Der Londoner Busfahrer David O’Sullivan hat das Busfahrer-Aktionskomitee im Londoner Stadtteil Cricklewood mitbegründet. Nachdem er seine Kollegen über die Corona-Ansteckungsgefahr auf dem Betriebshof informiert und gewarnt hatte, wurde er von seinem Arbeitgeber, der Verkehrsgesellschaft Metroline, entlassen.
Die Geschäftsleitung richtete völlig haltlose Beschuldigungen gegen O'Sullivan. Sie warf ihm „Verbreitung falscher und schädlicher Informationen“ und „Anstiftung zu ungesetzlichen Arbeitskampfmaßnahmen“ vor und entließ ihn wegen „groben Fehlverhaltens“. Die schwerwiegenden Mängel im Gesundheitsschutz und die Sicherheitsbedenken (die O'Sullivan sowohl Metroline als auch der Gewerkschaft Unite schriftlich mitgeteilt hatte) wurden nicht ernst genommen. Vertreter der Gewerkschaft Unite gingen sogar so weit, bei der ersten Anhörung gegen O'Sullivan auszusagen.
Seit Beginn der Pandemie sind alleine in London mindestens 60 Busfahrer an dem Coronavirus gestorben. Die offizielle Todeszahl durch Covid-19 liegt weltweit bei über 3,4 Millionen, und die weit gefährlichere Covid-Variante B.1.617 breitet sich derzeit in Großbritannien und andern europäischen Ländern immer weiter aus.
Wir veröffentlichen hier weitere Solidaritätserklärungen von Verkehrsarbeitern aus München und Berlin, sowie aus Norwegen, in denen die Wiedereinstellung von David O'Sullivan im Busdepot Cricklewood in London gefordert wird.
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Thomas Schrödl, Trambahnfahrer (München):
Lieber David, ich unterstütze den Kampf für deine Wiedereinstellung voll und ganz!
Dass ein Arbeiter entlassen wird, weil er sich für sichere Arbeitsbedingungen einsetzt, um sich, seine Kollegen und seine Familie zu schützen, kann man nur als kriminell bezeichnen und darf nicht hingenommen werden.
Wir unterstützen deinen Kampf und stehen an deiner Seite. Auch hier in München sind wir als Trambahnfahrer dem ständigen Arbeitsdruck und der Gefahr der Ansteckung ausgesetzt.
Was dir passiert ist, zeigt auch das wahre Gesicht der Gewerkschaften. Sie arbeiten Hand in Hand mit der Unternehmensleitung und stehen uns Arbeitern feindlich gegenüber. Auch bei uns tun die Gewerkschaften nichts dafür, uns Fahrer vor dem Corona-Virus zu schützen. Hier bezeichnen sich die Gewerkschaften als „Co-Manager“ und handeln auch so. Sie unterstützen den „Profit vor Leben“-Standpunkt der Regierung und der Konzerne. Sie sehen ihre Hauptaufgabe darin, für einen reibungslosen Fahrbetrieb zu sorgen und die Vordertüre an den Bussen offen zu halten.
Du hast völlig Recht, wenn du betonst, dass der Kampf für Arbeitssicherheit direkt mit einem Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung verbunden ist. Deshalb ist es so wichtig, dass wir Arbeiter uns unabhängig von den Gewerkschaften international zusammenschließen und uns auf ein sozialistisches Programm stützen.
Ich schicke dir Kampfesgrüße aus München und bin überzeugt davon, dass unsere internationale Solidarität am Ende stärker ist und wir die brutalen Attacken der Transportunternehmer zurückschlagen können.
Andy B., Busfahrer (Berlin):
Dein Kampf für Arbeitssicherheit, wie er in der Erklärung der Socialist Equality Party klar und deutlich beschrieben wurde, ist sehr wichtig. Auch deinen Kampf für ein Aktionskomitee für Arbeitssicherheit unterstütze ich.
Hier in Berlin ist die Regierung wie bei Euch schon wieder dabei, alles zu lockern. Bis jetzt konnten wir verhindern, dass die Vordertüren aufgemacht werden. Aber als nächstes wollen sie den Vordereinstieg unbedingt öffnen, um auch wieder zu kassieren.
Ich lasse die Türe vorne zu. Es ist meine/unsere Gesundheit, ich würde sogar das Verkehrsunternehmen verklagen wegen des Versuchs der schweren Körperverletzung.
Die BVG hat nachweislich nichts für unsere Sicherheit getan, nur oberflächlich und nachlässig gehandelt. Die Pausenräume sind nur ein Beispiel. Bei der ersten Welle durften wir noch alle in den Pausenraum und viele Kollegen haben sich angesteckt.
Eine Frage, die mich beschäftigt ist: Wie viele Londoner Kollegen haben sich tatsächlich durch Fahrgäste angesteckt? Das wäre wichtig zu wissen. Auch bei uns sagen sie, dass es darüber keine Zahlen gibt. Doch genau das zeigt ja, wie unverantwortlich sie mit unserem Leben als Busfahrer umgehen.
Ich unterstütze deinen Kampf und befürworte den Aufruf zu deiner Verteidigung von A bis Z.
Ein weiterer Berliner Busfahrer:
Lieber David O Sullivan,
ich bin auch Busfahrer und kämpfe wie du jeden Tag. Manchmal hat man den Eindruck, es ist ein Kampf „Don Quichotes gegen die Windmühlen“. Fest steht, dass es unmöglich ist, gegen diese Windmühlen alleine zu gewinnen. Die Arbeitgeber, die Aktionäre, die Regierung oder jeder einzelne Politiker in der Regierung, alle halten zusammen gegen uns. Sie glauben, wir Arbeiter seien dumm, und sie könnten mit uns machen, was sie wollen.
Deshalb ist es so wichtig, dass auch wir zusammenhalten. Nur im gemeinsamen Kampf aller Arbeiter, wie wir ihn im Aktionskomitee jetzt begonnen haben, können wir die kapitalistischen „Windmühlen“ besiegen.
Ich ziehe vor dir den Hut. Du hast den Mut gehabt und kämpfst für die Kollegen und ihre Familien, indem du ihnen die Wahrheit sagst und erklärst, was die Regierung und die Kapitalisten mit uns machen. Auch hier in Berlin sind wir mit massiven Angriffen konfrontiert. Die Unternehmensleitung betrachtet uns Arbeiter als austauschbar, das spüren wir jeden Tag. „Wenn es dir nicht passt, dann kündige doch, wir haben genug, die für dich arbeiten wollen.“
Hier versuchen alle Kollegen nicht nur sich selbst, sondern auch alle anderen Kollegen, Fahrgäste und ihre Familien vor einer Ansteckung zu schützen. Wir versuchen alle Menschen über die Ansteckungsgefahr aufzuklären und wach zu rütteln.
Einige Fahrgäste müssen wir ermahnen, Masken zu tragen; einige davon sind Querdenker, wie auch einige Manager in der BVG. Schließlich ist auch die Gewerkschaft hier in Berlin mit Schuld an der Misere. Sie sind nur an ihrem Vorteil interessiert und versuchen, uns Arbeiter zu spalten. Sie stehen voll hinter der Firma und drehen das Rad der Ungerechtigkeit weiter, sodass sich die Reichen die Taschen weiter voll stopfen können.
Dave, ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg, bleibe gesund und gib nicht nach. Der Kampf geht gemeinsam weiter. Ich finde es richtig, dass das Aktionskomitee sich in ganz Europa für die Fahrer einsetzt. Gemeinsam sind wir stark.
Laslo Z., Busfahrer (Berlin):
Die Gewerkschaft ist in London genauso wie hier. Sie sagen, wir sollen doch lüften, aber das können wir oft gar nicht, da die Fenster zu sind und kein Windstoß reinkommt. Es gibt keine guten Masken, kein Desinfektionsmittel im Bus und auf den Toiletten, keine Umluftanlagen in den Pausenräumen. Und trotzdem behaupten sie, es könne keine Aerosolverdichtung in den Räumlichkeiten geben. Wenn wir wieder kassieren müssen, werden sich die Leute rechts anstellen, und wenn beim Verkauf technisch nicht alles funktioniert, dann nehmen sie die Masken ab und reden mit uns. So wächst die Ansteckungsgefahr für alle. Obwohl wir systemrelevant eingestuft sind, gelingt es dem Management nicht einmal, die Impfungen für uns zu organisieren.
Sefa A., Busfahrer (Berlin):
Dave, ich wünsche dir viel Erfolg! Du darfst nicht aufgeben, wir hier in Berlin stehen zu dir. Wir verfolgen deinen Kampf für sichere Arbeitsplätze und setzen diesen Kampf hier fort, denn nur gemeinsam können wir eine Veränderung erreichen.
Florian, Busmechaniker (Norwegen):
Auf der einen Seite ist da ein erfahrener Arbeiter, der Verantwortung und Mut zeigt und vernünftig handelt, auch für seine Kollegen, Fahrgäste und Familie. Und auf der andern Seite steht ein Management, das sich für all das bezahlen lässt – sich aber selbst als verantwortungsloser Verräter erweist, indem es ausgerechnet diesen Fahrer entlässt. Jeder ehrliche Arbeiter wird sich gegen ein solches Management stellen.
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