Perspektive

Parteitag der Repubikaner:

Eine panische herrschende Klasse schürt faschistische Gewalt

Der dritte Tag des Republikaner-Nationalkonvents endete mit einer Parade von Rednern, die endlos die Polizei und das Militär hochleben ließen und die Proteste gegen Polizeigewalt als anarchistischen Mob beschimpften.

Die verbale Gewalt des Parteitags fand ihre Ergänzung in der physischen Gewalt in Kenosha (Wisconsin), wo ein faschistischer Bewaffneter das Feuer auf Menschen eröffnete, die gegen Polizeigewalt protestierten. Davor hatte ein Polizist dem 26-jährigen Jacob Blake sieben Mal in den Rücken geschossen.

Der Bewaffnete, der 17-jährige Kyle Howard Rittenhouse, tötete zwei Menschen und verwundete einen Dritten schwer. Danach konnte er mit seiner Waffe unbehelligt die Reihen der Polizei passieren und nach Illinois zurückkehren, wo er erst später verhaftet wurde.

Rittenhouse ist ein glühender Trump-Anhänger, der am 30. Januar an einer Wahlkampfkundgebung in Des Moines (Iowa) teilgenommen hatte. Ein Video zeigt ihn in der ersten Reihe, nur wenige Meter vom Präsidenten entfernt. Auf TikTok hat er ein Video von diesem Event gepostet. Rittenhouse ist nur einer von zahlreichen bewaffneten Rechtsextremen, die aufgrund des Appells einer ultrarechten paramilitärischen Gruppe, der Kenosha-Guard, in die Stadt kamen, um die Polizei gegen die Demonstranten zu verstärken.

Eine direkte Kausalkette führt vom Weißen Haus bis zu der Tankstelle in Kenosha, wo Rittenhouse das Feuer auf unschuldige, wehrlose Menschen eröffnete. Seit Beginn der Proteste nach dem Mord an George Floyd durch die Polizei am 25. Mai ist der Satz: "Wenn es zu Plünderungen kommt, wird scharf geschossen", fester Bestandteil von Trumps ständigen Tiraden. Der Satz stammt von einem rassistischen Sheriff aus der Zeit der Bürgerrechtsbewegung im Süden, und Trump hat ihn retweetet, um gegen Demonstranten zu hetzen und die Polizei zu unterstützen. Rittenhouse hat diese Worte in die Tat umgesetzt.

In seiner Rede nannte Vizepräsident Mike Pence Kenosha als eine von mehreren Städten, die von Demokraten regiert werden, und in denen angeblich Anarchie herrsche; dazu gehören auch Portland und Seattle. Die tödlichen Schüsse eines faschistischen Trump-Anhängers auf Demonstranten erwähnte Pence mit keinem Wort.

Auf dem Parteitag erwähnte im Verlauf von zweieinhalb Stunden kein einziger Redner die Ereignisse in Kenosha, geschweige denn, dass jemand auch nur das geringste Bedauern über die Tat von Rittenhouse äußerte oder sich besorgt darüber zeigte. Dabei war sein Name wenige Stunden zuvor, am Mittwochmorgen, bekannt worden, und seine Identität als Trump-Anhänger war sicherlich bekannt, ehe der Konvent um 20.30 Uhr wieder begann.

Dieses kollektive Schweigen bedeutet Zustimmung: Die Republikanische Partei ist zur Partei der Selbstjustiz gegen diejenigen geworden, die gegen Polizeibrutalität und andere Formen der Unterdrückung protestieren. Dies hatte sich schon am Montag gezeigt, als Mark und Patricia McCloskey auf dem Parteitag auftraten. Das wohlhabende Ehepaar mit Verbindung zur bewaffneten Bürgerwehr hatte im Juni in St. Louis Waffen auf Black-Lives-Matter-Demonstranten gerichtet. Auf dem Konvent priesen sie Trump als Verteidiger der Vorstädte gegen (schwarze) Eindringlinge.

Donald Trump ist die Personifizierung des reaktionärsten Teils der Bourgeoisie, der sich gedrängt fühlt, die Grundlage für eine faschistische Bewegung zu legen. Zwar existiert für eine solche Bewegug zum jetztigen Zeitpunkt keine Massenbasis in der Gesellschaft, aber Trump appelliert an die Polizei und andere Akteure der staatlichen Repression an vorderster Front, den Grenzschutz, Teile des Militärs und der Einwanderungs- und Zollbehörden, oder auch ultrarechte und faschistische Elemente. Mit Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Antikommunismus werden all diese rechten Kräfte aufgehetzt.

Dieser faschistische Ton wurde schon bei der Eröffnung des Parteitags gesetzt, als der erste Redner Trump zum "Bodyguard der westlichen Zivilisation" erklärte. Er stelle sich dem "rachsüchtigen Mob entgegen, der unsere Lebensweise, unsere Wohnviertel, unsre Schulen und Kirchen und unsere Werte zerstören will". Am Mittwoch sprach der Kongresskandidat Madison Hawthorn vor dem Parteitag, der zuvor Hitlers "Adlerhorst" in Berchtesgaden besucht und in den sozialen Medien gepostet hatte, es sei sein Wunsch gewesen, das vom "Führer" genutzte Gebäude zu besichtigen.

Für Donnerstag war die republikanische Kongresskandidatin Marjorie Taylor Greene als Gast in das Weiße Haus geladen, während Trump seine Abschlussrede hält. Sie ist eine offene Anhängerin der QAnon-Gruppe, die im Internet faschistische Verschwörungstheorien verbreitet. Greene gewann die republikanische Vorwahl für den 14. Kongressbezirk in Georgia und wird in dem stark republikanisch geprägten Bezirk wahrscheinlich das Rennen machen.

Der Parteitag der Republikaner ist eine üble Ansammlung von Wahnsinnigen, Schmarotzern, geldgierigen Schnorrern und regelrechten Faschisten, aber das mindert nicht die Gefahr, die von ihm ausgeht. Es ist eine ungewöhnliche und unheilvolle Entwicklung, dass in den USA jetzt eine der beiden großen kapitalistischen Parteien, die Hälfte des offiziellen bürgerlichen Spektrums, einem Präsidenten zu Diensten steht, der dabei ist, eine faschistische Bewegung aufzubauen und autoritäre Herrschaftsformen zu errichten.

Die Gefahr ergibt sich nicht aus der inneren Stärke der gesellschaftlichen Kräfte, die Trump verkörpert und an die Trump appelliert. Die Gefahr ergibt sich vielmehr aus der Rolle der Demokratischen Partei, der "Linken" in der Mittelklasse und der wirtschaftsfreundlichen Gewerkschaften, welche die Kämpfe der Arbeiterklasse blockieren und unterdrücken.

Bei all seinen politischen Projekten versucht Trump, vom Bankrott der gegnerischen bürgerlichen Partei zu profitieren, einem Bankrott, der im sozialen Interesse wurzelt. Die Demokratische Partei ist eine kapitalistische Partei; sie hat sich der Bereicherung der Finanzaristokratie verschrieben. Sie mag sich hie und da über die ungerechte Verteilung des Reichtums innerhalb der obersten gesellschaftlichen Schichten beklagen, und in diesem Sinne fordert sie, man müsse sich mehr um die Rassen- und Geschlechtervielfalt kümmern. Doch die grundlegende Struktur des Profitsystems stellt sie niemals in Frage.

Das wirkliche Wesen der "Opposition" der Demokratischen Partei gegen Trump kam in den bemerkenswerten Kommentaren von Hillary Clinton zum Ausdruck, der Demokratischen Präsidentschaftskandidatin, die 2016 gegen Trump verloren hatte. In einem Interview riet sie letzte Woche der Kandidatin der Demokraten 2020, nicht vorzeitig aufzugeben, wenn das Ergebnis der Abstimmung am 3. November knapp sein könnte. "Joe Biden sollte unter keinen Umständen nachgeben, denn ich glaube, dass sich das Ganze in die Länge ziehen wird. Und schließlich glaube ich, dass er gewinnen wird, wenn wir keinen Zentimeter nachgeben und wenn wir so konzentriert und unnachgiebig sind wie die andere Seite", sagte Clinton.

Biden soll angeblich Favorit der Wahlumfragen sein: Er liegt sowohl national als auch in allen umstrittenen Staaten vorn, wobei die sogenannten "Battleground"-Staaten den Wettbewerb im Wahlkollegium entscheiden werden. Aber Clinton rät, nicht zu früh aufzugeben! Clinton hat offensichtlich die vorzeitige Kapitulation von Al Gore im Jahr 2000 im Sinn, als dieser Bush Zugeständnisse machte, die er später zurücknehmen musste. Ihr Ratschlag ist dennoch bemerkenswert, denn er gibt einen Einblick in ihre Erwartungen, wie auch in ihre Meinung über das kämpferische Temperament im Biden-Lager.

Kein Demokrat hat bisher gesagt, was er zu tun beabsichtigt, wenn Trump sich einfach weigert, die Wahl bei einem ungünstigen Ergebnis zu akzeptieren, und wenn er an seinem Amt festhält. Als einziger hat Biden Anfang des Sommers angedeutet, er verlasse sich auf das Militär und gehe davon aus, dass dieses Trump aus dem Weißen Haus eskortieren werde.

Hinter all den reaktionären und faschistischen Appellen, die Trump und die Republikaner auf dem Konvent vorgebracht haben, steckt ein gemeinsames, gesellschaftlich bedingtes Motiv: die Angst.

Das Umfeld, in dem Trump und seine Kumpane agieren, ist von einer wachsenden Welle sozialer Proteste bedroht. Die Massendemonstrationen gegen Polizeigewalt haben Millionen auf die Straßen gebracht. Täglich wächst der Widerstand von Lehrern, Autoarbeitern und allen Teilen der Arbeiterklasse, die sich weigern, unter Bedingungen einer lebensbedrohenden Pandemie an die Arbeit zurückzukehren. Die Empörung wächst in der gesamten Bevölkerung, denn schon über 200.000 Menschen sind an dem Coronavirus gestorben, während die Trump-Regierung und die Regierungen der Bundesstaaten, sowohl der Demokraten als auch der Republikaner, jede kollektive Reaktion der Gesellschaft auf die Katastrophe sabotieren.

Die zügellose Hysterie auf dem republikanischen Kongress ist nicht nur Propaganda für den Wahlkampf. Sie legt ein tiefes Gefühl der Isolation und der Schwäche bloss, das sich nicht nur unter den ultrarechten Kongressbesuchern, sondern auch unter der Finanzaristokratie selbst ausbreitet. Diese findet sich in wachsendem Maß unter Belagerung wider.

Ein Redner nach dem anderen hat den Sozialismus angeprangert und erklärt, bei einer Niederlage Trumps wäre der Sozialismus die unweigerliche Folge. Diese Gefahr schreiben sie zu Unrecht Joe Biden und den zahnlosen Demokraten zu. Aber ihre wirkliche Sorge richtet sich auf die Entwicklung einer Massenbewegung in der Arbeiterklasse, die das gesamte kapitalistische System herausfordern wird.

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