Eine Reihe von Entlassungen unter Spitzenvertretern des US-Sicherheitsapparats in den letzten Tagen hat eine tiefe Krise innerhalb der Trump-Regierung und des Staats als Ganzem sichtbar gemacht.
Am Freitag stoppte Trump die Ernennung von Ronald Vitiello, dem kommissarischen Leiter der US-Einwanderungs- und Grenzschutzbehörde, die dem Heimatschutzministerium unterstellt ist zurück, zum regulären Behördenleiter. Trump sagte dazu gegenüber der Presse: „Wir wollen in eine härtere Richtung gehen.“ Am Sonntag entließ er die Ministerin für Heimatschutz Kirstjen Nielsen, angeblich weil sie sich dagegen wehrte, die Politik der gewaltsamen Trennung von Eltern und Kindern bei Asylbewerbern wieder aufzunehmen. Am Montag entließ er Randolph Alles, den Leiter des Secret Service, der den persönlichen Leibwächter des Präsidenten stellt. Wie auch Einwanderungsbehörde und Grenzschutz ist der Secret Service eine dem Heimatministerium unterstellte Einrichtung. Das Heimatministerium ist die zweitgrößte US-Regierungsbehörde und wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 als umfassende nationale Polizeibehörde aufgebaut.
Trumps wichtigster Berater in Einwanderungsfragen, der Faschist Stephen Miller, war Berichten zufolge die treibende Kraft hinter der Säuberung im Heimatschutzministerium. Miller war schon früher verantwortlich für das „Einreiseverbot für Muslime“, das sich gegen Besucher und Flüchtlinge aus muslimischen Ländern richtete, und unterhält enge Beziehungen zu den übelsten rechten Elementen im politischen Leben Amerikas. Die Entlassung von Nielsen erfolgte, nachdem die faschistischen Publikationen Daily Stormer, Breitbart News sowie die Sprecher der Grenzschutzbeamten Forderungen nach einer solchen Aktion erhoben hatten.
Laut einem CNN-Bericht sagte Trump während seines Besuch im kalifornisch-mexikanischen Grenzgebiet am Freitag einer Gruppe von Grenzbeamten, sie sollten keine Flüchtlinge mehr über die Grenze lassen und ihnen erlauben, Asylanträge zu stellen. Dieses Verfahren ist jedoch im US-amerikanischen und internationalen Recht verankert und wurde wiederholt von den Bundesgerichten bestätigt wurde. Erst nachdem der Präsident den Raum verlassen hatte, teilten die Vorgesetzten den Grenzschützern mit, dass die Anweisung von Trump rechtswidrig sei und sie seine Aufforderung ignorieren sollten.
Das Heimatschutzministerium wird zumindest vorübergehend von Kevin McAleenan geleitet, der zuvor die Abteilung Zoll und Grenzschutz geleitet hat. Infolgedessen werden das Heimatschutzministerium sowie drei der wichtigsten Unterbehörden (Einwanderung, Grenzschutz und Katastrophenschutz) alle kommissarisch geleitet. Auch das Verteidigungsministerium hat einen kommissarischen Leiter, den ehemaligen Boeing-Geschäftsführer Patrick Shanahan, nachdem Minister James Mattis, ein pensionierter Marine-General, im Dezember abgesetzt wurde. Eine Reihe weiterer Spitzenpositionen in der Trump-Regierung sind ebenfalls kommissarisch besetzt: Stabschef des Weißen Hauses, Haushaltsleiter, UN-Botschafter, Innenminister.
Es gibt zwei Gründe, warum sich Trump lieber auf die kommissarisch Berufenen stützt. Die kommissarischen Leiter verhalten sich ganz im Sinne des Weißen Hauses. Sie hoffen, eine dauerhafte Stellung zu erhalten, indem sie sich beim Präsidenten einschmeicheln. Und diese Behördenleiter werden nicht vom Senat bestätigt: Sie müssen nicht in Ausschusssitzungen Rede und Antwort stehen, sie müssen nicht die Politik verteidigen, die sie umsetzen. Auf diese Weise macht sich die Exekutive der US-Regierung mehr und mehr unabhängig von der Legislative und entzieht sich der demokratischen Rechenschaftspflicht.
Es ist bedeutsam, dass es eine Konzentration dieser kommissarischen Leitungen im Sicherheitsapparat gibt. Dies muss als ein Versuch von Trump gewertet werden, eine persönliche Kontrolle über alle wichtigen Sicherheitskräfte in der US-Regierung zu erlangen und sich mit einem Netzwerk von Loyalen zu umgeben. Er versucht, eine Art treue Garde zu schaffen, um die Regierung zu schützen, nicht nur vor ihren politischen Gegnern innerhalb der herrschenden Elite, sondern auch vor einem erwarteten Aufschwung in sozialen Kämpfen von unten.
Was in Amerika geschieht, ist nicht nur das Ergebnis der Installation von Trump, dem Gangster-Milliardär aus der Welt der Immobilien, des Casinospiels und des Reality TV, im Weißen Haus. Genauer gesagt, es gibt eine objektive soziale Logik für die Hinwendung der herrschenden Elite in den USA zum Gangstertum als Methode der Klassenherrschaft. Der verfassungsmäßige Rahmen, in dem die Vereinigten Staaten seit mehr als zwei Jahrhunderten regiert werden, bricht unter dem Druck der Klassenspannungen auseinander, die durch das beispiellose Wachstum der sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheit enorm zugenommen haben.
Es gibt eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Methoden des gegenwärtigen Weißen Hauses und denen von Mussolini während seiner ersten Herrschaftsjahre. Italien behielt den Anschein einer konstitutionellen Regierung, obwohl der faschistische Führer immer mehr versuchte, sich von den Zwängen des bürgerlichen Parlamentarismus zu befreien. Dies gipfelte in der Ermordung des sozialistischen Abgeordneten Matteotti nach einer Rede im Parlament, in der er die Faschisten angeprangert hatte.
Trump versucht auch, sich in allen Belangen von den traditionellen Beschränkungen seiner Regierung durch die Verfassung zu befreien, so beim 35-tägigen Shutdown der Bundesregierung, gefolgt von der Ausrufung des nationalen Notstands, auf einer völlig rechts- und verfassungswidrigen Grundlage, um Mittel für den Bau einer Grenzmauer zu erhalten, nachdem der Kongress diese nicht bereitgestellt hatte. Jetzt stachelt er mörderische Angriffe der Grenzschutztruppen auf Einwanderer und Flüchtlinge an, die vor Unterdrückung und staatlicher Gewalt in Mittelamerika fliehen, an und schießt gleichzeitig gegen die Richter, die seine Verfolgung von Migranten für rechtswidrig erklären.
Es gibt natürlich wichtige Unterschiede zwischen Trump und Mussolini. Trump befiehlt keine faschistische Massenbewegung oder Tausende von schwarzgekleideten Schlägern. Aber seine Vorbereitungen auf ein gewaltsame Unterdrückung sind nicht weniger gefährlich, denn sie beinhalten die Mobilisierung der Polizei, des Militärs und der Geheimdienste des mächtigsten imperialistischen Staates.
Die Trump-Administration hat Angst vor einer sozialen Explosion in Amerika, insbesondere inmitten von Anzeichen eines Wirtschaftsrückgangs und der Rückkehr zur Rezession, die Trumps rechtspopulistische Demagogie von der Rückgewinnung von Arbeitsplätzen im deindustrialisierten Mittleren Westen als Lüge entlarven würden.
Wenn Trump gegen den Sozialismus wettert und verspricht, ihn zu zerstören, reagiert er auf die wachsende Unterstützung des Sozialismus durch die Bevölkerung. Es ist eine starke Bewegung, die sich von unten nach oben entwickelt – in Protesten von Lehrkräften, bei Arbeiterinnen und Arbeitern in Dienstleistungssektor und der Industrie, in der Aussicht auf einen größeren Zusammenstoß in der Automobilindustrie, in der weit verbreiteten oppositionellen Stimmung unter jungen Menschen. Dies erschreckt das Weiße Haus und die gesamte amerikanische Finanzelite, denn der objektiven Logik folgend wird das Profitsystem als Ganzes in Frage gestellt.
Die Demokratische Partei ist alles andere als eine Opposition gegen das Streben nach autoritärer Herrschaft sondern vielmehr nur ein alternativer Weg zum gleichen Ziel. Beide kapitalistischen Parteien, die Republikaner unter George W. Bush, die Demokraten unter Barack Obama, haben den Sicherheitsapparat ausgebaut, völkerrechtswidrige Kriege geführt und die demokratischen Rechte und sozialen Errungenschaften der amerikanischen Arbeiterklasse angegriffen. Trump erfindet nichts Neues; er greift nur zu den Instrumenten seiner Vorgänger, die er gegen seine politischen Gegner in der herrschenden Klasse und vor allem gegen die Arbeiterklasse einsetzt.
Es gibt eine Entsprechung zwischen der rücksichtslosen und aggressiven Haltung von Trump und der kraftlosen Reaktion der Demokratischen Partei. Die Demokraten haben mehr Angst vor den Folgen eines Appells an die amerikanische Bevölkerung, sich gegen die Regierung zu stellen, als vor all dem, was die Trump-Regierung tun könnte. Hierin liegt Trumps politischer Vorteil: Seine Bahn entspricht besser der verzweifelten Position, in der sich die herrschende Elite in den USA befindet – inmitten einer zerfallenden Gesellschaftsordnung, einer sich aufbäumenden Arbeiterklasse und einer sinkenden Weltposition des amerikanischen Imperialismus.
Die Demokratische Partei bekämpft Trump von rechts und appelliert an den nationalen Sicherheitsapparat, weil es angeblich zu einer russischen „Einmischung“ bei den Wahlen 2016 kam. Sie greifen Trump von rechts an in der Außenpolitik und fordern ein aggressiveres Vorgehen gegenüber Syrien, Russland, Nordkorea und China. Selbst nachdem der Bericht von Sonderermittler Mueller ihre Behauptungen widerlegt hat, propagieren die Demokraten weiterhin, Trump sei eine russische Marionette.
Die eigentliche Bedrohung der demokratischen Rechte in Amerika geht vom kapitalistischen Staat selbst aus, dem beide kapitalistischen Parteien, die Demokraten ebenso wie die Republikaner, treu ergeben sind. Während die beiden Parteien gegeneinander die Methoden des Palastcoups anwenden, werden sie gegen eine Massenbewegung der Arbeiterklasse fraglos rohe Gewalt einsetzen.