Millionen Menschen auf der ganzen Welt haben atemlos mitverfolgt, wie zwölf Mitglieder einer Jugendfußballmannschaft und ihr Trainer aus einem überschwemmten Höhlenkomplex im Norden Thailands gerettet wurden.
Die Jungen hatten sich am 23. Juni in dem Höhlenkomplex Tham Luang verirrt. Dass sie neun Tage nach ihrem Verschwinden wiederentdeckt wurden, grenzt an ein Wunder. Nicht minder bemerkenswert waren auch die aufreibenden und letztlich erfolgreichen Versuche, sie lebend und weitgehend unverletzt wieder ans Tageslicht zu holen.
Die Jungen im Alter von elf bis siebzehn Jahren und ihr Trainer Ekaphol Chantawong (25) befanden sich über zwei Wochen lang in einer beängstigenden Lage: ohne Nahrung, unter der Erde im Dunkeln gefangen, während das Wasser jederzeit steigen konnte. Dennoch verloren sie ihren Mut und Zusammenhalt nicht.
Am Sonntag, den 8. Juli, wurden die ersten vier Jungen aus der Höhle gerettet, am Montag weitere vier. Die letzten vier, der Trainer und vier Mitglieder der Hilfsteams sind am Dienstag gerettet worden.
Einige der Jungen konnten nicht schwimmen und hatten keine Taucherfahrung. Deshalb mussten die Rettungstaucher die Jungen in einem elfstündigen Einsatz durch überschwemmte Gänge führen. Mehrere Gänge waren so eng, dass sie, um sich durchzuzwängen, ihre Sauerstoffflaschen abnehmen mussten.
Wie gefährlich diese Operation ist, zeigt der Tod eines ehemaligen thailändischen Navy-SEAL am Freitag. Er starb bei der Rückkehr von einer Tour, auf der er Sauerstoffkanister in der Höhle verteilt hatte.
Die Operation wurde aber fortgesetzt, weil der Wasserspiegel aufgrund des Monsunwetters jederzeit wieder steigen konnte. Außerdem war der Sauerstoffgehalt in der Höhle auf ein gefährlich niedriges Niveau gesunken. Deshalb kamen die Rettungskräfte zum Schluss, dass sie keine andere Wahl hatten.
Die ganze Rettungsaktion war von großer menschlicher Solidarität und Sorge um das Schicksal der jungen Menschen geprägt, die in der Höhle gefangen waren. Dazu kamen die internationale Zusammenarbeit und der Einsatz von immensen Mitteln, um sie lebendig herauszuholen.
Mehr als die Hälfte der 90 erfahrenen Taucher, die an der gefährlichen Rettungsaktion teilnahmen, waren freiwillig aus dem Ausland nach Thailand gereist. Chinesische Höhlenrettungsexperten arbeiteten mit amerikanischen Kollegen zusammen, und ein Team von niederländischen Entwässerungsspezialisten half dabei, das Wasser aus der Höhle zu pumpen.
Der selbstlose Einsatz und das immense Können der Rettungskräfte, die internationale Zusammenarbeit und die scheinbar unbegrenzten Mittel, die für die Operation aufgewandt wurden, sind eine Inspiration. Allerdings ergibt sich daraus auch unweigerlich die Frage, warum man bei den vielen weitaus größeren Tragödien, denen Millionen Arbeiter und Jugendliche weltweit jeden Tag ausgesetzt sind, nicht ebenso großherzig vorgeht.
Die Antwort liegt in der globalen Herrschaft des Kapitalismus. Das Profitsystem ordnet das Allgemeinwohl dem Streben wohlhabender Eliten nach Bereicherung unter. Darüber hinaus verhindert die Aufteilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten – trotz ihrer enger wirtschaftlichen Verbindung – dass internationale Ressourcen auf rationale Weise genutzt werden können. Der Weltkapitalismus, allen voran die USA, befindet sich zutiefst in einer unlösbaren Wirtschafts-, Gesellschafts- und geopolitischen Krise. Das einzige, was noch wächst, ist der Finanzparasitismus, die soziale Ungleichheit und der Kurs auf den nächsten Weltkrieg.
Millionen junge Menschen sind im brutalen Bombenkrieg eingeschlossen, den Saudi-Arabien mit US-Unterstützung im Jemen führt. Acht Millionen Menschen sind vom Verhungern bedroht. Alleine im letzten Jahr sind 50.000 jemenitische Kinder verhungert. Weitere Tausende haben durch Bomben und eine um sich greifende Cholera-Epidemie ihr Leben verloren. Für sie gibt es keine internationale Rettungsmission; auch die Medien interessieren sich nicht für ihr Schicksal. Stattdessen verstärkt die US-Regierung ihre Unterstützung für diejenigen, die sie ermorden.
Die Kriege der USA und die wirtschaftliche Ausbeutung durch den Imperialismus haben 68,5 Millionen Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungen. Ein Teil dieser Menschen, darunter sehr viele Kinder, erreichen die Grenzen Europas und der USA. Doch anstatt sie zu retten, behandeln die Regierungen Europas und Amerikas sie wie Verbrecher, die ihre Länder „überschwemmen“ und „verseuchen“. In Deutschland und in ganz Europa werden Konzentrationslager für Flüchtlinge errichtet.
In den USA hat die Trump-Regierung im Rahmen ihrer „Nulltoleranzstrategie“ sämtliche Immigranten, die die Grenze überschreiten wollten, verhaftet und eingesperrt.
Während sich in Thailand die Blicke der Welt zum Großteil auf die Eltern der Eingeschlossenen richteten, die vor dem Höhleneingang Wache hielten und auf die Rückkehr ihrer Kinder warteten, wurden in den USA gleichzeitig Tausende von Immigrantenkindern aus den Armen ihrer Eltern gerissen, um Flüchtlinge zu bestrafen und abzuschrecken.
Die Heuchelei der kapitalistischen Regierungen angesichts der Höhlenrettung kennt keine Grenzen. Sogar die rechtsextreme ungarische Regierung hat Thailand Hilfe angeboten. Die gleiche Regierung hat erst vor kurzem jede Hilfeleistung für Flüchtlingskinder zur Straftat erklärt.
Trump twitterte am Sonntag: „Die USA arbeiten eng mit der Regierung von Thailand zusammen, um alle Kinder aus der Höhle und in Sicherheit zu bringen. Sehr tapfere und talentierte Leute!“
Seine Regierung war aber weder in der Lage noch willens, solchen Mut und solches Talent, geschweige denn Mittel zu mobilisieren, als Puerto Rico von Hurrikan Maria verwüstet wurde. Der Hurrikan forderte mindestens 5.000 Todesopfer, und das normale Leben auf der Insel ist bis heute nicht wieder hergestellt.
Vor über hundert Jahren betonte die Revolutionärin Rosa Luxemburg die Heuchelei der Imperialisten. Sie wies auf die humanitäre Inszenierung angesichts von Naturkatastrophen hin, während die imperialistischen Mächte gleichzeitig jeden Widerstand gegen ihre Herrschaft mit mörderischer Brutalität unterdrückten.
Damals ging es um den Ausbruch des Mont Pelée auf der Insel Martinique, der 40.000 Todesopfer forderte. Luxemburg verwies auf die Massaker der Briten an Afrikanern, der Amerikaner an den Filipinos und sämtlicher Großmächte an den Kolonialvölkern anderer Länder, und sie schrieb:
„Und nun sind sie alle auf Martinique, wieder ein Herz und eine Seele, sie helfen, retten, trocknen Tränen und fluchen dem unglücksäenden Vulkan. Mont Pelée, du gutmütiger Riese, du kannst lachen, mit Ekel kannst du herniederschauen auf diese mildtätigen Mörder, auf diese weinenden Raubtiere, auf diese Bestien im Samariterkleid. Aber es kommt ein Tag, wo ein anderer Vulkan seine Donnerstimme erhebt, ein Vulkan, in dem es brodelt und kocht, ob sie auch des nicht achten, und vom Erdboden fegt die ganze scheinheilige, blutbefleckte Kultur.“
Heute steht die geheuchelte Sorge und Anteilnahme von Trump und anderen „Bestien im Samariterkleid“ für die Jugendlichen in der Höhle von Thailand ihrer brutalen Behandlung der Arbeiterklasse und der Unterdrückten auf der ganzen Welt gegenüber. Der Widerspruch steht sinnbildlich für eine Gesellschaft, die von Ungleichheit, Gewalt und Unterdrückung geprägt und reif für die sozialistische Revolution ist.