Perspektive

Komplott gegen Amerika und die Welt:

Wie US-Regierung und Medien die Wahrheit über die Covid-19-Pandemie unterdrückten

Am Mittwoch veröffentlichte einer der führenden Reporter der Washington Post, Bob Woodward, der als Insider in Kreisen des Establishments gilt, Aufnahmen von Telefongesprächen mit US-Präsident Donald Trump. Diese Aufnahmen machen deutlich, dass sich das Weiße Haus – bei all seinen Bemühungen, die Bedrohung durch Covid-19 in der Öffentlichkeit herunterzuspielen – schon im Januar der enormen Gefahr, die von der tödlichen neuen Krankheit ausgeht, voll bewusst war.

Die Tonaufnahmen belegen, dass die Trump-Regierung die Öffentlichkeit über die Gefahren belogen hat, während sie gleichzeitig bewusst eine Politik verfolgte, die zum Tod von fast 200.000 Menschen in den USA geführt hat.

Während der kritischen Phase von Januar bis März, in der rechtzeitige Maßnahmen, ähnlich denen in China, Hunderttausende von Leben in den Vereinigten Staaten und international hätten retten können, traf das Weiße Haus die kaltblütige Entscheidung, die Öffentlichkeit zu belügen – ein beispielloses Verbrechen.

Was sich hier zeigt, ist ein Komplott gegen die Bevölkerung in Amerika und auf der ganzen Welt.

Am 7. Februar sagte Trump gegenüber Woodward, er habe gerade ein Gespräch mit dem chinesischen Präsidenten Xi Xinping geführt, der dem amerikanischen Präsidenten eine klare und unverblümte Einschätzung der Gefahren der Pandemie gegeben habe. „Das ist tödliches Zeug“, sagte Trump. „Es ist tödlicher ... sogar als die aggressive Grippe ... das sind fünf Prozent [Falltodesrate] gegenüber einem Prozent und weniger als einem Prozent.“

Diese Worte standen in eklatantem Widerspruch zu dem, was Trump in den folgenden Wochen und Monaten in der Öffentlichkeit äußerte. Er stellte die Pandemie mit der saisonalen Grippe auf eine Stufe, versprach dabei, sie würde „verschwinden“, und behauptete, die Fälle würden „zurückgehen“.

In seinem Gespräch mit Woodward verzichtete Trump auf die wissenschaftsfeindliche Demagogie seiner öffentlichen Erklärungen. Er zeigte ein klares und präzises Verständnis davon, wie sich die Krankheit ausbreitet. „Es geht durch die Luft, Bob. Das ist immer komplizierter als bei Berührung“, sagte Trump – eine Einschätzung, die voll und ganz mit dem im Einklang steht, was in der Wissenschaft Konsens ist.

Am 28. Januar wurde Trump laut Woodward von seinem nationalen Sicherheitsberater Robert C. O‘Brien mitgeteilt: „Dies wird die größte Bedrohung der nationalen Sicherheit sein, mit der Sie während Ihrer Präsidentschaft konfrontiert sein werden. … Dies wird die härteste Sache sein, mit der Sie konfrontiert sein werden.“

Woodward nimmt im amerikanischen Journalismus eine einzigartige Position ein. Sein Name ist mit der Aufdeckung der Watergate-Affäre verbunden, die 1974 zum Rücktritt von Präsident Richard Nixon führte. Seitdem machte Woodward Karriere, indem er seinen praktisch schrankenlosen Zugang zu den höchsten Ebenen des Staatsapparats nutzte, um Insiderberichte aus dem Weißen Haus unter verschiedenen Regierungen zu veröffentlichen. Die Trump-Aufnahmen entstanden im Rahmen von Interviews, die Woodward für sein neues Buch über das Weiße Haus unter Trump führte.

Woodward machte Karriere, indem er auf täglicher Basis, noch während sich die Watergate-Untersuchung der Washington Post entfaltete, deren Ergebnisse veröffentlichte. Die Tatsache, dass Woodward dieses Mal Informationen zurückgehalten hat, die Zehntausende von Leben hätten retten können, macht ihn im Grunde zu einem Mittäter bei dem vom Weißen Haus begangenen Verbrechen.

Wenn Woodward diese Bänder nun veröffentlicht, nachdem er sie sechs Monate lang unter Verschluss hielt, so geschieht dies deshalb, weil die Krise vor dem Hintergrund der bevorstehenden Wahlen die Spaltung innerhalb des Staatsapparats massiv verschärft hat. Doch mit der Entscheidung, diese Informationen nun zu veröffentlichen, haben Trumps Gegner innerhalb des Staatsapparats deutlich gemacht, dass sie als Komplizen in eine gewaltige Vertuschungsaktion verwickelt sind.

Trump und sein Kabinett waren sicherlich nicht die einzigen, die Informationen der Geheimdienste über die Pandemie erhalten haben. Es ist bekannt, dass hochrangige Senatoren und Kongressabgeordnete regelmäßig Briefings von den US-Geheimdiensten erhalten. Auch ehemalige Präsidenten haben weiterhin Zugang zu nachrichtendienstlichen Informationen. Diese Briefings wären den Redakteuren der führenden amerikanischen Zeitungen durch ihre „anonymen Quellen“, die von der New York Times und der Washington Post so häufig angeführt werden, nicht verborgen geblieben.

Darüber hinaus ist es nicht denkbar, dass Woodward, der Tonaufnahmen in seinem Besitz hatte, die für Zehntausende von Menschen über Leben und Tod entschieden hätten, diese nicht mit seinen Kollegen bei der Post und anderen großen Medienunternehmen besprochen hätte.

Mit anderen Worten: Trump war nicht die einzige Partei in dieser Verschwörung. Die Bänder sind ein unmittelbarer Beweis dafür, dass die Medien sich der Gefahren bewusst waren, sich aber weigerten, bei der amerikanischen Bevölkerung Alarm zu schlagen.

Die für die Watergate-Affäre grundlegenden Fragen „Was wusste der Präsident, und wann wusste er es?“ haben sich erweitert und lauten heute: „Was wussten die Regierung, der Kongress und die Medien, und wann wussten sie es?“

In einem späteren Telefonat am 19. März erklärte Trump gegenüber Woodward, warum er die Gefahr der Krankheit herunterspielen wollte. „Ich wollte sie immer herunterspielen. ... Ich spiele sie immer noch gerne herunter, weil ich keine Panik auslösen will.“

Von welcher „Panik“ sprach Trump? Es ging ihm in erster Linie darum, einen Abverkauf an den Börsen einzudämmen, bevor die Rettungspakete für die Wall Street in Stellung gebracht wurden. Da die Arbeiter in den Fabriken über die Ausbreitung der Krankheit zunehmend beunruhigt waren, fürchtete er sich zudem vor Massenstreiks der Arbeiterklasse, wie jenen, die letztlich zur Schließung der US-Autowerke im März führten.

Anstatt die Öffentlichkeit im Januar über das zu informieren, was sie wusste, machte sich die Regierung an die Arbeit, um Vorbereitungen für den Ausbruch der Pandemie zu treffen, und zwar nicht durch Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche, sondern durch die größte Rettungsaktion für Großunternehmen in der Weltgeschichte. Diese wurde, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfuhr, in aller Stille vorbereitet.

Als klar wurde, dass Lockdowns unvermeidlich waren, und die Märkte im März in den freien Fall gerieten, stand die Regierung mit einem Rettungspaket in Höhe von 6 Billionen Dollar bereit, das in Rekordzeit verabschiedet wurde. Als die Rettung der Banken und Großkonzerne in trocknen Tüchern war, begann die Regierung mit der Kampagne, um Millionen von Arbeitern in die Fabriken und Kinder in die Schulen zurückzutreiben.

Die Aufzeichnungen von Trumps Gesprächen mit Woodward sind eine eindrucksvolle Bestätigung der Einschätzung der Socialist Equality Party. Die SEP erklärte in einer Resolution, die in der deutschsprachigen Ausgabe der WSWS am 3. August veröffentlicht wurde, dass die US-Regierung bewusst versucht habe, Informationen über die Pandemie zu unterdrücken:

Die Regierung der Vereinigten Staaten und ihre Geheimdienste haben in den ersten Tagen des Jahres 2020 – höchstwahrscheinlich bereits Mitte Dezember 2019 – begriffen, dass die Welt am Rand einer Katastrophe im Gesundheitswesen steht.

Bezüglich des Zeitabschnitts zwischen Dezember und März schrieben wir:

Während dieser kritischen Monate trafen die Trump-Regierung und die Demokraten und Republikaner im Kongress katastrophale Entscheidungen. Im Auftrag der Konzern- und Finanzelite räumten sie der Rettung von Banken, Großkonzernen und mächtigen Investoren an der Wall Street Vorrang ein. Dies war für sie wichtiger, als Menschenleben zu schützen und die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen.

Weiter heißt es in dem Dokument:

Trotz der extremen Gesundheitsgefahren, die von der Ausbreitung des Virus ausgehen, kümmerte sich die herrschende Klasse von Anfang an nahezu ausschließlich um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie, also um die Folgen für den Aktienmarkt und das Privatvermögen der reichsten ein bis fünf Prozent der Gesellschaft. Die Finanzoligarchen befürchteten, dass eine klare öffentliche Aussage zu den Gefahren eine Panik am Markt auslösen würde, sodass dieser „ins Schlingern geraten oder die Kurse womöglich stark einbrechen“ könnten.

Wären Trumps Aussagen früher veröffentlicht worden, hätte dies Zehn- oder sogar Hunderttausende von Leben retten können. Medizinische Experten, auch innerhalb der Trump-Regierung selbst, haben das massive Wiederaufflammen der Pandemie in den Vereinigten Staaten darauf zurückgeführt, dass die Lockdowns nur teilweise umgesetzt und zudem voreilig aufgehoben wurden. Die frühere Freigabe dieser Aufnahmen hätte dazu beitragen können, in der Öffentlichkeit die Forderung nach strengeren Lockdowns zu stärken, die unzählige Leben hätten retten können.

Warum hat Woodward also mit der Veröffentlichung der Bänder gewartet, bis die Lockdowns in allen Bundesstaaten aufgehoben, die Arbeiter an ihre Arbeitsplätze zurückgetrieben und die Schulen wieder geöffnet worden waren?

Die von Woodward selbst gegebene Erklärung, er wolle die Geschichte „überprüfen“, kann nicht ernst genommen werden. Er hatte Tonbänder, auf denen der Präsident zugab, die Öffentlichkeit getäuscht zu haben. Es gab nichts zu „überprüfen“.

Es gibt noch eine andere Antwort: dass Woodward mehr Geld machen wollte, indem er die Veröffentlichung der Aufnahmen näher an den Erscheinungstermin seines Buches heranbrachte, während er den Tod zehntausender Menschen geschehen ließ. Aber solche Erwägungen eines Söldner kann die Vertuschung nicht erklären. Nein, der Zeitpunkt, zu dem Woodward das Material enthüllte, war eine Frage der staatlichen Politik. Als jemand, der jahrzehntelang ein fester Teil des Medienestablishments war, stützt sich Woodward bei seiner Berichterstattung auf ein Netz von Zugangs- und Einflussmöglichkeiten. Seine Enthüllungen werden diskutiert, überprüft und geplant.

Angesichts der Tatsache, dass im März täglich bis zu 5.000 Menschen starben, ist es nicht denkbar, dass er die Aufnahmen vor anderen geheim gehalten hat. Er wird sie zumindest mit anderen bei der Washington Post besprochen haben, wobei die Enthüllungen wahrscheinlich auch in den Chefetagen der New York Times und unter hochrangigen Mitgliedern der Demokratischen Partei bekannt waren.

Wie ist es zu erklären, dass die Zahl der Toten Woodward nicht dazu ermutigt haben, die Bänder früher zu veröffentlichen? Wenn die Demokraten, wie der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden nun behauptet, eine energische Reaktion des Gesundheitswesens auf die Pandemie gefordert hätten, hätten die Enthüllungen dann nicht auch ihre Position im Kampf für die Eindämmung der Krankheit gestärkt?

Die Wahrheit ist: Wenn die Bänder nicht freigegeben wurden, dann deshalb, weil die Demokraten nicht wollten, dass das geschieht. Sieht man von ihren Reden ab, haben die Demokraten in einer Weise auf die Pandemie reagiert, die sich kaum von Trumps Reaktion unterscheidet.

Während Trump die Bedrohung durch die Pandemie aktiv leugnete, schwiegen die Demokraten einfach. Einen ganzen Monat lang, zwischen dem 29. Januar und dem 29. Februar, als die Pandemie in den Vereinigten Staaten grassierte, veröffentlichte die New York Times keinen einzigen Leitartikel zu diesem Thema. Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein verkaufte nach einem Briefing im Geheimdienstausschuss des Senats am 24. Januar zwischen 1,5 und 6 Millionen Dollar ihrer Aktien bevor die Märkte einbrachen. Die Öffentlichkeit ließ sie über die Bedrohung im Unklaren.

Unter Bedingungen, unter denen die Redakteure der New York Times durch ihre „anonymen Quellen“ wahrscheinlich den Inhalt der Geheimdienst-Briefings im Weißen Haus und im Senat kannten, sowie aller Wahrscheinlichkeit nach auch über die Existenz von Woodwards Material Bescheid wussten, ließen sie es zu, dass Autoren wie Thomas Friedman öffentlich für eine Politik eintraten, die auf dem Konzept der „Herdenimmunität“ basiert und vorsieht, die Pandemie zügellos durch das Land ziehen zu lassen.

Die Post und die Times erklärten, dass die Amerikaner der Lockdowns „müde“ und „überdrüssig“ seien, obwohl Umfragen das Gegenteil zeigten. Sie förderten rechtsextreme Demonstrationen, bei denen zum Teil ganz offen Hakenkreuze zur Schau gestellt wurden, als legitimen Ausdruck des Wunschs der Bevölkerung, die Lockdowns zu beenden.

Als das Weiße Haus erklärte, es sei Sache der Gouverneure, wann die Bundesstaaten wieder geöffnet würden, hob jeder Bundesstaat die Einschränkungen auf. Einige der von Demokraten regierten Bundesstaaten warteten nicht einmal eine Reduzierung der Fallzahlen ab, wie es die Richtlinien der Seuchenbehörde Centers for Disease Control (CDC) vorschreiben.

Ebenso wie Trump sprechen die Demokraten für eine herrschende Klasse, der der Verlust an Menschenleben durch das Virus völlig gleichgültig war und deren Sorge ausschließlich den Auswirkungen der Pandemie auf die Aktienportfolios der Superreichen galt.

Kann man also noch von einem Zufall sprechen, wenn Woodwards Arbeitgeber, Amazon-Chef und Eigentümer der Washington Post, Jeff Bezos, sein Vermögen im vergangenen Jahr beinahe verdoppelt hat und damit als erster Mensch in der Geschichte über ein Nettovermögen von über 200 Milliarden Dollar verfügte?

Dass Woodwards Bänder erst jetzt erschienen sind, liegt in dem Konflikt begründet, der angesichts der bevorstehenden Wahl innerhalb der herrschenden Klasse ausgebrochen ist. Doch worin die Beweggründe der Fraktion, in der sich Trumps Gegner sammeln, auch bestehen mögen – die Aufnahmen belasten sie nicht weniger als Trump.

Nichts von dem, was die Regierung und die großen Medien von sich geben, kann man für bare Münze nehmen. Wenn sie es fertig gebracht haben, diese Bänder zu verstecken, werden sie vor keiner Lüge zurückschrecken. Die dringende Frage, die jetzt gestellt werden muss, lautet: Was wird dem amerikanischen Volk noch verheimlicht? Zweifellos sind die Medien und der Staat jetzt im Besitz von Informationen, die, wenn sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden, die Wiedereröffnung von Schulen und Arbeitsplätzen sofort stoppen würden.

Während die Post und die Times bemüht waren, die Verschwörung zu vertuschen, die sich in diesem Jahr ereignete, versuchte die World Socialist Web Site, sie aufzudecken. Es ist keine Überraschung, dass sich die Kampagne zur Verharmlosung der Pandemie zur gleichen Zeit abspielte wie die Bemühungen, die Zensur der WSWS zu intensivieren.

Was sich hier nach und nach zeigt, ist eine Verschwörung, um Menschenleben für Profite zu opfern, die von den höchsten Ebenen des Staates und der kapitalistischen Oligarchie aus orchestriert wurde. Trump hat diese Klassenpolitik mit all seinen Lügen und seiner Kriminalität in die Tat umgesetzt.

Trump hat sich am Tod von 200.000 Menschen schuldig gemacht. Doch das gilt nicht weniger für seine Mitverschwörer in den Medien und im politischen Establishment. Die Todesopfer der Pandemie sind ein soziales Verbrechen, für das die gesamte kapitalistische Ordnung verantwortlich ist.

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