Veranstaltung der IYSSE zur StuPa-Wahl an der Humboldt-Universität

Kein Krieg gegen Iran! Für eine internationale Bewegung gegen Kapitalismus und Krieg!

Am Dienstag fand an der Humboldt-Universität in Berlin eine erfolgreiche Veranstaltung der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) unter dem Titel „Kein Krieg gegen Iran!“ statt. Obwohl das Treffen sehr kurzfristig organisiert worden war, war der große Seminarraum vollständig gefüllt. Insgesamt kamen etwa 80 Studierende, um mit den IYSSE über die gefährlichen Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten und eine sozialistische Perspektive gegen Krieg zu diskutieren.

Helmut Wolf, Kandidat der IYSSE für die StuPa-Wahlen am 29./30. Januar, moderierte die Veranstaltung. Den IYSSE gehe es darum, eine sozialistische Bewegung gegen Militarismus und Krieg, soziale Ungleichheit und den Aufstieg der extremen Rechten aufzubauen, erklärte er gleich zu Beginn. Die gesamte Veranstaltungsreihe der IYSSE zu den StuPa-Wahlen sei auf diese Fragen ausgerichtet.

Hauptredner an diesem Dienstag war der Redakteur der World Socialist Web Site, Johannes Stern. Er ging zunächst auf die völkerrechtswidrige Ermordung des iranischen Generals Qassem Soleimani durch eine US-Drohne ein und analysierte sie in einem größeren politischen und historischen Kontext. „Die Tötung Soleimanis ist der jüngste Höhepunkt der kriminellen Kriegspolitik der USA in der Region, die sich nach den Angriffskriegen und Regimewechsel-Operationen in Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien auf den nächsten, noch umfassenderen Krieg vorbereiteten.“

Stern bezeichnete den Nahen Osten als „Pulverfass“ in dem sich alle Groß- und regionalen Mächte auf engstem Raum gegenüberstehen und warnte vor der Gefahr eines dritten Weltkriegs. Der Versuch der imperialistischen Mächte, die gesamte Region militärisch zu unterwerfen, könne sich schnell zu einem direkten Konflikt mit den Nuklearmächten Russland und China ausweiten, die enge politische und wirtschaftliche Beziehungen mit dem Iran hätten. Stern verwies darauf, dass die aktuelle nationale Sicherheitsstrategie der USA wieder den „Wettbewerb der Großmächte zwischen den Nationen“ zum „primären Schwerpunkt“ der Außenpolitik erklärt.

Stern ging darauf ein, dass die europäischen Regierungen mit der gleichen Aggressivität auf diese Entwicklung reagieren. Sie hätten die Ermordung Soleimanis verteidigt und ihre Drohungen gegen Teheran verschärft. Vor allem die deutsche Regierung treibe die Rückkehr zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik voran und bereitete sich darauf vor, noch umfassender in der Region einzugreifen. Stern zitierte aus der jüngsten außenpolitischen Grundsatzrede von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), der erklärt, dass Deutschland zur Durchsetzung seiner „wirtschaftlichen Interessen“ wieder bereit sein müsse, „militärische Gewalt anzuwenden“.

Darin seien sich alle Bundestagsparteien einig, betonte Stern. „Seit die Grünen 1998 im Kosovo den ersten deutschen Kampfeinsatz seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs organisiert haben, unterstützen sie auch als Oppositionspartei jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr.“ Auch die Linkspartei sei seit langem Kriegspartei im Nahen Osten und trommele nun aggressiv für eine eigenständigere deutsch-europäische Außenpolitik, um die eigenen imperialistischen Interessen notfalls auch gegen die USA durchzusetzen.

Gestützt auf Leo Trotzkis Schriften zur nationalen Bourgeoisie Chinas in den 1920er Jahren analysierte Stern auch den reaktionären Charakter des iranischen Regimes. Dies stelle kein Gegengewicht zur imperialistischen Kriegstreiberei dar, sondern suche verzweifelt einen Deal mit dem Imperialismus. Die Drohungen Trumps und der europäischen Mächte von außen und die wachsende soziale und politische Opposition unter Arbeitern und Jugendlichen im Inneren würden diese Tendenz nur verstärken.

Der Kampf gegen Krieg müsse von der Arbeiterklasse ausgehen, die als revolutionäre gesellschaftliche Kraft alle fortschrittlichen Teile der Bevölkerung hinter sich vereint, fasste Stern die Prinzipien des Internationalen Komitees der Vierten Internationale für den Aufbau einer neuen Antikriegsbewegung zusammen: „Sie muss sich gegen die Wurzel des Kriegs richten: den Kapitalismus, sie braucht ein unabhängiges sozialistisches Programm und sie muss international sein und dem Imperialismus in einem vereinten globalen Kampf die enorme Kraft der Arbeiterklasse entgegenstellen.“

In einer beeindruckenden Chronologie zeigte Stern am Ende seines Beitrags auf, wie sich der internationale Klassenkampf allein im letzten Jahr enorm entwickelt hat. Massenproteste und Streiks hätten in Ländern auf fast allen Kontinenten stattgefunden: u.a. in Marokko, Tunesien, Jordanien, Nicaragua, Honduras, Sudan, Algerien, Simbabwe, Hongkong, Puerto Rico, Ägypten, Frankreich, Chile, Libanon sowie im Irak und Iran selbst. Die entscheidende Aufgabe sei es, diese objektive revolutionäre Kraft unabhängig zu organisieren und mit einem sozialistischen Programm zu bewaffnen.

Die Perspektive stieß auf große Resonanz und es entwickelte sich eine lange und intensive Diskussion über den Vortrag. Die Fragen reichten vom revolutionären Potential der Arbeiterklasse über historische Ereignisse bis hin zur Frage ob eine Partei notwendig sei, um den Kapitalismus zu stürzen. Zwei Teilnehmer warfen die Frage auf, ob nicht auch der Iran ein imperialistisches Land sei und es mit Soleimani nicht „den Richtigen“ getroffen habe. Ihnen wurde geantwortet, dass sie damit der imperialistischen Kriegspolitik das Wort redeten. Der Iran sei ein historisch unterdrücktes Land und die Position von Marxisten sei es, imperialistische Gewalttaten prinzipiell abzulehnen und scharf zu verurteilen.

Im Anschluss an den offiziellen Teil der Veranstaltung wurden die Diskussionen noch lange am Büchertisch fortgesetzt und viele Teilnehmer registrierten sich als neue Mitglieder bzw. Wahlkampfhelfer der IYSSE. Die meisten kündigten an, auch die nächste Veranstaltung zu besuchen. Sie findet am kommenden Dienstag unter dem Titel: „75 Jahre nach dem 2. Weltkrieg: Wie Krieg und Faschismus vorbereitet werden“ statt.

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