Perspektive

Nach dem Mordkomplott in Michigan appelliert Trump weiter an Rechtsextreme

Seit die Behörden und Staatsanwälte in Michigan die Verhaftung von dreizehn Personen im Rahmen eines Komplotts zur Entführung und Ermordung der demokratischen Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, bekannt gegeben haben, verstärken Präsident Donald Trump und sein Führungskreis ihre Appelle an die faschistische Rechte.

Während sich das Zentrum des Komplotts in Michigan befand, sind neue Informationen aufgetaucht, die deutlich machen, dass die Beschuldigten in eine weitaus umfassendere und fortdauernde landesweite Verschwörung verwickelt waren. In der am vergangenen Donnerstag eingereichten Strafanzeige hieß es, die Verschwörer von Michigan hätten einen Plan zu „gewaltsamen Aktionen gegen Regierungen mehrerer Bundesstaaten“ verfolgt.

Die Verschwörer hatten eindeutig den Eindruck, dass sie mit Unterstützung des Weißen Hauses handelten. Sogar nachdem das Komplott aufgedeckt wurde, griff Trump am Sonntag Whitmer an, weil sie sich „beschwert“ und „geweint“ habe über die Drohung, entführt und ermordet zu werden. Am Samstag posierte Trump als Mussolini, indem er vom Balkon des Weißen Hauses aus eine Rede hielt, in der er vor einem überschaubaren Publikum über die drohende Gefahr sprach, dass das Land von „Sozialisten“ und „Kommunisten“ übernommen wird.

Als deutliches Signal an seine rechtsextremen Anhänger kündigte Trumps Wahlkampfteam am Wochenende an, dass der Sohn des Präsidenten, Eric Trump, in einem Waffengeschäft in New Hudson (Michigan) eine Veranstaltung abhalten wird. Der Ort liegt nur wenige Kilometer von Milford und Waterford Township entfernt, wo zwei der dreizehn faschistischen Verschwörer verhaftet wurden. Das Wahlkampfteam kündigte auch an, dass Vizepräsident Pence am Mittwoch an einer Kundgebung in Grand Rapids (Michigan) teilnehmen wird, einem weiteren Zentrum rechter Bürgerwehren.

Grand Rapids ist die Stadt, in der zwei der Verschwörer aus Michigan, Michael und William Null, diesen Sommer bei einer Demo gegen den Lockdown auftraten und zusammen mit dem Sheriff des Barry County, Dar Leaf, fotografiert wurden. Leaf wiederum ist einer der Führer der Constitutional Sheriffs and Peace Officers Association (CSPOA), einem faschistischen Polizeinetzwerk, das von dem prominenten Trump-Anhänger und ehemaligen Sheriff von Maricopa (Arizona), Joe Arpaio, gegründet wurde. Leaf war 2016 zum „Sheriff des Jahres“ der CSPOA ernannt worden.

Leaf erklärte am Donnerstag, dass die Verschwörer möglicherweise gerade eine „Bürgerverhaftung“ (citizens arrest, im Deutschen auch bekannt als „Jedermann-Festnahme“) von Whitmer planten und machte deutlich, dass er ihre Handlungen für gerechtfertigt hält. Zuvor hatte er sich geweigert, Beschränkungen für Unternehmen durchzusetzen, die durch staatliche Vorschriften vorgegeben sind.

Mike Shirkey, republikanischer Mehrheitsführer des Senats im Bundesstaat Michigan, soll im April auf die Tribüne des Parlamentsgebäudes von Michigan getreten sein, um die Faschisten zu begrüßen – unter ihnen mindestens einer der letzte Woche verhafteten Männer –, die ihre Sturmgewehre ins Gebäude mitgebracht hatten, um Abgeordnete zu bedrohen.

Einzelne Medienberichte von Anfang dieses Jahres werfen auch zahlreiche Fragen über die Rolle der Verantwortlichen seitens der Trump-Kampagne und der Finanziers bei der Unterstützung der Anti-Lockdown-Proteste auf, die den Verschwörern zur Planung ihres Putsches dienten.

Drei Gruppen, die Finanzmittel für die Anti-Lockdown-Proteste zur Verfügung stellten – die Michigan Conservative Coalition (MCC), der Michigan Freedom Fund und das Convention of States Project –, haben enge Verbindungen zu führenden Unterstützern von Trump. Dazu zählt auch die MCC-Gründerin Meshawn Maddock, eine von Trumps Wahlkampfberaterinnen und Leiterin der Gruppe „Frauen für Trump“.

Greg McNeilly, ein langjähriger Berater der Milliardärsfamilie DeVos, leitet den Michigan Freedom Fund. Betsy DeVos ist Trumps Bildungsministerin. Ihr Bruder, Erik Prince, ist der ehemalige CEO der Söldnerfirma Blackwater (heute bekannt als Xe) und ein enger Mitarbeiter des ehemaligen Trump-Beraters Steven Bannon und der Söhne von Trump, Eric und Don Jr. Das Convention of States Project wird von der milliardenschweren Mercer-Familie finanziert, hat enge Verbindungen zum führenden Beamten der Einwanderungsbehörden, Ken Cuccinelli, und dem Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung, Ben Carson, und wird von Eric O'Keefe, einem engen Berater der Koch-Familie, geleitet.

Auch über die Verbindungen der verhafteten Verschwörer mit anderen Milizen im ganzen Land zeichnen sich weitere Einzelheiten ab. Einer der Milizionäre, Barry Croft, war ein prominentes Mitglied der faschistischen Three Percenters und des Patriot Movement. National Public Radio bezeichnete ihn als „eine sichtbare Gestalt“, die „als Unbekannter Wellen schlug, der versuchte, die nationale Führung der Three Percenters zu straffen“, und der auf der Grundlage von Interviews mit anonymen Milizenführern „eine führende Rolle in der Bewegung“ anstrebte.

Zwei der Verschwörer, Daniel Harris und Joseph Morrison, waren Mitglieder des Marine Corps – Harris von 2014 bis 2019 und Morrison als Reservist von 2015 bis letzten Donnerstag, dem Tag der Anklageerhebung. Harris war in Camp Lejeaune in North Carolina stationiert, einem bekannten Zentrum faschistischer Zellen.

Je mehr Einzelheiten über das Ausmaß der Verschwörung bekannt werden, desto auffälliger sind die Bemühungen der Medien und der Demokratischen Partei, die Verschwörung herunterzuspielen.

Bei einer öffentlichen Veranstaltung am Samstag in Pennsylvania verwies der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden vage auf die Möglichkeit von „Schikanen“ bei den Wahlen am 3. November. Als Hinweis darauf, wie sensibel herrschende Kreise darauf reagieren, die Aufmerksamkeit auf Trumps Verschwörung zu lenken, sah sich Biden Stunden später gezwungen, seine Kommentare zu widerrufen und sagte dann, er wolle nur betonen, dass er das Ergebnis respektieren würde, sofern er verliert. Biden sagte, die Wähler sollten „nicht auf Trumps Drohungen achten“, die darin bestünden, „die Menschen zu beeinflussen und vom Wählen abzuschrecken.“

In einem Interview vom Sonntag mit Gouverneurin Whitmer deutete Margaret Brennan von CBS an, dass Whitmer selbst für die Provokation des faschistischen Komplotts verantwortlich sei: „Frau Gouverneurin, dies sind Ihre Wähler. Wie bringen Sie, in Ihrem Staat, die Dinge in Einklang? Ich weiß, Sie reden über den Präsidenten und die Rhetorik, aber was tun Sie, um das anzugehen?“ Whitmer antwortete daraufhin, dass sie mit allen Menschen aus Michigan zusammenarbeiten wolle, auch mit denen, die gegen sie sind.

Das relative Schweigen der Medien und der Demokratischen Partei steht in krassem Gegensatz zum entrüsteten Geschrei des Establishments der Demokratischen Partei über die haltlose Behauptung, Russland habe die Wahl 2016 für Trump gestohlen, mit Facebook-Werbung im Wert von ein paar tausend Dollar. Wenn es darum geht, die Interessen des Apparats aus Militär und Geheimdiensten zu fördern, sind die Demokraten rücksichtslos. Aber wenn es darum geht, die grundlegendsten demokratischen Rechte zu schützen, haben die Demokraten Angst davor, etwas zu tun, das breiteren gesellschaftlichen Widerstand auslösen könnte.

Da die Wahl in etwas mehr als drei Wochen bevorsteht, treibt Trump seine eigenen Verschwörungen voran, um unabhängig von ihrem Ausgang an der Macht zu bleiben. Er rechnet mit der Unterstützung der Wall Street, die seine Politik der „Herdenimmunität“ unterstützt, sowie mit faschistischen Kräften innerhalb der Polizei, der Einwanderungsbehörden, des Militärs und der Geheimdienste. Trump rechnet außerdem damit, dass sich die Demokratische Partei vor der Opposition in der Arbeiterklasse derart fürchtet, dass sie eher einen Putsch durch Trump akzeptieren würde, als eine soziale Explosion zu riskieren.

Aber selbst wenn die Demokraten mit Unterstützung des Militärs und der Geheimdienste Trump daran hindern, nach der Wahl an der Macht zu bleiben, wird dies nichts am grundsätzlichen Kurs der amerikanischen Politik ändern.

Unabhängig vom Ausgang der Wahlkrise im November werden sich die in den letzten Wochen zutage getretenen Tendenzen nur noch verstärken. Wenn Trump besiegt wird, werden seine Anhänger glauben, man sei ihrem Kandidat „in den Rücken gefallen“, was zur Rechtfertigung eines weiteren Rechtsrucks dienen wird. Bewaffnete Milizen werden als neues Element in der amerikanischen politischen Landschaft zur Normalität werden.

Die Arbeiterklasse kann nicht passiv darauf warten, dass sich die Ereignisse entwickeln. Sie muss mit ihrem eigenen Programm in diese Krise eingreifen. Im Kampf gegen die Trump-Regierung und den Rückgriff der herrschenden Klasse auf Diktatur und faschistische Verschwörungen muss sie eine unabhängige Bewegung für den Sozialismus aufbauen.

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