Existenz verteidigen. Zu viele unserer Kinder leben schon jetzt unter dem Existenzminimum. Das muss gestoppt werden. Das ist eine Hierarchie der Reichen, und die Politiker sind ihre Marionetten, bezahlte Söldner der Reichen. Das sieht man auch im Fall der indischen Busfahrer in Maharashtra. Sie können ohne eine eigene Organisation nicht siegen.“

Nihat unterstützt den May Day der World Socialist Web Site: „Ich finde, die WSWS liegt richtig und macht eine wichtige internationale Arbeit. Die Arbeiterbewegung muss neu organisiert werden und das muss unter all den Millionen Billiglöhnern (modernen Sklaven) verbreitet werden.“

Auch andere Busfahrer wollen an der Online-Maikundgebung des IKVIs teilnehmen, um den Widerstand gegen Krieg und Armut zu entwickeln. Kollege Andy B. sagt zur wachsenden Kriegsgefahr: „Man darf nicht vergessen: Krieg ist Krieg! So schlimm, wie das schon ist – aber einige verdienen doch daran. Die deutsche Regierung ist jetzt schon am Krieg beteiligt. Deutschland ist der zweitgrößte Munitionshersteller und -verkäufer weltweit.“

Er wendet sich gegen die Entscheidungen der im Bundestag vertretenen Parteien, nicht nur die Waffen- und Munitionskäufe der ukrainischen Regierung zu finanzieren, sondern außerdem und neben den bereits stattfindenden Waffenlieferungen nun auch noch Gepard-Panzer zu liefern. Stattdessen verlangt Andy B.: „Es darf keine Waffenlieferungen in die Ukraine geben!“ In den Augen der Kriegstreiber bedeute Krieg, wie er sagt: „Geld kassieren, Ausprobieren, Massenmord“.

Den Berichten über einen Völkermord in der Ukraine steht Andy B. skeptisch gegenüber. „Ein Völkermord findet in der Ukraine nicht statt“, betont er. „Der einzige Völkermord, den ich kenne, ist der an den Kurden und natürlich der Holocaust an den Juden.“ Auch finde durch Russland bisher kein Massenmord statt, wie durch „die USA in Vietnam oder Hiroshima und Nagasaki, das war ein Massenmord. Dahinter steckte der Kommerz, der Profit, Geld machen durch den Krieg. Auch jetzt werden sicherlich neue Waffen ausprobiert, so wie in Syrien und Afghanistan.“

Auch Busfahrer Mike G. lehnt den Krieg aus ganzem Herzen ab und sieht in dem Konflikt die massive Gefahr eines Weltkriegs. Eigentlich sei die „Katastrophe [eines globalen Kriegs] schon voll im Gange.“ Die Maßnahmen der Bundesregierung verurteilt er auf das Schärfste und insbesondere die Politik der vormals grünen Pazifisten: „Man merkt, dass die Grünen wieder an der Macht sind. Damals, als sie das letzte Mal an der Macht waren, haben sie den Jugoslawienkrieg verteidigt. Man sieht‘s ja selber: Die Geschichte wiederholt sich gerade aufs brutalste.“

Als regelmäßiger Leser der World Socialist Web Site betont Mike: „Die WSWS spricht das aus, was ist. Die Nato möchte diesen Krieg. Es wäre jetzt an der Zeit, auf die Straße zu gehen. Gegen den Krieg und auch gegen die Armut. Seit Pandemiebeginn nahm sie zu und wächst bei der aktuellen Lage immer mehr.“

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