Perspektive

Biden-Regierung inhaftiert täglich über 3.000 Kinder an der Grenze zu Mexiko

Die amerikanische Regierung begeht derzeit an der Grenze zwischen den USA und Mexiko ein beispielloses soziales Verbrechen, indem sie täglich Tausende unbegleitete Kinder inhaftiert. Unterdessen feiern die Wall Street, das politische Establishment und die Mainstream-Medien das Versprechen Joe Bidens, wieder zur „Normalität zurückzukehren“.

In dieser Woche mussten jede Nacht über 3.200 Kinder auf kaltem Zementboden schlafen, angestrahlt von den Flutlichtern der Polizei und weit weg von ihren Eltern und ihrem Zuhause. Fast 1.400 Kinder – viele von ihnen jünger als 13 Jahre – wurden unter eklatanter Verletzung des US-Rechts mehr als drei Tage lang in Käfigen festgehalten, die von den Geflüchteten als „Kühlschränke“ oder „Hundezwinger“ bezeichnet werden.

Die von Bidens Vorgänger Donald Trump errichteten und ohnehin bereits überfüllten Zeltlager an der mexikanischen Grenze haben nun mitten in der Pandemie ihre Belastungsgrenze erreicht. Selbst 2019, als sich Trumps Vorgehen gegen Einwandererkinder auf seinem Höhepunkt befand, lag die Zahl der inhaftierten Minderjährigen 25 Prozent niedriger als derzeit.

Seit Biden bei seiner Amtseinführung am 6. Januar erklärte, seine Regierung werde „die Seele Amerikas wiederherstellen“ und „Amerika wieder zur führenden Kraft für das Gute in der Welt machen“, sind mehr als 10.000 Minderjährige an der Grenze eingesperrt worden.

Diese anhaltenden Verbrechen beweisen, dass das kapitalistische System und all seine Institutionen und politischen Vertreter – von den rechten Kräften bis zu den „Linken“ – bis ins Mark verfault sind.

Die republikanische Kongressabgeordnete Liz Cheney – ein Liebling der Medien, da sie Trump in „verantwortungsvoller Weise“ kritisiert – machte die Flüchtlingskinder zum Sündenbock der Corona-Pandemie. Sie beschuldigte die Demokraten, „die Entscheidung getroffen zu haben, die Grenze zu öffnen und Tausende Menschen hereinzulassen, die möglicherweise mit Covid-19 infiziert sind“. Greg Abbot, der republikanische Gouverneur von Texas, ordnete vor Kurzem die Wiedereröffnung sämtlicher Schulen und Unternehmen an und hob die Maskenpflicht auf. Gleichzeitig erklärte er, dass sich Beamte „weigern“ würden, die Minderjährigen an der Grenze zu testen, und „diese Menschen in Busse setzen“, sodass sich die Krankheit überall im Land verbreite.

Im Senat und im Repräsentantenhaus, in denen jeweils die Demokraten die Mehrheit haben, wurden bisher keine Anstalten gemacht, auch nur eine Anhörung einzuberufen, um die massenhafte Inhaftierung der Kinder zu thematisieren. Die Washington Post, die im Besitz von Amazon-Chef Jeff Bezos ist und die Demokraten unterstützt, veröffentlichte am 7. März eine Erklärung der Redaktionsleitung, in der die Massenverhaftungen als „humanes und angemessenes Vorgehen“ bezeichnet wurden, um dem „Anstieg illegaler Grenzübertritte“ zu begegnen.

Der Angriff Bidens auf die minderjährigen Immigranten entlarvt auch die zynische Rolle Democratic Socialists of America (DSA). Die führenden Vertreter dieser pseudolinken Tendenz innerhalb der Demokratischen Partei drängten Arbeiter und Jugendliche dazu, bei der Präsidentschaftswahl für Biden „als das kleinere Übel“ zu stimmen. Nun rechtfertigen sie sein Vorgehen an der mexikanischen Grenze.

2019 reiste DSA-Mitglied Alexandria Ocasio-Cortez an die amerikanisch-mexikanische Grenze und vergoss medienwirksam ein paar Tränen – wie sich später herausstellte, vor einem leeren Parkplatz. Doch jetzt, wo ein demokratischer Präsident in das Weiße Haus eingezogen ist, rechtfertigt Ocasio-Cortez die Inhaftierung von Kindern. Am 23. Februar schlug sie vor, dass die Auftragsvergabe für die Konzentrationslager „überwacht“ und die Betreiber „lizenziert“ werden müssten. Sie sprach von „Zuwanderungseinrichtungen“, und die Forderung nach deren Schließung kam ihr nicht über die Lippen.

Die Zeitschrift Jacobin, das Sprachrohr der DSA, veröffentlichte am 10. Februar ebenfalls einen Artikel, in dem die Biden-Administration dafür gelobt wurde, die Einwanderungsbeschränkungen aus der Ära Trump aufgehoben zu haben. In dem Artikel hieß es außerdem: „Selbst der zynischste Linke hat Grund genug, Bidens bisherige Agenda gutzuheißen.“

Auch die Verfechter einer Rassen- und Genderpolitik schweigen bisher zu den Verbrechen, die an der Grenze zu den USA verübt werden. Die Tatsache, dass der Leiter des Heimatschutzministeriums (Department of Homeland Security, DHS) selbst ein lateinamerikanischer Einwanderer ist, ändert nichts am Schicksal der inhaftierten Kinder, und auch nicht, dass der Leiter der Immigration and Customs Enforcement (ICE) zufällig Afroamerikaner ist.

Die New York Times – der moralische Kompass der wohlhabenden oberen Mittelschicht – hat in letzter Zeit ebenfalls keine Stellungnahme zu dem Thema veröffentlicht. Dafür brachte sie zahlreiche Artikel, in denen Rassenpolitik propagiert und über die angeblichen Verfehlungen des Gouverneurs von New York, Andrew Cuomo, lamentiert wurde.

Die Menschen, die derzeit zu Hunderttausenden aus Mittelamerika Zuflucht in den USA suchen, fliehen aus Ländern, die durch das jahrzehntelange Wüten des US-Imperialismus zerstört wurden.

Wohl kaum ein anderer aktiver amerikanischer Politiker trägt so viel persönliche Mitschuld an diesen Verbrechen wie Präsident Biden. In den 1970er und 1980er Jahren kam es zu einer Welle reaktionärer Gewalt, bei der Diktatoren mit Unterstützung der USA Hundertausende Bauern und Arbeiter töten ließen. Im Jahr 1999 inszenierte sich Biden als Architekt des sogenannten „Plan Colombia“, der die kolumbianische Regierung dazu ermächtigte, der Armee polizeiliche Aufgaben zu übertragen. Als Vorwand wurde der Krieg gegen Drogen angeführt. Das Programm ist jedoch nichts anderes als eine brutale Militarisierungskampagne, die von den Regierungen Clinton, Bush und Obama angeführt wurde. Im Januar 2020 prahlte Biden: „Ich war es, der den Plan Colombia auf die Beine gestellt hat.“

Durch den Plan Colombia flossen Milliarden Dollar in die Ausbildung und Bewaffnung des kolumbianischen Militärs. Rund sieben Millionen Kolumbianer verloren ihr Obdach, und von 2003 bis 2007 tötete das Militär Tausende Zivilisten. Um Sonderprämien zu erhalten, wurde fälschlicherweise behauptet, es handle sich bei den Getöteten um im Kampf gefallene Guerillasoldaten („Falsos-Positivos-Skandal“).

Der Plan Colombia umfasste zudem brutale, vom IWF geforderte Sparmaßnahmen, in dessen Folge Löhne und Renten gekürzt wurden. Kolumbien gilt seither als eines der Länder mit der größten sozialen Ungleichheit weltweit. Durch die vermehrte Drogenproduktion wurde die Gewalt im Land angeheizt, und die Handelsrouten für Drogen in Mittelamerika und Mexiko wurden ausgeweitet.

Dieses Vorgehen wurde zum Modell für eine ähnliche Politik in ganz Mittelamerika. Mitte der 2010er flossen unter dem damaligen Vizepräsidenten Biden 750 Millionen Dollar in die Ausbildung und Bewaffnung des Militärs und der Todesschwadronen in Honduras (wo Obama 2009 einen Putsch durchführen ließ), Guatemala und El Salvador.

Der ungebrochene Strom von Einwanderern zeugt nicht nur von der historischen Zerstörung Lateinamerikas durch den US-Imperialismus, sondern auch von der katastrophalen Reaktion der globalen herrschenden Klasse auf die Corona-Pandemie, die den Kontinent härter getroffen hat als jede andere Region der Welt.

Obwohl in Lateinamerika nur acht Prozent der Weltbevölkerung leben, entfallen rund ein Drittel der weltweiten Corona-Toten auf diesen Kontinent – insgesamt über 750.000 Menschen. Infolge von Wirbelstürmen und der Pandemie sind die Lebensmittelpreise in den letzten Jahren in die Höhe geschnellt, Millionen Menschen leiden unter Nahrungsmittelknappheit. Trotz Massenarbeitslosigkeit erhalten Arbeiter, Bauern und Kleinunternehmen kaum soziale Unterstützung.

Seit Monaten erpresst der amerikanische Pharmakonzern Pfizer lateinamerikanische Regierungen, indem er den Verkauf von Impfstoffen an die Bedingung knüpft, dass Botschaftsgebäude und andere staatliche Vermögenswerte als Sicherheiten gestellt werden. Laut einem Bericht des Bureau of Investigative Journalism hat dies bereits zu einer dreimonatigen Verzögerung bei der Bereitstellung von Impfstoffen geführt.

Der Exodus aus Mittelamerika verdeutlicht, dass die sozialen Gegensätze auf der ganzen Welt zum Zerreißen gespannt sind.

In der Zeitschrift Foreign Affairs vom Januar/Februar weist der ehemalige kolumbianische Botschafter in den USA, Luis Alberto Moreno auf die Massenproteste hin, die sich 2018 und 2019 in Lateinamerika ausbreiteten. Gleichzeitigt warnt er vor den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Bewusstsein der Massen:

Sollte weiterhin nicht unternommen werden, wird Lateinamerika zu einer noch größeren Quelle der Instabilität, als es ohnehin bereits ist. Weder die Eliten des Kontinents noch die der Vereinigten Staaten werden davor gefeit sein. Wirtschaftlich stagnierende Regionen, in denen sich Straßenproteste, politische Instabilität und organisierte Kriminalität ausbreiten, sind nicht die alptraumhafte Vision eines bevorstehenden verlorenen Jahrzehnts – sondern die Realität, mit der viele Länder Lateinamerikas jetzt konfrontiert sind.

Zwar sind die Proteste in anderen Ländern abgeklungen, doch gehen die meisten Beobachter davon aus, dass dies vor allem auf die Notwendigkeit sozialer Distanzierung aufgrund von Corona zurückzuführen ist. Die Pandemie mag die Proteste tatsächlich kurzfristig abgekühlt haben, doch Beobachter erwarten, dass sich die zugrundeliegenden Missstände und die allgegenwärtige soziale Ungleichheit mit der Zeit dramatisch verschlimmern werden.

Die Finanzaristokratie ist sich der Wut der Massen, ausgelöst durch die schreiende soziale Ungleichheit und die massenhaften Todesfälle durch Covid-19, durchaus bewusst. Um ihre privilegierte Stellung im Kapitalismus zu verteidigen, macht sie Immigrantenkinder zum Sündenbock für das Massensterben, das durch die parasitäre Politik der herrschenden Klasse selbst herbeiführt wurde.

Zu einer derartigen Niedertracht ist nur eine Klasse fähig, die wie ein Krebsgeschwür auf Kosten der Gesellschaft lebt. Die internationale Arbeiterklasse muss sich ihrer sozialen Kraft bewusst werden und die Gesellschaft auf Basis eines sozialistischen Programms von Grund auf verändern. Dies erfordert einen bewussten politischen Kampf für die Einheit aller Arbeiter, unabhängig von Rasse, Nationalität und Aufenthaltsstatus.

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