Nach dem faschistischen Putschversuch in Washington, D.C. am 6. Januar zeigen neue Erkenntnisse, dass neben den Republikanern auch Teile des Militärs und der Polizei an dessen Vorbereitung beteiligt waren. Die Gefahr ist nach wie vor nicht gebannt, da Trump noch für neun weitere Tage im Amt ist und das Weiße Haus als Schaltzentrale für seine Versuche benutzt, um einen Machtwechsel zu verhindern. Alles deutet darauf hin, dass es am 20. Januar, dem Tag der Amtseinführung des designierten Präsidenten Joe Biden, zu einem zweiten Putschversuch kommen könnte.
Die Mainstream-Medien behaupten derweil, dass die nur geringe Polizeipräsenz während der Stürmung des Kapitols ein Fehler oder gar ein Versehen gewesen sei. Doch das entspricht nicht den Tatsachen: Es war Teil einer Verschwörung auf höchster Ebene.
Im Vorfeld der Kundgebung weigerten sich die Geheimdienste, die Aufstandspläne zur Kenntnis zu nehmen, die Teilnehmer und Organisatoren offen im Internet zirkulierten. Laut dem Wall Street Journal vom vergangener Freitag haben „das FBI und eine Geheimdiensteinheit innerhalb des Heimatschutzministeriums keine Bedrohungsanalyse der Pro-Trump-Proteste am 6. Januar erstellt“. Dabei werden solche Analysen im Vorfeld von friedlichen, linken Demonstrationen immer durchgeführt und die Polizei in die Lage versetzt, sie polizeilich zu unterdrücken und ihre Teilnehmer zu identifizieren.
Ebenfalls letzte Woche hieß es zudem in der Washington Post, das Pentagon habe vor der Kundgebung die Entwaffnung der Nationalgarde in Washington, D.C. angeordnet. Entsprechend erfolgte eine bewaffnete Reaktion erst viele Stunden später, als Verstärkung aus anderen Bundesstaaten eintraf:
Das Pentagon hat der Nationalgarde von Washington, D.C. im Vorfeld der Pro-Trump-Proteste diese Woche enge Grenzen gesetzt (...) Gemäß den Mitteilungen, die am Montag und Dienstag auf Nachfrage der Bürgermeisterin der Stadt veröffentlicht wurden, ordnete das Pentagon an, dass die Nationalgardisten in der Hauptstadt weder Munition noch Kampfausrüstung erhalten sollten. Ihre Interaktion mit den Demonstranten sollte sich auf Selbstverteidigungsmaßnahmen beschränken. Laut den Beamten, die mit den Anordnungen vertraut waren, wurde der Nationalgarde außerdem verboten, den lokalen Polizeibehörden ihre Ausrüstung, Überwachungsgerät und Luftüberwachung zur Verfügung zu stellen, solange dies nicht ausdrücklich vom Verteidigungsminister angeordnet würde.
Doch selbst als die Anordnung erfolgte, weigerte sich das Pentagon stundenlang, auf die Anfrage von Larry Hogan, republikanischer Gouverneur von Maryland, zu reagieren und die Nationalgarde seines Bundesstaates, der direkt an Washington D.C. grenzt, gegen die Aufständischen zu mobilisieren. Am Mittwochabend spielte der Secretary of the Army, Ryan McCarthy, diese Verzögerung herunter. Er behauptete, es habe „etwas Verwirrung“ gegeben, nachdem führende Kongressmitglieder aus einem Bunker heraus Hogan angerufen hatten und ihn baten, die Nationalgarde zu mobilisieren, um ihr Leben zu retten.
Dass das Pentagon erst so spät auf Hogans Anforderung reagiert hat, rechtfertigte McCarthy damit, dass „viele Fragen gestellt“ worden seien. Entsprechend habe das Militär Zeit gebraucht, um „die Geschehnisse wirklich zu verstehen“ und eine Reaktion „auszuarbeiten", was aber "unglaublich flüssig“ vor sich gegangen sei.
Immer neue Informationen kommen ans Licht, wie sich die am Kapitol stationierte Polizei verhielt, als das Gebäude gestürmt wurde. Es ist bereits bekannt, dass mehrere Polizisten die Absperrungen öffneten und Demonstranten den Zutritt in das Gebäude ermöglichten. Ein am Freitag veröffentlichtes Video zeigt allerdings, dass auch im Inneren des Kapitols Polizisten zur Seite traten und den Randalierern Zugang zu einem nicht öffentlichen Gebäudeteil ermöglichten. Nur Sekunden davor stand dort noch eine Gruppe von Kongressabgeordneten.
Theortis Jones, Polizist im Ruhestand, der 37 Jahre lang bei der Capitol Police tätig war, erklärte am vergangenen Freitag in einem aufschlussreichen Interview mit CNN: „Ich glaube, man hat ihnen erlaubt, das zu tun, was sie getan haben.“ Der Moderator nahm das so hin und unterließ es, nachzufragen, wer denn die Sicherheitskräfte angewiesen habe, tatenlos beiseitezutreten. Das Interview endete abrupt, als der Veteran sagte: „Man hat zugelassen, dass diese Leute ins Kapitol eindrangen.“
Die Parteiführung der Demokraten brüstet sich damit, sie werde den Tod eines Polizisten, der während der Ausschreitungen vor Ort war, untersuchen lassen. Doch diese „Untersuchung“ wird von der Capitol Police und dem FBI durchgeführt – also genau von den Institutionen, die eigentlich selbst Gegenstand einer gründlichen Untersuchung sein müssten, um ihre Rolle in diesem Komplott vollständig aufzuklären.
Die Kongressabgeordnete Zoe Lofgren (Demokraten) berichtete der Presse, der Chef der Capitol Police habe ihr gesagt, die Nationalgarde sei im Vorfeld des 6. Januar in Alarmbereitschaft versetzt worden. Sie erklärte: „Der Polizeichef war nicht ehrlich. Es war eine Lüge. Sie wurden nicht mobilisiert.“ Und trotzdem darf die Capitol Police Ermittlungen gegen sich selbst durchführen.
Daneben kamen auch Details darüber ans Licht, wie nahe der Aufruhr am Mittwoch am Rande eines Massakers oder einer Massenentführung war. Die Korrespondentin Lisa Desjardins von PBS Newshour erklärte am Freitag auf dem Radiosender NPR, sie habe erkannt, in welcher Gefahr sie sich befand, als sie merkte, dass die Polizei ihre Posten im Inneren des Kapitols verlassen hatte. Sie war in einem Raum eingesperrt, in dem sich mehrere Kongressabgeordneten an den Händen hielten, gemeinsam beteten und um ihr Leben fürchteten.
Ein Berater aus dem Umfeld von Vizepräsident Mike Pence erklärte am Freitag gegenüber CNN, die Trump-Regierung habe Pence nicht kontaktiert und nichts unternommen, um seine Sicherheit zu gewährleisten. Pence war gemeinsam mit seiner Frau, seiner Tochter und seinem Bruder im Kapitol. Er sollte dort die Bestätigung der Wahlmännerstimmen leiten. CNN schrieb dazu:
Laut einer Quelle riefen mehrere gewalttätige Trump-Anhänger, die im Kapitol randalierten: „Wo ist Mike Pence?“ Der Ruf versetzte den Vizepräsidenten und seine Familie in Angst und Schrecken. Der Präsident und seine obersten Berater haben offenbar keinen Finger gerührt, um zu gewährleisten, dass Pence und seine Familie unverletzt blieben.
Derweil bereiten faschistische Milizen sich im Internet schon auf den Tag von Bidens Amtseinführung vor. Hampton Stall, ein Experte für die extreme Rechte und Chefredakteur von MilitiaWatch, erklärte gegenüber der World Socialist Web Site:
Im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 6. Januar kursieren viele rätselhaften Anspielungen und auch offene Diskussionen über die Gewaltanwendung. Was den Tag der Amtseinführung betrifft, gibt es viel Organisatorisches, das hauptsächlich mit mehreren, seit mindestens einem Monat geplanten Bewegungen in Zusammenhang steht. Besonders sticht dabei der Million Militia March hervor, der offenbar für den 20. Januar am Kapitol vorbereitet wird. In den Chatgruppen der Milizen werden dafür Propaganda und Veranstaltungsflyer verbreitet.
Im Vorfeld von Bidens Amtseinführung planen Milizen zudem weitere Proteste in den Hauptstädten verschiedener Bundesstaaten. Stall fügte hinzu, die Demonstranten am 6. Januar in Washington, D.C. seien zwar größtenteils unbewaffnet gewesen, doch dies könne sich am 20. Januar ändern:
Am 17., 18., 19. und 20. Januar sind mehrere Veranstaltungen in den Hauptstädten verschiedener Bundesstaaten geplant. Die Informationen, die aus den Flyern für die Veranstaltung hervorgehen, deuten auf eine Mischung verschiedener ideologischer Tendenzen der Organisatoren hin, darunter „2A“-Aktivisten, offene Aufmärsche von Milizen, die Boogaloo-Bewegung oder auch völlig andere Richtungen. Die einzige Gemeinsamkeit ist, dass alle vom Wesen her ausdrücklich rechts sind und vieles auf militante oder bewaffnete Versammlungen hindeutet.
Genau ein Jahr vor der geplanten Amtseinführung Bidens, am 20. Januar 2020, fand in Richmond (Virginia) die größte bewaffnete Demonstration in der Geschichte der USA statt, an der sich etwa 10.000 Faschisten beteiligten. Im Dezember erklärte Trumps faschistischer Berater Stephen Miller: „Das einzig relevante Datum in der Verfassung ist der 20. Januar.“ Er fügte hinzu, es sei der „Stichtag“, um Trumps Präsidentschaft zu schützen.
Trotz dieser eindeutigen und akuten Gefahr sind die Demokraten mit Vertuschungsaktionen beschäftigt, um den Ausbruch von sozialem Widerstand gegen die anhaltende Gefahr einer Diktatur zu unterbinden. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi verteilte am vergangenen Freitag einen Brief an ihre Fraktion, in dem sie sich weigerte, eine Untersuchung über die an der Verschwörung Beteiligten zu fordern. Der designierte Präsident Biden erklärte am selben Tag auf einer Pressekonferenz, er sei gegen ein Amtsenthebungsverfahren von Trump und fordere auch nicht dessen Rücktritt.
Die Demokraten sind sich sehr wohl der Gefahr bewusst, die von Trump im Weißen Haus ausgeht. Sie vermeiden jedoch, dies öffentlich auszusprechen. Die Demokraten befürchten, den sozialen Widerstand der arbeitenden Bevölkerung zu mobilisieren, die den Faschismus ablehnen und über Trumps Rolle bei dem Putsch am Mittwoch wütend sind.
Laut der New York Times hat Pelosi mit Generalstabschef Mark Milley darüber gesprochen, wie man verhindern könne, "dass ein labiler Präsident militärische Auseinandersetzungen auslöst oder Zugang zu den Abschusscodes der Atomwaffen erhält“. Milleys Sprecher sagte der Times, der General habe „ihre Fragen in Bezug auf den Prozess der Befugnis zum Einsatz von Atomwaffen beantwortet“.
Aber in der Öffentlichkeit präsentierte Pelosi für die Vorfälle eine völlig andere Erklärung. Am Donnerstag erklärte sie auf einer Pressekonferenz absurderweise, der Putschversuch am Mittwoch sei vom Kreml in Moskau gesteuert worden:
Die Botschaft an die Welt war, dass dieser Präsident nichts als ein Werkzeug Putins ist. Putins Ziel war es, die Rolle, nein das Ansehen der Demokratie in der Welt zu schmälern. Darum ging es. Mit Ihnen, Mr. President, führen alle Wege zu Putin. Putin will die Demokratie untergraben. Das macht er in Russland und überall in der Welt. Und der Präsident hat Putin gestern das größte Geschenk überhaupt gemacht.
Die Socialist Equality Party (USA) fordert eine umfassende Untersuchung sämtlicher Mitglieder des Staatsapparates, die hinter dieser anhaltenden Verschwörung stecken. Dazu gehören auch Trumps Familie, Mitch McConnell, Ted Cruz, Josh Hawley sowie die mehr als 100 republikanischen Kongressabgeordneten, die gegen das Wahlmännerkollegium gestimmt haben.