USA töten hohen iranischen General

4.000 US-Soldaten gegen den Irak in Bereitschaft

Am Freitagmorgen, den 3. Januar, fiel Generalmajor Kassim Soleimani, der Kommandant der al-Quds-Einheit der iranischen Revolutionsgarde, einer gezielten Tötung durch die USA zum Opfer. Der Anschlag auf dem Flughafen von Bagdad hat den Konflikt zwischen den USA und dem Iran wesentlich verschärft. Der Ausbruch eines neuen, katastrophalen Krieges im Nahen Osten rückt in unmittelbare Nähe.

Die irakischen und libanesischen Medien sowie die schiitische Milizbewegung im Irak erklärten, Soleimani, der aus Syrien oder dem Libanon kam, sei beim Aussteigen aus dem Flugzeug von einer amerikanischen Rakete getötet worden. Außer ihm wurde bei dem Angriff auch Abu Mahdi al-Muhandis getötet, der zweithöchste Kommandant der Volksmobilmachungskräfte (PMF), einer mächtigen Koalition aus irakischen schiitischen Milizen.

Das Pentagon übernahm in einer Stellungnahme die Verantwortung für die Tötung: „Das US-Militär hat mit der Ermordung von Kassim Soleimani entschlossen defensiv gehandelt, um US-Personal im Ausland zu schützen. Soleimani war Befehlshaber der al-Quds-Einheit der iranischen Revolutionsgarde, die von den USA als ausländische Terrororganisation eingestuft wird.“

Auch die iranische Revolutionsgarde bestätigte gegenüber iranischen Medien die Ermordung: „Der ehrenwerte Oberbefehlshaber des Islam, Soleimani, wurde durch einen Angriff von US-Hubschraubern zum Märtyrer gemacht.“

Soleimani war seit dem iranisch-irakischen Golfkrieg von 1980 bis 1988 eine wichtige Persönlichkeit des iranischen Militärs. Als Befehlshaber der al-Quds-Einheit hat er eine zentrale Rolle beim Sieg über die von den USA unterstützen und mit al-Qaida verbündeten Milizen gespielt, die Washington und seine Verbündeten gegen die Regierung des syrischen Präsidenten Baschahr al-Assad eingesetzt haben. Anschließend half er in der Führung irakischer Milizen, die den Islamischen Staat im Irak und Syrien (IS) besiegten. Er wurde zwar als möglicher Kandidat für die iranische Präsidentschaftswahl ins Gespräch gebracht, lehnte jedoch jede politische Kandidatur ab und erklärte, er werde seinem Land weiterhin als Soldat dienen.

Soleimani war bei US-Regierungsvertretern und Militärkommandanten bestens bekannt. Sie hatten hinter den Kulissen mit dem iranischen General verhandelt, als die Regierung in Teheran 2001 beim Überfall auf Afghanistan mit den USA zusammenarbeitete.

Im Vorfeld seiner Ermordung hatte das Pentagon weitere 750 Fallschirmjäger der US-Armee in den Nahen Osten entsandt, weitere 4.000 wurden in erhöhte Bereitschaft für eine Verlegung in die Region versetzt.

Zu Beginn dieser Woche stürmten wütende irakische Demonstranten die amerikanische Botschaft in Bagdad. Für diesen wütenden Proteststurm der Bevölkerung gegen den US-Militarismus machte die amerikanische Regierung den Iran verantwortlich.

US-Verteidigungsminister Mark Esper erklärte am Donnerstag, es gebe „Anzeichen, dass der Iran weitere Anschläge“ auf US-Truppen oder -Interessen in der Region plane, und dass Washington zu „präventiven Maßnahmen“ bereit sei, falls „irgendetwas über Anschläge oder Anzeichen dafür“ bekannt würde.

Esper erklärte: „Die Spielregeln haben sich geändert. Bin ich der Meinung, dass sie irgendetwas tun werden? Jawohl, und das werden sie bestimmt bereuen.“

Der US-Imperialismus maßt sich also nicht nur das „Recht“ an, Morde zu verüben, sondern auch das Recht auf verheerende militärische Angriffe auf den Iran. Als Begründung dafür reicht die Behauptung, es handele sich um eine „Prävention“ in Anbetracht einer mutmaßlichen oder erfundenen Bedrohung. Diese kann von jeder Organisation im Nahen Osten ausgehen, die Washington für einen „Handlanger“ des Iran hält. Es können schiitische Milizen im Irak sein, es kann aber auch die Hisbollah, die politische Massen- und Milizbewegung im Libanon, sein, oder genauso gut die Hamas, die islamistische Partei, die den von Israel besetzten Gazastreifen kontrolliert.

Am Dienstag belagerten mehrere tausend Demonstranten die amerikanische Botschaft in Bagdad. Sie waren empört über die US-Luftschläge vom 29. Dezember im Irak und in Syrien. Die Angriffe amerikanischer Kampfflugzeuge vom Typ F-15E hatten sich gegen Basen der irakischen Schiitenmiliz Kata'ib Hisbollah gerichtet, und dabei waren 25 Angehörige der Miliz getötet und weitere 55 verwundet worden.

Die Trump-Regierung bezeichnete die Luftangriffe als Vergeltungsmaßnahme für einen Raketenangriff auf die irakische Militärbasis K-1 außerhalb von Kirkuk, bei der ein amerikanischer Söldner getötet wurde. Aber Washington hat für seine Behauptung, die Kata'ib Hisbollah sei für den Angriff verantwortlich, keinen Beweis vorgelegt.

Bei den Trauerfeiern für die getöteten Milizionäre gingen in Bagdad Tausende Einwohner auf die Straße. Danach marschierten die Demonstranten, darunter viele Angehörige und Unterstützer der Miliz, zur Botschaft, die in Bagdads schwer gesicherter Green Zone liegt.

Sie kletterten über die Mauer des Botschaftsgeländes, belagerten das Gebäude und bewarfen es mit Molotowcocktails und Steinen. Der Botschaftskomplex ist die weltweit größte diplomatische Einrichtung der USA und erstreckt sich über 42 Hektar entlang des Tigris. Im Jahr 2012 befanden sich dort 16.000 US-Soldaten. Damit setzten die USA faktisch die amerikanische Besatzung des Landes fort, die 2011 offiziell beendet worden war.

Den Demonstranten gelang es, den Haupteingang des Komplexes zu stürmen und ein Wachhäuschen und zwei Empfangsräume in Brand zu setzen. Die Nachrichtenagentur Associated Press veröffentlichte am Mittwoch Bilder des verbrannten Inneren dieser Botschaftsbereiche. Das Mobiliar und die Fenster waren zertrümmert, aus den Überresten stieg noch Rauch auf.

Auf den Mauern der Botschaft waren Graffiti und Parolen gesprüht, des Inhalts: „Amerikanische Botschaft auf Anweisung des Volkes geschlossen“, oder „Tod Amerika und Israel“.

Die US-Marines, die im Inneren der Botschaft stationiert waren, feuerten ununterbrochen Tränengas, Blendgranaten und Warnschüsse ab, um die Demonstranten zu vertreiben. Apache-Kampfhubschrauber drehten Kreise über den Demonstranten und feuerten Leuchtgeschosse in Richtung der Menge.

Die Luftangriffe vom 29. Dezember sollten als Machtdemonstration der USA dienen und der Miliz Kata'ib Hisbollah einen Schlag versetzen. Die Reaktion der Bevölkerung, die sich in der Belagerung der Botschaft ausdrückte, zeigt jedoch vor allem die enorme Krise der Politik Washingtons im Irak und der ganzen Region.

Die Demonstranten konnten nur zur Botschaft vordringen und dort eindringen, weil die irakischen Antiterror-Elitetruppen ihnen keinerlei Widerstand entgegensetzten. Diese Truppen wurden von den USA ausgebildet, um die Green Zone zu bewachen, in der sich auch Regierungsgebäude, andere Botschaften und die Villen der irakischen Oberschicht befinden.

Der Vorfall zeigt einmal mehr, was für eine wichtige Rolle schiitische Milizen in der irakischen Regierung und ihren Sicherheitskräften spielen. Viele dieser Milizen, die in den Volksmobilmachungskräften zusammengeschlossen sind, sind aus dem Kampf gegen die US-Truppen hervorgegangen, als die USA den Irak 2003 völkerrechtswidrig überfallen hatten. Diese Rolle wurde bereits im Jahr 2014 deutlich: Als der IS fast ein Drittel des Irak erobern konnte und die von den USA ausgebildeten Sicherheitskräfte jämmerlich versagten, kam der entscheidende Widerstand gerade von diesen, später als PMF zusammengefassten Milizen.

An den Protesten vor der Botschaft nahm auch der nominelle Anführer der PMF, Faleh al-Fayyadh, teil. Er ist auch nationaler Sicherheitsberater des Landes. Weitere prominente Teilnehmer waren der ehemalige Verkehrsminister Hadi al-Amiri, der auch Anführer der Badr-Brigaden ist, einer der größten Milizen innerhalb der PMF, sowie führende Mitglieder jener Parlamentsfraktionen, die Kontakte zu den schiitischen Milizen haben. Das alles trug zur Entrüstung Trumps und seiner Regierung bei.

Der amerikanische Botschafter hatte sich zwar in den letzten Monaten noch mit eben jenen Personen getroffen. Aber US-Außenminister Mike Pompeo postete einen wütenden Tweet inklusive Foto, in dem er vier von ihnen als „Terroristen“ beschimpfte.

Alle führenden Persönlichkeiten der irakischen Regierung, darunter der Präsident, der Ministerpräsident und der Parlamentsvorsitzende, haben die US-Luftangriffe als Verletzung der irakischen Souveränität verurteilt. Ministerpräsident Abdul Mahdi bezeichnete die Angriffe als „inakzeptablen bösartigen Angriff“ auf eine Miliz, die als Teil der irakischen Streitkräfte gilt, und warnte vor „gefährlichen Konsequenzen“. Er führt selbst nur eine Übergangsregierung an, seitdem er angesichts der Massenproteste gegen Arbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit und Regierungskorruption letzten Oktober zurücktreten musste. Mahdi erklärte auch, er sei erst kurz vor Beginn der Angriffe von US-Verteidigungsminister Esper darüber informiert worden und habe ihn erfolglos aufgefordert, diese abzubrechen.

Präsident Barham Salih verurteilte den US-Angriff ebenfalls und schilderte eine ähnliche Unterhaltung mit einem US-Diplomaten.

Trump hatte Abdul Mahdi und Salih am Mittwoch via Twitter für ihre „schnelle Reaktion“ auf Washingtons Forderung nach Sicherheit für die Botschaft gedankt. Die von den USA ausgebildete irakische Antiterroreinheit, die zum Schutz der Green Zone aufgestellt wurde, erklärte jedoch in einer eindeutigen Stellungnahme an die Medien, sie habe keinen Befehl zum Schutz „irgendeiner Einrichtung“ erhalten.

Die Demonstranten verließen die Green Zone nachdem ihnen die Milizenführer erklärt hatten, sie hätten ihr Ziel erreicht, und das Parlament werde ein Gesetz einbringen, das die Ausweisung aller US-Truppen aus dem Land vorsieht. Bei ihrem Auszug riefen sie: „Hurra, wir haben sie geschlagen!“

In der Vergangenheit wurden bereits ähnliche Vorschläge erfolglos eingebracht, doch die derzeitige Krise könnte die Zustimmung zu einer solchen Maßnahme erleichtert haben. Die Vorsitzenden mehrerer Blöcke der irakischen Legislative haben angedeutet, sie könnten ein Ende der US-Militärpräsenz befürworten.

Laut Zahlen des Pentagon befinden sich noch etwa 5.000 US-Militärangehörige im Irak. Dazu kommt eine unbekannte – aber zweifellos noch höhere – Zahl an zivilen Söldnern. Ihre Präsenz im Land wird mit dem „Krieg gegen den IS“ gerechtfertigt, in dem die USA eine verheerende Rolle spielten. Mossul, zuvor die zweitgrößte Stadt des Irak, und mehrere urbane Zentren der Provinz Anbar, wurden in Schutt und Asche gelegt, Zehntausende wurden getötet.

Nach der Niederlage des IS erklärte Trump Anfang letzten Jahres, Washington habe „ein Vermögen für den Aufbau dieser unglaublichen Basis“ im Irak ausgegeben. Die USA müssten sie behalten, um „den Iran zu beobachten“. Der irakische Präsident hatte damals diese Äußerung rasch zurückgewiesen und erklärt, die irakische Verfassung erlaube es nicht, „dass unser Staatsgebiet genutzt wird, um gegen unsere Nachbarn vorzugehen“. Weiter erklärte er, Bagdad wolle kein „Teil irgendeiner Achse sein“.

Auch wenn das irakische Parlament für ein Gesetz stimmen sollte, das ein Ende der US-Militärpräsenz im Land bedeuten würde, ist noch keineswegs klar, dass Washington seine Truppen auch tatsächlich zurückziehen wird. Eine Fortsetzung der amerikanischen Besatzung, die mit einem grundlosen und verbrecherischen Einmarsch begann, wäre ein neues Stadium in einem langen Krieg, der die irakische Gesellschaft verwüstet hat.

Während die Vereinigten Staaten sich jetzt als Opfer von Raketenangriffen und eines Überfalls auf ihre Botschaft inszenieren, sind die Konflikte und Spannungen, die den Nahen Osten weiterhin erschüttern, das Ergebnis ihrer eigenen, jahrzehntelangen militärischen Aggressionen und vernichtenden Wirtschaftssanktionen. Sie haben den Irak, den Iran und Syrien mehr als eine Million Todesopfer gekostet.

Ein entscheidender Wendepunkt war letztes Jahr die Entscheidung der Trump-Regierung, sich aus dem Atomabkommen zurückzuziehen, das Teheran und die großen Weltmächte 2015 ausgehandelt hatten. Darauf folgte eine Kampagne des „maximalen Drucks“, um die iranischen Ölexporte vollständig zu blockieren und die iranische Bevölkerung in den Hunger zu treiben, damit sie einen Regimewechsel und die Einsetzung einer US-genehmen Marionettenregierung akzeptieren sollte.

Die Rücksichtslosigkeit und Kriminalität, die Washingtons Vorgehen gegen den Iran ausmachen, sind kein Zeichen der Stärke, sondern Ausdruck der tiefen sozialen Spannungen, der wirtschaftlichen Instabilität und der politischen Krise des amerikanischen Kapitalismus. Die herrschende Elite versucht, die Krise in Form einer Explosion militärischer Gewalt nach außen abzulenken.

Ein Krieg gegen den Iran würde das schreckliche Blutbad des Irakkriegs 2003 weit in den Schatten stellen. Die ganze Region wäre davon betroffen, und auch die mächtigen Rivalen des US-Imperialismus – Russland und China – würden gewiss nicht tatenlos zusehen. Die gesamte Menschheit wäre direkt mit der Gefahr eines atomaren Dritten Weltkriegs konfrontiert.

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