Am Mittwoch wird Amazon-Chef Jeff Bezos, der reichste Mann der Welt, die Grundsatzrede auf der Jahreskonferenz der US Air Force Association halten. Bezos wird darüber sprechen, „wie die Industrie besser mit dem US-Militär zusammenarbeiten kann“.
Bezos' Rede kommt inmitten der Lobbyarbeit seines in Seattle ansässigen Unternehmens, den Zuschlag für einen 10-Milliarden-Dollar-Vertrag zu erhalten, bekannt als „Project JEDI“, der große Teile der Betriebsinfrastruktur des Pentagons in der Internet-Cloud hosten soll. Mit einem Schritt, der ihm wahrscheinlich Punkte bei den Militärs bringen wird, die den Vertrag vergeben, spendete Bezos vor kurzem 10 Millionen Dollar an eine Lobbygruppe in Virginia, die dort versucht, Veteranen in Wahlämter zu bringen und eine „weniger polarisierte Regierung“ aufzustellen.
Der Amazon-Chef wird als Repräsentant des nach Marktkapitalisierung zweitgrößten Unternehmens der Welt auftreten, als zweitgrößter Arbeitgeber in den Vereinigten Staaten, weltweit größter Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen und als Amerikas größter E-Commerce-Einzelhändler mit doppelt so hohem Umsatz wie die nächsten neun Wettbewerber zusammen.
Bezos, dem auch die Washington Post gehört, zählt zu den mächtigsten Oligarchen Amerikas. Seine Rede vor der Air Force Association verkörpert die korrupte Verbindung zwischen dem Militär, der Finanzoligarchie, den Medien und den High-Tech-Unternehmen, die alle daran arbeiten, ein Zensurregime zu schaffen, das sich gegen linke, antikriegsorientierte und sozialistische Standpunkte richtet.
Diese Partnerschaft drückt in der Praxis die Vision aus, die in der jüngsten Nationalen Sicherheitsstrategie des Pentagons dargelegt ist. Sie fordert „die nahtlose Integration mehrerer Elemente der nationalen Machtausübung, Information, Wirtschaft, Finanzen, Nachrichtendienste, Strafverfolgung und Militär“.
Dies ist eine Formel für eine Gesellschaft, in der alle Mechanismen der sozialen Kontrolle gemeinsam genutzt werden, um den Reichtum und die Macht der amerikanischen Finanzoligarchie zu verteidigen und auszubauen. Auf dem Weg zu diesem autoritären Ziel mobilisieren Bezos und Konsorten einen dieser wichtigen Faktoren – die Medien.
Die Washington Post von Bezos hat den Auftritt ihres Eigentümers bei der Air Force mit einer Reihe von Leitartikeln vorbereitet, die eine engere Partnerschaft zwischen dem Pentagon und dem Silicon Valley fordern. Mehr als jede andere große US-Zeitung hat sich die Post für die Fusion des amerikanischen High-Tech-Sektors mit dem Militär ausgesprochen, im Einklang mit der so genannten „Third Offset“-Strategie des Pentagons. Diese zielt darauf ab, den „militärischen Vorteil Amerikas“ zurückzugewinnen, indem sie „eine Reihe von Technologien nutzt, darunter Robotik, autonome Systeme und große Datenmengen“, wie der Economist schreibt.
Die Kampagne der Post für eine weitere Integration von Technologiekonzernen mit dem Militär ging mit Angriffen auf Arbeiter einher, die sich dem Bündnis ihrer Unternehmen mit der US-Kriegsmaschinerie widersetzen.
In den letzten zwei Jahrzehnten zog es Hunderttausende von Amerikas klügsten Köpfen ins Silicon Valley in Nordkalifornien und seinen Ableger in Seattle, angelockt von Versprechungen, dass „Menschen mit Leidenschaft die Welt zum Besseren verändern können“, wie der ehemalige Apple-Chef Steve Jobs sagte, und dem Versprechen, dass sie helfen würden, „die Informationen der Welt zu organisieren und sie allgemein zugänglich und nützlich zu machen“, wie es im Leitbild von Google heißt.
Doch jedes Jahr haben sich mehr und mehr Technologiearbeiter an der Entwicklung von Mitteln zur Durchführung von Massenmord, Zensur und politischer Repression beteiligt, was zu Protesten von Arbeitern bei Google, Amazon und Microsoft führte.
Im Juni gaben die Mitarbeiter von Amazon einen offenen Brief heraus, in dem sie sich gegen die Bereitstellung von Gesichtserkennungstechnologie durch das Unternehmen an die Polizei sowie gegen seine Cloud-Computing-Verträge mit den Behörden wandten, die Trump's Gestapo-ähnliche Angriffe auf Einwanderer durchführen.
Im selben Monat kündigte Google an, dass es seine Beteiligung an einem Pentagon-Programm zum Aufbau von Fähigkeiten zur künstlichen Intelligenz für militärische Drohnen beenden würde, nachdem mehr als tausend Google-Mitarbeiter einen Brief unterzeichnet hatten, in dem sie forderten, dass Google den Bau von „Kriegswaffen“ ausschließt.
Die Washington Post hat sich gegen diese Proteste ausgesprochen. In einem Leitartikel vom 8. August verurteilten zwei Führungskräfte von Anduril Industries, einem Rüstungskonzern, der versucht, Virtual-Reality-Systeme an das Pentagon zu verkaufen, die protestierenden Arbeiter. „Wir verstehen, dass Techniker Dinge bauen wollen, die dazu dienen zu helfen, nicht zu schaden“, schrieben die Führungskräfte. „Wir fühlen genauso“, fuhren sie fort. „Aber die Ächtung des US-Militärs könnte das Gegenteil von dem bewirken, was diese Demonstranten beabsichtigen. Wenn Technologieunternehmen den Frieden fördern wollen, sollten sie mit und nicht gegen die Verteidigungsgemeinschaft der Vereinigten Staaten stehen.“
Die Autoren fügten hinzu: „Die Welt ist sicherer und friedlicher mit einer starken US-Führung. Das erfordert, dass die US-Regierung ihren Vorteil in kritischen Technologien wie der Künstlichen Intelligenz (KI) behält. Doch das wird schwierig, wenn die wachsende Feindseligkeit des Silicon Valley gegenüber der Zusammenarbeit mit Washington anhält.“
Die Post wiederholte diese Punkte in einem Leitartikel letzte Woche mit dem Titel „Silicon Valley sollte mit Militär an KIs arbeiten“. Bezos' Zeitung machte das zynische Argument, dass die Technologieunternehmen mit dem Pentagon zusammenarbeiten sollten, weil das Ergebnis Technologien mit Anwendungen sein könnten, die nichts mit Massenmorden zu tun haben. „DARPA-Auftragnehmer werden wahrscheinlich Produkte mit nicht-tödlichen Anwendungen entwickeln“, erklärte die Post. Bei der DARPA handelt es sich um die zentrale Forschungseinrichtung des US-Verteidigungsministeriums.
Das offene Geheimnis der Zusammenarbeit des Silicon Valley mit dem Pentagon ist, dass die Kriege, die mit Hilfe von künstlicher Intelligenz geführt werden sollen, nicht nur über die Grenzen Amerikas hinaus stattfinden werden – sie werden auch Klassen- und Bürgerkriege umfassen.
Die amerikanische Finanzoligarchie, deren Reichtum sich seit dem Finanzcrash 2008 mehr als verdoppelt hat, warnt vor den Gefahren, die eine zunehmend widerstandsfähige und wütende Arbeiterklasse für ihren Reichtum darstellt. In einem Bericht, der letzte Woche veröffentlicht wurde, warnte die Großbank JPMorgan Chase vor den möglichen Auswirkungen einer neuen Finanzkrise auf das Anwachsen politischer Opposition.
Die Bilanz der größten US-Bank lautet: „Die nächste Krise dürfte auch zu sozialen Spannungen führen, die denen vor 50 Jahren im Jahr 1968 ähneln“ – einem Jahr, in dem es in den amerikanischen Großstädten zu Rebellionen und Massenprotesten gegen den Vietnamkrieg, zum Generalstreik von Mai und Juni in Frankreich und zu einer Radikalisierung der Arbeiterklasse weltweit kam.
„1968“, so der Bericht weiter, „ermöglichte das Fernsehen und der investigative Journalismus einer Generation von Babyboomern den Zugang zu ungefilterten Informationen über gesellschaftliche Entwicklungen wie Vietnam und andere Stellvertreterkriege, Bürgerrechtsbewegungen, Einkommensungleichheit etc. Ähnlich wie 1968 bietet das Internet heute (Social Media, durchgesickerte Dokumente usw.) Tausenden von Menschen uneingeschränkten Zugang zu Informationen über ein überraschend ähnliches Themenspektrum. Das Internet bietet neben Informationen auch eine Plattform, auf der verschiedene gesellschaftliche Gruppen selbstbewusster werden und sich stärker polarisieren und besser organisieren können.“
Solche Gruppen „umfassen verschiedene gesellschaftliche Dimensionen, die auf Einkommens- und Vermögensunterschieden basieren“, warnte die Bank. Mit anderen Worten, die drohende Finanzkrise wird wahrscheinlich eine Massenbewegung der Arbeiterklasse gegen soziale Ungleichheit auslösen.
In Anbetracht der immensen Macht des Internets, die Opposition gegen die bestehende Gesellschaftsordnung zu mobilisieren, unter Bedingungen, unter denen sich ein Massenpublikum für den Sozialismus unter Arbeitern und jungen Menschen herausbildet, kämpfen Amerikas führende Technologieunternehmen gemeinsam mit dem Staat darum, politische Zensur durchzusetzen.
Bei einer Anhörung im Kongress letzte Woche hat Sheryl Sandberg, Chief Operating Officer von Facebook, zugesagt, „schädliche Äußerungen“ durch „alternative Fakten“ in den Newsfeeds der Nutzer zu ersetzen. Sie prahlte, dass ihr Unternehmen inzwischen rund 20.000 Mitarbeiter beschäftigt, um Inhalte zu zensieren.
Google seinerseits hat seine Zensur von linken, kriegsfeindlichen und sozialistischen Websites fortgesetzt und intensiviert. Seitdem die World Socialist Web Site im vergangenen Jahr erstmals berichtete, dass Änderungen an den Algorithmen von Google zu einem starken Rückgang der Leserschaft von 13 linken Seiten geführt hatten, ist der Suchverkehr auf diese Seiten noch weiter gesunken und hat insgesamt einen Rückgang von 50 Prozent erfahren.
Gegen den reaktionären Nexus zwischen Silicon Valley, der CIA und dem Pentagon muss und wird es Widerstand geben. Auf der ganzen Welt treten Arbeiter in den Kampf – von Lehrern und Amazon-, UPS- und Postangestellten in den Vereinigten Staaten, über Piloten und Kabinenpersonal in Europa bis hin zu Bauarbeitern in der Türkei. Diese Arbeiter müssen verstehen, dass sie die Ziele der Zensur sind und dass sie mobilisieren müssen, um die Zensur sozialistischer und linksgerichteter oppositioneller Ansichten zu bekämpfen.