US-Operation verschärft Spannungen im Südchinesischen Meer

Am 28. August führte die US-Navy eine weitere Operation zum „Schutz der Freiheit der Seefahrt“ (FONOP) durch, um Chinas Gebietsansprüchen im Südchinesischen Meer entgegenzutreten. Im Rahmen dieser Provokation drang der Lenkwaffenzerstörer USS Wayne E. Meyer in die „Sperrzone“ von 12 Seemeilen um die beiden von China kontrollierten Inseln Fiery Cross Reef und Mischief Reef ein, die zu den Spratly-Inseln gehören. Dabei ist er mit großer Wahrscheinlichkeit auch anderen Inseln und Riffen nahegekommen, die von Chinas Rivalen beansprucht werden, darunter Vietnam, Malaysia, die Philippinen und Taiwan.

Die beiden Gebiete, die für die FONOP ausgewählt wurden, gehören zu den brisantesten in dem umstrittenen Gebiet. Das chinesische Militär hat auf beiden Inseln Landgewinnungsmaßnahmen durchgeführt und Basen errichtet. Auf Fiery Cross befinden sich Radarstellungen, ein Hafen, Schutzbauten für Flugabwehr- und Schiffsabwehr-Raketensysteme und eine Landebahn, die für strategische Bomber geeignet ist. Vermutlich sind dort 300 oder mehr Soldaten und anderes Personal stationiert. Auch auf Mischief gibt es eine lange Start- und Landebahn, einen Hafen und laut den USA einsatzbereite Kanonen und Raketen zur Luftabwehr.

Ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums erklärte gegenüber CNN, ein „chinesisches Militärschiff“ sei dem US-Schiff gefolgt.

Die in Japan stationierte siebte US-Flotte erklärte in einer Pressemitteilung, die Wayne E. Meyer sei ausgeschickt worden, um „exzessive Seegebietsansprüche in Frage zu stellen ... Alle Operationen entsprechen dem Völkerrecht und zeigen, dass die USA überall fliegen, fahren und operieren werden, wo das Völkerrecht es ihnen erlaubt ... FONOPs richten sich nicht gegen ein Land und sollen auch kein politische Signal aussenden.“

Nichts könnte der Wahrheit ferner liegen. Die jüngste Operation ist ein klares politisches Signal und soll das Pekinger Regime und das chinesische Militär provozieren oder einschüchtern. In den Wochen zuvor hatten sich die Spannungen wegen der chinesischen Marineoperationen nahe der Vanguard Bank im Südwesten der Spratly-Inselgruppe immer weiter verschärft.

Die Vanguard Bank wird zwar von China beansprucht, befindet sich aber in Vietnams 200 Seemeilen großer ausschließlicher Wirtschaftszone (EEZ). Seit Mai suchen Vietnam und der staatliche russische Energiekonzern Rosneft dort mit Hilfe der vertraglich verpflichteten japanischen Ölbohrplattform Hakuryu-5 nach Öl- und Gasvorkommen.

Anfang Juli wurden ein chinesisches Vermessungsschiff und mehrere bewaffnete Schiffe der Küstenwache in das Gebiet entsandt. Vietnam reagierte mit der Entsendung von Marineschiffen, legte diplomatischen Protest ein und forderte Chinas „sofortigen Rückzug“.

In den Jahren 2017 und 2018 wurde Vietnam durch ähnliche Drohungen und Operationen Chinas dazu gezwungen, die Arbeiten des spanischen Konzerns Repsol in zwei „Blocks“ nahe der Vanguard Bank einzustellen. Repsol ging davon aus, dass aus einem der Blocks, der als 136/07 bekannt ist, 45 Millionen Barrel Öl und ca. 4,87 Milliarden Kubikmeter Gas extrahiert werden könnten.

Hanois Reaktion im Juli stieß auf Beifall von Collin Koh, einem pro-amerikanischen strategischen Analysten der Technischen Universität Nanyang in Singapur. Er erklärte gegenüber der South China Morning Post: „Das wichtigste Signal, das Vietnam aussenden will, ist, dass es definitiv nicht nachgeben wird ... Nach Ansicht der politischen Eliten Vietnams ... würde das nicht nur der eigenen Bevölkerung Entschlossenheit zeigen .... sondern auch internationale Aufmerksamkeit und Hilfe nach sich ziehen.“

Die internationale „Hilfe“ kam vor allem aus Washington. Am 20. Juli verurteilte das US-Außenministerium Chinas „schikanöses Verhalten“ formell und erklärte, seine Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer würden die „Sicherheit der regionalen Energieversorgung gefährden“.

Am 22. August veröffentlichte das US-Außenministerium ein weiteres Schreiben. Darin hieß es, die Rückkehr des chinesischen Vermessungsschiffs in die Gewässer nahe der Vanguard Bank sei „eine Eskalation von Pekings Versuchen, andere Anwärter davon abzuhalten, die Ressourcen im Südchinesischen Meer zu erschließen“.

Die Erklärung verdeutlichte, um welche wirtschaftlichen Interessen es geht. Es hieß, im Südchinesischen Meer befänden sich „unerschlossene Kohlenwasserstoffvorkommen im Wert von schätzungsweise 2,5 Billionen Dollar ... US-Konzerne sind Weltmarktführer in der Erforschung und Erschließung von Kohlenwasserstoffvorkommen.“

Das Außenministerium drohte, die USA „lehnen daher alle Versuche Chinas entschieden ab, Partnerstaaten durch Drohungen oder Nötigungen dazu zu bringen, die Zusammenarbeit mit nicht-chinesischen Firmen einzustellen“ und seien „entschlossen, die Energiesicherheit unserer Partner und Verbündeten in der Indo-Pazifik-Region zu stärken“.

Innerhalb von 24 Stunden schloss sich Australien, einer von Washingtons wichtigsten imperialistischen Verbündeten im Indo-Pazifik, der Haltung und der Rhetorik der Trump-Regierung an. Während eines Staatsbesuchs in Hanoi erklärte Premierminister Scott Morrison in einer Grundsatzrede, dass seine Regierung Vietnam gegen China unterstützen werde, „denn wenn wir zulassen, dass die Souveränität oder Unabhängigkeit eines unserer Nachbarn Zwang ausgesetzt wird, dann werden wir alle geschwächt“.

Wie von Washington vorhergesehen und erwartet, hat die FONOP die Spannungen in der ohnehin aufgeheizten Atmosphäre weiter verschärft.

Ein Sprecher der chinesischen Volksbefreiungsarmee (PLA) verurteilte die Durchfahrt des Zerstörers als „als nautische Schikane“, die „den Frieden und die Stabilität im Südchinesischen Meer stark beeinträchtigt“.

Zhang Junshe, ein Forscher an der Akademie der PLA, erklärte gegenüber der chinesischen Global Times: „Das Vorgehen der USA zeigt, dass sie keine Stabilität wollen ... Sie fürchten, dass eine Entspannung der Situation in der Region ihre Gründe für den Ausbau ihrer militärischen Präsenz im Südchinesischen Meer hinfällig machen wird.“

Der ehemalige Marineoffizier PLA, Tian Shichen, erklärte gegenüber der Zeitung, China solle sofort „den Aufbau der Verteidigungssysteme auf den Inseln und Riffen forcieren“.

Eines der Szenarien, die zu einer deutlichen Eskalation führen könnten, ist eine Konfrontation zwischen vietnamesischen und chinesischen Kriegsschiffen oder Flugzeugen in der Nähe der Vanguard Bank oder eine noch umfangreichere FONOP unter Führung der USA in von China beanspruchten Gewässern.

Seit Anfang des Jahres hat die Trump-Regierung ihre Verbündeten – wobei sie Japan, Australien, Kanada, Neuseeland, Großbritannien und Frankreich namentlich nannte – dazu aufgerufen, durch ihre Teilnahme an einer gemeinsamen Operation zu zeigen, dass sie Chinas Gebietsansprüche ablehnen.

Die australische Regierung steht unter besonders großem Druck ihres eigenen proamerikanischen strategischen, militärischen und geheimdienstlichen Establishments, erstmalig an einer FONOP-Provokation gegen Peking im Südchinesischen Meer teilzunehmen.

Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD), die außen- und verteidigungspolitische Abteilung der Europäischen Union, schloss sich am 28. August in einer Stellungnahme der impliziten Verurteilung Chinas an. Darin hieß es: „Die einseitigen Aktionen im Südchinesischen Meer während der letzten Wochen haben zu wachsenden Spannungen und einer Verschlechterung des maritimen Sicherheitsumfelds geführt, die eine ernsthafte Gefahr für die friedliche wirtschaftliche Entwicklung in der Region darstellt.“

Der EAD rief „alle Parteien“ dazu auf, das UN-Seerechtsübereinkommen zu akzeptieren, obwohl die USA es nicht anerkennen. Er wiederholt damit die Forderungen der USA, China solle sich dem internationalen Gerichtsurteil von 2016 gegen seine Gebietsansprüche unterwerfen.

Neben der Formierung der imperialistischen Mächte gegen China unternimmt Washington noch weitere Schritte. Am 2. September werden die USA und alle zehn Mitgliedsstaaten des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) eine kleine, aber wichtige gemeinsame Marineübung im Golf von Thailand durchführen. Washington betrachtet sie als wichtig für die Stärkung seiner militärischen und politischen Beziehungen mit den Staaten der Region, vor allem mit Thailand, Vietnam, den Philippinen, Malaysia und Singapur, auf deren Unterstützung man sich im Fall eines Kriegs gegen China verlassen würde.

Loading