Mit dem Haushaltsentwurf, den US-Präsident Donald Trump am Montag eingereicht hat, kündigt die herrschende Klasse eine neue Offensive gegen die sozialen Rechte und Lebensbedingungen der amerikanischen und internationalen Arbeiterklasse an.
Die vorgeschlagenen Kürzungen würden bedeuten, dass Billionen Dollar von den arbeitenden Massen in die Hände der Finanzaristokratie und der wohlhabenden Oberschicht wandern – mit verheerenden Folgen für Millionen Arbeiter, die ihr ganzes Leben prägen werden. Gleichzeitig entlarven sie Trump, der sich als Fürsprecher der „vergessenen Männer und Frauen“ inszeniert, als Betrüger.
Trump schlägt massive Sparmaßnahmen vor: 900 Milliarden Dollar bei Medicaid, 500 Milliarden Dollar bei Medicare, 24 Milliarden Dollar bei der Sozialversicherung und weitere Milliarden bei Schulprogrammen für Arbeiterkinder, Unterstützung für obdachlose Studenten, Hilfe für verarmte Schulen auf dem Land, bei der Subventionierung von Studentenkrediten, bei Lebensmittelmarken und der Unterstützung für mittellose Mütter und Kleinkinder. Zugleich soll der Haushalt den Kriegskurs gegen die Rivalen Russland und China finanzieren; 50 Milliarden Dollar sind für die Modernisierung des Atomarsenals vorgesehen.
Die geplanten Kürzungen in Ministerien wie Bildung (8 Prozent), Inneres (13,4 Prozent), Wohnungsbau und Stadtentwicklung (15,2 Prozent), Gesundheits- und Sozialwesen (9 Prozent) und Umweltschutz (26,5 Prozent) ebnen den Weg zur völligen Aushöhlung des Sozialstaats und staatlicher Regulierung privater Unternehmen.
Die Demokratische Partei reagiert auf die Ankündigung des Weißen Hauses wie üblich erst mit geheuchelter Empörung, nur um dann am Ende den meisten Forderungen zuzustimmen. Während die große Mehrheit der Amerikaner mehr Ausgaben für Sozialprogramme, höhere Steuern für die Reichen und eine Umverteilung des Vermögens fordert, führen die Republikaner und Demokraten Haushaltsverhandlungen, die unvermeidlich mit einem weiteren Rechtsruck des gesamten politischen Establishments zu Ende gehen werden.
Die Demokratin und Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi gab bereits einen Vorgeschmack, als sie am vergangenen Donnerstag auf die Frage nach einer Einschätzung des bevorstehenden Haushaltsplans von Trump antwortete:
Ich sage meinen Mitgliedern immer wieder: „Es gibt keine ewige Feindseligkeit. Es gibt ewige Freundschaften, aber man weiß nie, in welcher Sache man mit jemandem zusammenfinden kann, den man eigentlich als seinen Feind betrachtet. Jeder ist ein möglicher Verbündeter in dem, was als nächstes kommt.“
Dieses Freundschaftsangebot an Trump kam weniger als 24 Stunden nach dem Scheitern des Amtsenthebungsverfahrens der Demokratischen Partei. Da hatten Pelosi und die Impeachment-Manager der Demokraten Trump noch als „Verräter“ und Handlanger Russlands bezeichnet, weil er 391 Millionen Dollar an Militärhilfe für die rechtsnationalistische Regierung der Ukraine zurückgehalten hat, die Geld und Waffen an rechtsextreme paramilitärische Kräfte liefert. In der Sprache McCarthys erklärte Adam Schiff, der Leiter des Anklageteams im Amtsenthebungsverfahren, dass Trump die USA daran hindere, die Ukraine zu bewaffnen, was aber unbedingt notwendig sei, damit „wir Russland dort bekämpfen können, um es nicht hier bekämpfen zu müssen“.
Die Vorwürfe der Demokraten gegen Trump in Fragen der imperialistischen Außenpolitik und ihre Offensive für Internetzensur stehen im Gegensatz zu ihren parteiübergreifenden Freundschaftsappellen, wenn es um Sozial- und Innenpolitik geht.
Seit dem ersten Tag von Trumps Präsidentschaft hat die Demokratische Partei seine Angriffe auf die Lebensbedingungen und die demokratischen Rechte der Arbeiterklasse gefördert. Erst hat sie Massenproteste in die Irre geführt und unterdrückt, die unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Januar 2017 und in Reaktion auf sein antimuslimisches Einreiseverbot und die Kampagne gegen Immigranten ausbrachen. Und in den letzten drei Jahren hat sie in den zentralen Punkten von Trumps Agenda dafür gestimmt.
Im Juni 2019 votierten die Demokraten mit überwältigender Mehrheit für die Verabschiedung von Trumps Rekordbudget von 750 Milliarden Dollar für das Pentagon. Damit konnte die Regierung weiter Gefangene in Guantanamo Bay inhaftieren und 3,6 Milliarden Dollar für die „Nachfinanzierung“ von Trumps Grenzmauer bereitstellen.
Gleichzeitig stimmten die Demokraten dafür, Trump 4,6 Milliarden Dollar für die Einwanderungsbehörden Immigration and Customs Enforcement (ICE) und Customs and Border Protection (CBP) zur Verfügung zu stellen. Sie ignorierten den massiven Widerstand gegen die Trennung von Migrantenfamilien und die Inhaftierung ihrer Kinder und sorgten – zusammen mit den etablierten Medien – dafür, dass diese brennenden Fragen im Wesentlichen aus der nationalen Berichterstattung verschwunden sind.
Das sind nur die ungeheuerlichsten Beispiele. Trumps Senkung der Unternehmenssteuer, die mit dem vorgeschlagenen Haushalt verlängert wird, geht ursprünglich auf einen Haushaltsentwurf der Obama-Regierung zurück. Obama kürzte auch die Mittel für Lebensmittelmarken, Medicare, Programme für verarmte Kinder und andere Leistungen.
Einige Präsidentschaftskandidaten der Demokraten nahmen Trumps Haushaltsvorschlag zum Anlass, um eine weitere Verringerung des Haushaltsdefizits zu fordern. Auch wenn sie sich in Worten gegen Trumps Haushalt wandten, zielten ihre Angriffe in Wirklichkeit auf Bernie Sanders und seine bescheidenen Forderungen nach einer leichten Erhöhung der Sozialausgaben.
Nachdem Trumps Haushaltsentwurf an das Wall Street Journal durchgesickert war, soll der ehemalige Vizepräsident Joe Biden die Demokraten davor gewarnt haben, „sich eine Agenda zu eigen zu machen, die unrealistische sozialpolitische Ziele aufstellt“, so die Washington Post am Dienstag. Weiter heißt es: „Buttigieg erklärte am Sonntag auf einer Veranstaltung im Rathaus von Nashua (New Hampshire), dass es an der Zeit sei, sich ernsthaft mit dem steigenden Defizit auseinanderzusetzen, auch wenn es ‚in progressiven Kreisen nicht in Mode ist, zu viel über Schulden zu reden‘.“
Die mit den Demokraten verbündeten Konzernmedien zeigten sich weit weniger besorgt über Trumps Haushalt als über die Aussicht, dass Vermont-Senator Bernie Sanders die Nominierung der Demokraten gewinnen könnte.
Im Vorfeld der Vorwahlen in New Hampshire am Dienstag behauptete der Fernsehmoderator Chris Matthews, dass Sozialisten „Hinrichtungen im Central Park“ durchführen werden. Sein Kollege Chuck Todd verglich Sanders’ Anhänger mit den „Braunhemden“ der Nazis.
Diese Sprache zeigt, dass beide Fraktionen der herrschenden Klasse, wie ernst ihre internen Konflikte auch sein mögen, sofort die Reihen schließen, wenn es um ihre Existenz geht und sie den Reichtum der Finanzaristokratie vor der wachsenden sozialen Opposition von unten schützen müssen. Sie haben keine Angst vor Sanders, einem langjährigen „Washington-Insider“ und loyalen Mitglied in den Gremien der Demokraten. Was sie fürchten, ist der wachsende Linksruck unter Arbeitern, Jugendlichen und Studenten, der sich in der Unterstützung für Sanders widerspiegelt und den er möglicherweise nicht kontrollieren kann.
Alle Fraktionen der herrschenden Klasse betrachten die Massendemonstrationen in Frankreich, Chile, Puerto Rico, Sudan und anderswo als Vorboten.
Trump, der aus dem Impeachment-Prozess als Sieger hervorgegangen ist, bereitet sich auf die kommenden Klassenkämpfe vor, indem er eine faschistische Bewegung aufbaut und damit droht, unabhängig vom Ausgang der diesjährigen Präsidentschaftswahlen an der Macht zu bleiben.
Einige Teile der Demokratischen Partei setzen auf eine andere Taktik. Sie fördern Politiker wie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez von den Demokratischen Sozialisten Amerikas (DSA), um in der Bevölkerung die Illusion zu schüren, dass die Demokratische Partei reformiert und die herrschende Klasse unter Druck gesetzt werden kann, eine fortschrittliche Sozialpolitik zu betreiben. Sie behaupten, dass ein unabhängiger Kampf der Arbeiterklasse nicht nötig ist.
Das ist eine hoffnungslose Utopie. Selbst wenn es Sanders trotz des korrupten Democratic National Committee (DNC) gelingt, die Nominierung zu gewinnen, läuft sein gesamtes Programm darauf hinaus, all die Generäle und Konzernchefs, die Amerika regieren, darum zu bitten, freiwillig auf ihre Milliardengeschäfte zu verzichten. Leo Trotzki schrieb 1939, als er die Sinnlosigkeit von Franklin Roosevelts New Deal erklärte, dass die New Deal-Verfechter „am Ende an die Monopolisten appellieren, nicht den Anstand und die Prinzipien der Demokratie zu vergessen. Könnte man nicht genauso gut für Regen beten?“
Die Kandidaten der Socialist Equality Party (US) in den diesjährigen Wahlen – Joe Kishore für den Präsidenten und Norissa Santa Cruz für die Vizepräsidentin – rufen alle Arbeiter und Jugendliche auf, mit den beiden Parteien des amerikanischen Kapitalismus zu brechen und ihre große soziale Macht einzusetzen, um die Organisation der Weltwirtschaft in die eigene Hand zu nehmen.
Das gesamte Budget, das Trump vorschlägt, beläuft sich auf 4,8 Billionen Dollar – weit weniger als die 27 Billionen Dollar, die im Besitz der 2.170 Milliardäre der Welt sind. Die Umverteilung des Vermögens erfordert den Aufbau einer revolutionären Massenbewegung, die die Finanzaristokratie enteignet und die Produktivkräfte unter die demokratische Kontrolle der internationalen Arbeiterklasse stellt.